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Sosialdemokrat
ZENTRALORGAN
DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK
ERSCHEINT MIT AUSNAHME DES MONTAG TÄGLICH FRUH. REDAKTION UND VERWALTUNG PRAG XII., FOCHOVA 62. TELEFON 53077. ADMINISTRATION TELEFON 53076. HERAUSGEBER: SIEGFRIED TAUB. CHEFREDAKTEUR : WILHELM NIESSNER. VERANTWORTLICHER REDAKTEUR: DR. EMIL STRAUSS, PRAG .
14. Jahrgang
Dienstag, 9. Oktober 1934
Einzelpreis 70 Heller
( einschließlich 5 Heller Porto)
Nr. 236
Barcelona, ein zweites Wien Spanische Reaktion
Katalanische Regierung kapituliert nach schweren Kämpfen Neues Aufflammen des Widerstandes
Die spanische Revolution, die durch den Anschluß der katalanischen Republik an die revo= lutionäre Bewegung Samstag einen so hoffnungsvollen Verlauf zu nehmen schien, ist durch die rasche Niederwerfung Kataloniens in ihrer entscheidenden Position geschwächt worden, so daß seit Sonntag abends kaum Hoffnungen auf einen Sieg der Arbeiter mehr bestehen. Der Sieg der Konterrevolution in Barcelona ist mit denselben Mitteln erzielt worden wie der Sieg der österreichischen Fascisten über den Schutzbund. Das Beispiel Dollfu' und Feys hat Schule gemacht. Nur haben die Konterrevolutionäre aus den Wiener Ereignisser gelernt, daß man noch rascher und rabiater zugreifen muß, wenn man jede Krise vermeiden will. Der General Batet, der Barcelona niedergeworfen hat, ist sofort ohne weitere Vorbereitungen zum Artillerieangriff übergegangen und hat sogleich Mörser eingesetzt.
Sonntag, 25 Uhr früh, richtete der Kommandant der spanischen Regierungstruppen in Barcelona , General Batet, ein Ultimatum an Companys, der mit seinen Kollegen im Balais der Generalidad", der Provinzregierung, versammelt war. Als sich die Aufständischen nicht ergaben, eröffnete Batet sofort eine kanonade gegen das Regierungsgebäude und andere wichtige Punkte der inneren Stadt. Die Freiwilligen konnten sich gegen das Artilleriefeuer nicht halten. Schon um sieben Uhr ließ Companys seine Kapitulation anbieten. Sein erster Parlamentär wurde getötet. Batet nahm dann die Kapitulation an, bedrohte aber jeden weiteren Widerstand mit schärfsten Mitteln, da inzwischen der Belagerungszu st and über Katalonien verhängt worden war.
Es setzten Verhaftungen ein. Rund 500 Führer des Aufstandes sollen in Bar celona verhaftet worden sein. Die Zahl der Toten und Verwundeten wird sehr verschieden hoch angegeben. Nach Meldungen vom 8. Oktober werden 350 Tote und gegen 1200 Verwundete gezählt.
A za ň a soll nach einer Meldung verhaftet worden sein, einer späteren Nachricht zufolge hat er aber bereits die französische Grenze überschritten.
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Im übrigen Spanien wurden die Kämpfe fortgesezt. In Ast n= rien scheinen die Bergarbeiter erbitterten Widerstand zu leisten, obwohl auch dort Artil lerie und von der Küste her Kriegsschiffe eingesetzt wurden. In Madrid flammten den ganzen Sonntag über kleinere Kämpfe auf. Sozialisten beschossen dabei die Villa des Ministerpräsidenten Lerroug.
Ebenso wie in Wien nach der Kapitulation einzelner Positionen der Arbeiter der Widerstand aufs neue aufflammte, ist auch Barcelona , wenige Stunden nach der Unterwerfung, von neuem zum Kampf aufgeftanden. Sonntag nachmittags und abends wütete noch einmal vier Stunden lang der Bürgerkrieg in den Straßen, neuerdings hat der Einsatz der Artillerie die tapferen Rebellen zum Schweigen gebracht.
Der Süden greift ein
Am Montag nachmittag wurde von der| Auf der Insel Malaga und in der Stadt Auf der Insel Malaga und in der Stadt Madrider Zentralregierung ein kurzer Bericht Granada haben die Sozialisten gemeinsam mit über die Lage in Spanien durch Rundfunk be- den Syndikalisten den Generalstreik proklamiert; kanntgegeben. Danach sollte in der Hauptstadt bortselbst wüten Straßenkämpfe. Die Situation ist wie in den übrigen Revolutionsgebieten der von Stunde zu Stunde immer heikler, denn die Revolutionsbewegung hat sich nunmehr auch auf Halbinsel Ruhe herrschen. Nur in vereinzelten wichtige Zentren Andalusiens Provinzorten sollte es noch zu kleineren bewaff- ausgebreitet, wo die Syndikalisten großen Ginneten Auseinandersetzungen zwischen Polizei fluß ausüben. Die Revolutionäre wenden nunund Revolutionären gekommen sein, wobei in mehr Guerilla- Methoden an. In den Hafen von Bilbao ein Todesopfer und eine Reihe von Ver- Taragena wurden 2000 Soldaten beordert; in letzten zu beklagen waren.
