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IE NTRALORGAN DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK ERSCHEINT MIT AUSNAHME DES MONTAG TÄGLICH FRÜH. Redaktion und Verwaltung frag xn fochova«. telefon 53077. Administration telefon so». HERAUSGEBER: SIEGFRIED TAUB . CHEFREDAKTEUR : WILHELM NIESSNER. VERANTWORTLICHER REDAKTEUR: DR. EMIL STRAUSS, PRAG .

14. Jahrgang

Sonntag, 21. Oktober 1934

Nr. 247

Die Tunner Polizei und die Attentäter

Paris. (Tsch. P.-B.) Die Pariser Presse kritisiert vielfach in sehr scharfer Weise das Vorgehen der Turiner P o l i z e i, die cs den französi­ schen Polizeibeamtrn verweigert hat, die verhaf­teten Terroristen Pavrliö und Kvaternik zu ver-' hören. Die Blätter halten sich wegen der Lang-' samkcit auf, mit welcher die römische Regierung vorgche, die bisher die Bewilligung zum Verhör nicht erteilt hat. Der französische Polizriinspck-> tor ersuchte de» französischen Konsul in Turin , beim französischen Botschafter in Rom vorstellig zu werden. DerMatin" teilt mit, daß die Polizei nach! einem weiteren kroatischen Terroristen fahnde, der i bisher unter dem Ramen Petai bekannt fei. Lausanne.(SDA.) Die Polizei hat! festgestettt, daß der in^urin verhaftete Kva­ ternik im Laufe des September einige! Male im Lausanne weilte, um sich zu! orientieren und den Grenzübertritt der Komplizen! vorzubrreiten. Wenige Tage vor der Ankunst der ganzen Berschwörerbande in Lausanne ließ er 6000 Schweizer Franken in ungarisches, öster­reichisches, deutsches und französisches Geld um­wechsel«. Das Geld war zur Bestreitung der Reisekosten der Komplizen bestimmt. War PavelK in Berlin ? Paris.(Havas.) Einem Straßburger Blatt zufolge hat sich der Führer der kroatischen Terroristenorganisation, P a v e l i L, Heuer in Berlin aufgehalten, wo er ein BlattC r o a t i Pre ß" herausgegeben begann, dessen erste Nummer unter der verantwortlichen Redak­tion Gerhard Raethers, eines höheren B e- amten des reichsdeutsch enAußen- ministeriums, der der nationalsozialisti- scheu Partei angehörte, erschienen ist. Eisenbahn­beamte, denen die Photographie PaveliL gezeigt wurde, erklärten, er sei am 4. Ottober mit dem Zuge aus Paris über Annemaffe nach Genf ge­fahren.

Var Begräbnis Poincaret Paris. Genau eine Woche nach dem Na­tionalbegräbnis für Barthou wurde Samstag Raymond Poincare bestattet. Nicht nur Paris , sondern das ganze Land standen unter .dem Eindruck der Trauerfeierlichkeiten, an welchen offizielle Abordnungen fast aller europäischen Länder und der Bereinigten Staaten Nordame- rikos teilnahmen. Die Tschechoslowakei war durch den Pariser Gesandten Dr. Osusky und durch Repräsentanten der Armee vertreten. Bor dem Pantheon hielt Ministerpräsident D o um e r- g u e die Trauerrede, worauf die Pariser Garni­ son , die Republikanische Garde und Delegationen der ehemaligen Frontkämpfer am Sarge vorbekzo- gen. Tann wurde der Sarg in feierlichem Zug zur Notre-Dame -Kathedrale geführt, wo die kirchlichen Zeremonien stattfanden. Die Beisetzung erfolgt auf Wunsch des Ver­storbenen Sonntag in Nubecourt, der lothringi­schen Heimat Poincares.

