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Samstag, 6. Oktober 1934
Nr. 234
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später aufgefunden und in das Krankenhaus nach FeldAberg überführt. Die Täter hatten ihm die Aktentasche mit Gerichtsakten, das Fahrrad unbe­kannter Marke, eine elektrische Taschenlampe und die Amtskappe entwendet. Der Ueberfallene konnte die Täter nur annähernd beschreiben. Er sagte aus, daß es zwei Männer in Pumphosen waren, einer von größerer, der andere von kleinerer Sta­tur. Nach den Tätern hat die Gendarmerie in Eisgrub die Nachforschungen ausgenommen.
Der Senat erkannte Kocäk des Verbrechens des Raubes mit acht Stimmen für schuldig und das Gericht verurteilte ihn zu 12 Jahren ver­schärften schweren Kerkers mit vierteljähriger Faste. Die Untersuchungshaft wurde in die Strafe eingerechnet. Gleichzeitig wurde der Verlust des Wahlrechtes ausgesprochen. Der Verurteilte be­hielt sich die Einbringung einer Nichtigkeitsbe­schwerde vor.
Deutsche und tschechische Konfessionslose. In den letzten Tagen fanden jn Prag   Beratungen dreier Organisationen von Konfessionslosen statt und zwar der tschechoslowakischen Freidenker, der Union   der sozialistischen   Freidenker und des Bun­des proletarischer Freidenker. Die Delegierten die­ser drei Organisationen einigten sich auf ein ge- meinsames Vorgehen in allen Angelegenheiten der konfessionslosen Staatsbürger und beschlossen, im Juli 1988 in Prag   einen gemeinsamen Mani- festationssongreß zu veranstalten.
Sozialdemokratische Frauen In christlichen Kerkern Genossin Gabriele Proft   sitzt seit Feber dieses Jahres im Landesgericht in Wien   in Ein- zeluntersuchungShaft. Wiederholt wurde schon von ausländischen Blättern und Kommissionen die Freilassung der Genossin Prost gefordert. Man kann gegen sie keine Anklage erheben, weil man ihr nicht die geringste Beteiligung an den Feber- Ereignissen nachweisen kann. Lediglich daß sie das Vorstandsmitglied einer bis am 12. Feber erlaub­ten Partei war. Das genügt ja. Die christliche Regierung, an der Spitze der Vertreter der christ­lich katholischen Kirche Kardinal I n n i tz e r, hat auf alle Aufforderungen hin ein taubes Ohr gehabt. Genossin Prost, Mitglied des österreichi­schen Nationälrates, die als Vertreterin der Frauxn vieles, sehr vieles für die arbeitenden Frauen erkämpft hat, ist tapfer, ruhig und mutig geblieben. Sieben Monate ungewisser Einzel- Ilntersuchi>ngshaft nimmt die Nerven eines starken Mannes in Anspruch; aber unsere heldenhafte Genossin Prost hat bisher die Nerven nicht ver­loren. Ihr Zellenfenster geht auf den sogenannten Gälgenhof hinaus; die Genossin mußte in der letzten Zeit die Hinrichtungen, die auf Befehl der Scheinchristen stattfanden, alle mit anhören. Nun leidet Genossin Prost durch diese schrecklichen Er­lebnisse seelisch sehr viel und Freunde von ihr, die um ihr qualvolles Leiden wußten, wandten sich an den Anstaltsgeistlichen mit der Bitte, er möge Höch veranlassen, daß sie in eine andere Zelle komme, wo sie wenigstens die Hinrichtungen nicht mitanhören muß. Ironisch sagte der Vertreter der christlichen Nächstenliebe" den Freunden der Ge­nossin Prost, daß er trachten wird Abhilfe zu schaffen, indem er die Deliquenten 'n u f f o r d ern wird, sich bei der Hin­richtung ruhiger zu verhalten, damit sich die eingcsperrten Frauen nicht aufregen sollen. Diese Gemeinheit muß ich in die Welt hin­ausschreien! Ich fühle mich verpflichtet, alle ge­recht und christlich denkenden Menschen aufzurüt­teln und an sie die Frag« zu stellen, ob man ein sol- cs Christentum gutheißen kann? Gibt es auf der Welt christlich-religiöse Frauen, die so etwas für in Ordnung finden? Ich glaube, jede Frau, die ja schon aus ihrem mütterlichen Instinkt heraus gegen Krieg und Bestialität eingestellt ist, mühte sich gegen solche Prutalität auflehnen. Soviel« arbeitende Frauen stehen noch un­serer Bewegung fern, nicht ahnend, wie grausam und brutal auch ihre Männer und Kinder von einem sich christlich nennenden Regime behandelt werden können. Frauen! Wacht auf aus eurer Gleichgültig­keit, stellt euch in: Kampf neben eure Männer, helft mit, solch' ein Christentum zu bekämpfen und eine bessere Welt für euch und eure Kinder zu schaffen! Paula W a l l i s ch.