Die jüngste Geschichte Spaniens bietet das typische Bild der Entwicklung aller bürgerlichen Revolutionen: in der ersten Phase geht die Bourgeoisie mit dem Proletariat gemeinsam vor, um den Feudalismus, die Monarchie, die Adeligen zu stürzen und deren Vorrechte zu beseitigen, der bürgerlichen Entwicklung den Weg zu bahnen. In der zweiten Phase aber stehen auf dem so geschaffenen Boden der bürgerlichen Gesellschaft die beiden feindlichen Klassen einander gegenüber, die Interessen des Bürgertums und des Proletariates gehen auseinander, der Kampf zwischen ihnen beginnt, er endet oft mit der Niederlage des radikalen Flügels der bürgerlichen Revolution, eben des Proletariates, das erst Zeit zu seiner Entwicklung braucht, um der Macht der bür gerlichen Klasse die Waage zu halten und so die Republik seinen Lebensinteressen dienstbar zu machen.
Die junge spanische Republik, die durch die Revolution des Jahres 1931 geschaffen wurde, hatte von vornherein mit großen Schwierigkeiten zu rechnen. Sie war nicht imstande, in der kurzen Zeit eine Lösung des schwierigen spanischen Na= tionalitätenproblems zu finden und insbesondere den Gegenjak zwischen den
Feuer genommen. Der Befehlshaber der Regie- Spaniern und Katalaniern aus dem Wege zu rungstruppen in Katalanien , General Batet, ließ räumen. Daß die reaktionäre Regierung Zerrour in Barcelona sämtliche öffentlichen Gebäude und die national- revolutionäre Regierung in Barceden Rundfunk besetzen. In Gerona wurden lona besiegt und gefangen genommen hat, ist beim Einzug der Regierungstruppen ein Major sicherlich keine Lösung der katalanischen Natiound ein Hauptmann getötet. nalitätenfrage. Dieses Problem wird Spanien
Wie aus Barcelona berichtet wird, hat noch weiter beschäftigen und zu einer Lösung der Präsident in Katalanien , Companys, nach drängen. Verhängnisvoll scheint auch für Spafeiner Verhaftung erklärt, er übernehme die nien die Frage der Bodenreform geweser. ganze Verantwortung für das, was
innerhalb der Generalidad vor sich gegangen sei. zu sein, die nicht in jener radikalen Weise erDer Bürgermeister von Barcelona , der eben- folgte, welche die spanischen Bauern zu freuen. falls verhaftet wurde, hat seinerseits die Berant- Anhängern der Revolution gemacht hätte, die zu wortung für alles, was im Rathaus vor sich ging, sammen mit den Arbeitern die Errungenschaften übernommen. Die Zahl der Verhaftungen in der Revolution von 1931 verteidigt hätten. Barcelona allein überschreitet 500. Mit der Ver- Schließlich hat sich auch das Wahlrecht, das waltung der Generalidad ist ein Oberst und mit die Republik den Frauen gegeben hat, gegen die der Zeitung der Stadtverwaltung ein Major be- Sozialisten ausgewirkt, weil die Frauen, die in traut worden. Im Laufe der Nacht kam es in Spanien jahrhundertelang unter dem Einflusse Barcelona in den Straßen zu einigen Schießereien. des Klerus gestanden sind, genau so wie diz Die Militärgerichte, vor denen sich die Auf- Männer in den wirtschaftlich zurückgebliebenen. ständischen aus Barcelona zu verantworten haben Gegenden Spaniens , in welchen die moderne In werden, werden am Dienstag zu funktionieren duſtrie und der Handel noch nicht Fuß fasser. beginnen. Es ist aber nicht wahrscheinlich, daß konnten, die reaktionären Parteien gewählt iemand von den Führern des Aufstandes zum Tode verurteilt würde, weil befürchtet wird, das werden könnte und daß weitere Unruhen in Ka
er in den Augen der Menge zu einem Märtyrer talonien ausbrechen würden.
Monarchisten an die Front!
haben.