Hartnäckiger Widerstand in Asturien ! Die Regierung muß jeden Schritt Boden! erkämpfen Paris . Nach einer Havas-Meldung aus Per­ pignan sind in den letzten Tagen etwa 30 nam-: hafte katalanische Autonomisten über die spanisch- französische Arenze gegangen. Darunter befinden sich, der ehemalige Leiter der katalanischen Sicher­heitspolizei B a d i a. Die Madrider Regierung meldet, daß ihre Truppen den asturischen Grübenbezirk besetzt und die Revolutionären Gruppen weiter in die Berge zurückgedrängt haben.

Um«Ile politische Einheit der Arbeiterklasse Hoffnungen und Hindernisse

Neosozialisten wollen Marquet abberufen Paris . Samstag trat das Präsidium der neosozialistischen Partei zu einer zweitägigen Be­ratung zusammen, um zu der Beteiligung Mar- quets an der Regierung Doumergue Stel­lung zu nehmen.Der Fall Marquet" war schon einigemal Gegenstand von Kongreßberatungen der Partei, aber Marquet wurde immer ermäch­tigt, in der Regierung zu bleiben. Jetzt haben sich aber die Verhältnisse in der Partei geändert und zahlreiche Kreisföderationen, Renaudel und auch Deat verurteilen die Anwesenheit Mar­quet s in der Regierung. Marquet erklärte Freitag in einer Vorberatung, er werde aus der Regierung austreten, bis er cs für richtig ansehe.

Ausweisung der Bischöfe aus Mexiko ? Mexiko . Die Kammer beschloß, den Präsi­denten Rodrigues zu ersuchen, alle katholi­schen Bischöfe und Erzbischöfe des Landes zu ver­wegen. Die Kammer will auf diese Weise defini­tiv die katholssche Frage in Mexiko lösen.

Belgrad.(Tsch. P.-B.) Die von der Re­gierung Uzunovii gegebene Demission bezweckt, dem Regentschaftsrate Gelegenheit zur Prüfung der nach dem Thronwechsel geschaffenen innerpo- litischen Lage zu geben. Der Regrntschaftsrat nahm die Demission der Regierung an und be­traute sie mit der Fortführung der Amtsgeschäfte bis zur Bildung einer neuen Regierung. In Politischen Kreisen mißt man der gegen­wärtigen Ministerkrise die größte Bedeu­tung bei, da die Zusammensetzung der neuen Regierung ein Urteil darüber ermöglichen wird, ob diese neue Regierung die unveränderte Auf- rechterhaltnng des bisherigen Brrwaltungssystems darstelle oder ob ein Uebergangsmini- sterium mit der Demokratisie­rung des gegenwärtigen beschränkten parlamen- * Unter den Kandidaten für die Ministerprä- sidentschaft wird auch der derzeitige Außenmini­ster Jeftic genannt, eine überaus zielbewußte und energische Persönlichkeit. I e f t i c steht in engster Verbindung mit der großen Bauern- b e w e g u n g, die seit etwa Jahresfrist besonders in Altserbien im Entstehen ist und die kurz vor der Ermordung des Königs in Belgrad eine sehr ein­drucksvolle Massenkundgebung veranstaltet hat. Diese Bauernbewegung erinnert in vielem an die auch in mittel- und westeuropäischen Ländern sett Jahren zu verzeichnenden Strömungen in der Landbevölkerung, nur ist sie dank der demokrati­schen Tradition der südslawischen Bauern alles andere als fascistisch. Sie verwirft auch die alberne Ständestaatideologie und betont dagegen aufs stärkste den genossenschaftlichen Ge­danken. Wenn Jeftiö sich auf diese Bewegung

Wie Im Krieg: Beschönigungen der Warenknappheit Berlin . Das Deutsche Nachrichtenbüro ver­öffentlicht folgendes Kommunique: In Berlin und anderen Großstädten ist hie und da zu beobachten, daß Geschäftsleute in Ver­kennung der tatsächlichen Situation auf eine an- geölich hemmende Warenverknappung verweisen, um ihre Kundschaft zu Borratskäufen zu veran-

