ZENTRALORGAN DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK ERSCHEINT MIT AUSNAHME DES MONTAG TÄGLICH FRÜH. Redaktion und Verwaltung nag xii.,focho«iml tel&om sxn. ADMMWWKMiHRxrsm, HERAUSGEBER: SIEGFRIED TAUB  . CHEFREDAKTEUR  : WILHELM NIESSNER. VERANTWORTLICHER REDAKTEUR: DR. EMIL STRAUSS, PRAG  . Ehtzotprefs 7threfler («MchllaMch 5 H«Her Sorte) 14. Jahrgang Freitag, 12. Oktober 1934 Nr. 239 Regentsciiaflsrat vereidigt Alexander der Einiger* Belgrad. Donnerstag um elf Uhr traten der Senat und die Skupschtina zu einer gemeinsamen Sitzung zusammen, in welcher die Dokumente über den Tod des König Alexander, über die Thron­besteigung des Königs Peter II.   und über die testa­mentarischen Verfügungen des verstorbenen Kö­nigs betreffend die Ernennung der Regentschaft verlesen wurden. Senatspräsident Tomasik hielt dem verstorbenen König einen Nachruf» worauf die Senatoren und Abgeordneten den Treueid ablegten. Hierauf betrat der Regentschafts- r a t, begrüßt von begeisterten Ovationen, den Saal. Die drei Regenten legten den Eid ab, d a ß siedemherrschenden König treu seinunddieEinheitund Unabhän­gigkeit des Staates wahren wer­den. Die Ovationen für die Regenten wieder­holten sich beim Verlassen des Saales und setz­ten sich auf der Straße seitens der dort angesam­melten Menschenmassen in noch größerem Maß­stabe fort. Sodann beschloß die Sitzung über Antrag des Präsidenten dem verswrbenen König den histo­rischen NamenViteski Kralj Aleksander I. Ujedinitelj"(Der ritterliche König Alexander I. Der,Einiger") zu geben. Nach der Eidesleistung gab die Regierung Uzunovit dem Regentschaftsrat verfassungsgemäß die Demission. Der Regentschaftsrat ersuchte aber die Regierung, in ihrer bisherigen Zusammen­setzung im Amte zu bleiben. Dubrovnik   im Sturm Nach einer Funkmeldung ist der Zerstörer Dubrovnik  ", der die Leiche des Königs in die Heimat führt, im Mittelmeer   in einen heftigen Sturm geraten. Zur Einholung der Leiche des Königs Ale­xander begibt sich Freitag eine Regierungsabord­nung nach Split. Der Sonderzug mit den sterb­lichen Ueberresten wird nach Belgrad   über Agram geleitet. Die einzelnen Stationen wird der Zug langsam durchfahren, um der Bevölkerung Ge­legenheit zu geben, dem toten König die letzte Ehre zu erweisen. Die Aufbahrung der Leiche des Königs wird im Thronsaal des alten Konaks er­folgen. Italienisches Ehrengeleit Rom  . Ein leichter italienischer Kreuzer und eine Eskadre Torpedobootzerstörer werden den jugoslawischen KreuzerDubrovnik  ", an dessen Bord die sterblichen Ueberreste König Alexanders in die Heimat überführt werden, während seiner Fahrt durch die italienischen Küstengewässer be­gleiten., Polizist Gally nicht tot Paris  . Amtlich wird die gestrige Meldung über den Tod des Polizisten Gally dementiert. Gally liegt im Krankenhaus, sein Zustand ist allerdings dauernd ernst. Malypetr, Bradat und Därer nach Belgrad  Prag   Amtlich wird mitgeteilt: An dem Be­gräbnis Seiner Majestät des Königs Alexander I.  werden in Vertretung des Präsidenten der Repu­blik der Vorsitzende der Regierung Fan M a l y- p e t r und weiter für die Regierung der Republik  auch Minister für Nationalverteidigung Bohumir B r a d a c und Justizminister Dr. Ivan D i r e r teilnehmen. Von der tschechoslowakischen Armee werden an dem Begräbnisse der Generalinspektor der Armee General Jan S y r o v h, der Chef des Gcncralstabes Armeegeneral K r e j t f, eine 26- gliedrige Militärdeputation, eine Ehrenkompagnie des 48.Jugoslawischen" Infanterieregimentes und eine Fliegerabteilung teilnehmen. Dr. Benes nach Paris  «n bem Begräbnis des französischen   Außen- Barthou wird für die Regierung der