Die Herren der Welt. Die Untersuchung, die der amerikanische   Senat über die Geschäfte der Rüstungsindustrie führt, verlaust langsam im Sande. Es war nicht anders zu erwarten. Zu­viele Geschäfte wären in Gefahr, wenn dieser Sumpf trockengelegt würde. Das heilige Geschäft fordert vielmehr, daß er ab und zu mit Blut nachgesättigt wird, dainit er nicht einmal aus- trockne. Der Plakatierung wert wäre der Kom» mentar, den die kapitalistische Wirtschastszeit-!
zert...... 12.15 Buntes Programm des Jazzorchesters. 14.15 Soziale Informationen. 14.45 Arbeitersen­dung: Grete Livius: Die Fräu am Anfang und in der Krise des Kapitalismus  . 17.45 Schallplatten. 17.55 Deutsche Sendung aus Mähr.-Ostrau  . 18.55 Deutsche   Presse. 20.05 Heitere Musik der Klassiker. 22.20 Schallplatten. 22.25 Deutsche   Presse und Sport. 22.30 Konzert des Tamburizzen-Ensembles. Sender Str.: 14.50 Deutsche   Sendung: Land­wirtschaft. 15.00 DaS deutsche Lied von Mozart bis Strauß Brünn: 20.05 Heitere Musik der Klas­siker. Mähr.-Ostrau: 17.55 Deutsche   Sendung: Konzert des Mähr.-Ostrauer SendeorchesterS: Franz
Mähr.-Ostrau  . Vor 11 Jahren, am 4. De­zember 1913 abends wurde in Nävsi bei Jablun- kov eine Briefträgerin überfallen und eines Post­beutels mit einem Inhalt von 21.000 beraubt. Lange Zeit hindurch waren die Nachforschungen nach dem Täter erfolglos. Erst heuer im Früh­jahr konnten drei Täter ausgeforscht werden, darunter auch der ehemalige Gendarmeriewacht­meister Josef K o c& t, der damals in Nävsi Dienst leistete und später der Polizei zugeteilt war, von wo er im Jahre 1927 aus Gesundheits­gründen pensioniert wurde. Gegen seine Mithel­fer, zwei Brüder, wurde das Verfahren wegen Verjährung eingestellt. Beide führten sich ein­wandfrei auf und hatten den Schaden vollständig erseht. Kocäk als Haupttäter hatte sich heute vor dem Ostrauer Geschworenen  -Gericht zu verant­worten. Er bestritt den räuberischen Ueberfall,
Dret Minute» Stur« London  . Die Stadt Lanhilleth erlebte am Donnerstag einen Sturm von außerordentli­cher Heftigkeit, der ganz unerwartet losbrach und nach drei Minuten am Ende war. Der plötzlich einsetzende Wirbelwind, der von wolkenbrucharti­gen Regengüssen begleitet war, warf Fuß­gängerzu Böden,' zerriß Telephon- und Telegraphenleitungen, zerschlug Fensterschei­ben und richtete grvßen Schaden an den Haus­dächern an. Zwei Hausdächer stürzten ein, infolge eines merkwürdigen Zufalles waren aber die Be­wohner der obersten Stockwerke in beiden Fällen in Krankenhäusern, um dort liegende Angehörige zu besuchen. Ein besonderer Umstand war, daß der Sturmwind nur einige Teile der Stadt traf, während andere Stadtteile unberührt blieben. Die Einwohner behaupten, daß während des Un­wetters ein kurzer Erdstoß zu verspüren war.
Selbstmordversuch eine» Rekruten Prag.(Tsch. P. B.) Am Freitag um 7.15 Uhr früh sprang vom Fenster des zweiten Stockwerkes des Divisionskrankenhauses auf dem Karlovo nämesti lKarlsplatz) der Rekrut Anton Ma­res vonr Artillerieregiment 102 in Rokyzan, welcher sich seit dem 3. Oktober auf der Nerven­abteilung wegen Anfällen hysterischen Charakters zur Beobachtung befand. Er erlitt einen Bruch beider Beine und wahrscheinlich auch einen Bruch der Wirbelsäule und innere Verletzungen. Die Verletzung | tft lebensgefährlich.
