Nr. 243
Mittwoch, 17. Oktober 1934
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Normale Rekonvaleszenz des Präsidenten Masaryk Prag. Dienstag vormittags wurde über den Gesundheitszustand des Präsidenten der Republik nachfolgendes ärztliche Bulletin ausgegeben: „Die Erholung des Präsidenten der Repu blik nimmt einen ganz normalen Berlauf. Die Sehkraft in der rechten Hälft« des Sehkreises ist fast völlig zurückgekehrt, wodurch auch die normale Möglichkeit des Gehens gegeben ist. Das geistige Arbeitsprogramm nimmt einen immer größeren Umfang an. Prag , den 16. Oktober 1934. MIlDr. Adolf Maixnerm. p. Professor Dr. Josef P e l n ä k m. p."
Eine abgesagte SHF-Versammlung Für Montag hatten die Henleinleute in I g l a u eine konstituierende Versammlung einberufen. Die Einladungen waren schon ausgegeben und die Plakate vorbereitet. Herr Skomo- rovskytt der mährische Landesleiter, sollte sprechen. Als am Abend eine große Anzahl Arbeiter vor das Versammlungslokal kamen, erfuhren sie, daß die Versammlung abgesagt ist. Die Absage war im letzten Augenblick erfolgt. Die Henleinleute scheinen erfahren zu haben, daß die sozialdemokratischen Arbeiter fest ent- schloffen waren, sich mit Herrn Skomorovskyi auseinanderzusetzen; solche Unterhaltungen erfreuen sich bei den getarnten Fascisten keiner besonderen Beliebtheit. Man konnte jedoch auch erfahren, daß die eigenen Anhänger der Henleinbewegung, insbesondere einige Arbeitnehmer aus der Umgebung Jglaus, wegen des Nichtauszahlens der Arbeitslosenunterstützung durch die Henleingewerkschaft empört sind und die Absicht hatten, Herrn Skomorovskyi einige Wahrheiten zu sagen. Die zahlreich erschienenen Arbeiter kamen alsbald im„Schützenheim" zusammen, wo sie unter dem Vorsitz des Genoffen Herzig eine improvisierte 8-2-Bersammlung abhielten. Genofle Karl Kern, Prag , erstattete ein mit großem Beifall aufgenommenes Referat, in dem er die Stellung der Partei zu Henlein umriß, über Probleme der tschechoslowakischen Arbeiterpolittk und über die internationale Lage sprach.
Oie Arbeitslosigkeit in Nord böhmen Im September 1934 Ende September wurden in Nordböhmen 116.310 Arbeitslose ausgewiesen.. Es ist dies die .niedrigste. Zahl, im heurigen. Jahres.mn. 10.52, d- i. um 0.9 Prozent niedriger als Ende August, um 11.036, d. i. um 8.74 Prozent niedriger als Ende September 1933 und um 3699, d. i. um 3.10 Prozent niedriger als Ende September 1932. Bon den im ganzen Staate ausgewiesenen 673.624 Arbeitslosen entfallen auf Nordböh men 20.10 Prozent. Die größte Anzahl der ArbeüSlosen erscheint wiederholt in den Industriebezirken auSgewiesen- Bor allem sind dies die polittschen Bezirke: Reichenberg mit 10.882 Arbeitslosen, Teplitz-Schönau 9266, Gablonz a. N. 9060, Tetschen 8931, Aussig a. E. 7905, Ko- motau 7880, B.-Leipa 7872, Dux 7565, Brüx 6703, Friedland 6186, Schluckenau 6088 usw. Den Berufsgruppen nach zeigt sich im Vergleich mit dem Vormonat sowie im Vorjahre eine Erhöhung der Anzahl der Arbeitslosen nur bei den Bauarbeitern, im Vergleich nur mit dem Vormonate bei den Metall- und Tagarbeitern und beim Haushaltungspersonal, wogegen in den anderen Berufskategorien ein weiterer Rückgang sowie gegenüber August 1934, als auch gegenüber September 1933 zu verzeichnen war, wie folgende Zahlen, bei denen die Daten von Ende August 1934 und von Ende September 1933 in den Klammern erscheinen, beweisen: Bauarbetter 10.310(9804, 9155), Metallarbeiter 10.155 (10.044, 11-976), Tagarbetter 9607(9559, 10.082), Haushaltungspersonal 3039(2939, 3156), Textilarbetter 22.052(22.376, 25.950), Hilfsarbeiter 17.607(18.025, 19.991), Glasarbeiter 16.495(17.873, 19.509), Holzbear- beüungsarbeiter 4308(4351, 4654), Bergarbeiter 3262(3285, 3599), landwirtschaftlich« Arbeiter 3003(3371, 3930) usw- Zur Beffe- rung der Lage der Bau- und Tagarbeiter, bei denen zufolge des Saisonschluffes mit einer Verschlechterung gerechnet werden muh, wurde mit der Durchführung einiger weiteren Jnvestitions- und Notstandsarbeiten begonnen.