Republik   Minister des Aeutzeren Dr. Benes teünehureru Zwei Komplicen verhaltet Ein dritter wieder entkommen Ein zweites Attentat in Paris   war vorbereitet Paris  . Die fieberhafte Suche nach de« Komplicen des Mörders hat bereits die ersten Erfolge gezeitigt: In der Grenzstadt Annemaffr.im Departement Haute-Savoie ver­haftete die Polizei zwei Männer, di» Donnerstag früh ans Bad Thonon am Genfer See   dort eingetroffen waren. Beim Verhör wurde festgestellt, daß sie Mitglieder einer terroristische« Organisation und nicht die einzigen Komplizen des Mörders waren. Die Verhaf­teten erklärten, daß es im Falle des Mißlingens des Marseiller   Attentates ihr« Aufgabe gewesen wär«, in Paris  «in neues Attentat zu verübe«. Bei ihnen wurden Pässe gefunden, von denen der eine auf den Namen Ladislav B e n es, geboren im Fahre 1903 in Zara, der zweste auf den Namen JaroslavNovak, geboren im Jahre 1900 in Görz  , lautet. Ueber das Verhör dieser Komplize» Kele­mens erfährt der Pariser   Korrespondent des EPB von polizeilichen Stelle«, daß beide gegen Abend nach längerem Leugnen zugegeben haben, daß ihre Namen sowie ihre tschechoslowakischen Pässe falsch find. Sie überschritten am 26. Sep­tember die italienische Grenze in Como  . Am gleichen Tage betraten fie schweizerischen Boden. Der Tag, an welchem fie franzöfisches Gebiet be­traten, ist in ihren Pässen nicht vermerkt. Der angebliche Benes gestand, daß er wirklich R» s i heiße und jPg»slawischer Staatsbürger sei. Noväk weigert fich, sei­ne« richtigen Namen zu nenne». Beide gestanden, daß fie vor dem Attentat in Paris   waren und dort mit dem Mörder zusam- mrntrafen. Sie lehnen jedoch jede direkte und indirekte Teilnahme an dem Attentat ab. Ihr Verhör gestaltet sich ziemlich schwierig, da fie nicht franzöfisch sprechen können, nur einer von ihnen spricht etwas deutsch  . Beide werden noch heute nach Paris   gebracht werden. Der Mörder Kelemen hat zwar das Atten­tat ansgeführt, war aber, wie es scheint, nicht das Haupt der Verschwörung. Rach dem Stempel in seinem Paß traf Kelemen am 28. September auf franzöfischrm Gebiet ein. Am 30. September wurde er in Marseille   gesehen, wo er wahrschein­lich das Terrain besichtigte. Am 1. Oktober quar­tierte er sich unter dem Namen S u ck in dem Pariser HotelRegina" in der Htrgße Baza grau ein, wo er gleichzeitig mit dem angeblichen Bladislav Benes, recte RafiL, wohnte. Eine dritte Verhaftung eines Verdächtigen erfolgte Mittwoch abends auf dem Bahnhof in Fointainrbleau. Der Verdächtige war gerade im Begriff, den Zug nach Evian le Bains zu besteigen. Bei seiner Durchsuchung wurde ein Reisepaß lautend auf den Namen Malny(dir ersten Meldungen sprachen vonSilvester C h a l m y s" bzw.Ralis") gefunden. Dem Manne gelang es jedoch plötzlich, sichden Gendarmen zuentreißen und im Dunkel der Nacht zu verschwinden. Seine Verfolgung wurde unverzüglich aufgenommen und es wird auch weiterhin nach ihm geforscht, bisher jedoch ohne jeden Erfolg, da die Wälder in der Umgebung Fontainebleaus sehr ausgedehnt sind. Auf Malny(auch als C h o l nY, S a l n y oder Malis bezeichnet), war die Pariser   Poli­zei von einem Äaufteur aufmerksam gemacht worden, der ihn am Dienstag in einem Taxi nach Fontainebleau   gebracht hatte. Auf Grund dieser Anzeige wurde Malny um Mitternacht im Wartesaal des BahnhofeS von Fontainebleau   ver­haftet, doch gelang es ihm, wie oben gemeldet, sich loszureißen und in die nahen Wälder zu entkommen. Den letzten Meldungen zufolge ist ihm jedoch die Gendarmerie auf den Fersen. Es ist nicht ausgeschlossen, daß er, der fließend französisch spricht, das Haupt der Verschwörer ist. Der Paß des Mannes wurde beim Betreten