So ist ein Parlament zustande gekommen.
welches einen starken reaktionären Einschlag ethielt und so ist auch die Regierung immer mehr und mehr in die Hände der Rechten geraten. SpaAm Abend des Montag ist jedoch die Lage in niens Arbeiter aber haben sich die Früchte der Spanien wiederum sehr heikel geworden. Der Preßbüro: Allgemeine Gewerkschaftsverband unterstützt die In den späten Nachmittagsstunden des Madrid.( Tsch. P.-B.) Die Regierung Revolution nicht gutwillig aus den Händen reivon den Sozialisten hervorgerufene Streik Montag hat sich die Lage in Madrid wieder ver- forderte zirka 8000 Offiziere, welche zu Beginn Ben lassen wollen. Sie haben den Generalstreit bewegung. Diese hat in Sevilla und schlechtert. Schlagartig fekte an verschiedenen des republikanischen Regimes wegen ihrer royali- proklamiert und sich mit der Waffe in der Hand in ganz Andalusien start an Ausbreiten der Hauptstadt ein heftiges Gewehr- und ſtiſchen Gesinnung zwangsweise pensioniert wur- dem Militär entgegengestellt, über das die realBistolenfener ein, deren Auswirkungen noch nicht den, auf, insgesamt um die Wiederaufnahme in tionäre Regierung gebot. Die spanischen Arbeitung gewonnen. Die Regierung ist dadurch in bekannt geworden sind. Die Ueberfälle richten sich den aktiven Dienst anzusuchen. Der monarchisti ter haben diesen Kampf mit Heldenmut duránene Schwierigkeiten geraten. vor allen Dingen auf die Polizei- und Militär- sche General Sanjurjo , der vor kurzem seine gefochten. Noch ist die Flamme der Erhebung Allgemein wird behauptet, daß die Sozia- patrouillen und verkehrswichtigen Gebäude. Gefängnisstrafe als Führer des spanischen Auflisten für die Nacht auf Dienstag eine neue Die telephoniſchen Verbindungen in einigen standes im Jahre 1932 abgebüßt hat und sich nicht überall in die Asche getreten worden. Noch Aktion planen. Der Generalstreik auf den Bah- Stadtteilen find unterbrochen. Nachrichten von gegenwärtig in Portugal aufbält, erklärte dem flackert der Widerstand an allen Ecken und Ender nen soll Dienstag früh beginnen, doch sucht ihm anßerhalb über die Lage im übrigen Spanien Reuter- Korrespondenten, er habe der Regierung auf. Gewiß, Spaniens Arbeiter haben eine die Regierung dadurch zu begegnen, daß sie bereinzubekommen, ist faſt unmöglich. Die Bevöl- Lerroux feine Hilfe zur Unterdrückung der Revo- Schlacht verloren, aber der Feldzug ist nicht 31. sämtliche Eisenbahner, die Militärreservisten ferung ist einzig und allein auf die von der Zen- lution in Spanien angeboten. tralregierung von Zeit zu Zeit durch Rundfunk
jind, zum Militärdienst einberufen hat.
bekanntgegebenen kurzen Lageberichte angewiesen, Die Streikbewegung dehnt sich, wie es die im Gegensatz zu den in Umlauf befindlichen scheint, nach Süden ans, während im Norden, Gerüchten beruhigend lauten. besonders in der Provinz Asturien , die Aufständischen in die Berge abgedrängt wurden, wo sie
ven Regierungsflugzeugen beschossen werden.
Die Rache der Sieger
Ende. Ebenso wie in allen anderen Ländern kann ein spanischer Fascismus die großen wirtschaftlichen und sozialen Probleme der Zeit nicht lösen. Madrid.( Tsch. P.-B.) Die spanische Regie- er wird an ihnen scheitern früher oder später rung hat eine Verordnung erlassen, derzufolge Die Entschlossenheit, mit der Spaniens Arbeiter sämtliche Fabriken, Behörden und Geschäfte mor- den Kampf durchgefochten haben, läßt auf ihre gen früh den normalen Betrieb aufzunehmen ha- Opferbereitschaft und Begeisterung schließen, die ben. Angestellte, welche sich morgen früh zur Ar- ihren Fahnen über alle schweren Hindernisse der beit nicht einfinden, werden von den Behörden Gegenwart hinweg zum Siege verhelfen wird! Am Montag Abend meldet Reuter: Madrid. ( Tsch. P.-B.) Nach einer Mit ihrer Posten enthoben und sämtliche mit ihnen Die zuletzt aus der a it urischen Pro- teilung des spanischen Kriegsministeriums wur- abgeschlossene Arbeitsverträge werden ebenfalls bin 3 einlaufenden Berichte lauten ungewöhnlich den in Gijon die Aufſtändischen, die sich auf für aufgehoben erklärt werden. An die Stelle der veffimistisch. Die Streifenden sollen angeblich den Berg Santa Catalina zurückgezogen hatten, Entlassenen werden mit sofortiger Gültigkeit neue überaus gut bewaffnet und sogar im Bejiße von im Laufe des Sonntag nachmittags von dem us Arbeiter und Angestellte berufen werden, die sich Aufstandes zufolge wird damit gerechnet, daß etwa Ferrol gekommenen Kreuzer" Libertad" unter an dem letzten Streit nicht beteiligt haben.
Kanonen sein.
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nach dem Kampf
Die Opfer
Den letzten Nachrichten über die Opfer des 500 Personen getötet und 2000 verlegt wurden.