Jn den Jahren 1919 bis 1921 hat die Kommunistische Partei Rußlands durch ihr In­strument, die sogenannteDritte" oderkommu­nistische" Internationale fast sämtliche sozialisti- schen Parteien Mittel- und Westeuropas gespal­ten. Später verübte sie dasselbe Verbrechen an den Freien Gewerkschaften, an den Kulturverbän­den, zum großen Teil auch an den genossenschaft­lichen Einrichtungen der Arbeiterklasse. Die Spaltung ein Unglück Von dem Augenblick an, da diese verhäng­nisvollen Spaltungen vollzogen wurden, haben die sozialdemokratischen Arbeiter nicht aufgehört, die Spaltung zu verurteilen, aufs tiefste zu be­dauern und nichts so sehr zu wünschen alsdie Ueberwindung der Spal­tung, die Wiederherstellung einer einigen Arbei­terbewegung. In den. ersten Jahren nach der Spaltung lehnten die Kommunisten jeden Ver-

tarischen Systems geschaffen und schließlich ob eine autoritäre Regierung mit der Verstärkung des bisherigen Regimes betraut wer­den soll. Bisher sind seitens des Regentschaftsrates noch keine Berufungen an die Präsidien der bei­den Häuser und an sonstige Politiker erfolgt. An­gesichts der loyaleuHaltung der alten parlamentarischen Parteifüh­rer aus der parlamentarischen Epoche vor dem Umsturz am 6. Jänner 1929 bei Gelegenheit des Thronwechsels wird es nicht als ausgeschlossen an­gesehen, daß der Prinzregent Pavle vor der Lö­sung der Ministerkrise auch die Wohlmei- nungdieserFührer einholen und einzelne derselben eventuell sogar zur Teilnahme an der neuen Regierung aufforder» wird. »* stützen würde, könnte er unmittelbar dasWerk Pasiö, seines größten Vorgängers, fortsetzen und weiterentwickeln. Bon größter Bedeutung wäre es dabei, ob er die Aussöhnung mit den kroatischen Bauernorganisationen herbei­führen könnte. Im allgemeinen scheint der Regentschaftsrat, wozu er ja schon seiner Zusammensetzung nach be­rufen ist, ein Regime der Verständigung zwischen den Stämmen und der Abkehr von dikta- torischen Gewaltmatznahmen begründen zu wol­len. Im Interesse des schwergeprüften jugoslavi- schen Volkes wäre es nur zu begrüßen, wenn die Entscheidung in dieser Richtung fiele und nicht für das streng autoritative Regiment, für das eben jetzt ein so abschreckender Agitator, wie der G o e r i n g, in Belgrad Propaganda gemacht hat!

lassen, die über den gewohnten Bedarf hinaus­gehen. Ein derartiges Verhalten ist durch nichts begründet und erklärt sich offensichtlich aus der Ueberintereffiertheit von Verkäufern, die hierbei ihren Nutzen suchen. Der Reichsminister für Volks­aufklärung ersucht daher alle Volksgenässen, die­sem Verhalten einzelner Geschäftsleute entgegen­zutreten, da die Tatsachen auch nicht die leisesten Befürchtungen einer Warenverknappung-aufkom­men lassen.