Frankreichs   am 28. September in Vallorbe   vi­diert. Malay   kam gleichzeitig mit Kelemen am 7. Oktober nach Aix-en-Provence  , unweit Mar­ seille  . Zur gleichen Zeit kam dort auch ein anderer jnnger Mann an, der sich im Hotel als Egon K r a e m e r, Kaufmann aus Fiume, eintrug. Kelemen gab sich im Hotel als Bruder dieses Kraemer aus. Salny hatte in Fontainebleau   eine Zusam­menkunft mit dem Quartierkameraden Kelemens in Paris  , Benes,«ud mit N o v äk, die offen­bar Mitglieder der Pariser   Verschwörergruppe waren. Noväk und Benes fuhren von Fontainebleau  nach Evian  , wo sie die französisch-schweizerische Grenze überschreiten wollten, aber bekanntlich von der Polizei in Thonon   angehalten wurden. Ein gewißer Sthkomir N a I i s, ein Maze­donier, der fließend französisch spricht, ist nun im Vorjahr in Marseille   wegen Diebstahl zu vier Mo­naten verurteilt und zu Beginn des heurigen Jah­res aus Frankreich   ausgewiesen worden. Er dürfte mit dem entflohenen Komplicen Kelemens iden­tisch sein. Der Besitzer des Hotels in Aix   hat auf Grund des Lichtbildes.Kelemen erkannt. Kelemen hatte sich in Air aeweiacrt, die Wohnungsanzeige ouszuWeu- Der falsche Paß Prag  . Die durch die bisherige Tatsache., daß der Paß des Marseiller   Attentäters Peter Kelemen ein Fälsiftkat war, wurde nunmehr durch die ein­gehende Prüfung dieses Passes bestätigt. Es wurde festgestellt, daß die auf dem Paß verwendete Stampiglie nicht dem Einheitsthp der von allen tschechoflowakischen BertretungSbehörden, demnach auch vom Generalkonsulat in Agram ver­wendeten Stampiglien entspricht, sondern bedeu­tend kleiner ist und in ihrer Ausführung von den echten Stampiglien abweicht. Auf der zweiten Seite des Passes ist die Rubrik der Staatszuge­hörigkeit mit einer Stampiglie ähnlich jener ver­sehen, wie fie die Bertretungsbehörde in Agram verwendet, doch fehlt im Wortekefloflovenflä" der Buchstabel" und schließlich ist dasa" kurz. Di« Oese, mit welcher auf der dritten Seit« die Photo­graphie befestigt ist und di« die BezeichnungZa- mini" trägt, gleicht nicht den Oesen, mit denen die Photographien auf den tschechoflowakischen Päs­sen befestigt werden. Schließlich ist zwar die Unter­schrift Dr. B r t n i k s der Unterschrift dieses Beam­ten ähnlich, doch zeigen die Schriftzüge, daß die Unterschrift im Wege der'Reproduktion auf den Paß übertragen wurde, weil sie Spuren einer feine« Rastrierung trägt. Der junge König schärfstens bewacht Paris  . König Peter II. ist in Begleitung sei­ner Großmutter, der Königin-Mutter Maria von Rumänien  , am Mittwoch abends in Paris   einge­troffen. Schon bei der Landung des aus England kommenden Dampfers in Calais   wären um­fangreiche p o l r zeilicheSchutz- maßnahmen getroffen worden. Dasselbe ge­schah auch auf dem Bahnhofe in Paris  . Um ganz sicher zu gehen, ließ man sogar den D-Zug, an dem ein Salon-Wagen für den jungen König an­gehängt worden war, 18 Kilometer von Paris   ent­fernt in der Ortschaft Conesse halten, König Pe­ter II. und seine Großmutter verließen im Kraftwagen zurück. blut ist ein schlechter Kitt Zur spanischen Revolution Die Verfälschung der TatsaDen gehört zum Metier des Antimarxismus und gewisser Auch- Demokraten. Schon vor den blutigen Ereignissen in Spanien   war die christlichsoziale und ein Teil der übrigen Bürgerpresse bemüht, durch erfundene angebliche Greuel und Schauermärchen die Stim­mung der Oeffentlichkeit zugunsten der auf die Wiederherstellung des alten Herrschastsverhält­nisses der Kirche und des Monarchismus hinarbei­tenden Reaktion zu stimmen. Ein entdeckter Revolutionsplan habe bewiesen, die Linke befinde sich vollständig am Gängelband« des