Vom Rundfunk Empfehlenswerte» an» den Programme«, Sonntag Prag  : Sender L.: 6.45 Gymnastik. 10.00 Kon- des Sonatenzyklus. 11.00 Orchefterkonzert.
So sah es in der großen nordfranzösischen Industriestadt Lille   vor numnehr 20 Jahren, einen Tag nach der Besetzung durch deutsche Truppen aus. Was als kaum mehr kenntliche Fleisch­und Tuchfetzen auf dem Pflaster liegt, war Sekunden vorher, ehe eine Granate einschlug, noch eine Reiterpatrouille... ,Das war vor 20 Jahren, als es noch keinen Gaskrieg, keine nennenswerte Luftwaffe, keinen Bakterienkrieg gab. Wie wird es in einer umkämpften Großstadt im n ä ch st e n Krieg aussthen, der mit allen Waffen der Technik, der Chemie, der Bakteriologie geführt werden wird?
Saifnn Saigon  . Die Küste von A n n a m wurde kurz nacheinander von zwei Taifunen heimgesucht. Der erste Taifun richtete keinen größeren Schaden an, der zweite vernichtete jedoch zahlreiche Häuser und forderte ungefähr 60 Opfer an Men­schenleben.
Überfall auf e nen Gerichtsvollzieher Lundrnburg. Donnerstag zwischen 19 Uhr wurde an der Kreuzung der Straße zwi ­schen Eisgrub und Nikolsburg   der Gerichtsvollzie­her Karl K a l u ch aus Nikolsburg   überfallen, als er auf dem Rade von einem Dienstwege aus Eis­grub heimfuhr. Er wurde von zweiMännern überfallen; einer, von ihnen gab auf ihn einen S ch u ß ab und verletzte ihn an der linken Hüfte. Der überfallene Gerichtsvollzieher wurde
Tagcsncuigltcitcn Sensationelle Verhaftungen in der Ukraine Tallinn  .(Tsch. P. B.) Wie aus Moskau  gemeldet wird, wurden auf Veranlassung des obersten Staatsanwaltes der Ukrainebezirke der Sekretär der Parteiorganisation in Wasil- kow-Ginsburg, der ChefderPolizei, sowie nenn Richter und Justizbeamtc in Haft ge­nommen. Ihre Festnahme erfolgte wegen Dieb­stahl, Plünderung der Lebensmittrlvorräte, Sa­botage und gegenrevolutionärer Umtriebe. Zwei Richter würden ferner ver­haftet, weil sie die I u st i z k a s s e völlig ausgc- plündert und Urkundenfälschung be­gangen haben. Ein anderer Justizangestellter, der für Geld Gefangene aus dem Gefängnis entlas­sen hatte, ist geflohen.
obwohl er während der Untersuchung durch die Fahndungsstelle in Mähr.-Ostrau ein Geständnis apgelegt hatte. Er stellte die Tat als einen Dieb­stahl dar. Koiläk ist zweimal wegen Betruges vor­bestraft, begangen durch Herauslockung von Gel-> dern und Kreditkäufe; es handelte sich jedoch um! bedingte Verurteilungen, so daß die Strafen ge-' strichen wurden.
Gin Schmuggler von einem> Grenzer erfchoffen Ujhorod.(Tsch. P. B.) Eine Streife Grenzfinanzwache aus der Ortschaft Dedovä im Bezirke Bcrehovo überraschte in der Nähe von De­dovä an der ungarischen Grenze Schmuggler, die mit geschmuggelten Weizen aus Ungarn   zu­rückkehrten. Als der 20jährige Josef A n g y l e t aus Ardov verhaftet wurde, fiel dieser mit dem Stocke den Respizienten Pülpan an, der in Not­wehr von der Dienstwaffe Gebrauch machte. An- gylet wurde durch einen Kopfschuß auf der Stelle getötet.