such der Versöhnung ab(so z. B. 1922 kn Berlin ) weil sie ja die Auffassung vertraten, daß nur eine dem Diktat der Komintern unterworfeneAvant­garde" der Arbeiter die Revolution durchführen könnte. Die Erfahrungen der Komintern in Deutschland (1920 bis 1923) in Bulgarien , Finnland , Italien haben die Unhaltbarkeit dieser Auffassung, die Uuzulänglichkeit der kommunisti­schenAvantgarden", die Hoffnungslosigkeit des Putschismus erwiesen. Daraufhin änderte die Ko­mintern ihre Taktik. Sie begann für dieEin­heitsfront" zu werben. Aber sie verstand unter der Einheitsfrontvon unten"- wie sie das nannte, nur ein Manöver, eine a n- dereFormder Werbearbeit unter den Massen der sozialistischen Arbeiter, die sich der Führung der kommu­ nistischen Apparate unterwerfen sollten. Das Mißlingen ihrer Putsche gegen die kapitalistischen Regierungen bewog die Kommunisten aber auch zu einer Aenderung des Angriffs­ziels. Gegen die Bourgeoisie konnten sie augen­scheinlich keine Erfolge erzielen, mit der verspro­chenen kommunisttschen Weltrevolution war es Essig, vielleicht konnte man im Kampfe gegen die Sozialdemokratie billige Lorbeeren ernten. Man erfand das WortSozialfaseisten", des­sen sich die Kommunisten und einige von ihnen geistig beeinflußte Schandblätter aus dem Mün­zenbergkreis bis sii die jüngste Zeit bedienten, und predigte den kompromißlosen Kampf gegen die Sozialdemokratie als den Hauptgegner der revolutionären Arbeiter- klasse. In diesem Kampf nahmen die Kommunisten jeden Bundesgenossen an, der sich ihnen zur Per­fügung hielt. Sie gingenmitdenJn- differenten, sie gingen mit den Nazis, aber sie gingen immer gegen die So­zialdemokraten. Unser holländisches Bruderblätt H e tV ol k" reproduzierte erst dieser Tage Par­tien aus der illegalenRoten Fahne" vom 1. Mai 1934, die mitten in Hitlerdeutschland den Kampf gegen die Sozialdemokratie mit ungebro­chenem Elan führt und es nicht unterläßt, über die außerdeutschen Sozialdemokratien die tollsten Dinge zusammenzulügen. kommunistische Wandlungen Erst unter dem Eindruck der schweren außenpolitischen Gefährdung Sowjetrußlands, das aus der Umklam­merung durch Japan und Deutschland einen Aus­weg suchte, und der unaufhaltsamen Auflösung der kommuni st ischen Parteien in den demokratischen Ländern, wo auch die Krise der kapitalistischen Wirtschaft keine neue Blüte des Kommunismus zu erzeugen ver­mochte, hat die Komintern ihre Tak­tik neuerlich geändert. Nun endlich beschreitet sie den Weg ordentli.cher Ver- Handl u n g e n mit den sozialdemokratischen Parteien und mit der SAJ, der sie auf ein drin­gendes Verständigungsangebot vom Winter 1932/33 bis heute nicht geantwortet hatte. Wir sagten eingangs: die sozialdemokrati- schen Arbeiter haben in all den Jahren seit der Spaltung nicht ssosehr gewünscht, wie die Ueberwindung der Spaltung. Von dieser Sehnsucht sind sie, sind wir alle auch h eu te erfüllt. Aber in unsere Freude über die wachsenden Aussichten auf Verständigung mischt sich manch bitterer Tropfen. Reichlich spät Solange die Vereinheitlichung der Arbeiter­bewegung an den entscheidenden Brennpunkten des Klassenkampfes Rettung vor dem Fäscismus brin­gen konnte, haben die Kommunisten sie abge­lehnt. Noch im Feber. 1933 waren sie in Deutsch­ land gegen den Nichtangriffspakt mit der SPD , gegdn den proletarischen Burgfrieden. Hitler saß schon im Reichskanzlerpalais, als die Kommuni­sten noch immer gegen die SPD Sturm liefen. Die Niederlage der deutschen Arbeiterllaffe hat sie nicht belehrt. Auch in der Illegalität steht der Kampf gegen die Sozialdemokratie voran. Der Sozialismus- wird,, nach heroischem Kampf, auch in dem isolierten Oesterreich geschlagen. In den

Demission des jugoslawischen Kabinetts Regierungswechsel- Nach rechts oder links? Kurswechsel Belgrad. (Reuter.) Tas jugofiawische Kabinett gab um elf Uhr seine Gesamtdemis­sion, um dem Regentschastsrate die Bildung eines neuen Kabinetts zu ermöglichen. Man hält dafür, daß eine Regierung der nationalen Konzentration ge­bildet werden wird.