Bolschewis­mus, ein Staatsstreich sei geplant, zur bestimmten Stunde sei durch Revolverschüsse und Bomben­würfe eine Panik hervorzurufen, von den Bal­lonen sei die bewaffnete Macht mit siedendem Oel zu begießen und alle öffentlichen Gebäude seien in die Lust zu sprengen. Nach der Macht­ergreifung durch die Arbeiter und Soldaten sei eine Art Bartholomäusnacht abzuhalten und die proletarische Diktatur auszurufen. Daß in Wahr­heit die sich regenden Kräfte des Widerstandes ähnlich wie in Oesterreich   aus dem Willen er­wuchsen, die bestehende Verfassung zu schützen und zu verhindern, daß durch Wiederherstellung der Herrschaft der stüheren Mächte Elend und Jam­mer der Arbeiter- und Bauernbevölkerung ver­ewigt werden sollen, fand in den von der spani  - schen Regierung verbreiteten und von unseren diversen Reaktidnslakaien übernommenen Lügen­berichten keinen Raum. Den darin erhobenen Behauptungen zufolge sei das ganze spanische Volk einschließlich der Ar­beiterschaft des Klassenkampfes und der marxisti­ schen   Herrschaft gründlich satt und stehe hinter der von dem verkappten Fäscistenhäuptling Gil Nobles geführten Katholischen Volksaktion, welche die wahre Schätzerin der Volksinteressen reprä­sentiert, während der Marxismus Spanien ruiniert habe. Nicht anders war die Lügenhetze der österreichischen Kanonenchristen beschaffen, die jahrelang gegen das sozialdemokratisch verwaltete Hien, gegen die demokratische Staatsverfassung und die Arbeiterbewegung betrieben wurde. Da wie dort war das Ziel die blutige Niederwerfung der sozialistischen   Arbeiterschaft, die Auslöschung ihrer Organisationen, die Beseitigung der demo­kratischen Staatsform und die Errichtung der Dik­tatur zum Wohle der Herrschaft der Kirche und des Kapitalismus  . Zwar hat Gil Röbels seine Karten bisher nicht gezeigt und es, genau wie Henlein   hierzulande, vorgezogen, seine wahren Pläne bis auf weiteres im Dunkeln zu lassen, aber die sozialistischen   Massen und die linksradi­kalen Elemente waren nicht kurzsichtig genug, um zu erkennen, worum es der Reaktion gehe: um Leben und Zukunft der Arbeiterklasse und um die Verhinderung großzügiger Reformen zur Besse­rung der traurigen Lage der Massen der kleinen Bauern. In dem Eintritt dreier Mitglieder der Katholischen Volksaktion in die Regierung sah die gesamte Linke mit Recht den ersten entscheidenden Schritt auf dem Wege der Fascisierung des Landes durch die klerikale und monarchistische Reaktton und die herrschende ungeheuere Erregung, geschirrt durch die nur allzu begründete Besorgnis, es gehe der Republik   ans Leben, brach sich in den furcht­baren Stürmen, die seit Tagen die Städte und Dörfer Spaniens   durchtoben, elementar Bahn. Die revolutionären Kämpfer mögen vom Anbe­ginn ihren Untergang vor Augen gesehen haben, sie haben dennoch ebenso wie die österreichischen Arbeiter den ungleichen Kampf gegen die gesamte bewaffnete Macht ausgenommen, weil Verzweif­lung sie trieb und sie nicht kampflos untergehen wollten. Den von offiziösen Stellen ausgehenden Berichten nach glaubt die Regierung baldigst rest­los Herrin der Lage zu sein, jedenfalls hat es sich gezeigt, daß die Regierung Lerroux   einen riesigen Teil der Bevölkerung gegen sich hat, der, aleich- falls wie in den Februartagen in Oesterreich   nur durch Aufbietung der gesamten militärischen Streitkräfte niedergerungen werden konnte. So- ferne es einen Unterschied gibt, ist es nur der, daß die Dollfuß  -Regierung Artillerie, Flammen­werfer und Minenwerfer gegen die eigenen Volks­genossen richtete, während der spanische katho­lische Antimarxismus auch noch durch Kriegsschiffe i Städte und. Volk bombardieren ließ, worin sich