Verhaltungen In vux Am Sonntag war der kommunistische Stadtvertreter Tasta in Dux wegen verschiedener Neuerungen in der Stadtverttetersitzung aus Anlaß der Ermordung des jugoslawischen Königs verhaftet worden. Die Kommunisten haben daraufhin in der Nacht von Montag auf Dienstag Flugzettel verteilt. Noch in der Nacht wurden die Arbeiter Oskar Roda und Wenzel M i k e s ch von der Polizei aufgegriffen und verhaftet. Man fand bei ihnen viel selbsthergestellte Flugzettel, deren Inhalt nicht wiedergegeben werden kann. Am Dienstag früh hat die Brüxer Fahndungsabteilung nach den übrigen Mithelfern geforscht und noch weitere Verhaftungen vorgenommen. Auch die Geheimdruckerei wurde bereits » ausgeforscht.
Die Tarnkappen-Front
„Welche Kappe nehm* Ich heute?”
Fünf klrchener Bergarbeiters treik erfolgreich beendet
Budapest . Das Ungarische Pressebüro meldet amtlich: Der Streik der Bergarbeiter in Fünstirchen ist nunmehr endgültig bcigelegt worden, nachdem die durch Vermittlung der Bertre- ter der Regierung geführten Verhandlungen zwischen der Bergwerksdiricktion Md den Bergarbeitern^ zur Einigung, führten,, wonach Tben Bergarbeitern außer einer Hervstanshilfe von 5 7.3 00 P e n g ö auch eine W i u- teraushilfein der gleichen Höhe Ve-
willigt wurde und die Zusicherung gemacht worden ist, daß alle Bergarbeiter keine Retor- sionSmaßnahme« zu befürchten hätten. Nachdem di« Bergarbeiter die Bedingungen angenommen hatten, sind die im Hungerstreik verharrenden Knappen noch im Laufe der Nacht zum Dienstag n ach v k e r t ä g i g e m H« n« gerstreik wieder aus der Grube auS- gefahren.
Kelemen ist GeorsiJew Durch die Fingerabdrücke Identifiziert Sofia . Die bulgarische Polizei hat von der französischen Polizei die Fingerabdrücke deS angeblichen Peter Kelemen, des Mörders König Alexander, erhalten. Durch Vergleich dieser Fingerabdrücke mit jenen des mazedonischen Terroristen Georgijew wurde mit aller Bestimmtheit festgestellt, daß Kelemen«nd Georgijew e i n und dieselbe Person sind. Der Daß der Johanna Majerskä Verdächtigungen aus Budapest zurückgewiesen Ein Prager amtlicher Bericht befaßt sich ausführlich mit dem Patz der in Budapest wohnhaften tschechoslowakischen Staatsbürgerin Johanna M a- jerskä, der dieselbe Nummer 185.744 trug, wie der falsche Patz des Mörders Kelemen. Ungarische Blätter hatten nämlich behauptet, daß der alte echte Patz der Majerskä, der ihr bei der Ausstellung eines neuen Paffes im Jahre 1932 abgenommen worden war, in die Hände der Attentäter geraten sei, und hatten daran Vermutungen über Beziehungen irgendeines Organes -des Budapester tschechoflowakischen PatzamteS zu den Attentätern geknüpft. Außerdem wurde das Konsulat verdächtigt, weil es den neuen Paß hinter dem Rücken der ungarischen Behörden der Majerskä eiligst in der Nacht abgenommen habe. Hiezu wird amtlich mitgeteilt, daß sich die Gesandtschaft wegen der Nachforschungen nach der Majerskä zunächst an die Budapester Polizei gewendet habe und erst, als sie dott„keinem genügenden Entgegenkommen" begegnete, dirett— und zwar bei Tag— einen Beamten zu der Majer- stä gesendet habe. Der Patz wurde hierauf bei der Gesandtschaft hinterlegt. Der alte Patz der Ma- jerskä ist seit 5. Ottober 1932 bei der Gesandtschaft hinterlegt und in dieser Zeit nie in fremden Händen. Die Aufbahrung in Belgrad Belgrad . Der Sarg mtt den sterblichen Ueberresten König Alexanders wurde um Mitternacht auf Dienstag auf dem Belgrader Bahnhof von der Königinwitwe, dem Regentschaftsrat, der gesamten Regierung, der Generalität und anderen hohen Staatsfunktionären erwartet. Durch ein dichtes Spalier der Bevölkerung wurde der Sarg in das alte Königsschlotz gebracht, wo die Toten- meffe zelebriert wurde.