Cif ÄKyre später Ehemaliger Gendarmeriewachtmeister bekommt 12 Jahre für Raub
dem unsere wahren Gebieter sich über unsere Ausplünderung, unser LÄben und Sterben unter- halten, Paßt famos zu dem Geschäft selbst. Ihnen das Geschäft zu legen, das hieße vielleicht doch, die Menschheit retten. Zum mindesten könnte die Nattonalisierung des Gewerbes einen Zustand beenden, den dieser Tage ArthurHender- s o n mft einem schlagenden Beispiel illustriert hat. Er verwies darauf, daß in einem englischen Park eine Kanone aufgestellt sei. Auf der einen Seite des Denkmals könne man lesen, daß die Kanone den Deutschen   abgenom­men wurde, auf der andern, daß eine mit England eng verbundene Firma sie erzeugt habe. Nichts dabei, werden die Kapitalisten sagen; denn ihnen ist es in i h r e r Jnternationalität wirklich einerlei, wer die Ka­nonen kauft, wer durch sie stirbt. Wenn nur so- viele Menschen den Krieg überleben, daß die Herren der Welt neue Erzeuger, neue Käufer und neues Kanonenfutter haben! Apothekerstreik. Die Apotheker in der ganzen Republik   waren Freitag in einen zweistündigen Streik als Protest gegen den 8 156 der Regie­rungsverordnung 112/1934 getreten. Der Fall Mariani. Der französische   Innen­minister hat den Polizeiinspektor Mariani, der bekanntlich vor 14 Tagen in Lille   wegen Teil­nahme an zahlreichen Betrügereien verhaftet wurde, die er vielleicht selbst leitete, abgesetzt. Der DiSziplinarrat genehmigte einstimmig diese Maß­nahme. Versailles von Portugal" eingeäschert. Das historische KönigSschloß Queluz, das man das Versailles von Portugal" genannt hat, ist am Donnerstag abends von einem Großfeuer bis auf die Grundmauern zerstört worden. Die Ur­sache des Brandes ist nicht bekannt. Man befürch­tet, daß die große Sammlung von Edel­steinen, Gemälden und Skulpturen völlig zer­stört wurde. Belgischer Dampfer gesunken. An der hol­ländischen Küste kenterte am Donnerstag abends der belgische DampferCharles Jose" aus Ant­ werpen   etwa 4 Seemeilen westlich vom Haaks- Feuerschiff. Ein Rettungsboot mft dem Kapitän der Besatzung an Bord ist von dem deutschen DampferWildenfels  " von der Hansalinie Bre­men aufgefischt worden. Nähere Einzelheiten über den Unfall fehlen noch. Der DampferCharles Jose" ist 551 Tonnen groß. Die Besatzung die­ses Schiffes bestand aus 10 Mann. Das Schiff war manövrierunfähig geworden. Die Besatzung gab von etwa 20 Uhr bis gegen Mitternacht an- | dauernd Notsignale mit roten Leuchtraketen. Dar­auf liefen aus Helder ein Motor-Rettungsboot und ein Schleppdampfer zur Hllfeleistung aus. Bevor sie aber die große Entfernung zur Unfall­stelle zurückgelegt hatten, war das belgische Schiff I bereits in den Wellen verschwunden, so daß sie am frühen Morgen unverrichteter Sache nach ! Helder zurückkehren mußten. Schutzhülle niedergebrannt. Das tausenden von Bergwanderern aus aller Welt bekannte ! Schutzhaus am H o ch k ö n i g im Lande Salzburg schri'ft^ospodäkstä Politikä'^ zu"den'Enthü'l.!'st- wie heute bekannt tvird, in der Nacht zum lungen über die Geschäfte der Rüstungsindustrie 6. Oktober völlig niedergebrannt. Die Ursache ist beisteuert. Es sei, meint das Blatt, gar nichts! offiziell unbekannt, wird aber vielleicht in dem besonderes an den Tag gekommen. Die E l e e- allgemeinen Zustand vonRuhe und Ordnung" tricBoatComPany und die Arm- zu suchen sein, der das Land, in dem F e h Mini- st r o n g V i ck c r s haben dell Markt unter ein- fter fein{ann> nun einmal charakterisiert, ander aufgeteilt, den Absatz und die Produktion geregell, die Preise festgesetzt, die Konkurrenz s nach Tunlichkeit ausgeschaltet was ist da schon, dabei! Das tun doch alle Kartelle. Mag sein.! Ebendarum wäre es gut, sie allesamt auszurot-> ten und bei der Rüstungsindustrie nicht stehen-{ zubleiben, sondern lediglich aber bald!i anzufangen. Die beiden Firmen haben die, Völker der Erde nach gemeinsamem Man aus-1 geplündert. Die amerikanische   Diplomatte, der englische   König sind zu Agenten der Kanonen- fabrikanten geworden, die Welt hat für ein paar Tage der Wahrheit ins Gesicht gesehen und ex- könnt, wer in Wahrheit der Herr über uns alle ist. Nichts dqbei meint die kapitalistische Presse: es sei ja nicht nachgewiesen worden, daß durch diese Machinationen tatsächlich Kriege ent­stehen. Wenn ein Land rüste na, da solle eben, das andere auch rüsten. Die Verstaaüichung Schubert"2^1^5 BuMer A^n^''BreHb>tt8: 1E00 würde daran nichts ändern. Der frivole Ton, in Unterhaltender Nachmittag.