Um 6 Uhr früh wurde der Zutritt zur Bahre für die Bevölkerung freigegeben, die in dichter Reihe an dem Sarg vorbeizieht. Gegen Mittag erschien das diplomatische Korps, die Regierung und die Mitglieder der parlamentarischen Körperschaften. Loyalitätskundgebung der Opposition Günstig vermerkt wird in Belgrader Kreffen der Umstand, daß die ehemaligen Parteifiihrer, die seit dem Umsturz vom 6. Jänner 1929 dem neuen Regime gegenüber eine ablehnende Haltung eingenommen hatten, der Familie des Königs und der Regierung ihr Beileid ausgesprochen haben. So wird der bisher auf Hvar internierte Führer der slowenischen Volkspartei K o r o ö e c au der Leichenfeier persönlich teilnehmen. Der Führer der kroatischen Bauernpartei Dr. M a- c e k, der sich im Agramer Gefängnisspital befindet, hat gleichfalls ein Beileidstelegramm geschickt, in dem er sich als fanatischer Anhänger der staatlichen Einheit bekennt und seiner Ergebenheit gegenüber der Krone Ausdruck gibt. Auch Goerlng kommt! Hiller hat als oberster Befehlshaber der Wehrmacht den General G o e r i n g als Sonderbevollmächtigten nach Belgrad entsendet. Goering soll dort am Grabe des Königs einen Kranz mit der Inschrift»Ihrem einsttgen heroffchen Gegner in schmerzlicher Ergriffenheit, die deutsche Wehrmacht" niederlegen. Abreise der tschechoslowakischen Delegation Prag . Dienstag um 13 Uhr 40 reiste mittels Sonderzuges vom Masarykbahnhof in Prag der Vorsitzende der Regierung Malypetr zum Begräbnis des Königs Alexander ab, wo er den Präsidenten der Republik vertreten wird. Zugleich reiste Verteidigungsminister B r a d äö ab, der zusammen mit Justizminister Dr. D 61 e r, der sich in Preßburg anschlietzen wird, und mtt Außenminister Dr. Edvard Benes , der in Bel grad direkt aus Paris eintreffen wird, die Dele- , gation der tschechoslowakischen Regierung zum j Begräbnis des Königs Alexander bildet.
Parlament am 25. Oktober Prag . Der Präsident der Republik hat unter Gegenzeichnung des Ministerpräsidenten Mei Handschreiben, datiert vom 16. d. aus Lana, erlassen, in denen er die Tagung der beiden Kammern der Nationalversammlung mtt dem 19. Oktober für beendet erklärt und sie zur ordenllichen Herbsttagung für Donnerstag, den 25. Ottober, nach Prag einb ernst.
S.A.I. und Moskau Die Brüsseler Verhandlungen Brüssel.(Tsch. P.-B.) Am Montag abends traten der Vorsitzende der Sozialisttschen Arbeiter-Internationale Vandervelde und ihr Generalsekretär Adler mtt den Delegierten der HI. Internationale C a ch i n und T h o r e s zu einer Besprechung zusammen. Sie befaßten sich mtt der Möglichkeit einer gemeinsamen Aktion der beiden Internationalen. Die Vertteter der S. A. I. erklärten, daß die Stellung der Mitglieder der S. A. I. in jedem Lande eine andere sei und daß es ihnen nicht möglich wäre, bindende Beschlüsse ohne vorhergehende Beratungen mit den einzelnen Repräsentanten der S. A. I. zu faffen. Trotzdem sei es jetzt schon möglich, sich mtt einer gemeinsamen Aktion zur Unterstützung des Proletariates in Spanien , wo äm Sonntag das Mitglied des Vollzugsausschusses der S. A. I., Eaballerov, verhaftet wurde, zu befaffen. „Wir bedauern, daß es uns nicht möglich ist, sofort gemeinsam, was Spanien anbetrifst, zu verhandeln, doch sind wir fest überzeugt, daß diese unsere heutige Zusammenkunft eine große Bedeutung besitzen wird für die weitere Entwicklung der Dinge," besagt das Kommunqus, welches nach der Sitzung ausgegeben wurde. Es wurde auch Wer die Annäherung der Sozialisten und Kommunisten in Frankreich ver- handett und der Beschluß gefaßt, daß das stenographische Protokoll über die Sitzung an alle zuständigen Organe beider Internationalen abgeschickt werden wird. »er Endkampf der spanischen Revolution Madrid . Wie aus Bilbao gemeldet wird, hat sich wiederum eine große Zahl asturischer Aufständischer den Regierungsabteilungen ergeben. Das„Hauptverdienst" daran hcchen die F l u g z e u g e, die die Lager der Aufständischen durch ihr Bombardement sehr bedrängen. .Der Widerstand der Revolutionäre ist in Asturien besonders zähe. Man schätzt die Zahl der Aufständischen auf 6000-Mann. Sie sollen gut bewaffnet sein, hauptsächlich deshalb, weil sie die Waffenfabrik in ihrem Besitz brachten. Das Blatt „El Sol" nimmt an, daß in dieser Provinz etwa 600 Aufständische gefallen sind. Revision der Todesurteile? Madrid.(Havas.) Dienstag wurde ein außerordentlicher Ministerrat einberufen, nm einige von dem Mllitärgerichte in Gijon gefällte Todesurteile zu Überprüfen.
Vollkommene vederelneilmmuno rwlschen Dr. Bene! und Laval Paris . Minister Dr. Benes hatte Dienstag vormittags eine lange Unterredung mit dem französischen Außenminister Laval. Beide Minister stellten die volle Uebereinstimmung ihrer Ansichten in den Fragen der Außenpolitü fest. Außerdem hatte Minister Dr. Benes eine Zusammenkunft mit dem Finanzminister Germain-Martin und mit dem Handelsmini- ster Lamoureux, mit dem er über die französisch-tschechoslowakischen HandelSvertragSver- handlungen sprach. Am Nachmittag stattete Minister Dr. Benes dem btttifchen Botschafter Sir Georges Clerk einen Besuch ab.
Minister auf Hitler vereidigt Berlin . Das Reichskabinett hat ein Gesetz über den Eid der Reichsminister und der Mitglieder der Landesregierungen angenommen, wor- nach die Minister schwören,„dem Führer des Deutschen Reiches und Volles Adolf Hitler treu und gehorsam" zu sein. Von einer Verfassung ist nicht mehr die Rede, sondern nur von der Wahrung der Gesetze. Wie durch ein Versehen ist in der Eidesformel auch noch der PaffuS stehen geblieben, daß die Geschäfte„unparteiisch und gerecht gegen jedermann" geführt werden sollen. j
Zwölferausschuß und Exekutive Prag . Dienstag vormittags traten zu gemeinsamer Beratung der Zwölferausschuß der koalierten Staatsangestelltenorganisationen unter dem Vorsitz des Senators Dr. Karas mit den Vertretern der Exekutive zusammen. Diese betonten die Bereitwilligkeit der Exekutive, bei der Lösung der Forderungen mitzuarbeiten. Zu den vorgebrachten Ansichten der Delegierten der Exekutive nahm der Zwölferausschuß in Fortsetzung seiner eigenen Sitzung Stellung und setzte den Zeitpunkt fiir die zweite gemeinsame Sitzung mtt Dienstag, den 23. Oktober, vormittags, fest.