9t. 347 Sonntag, 21. Oktober 1934 Sette S Neue wese der sozialistischen Jugendarbeit i Die politischen und wirtschaftlichen Krisen der Gegenwart sind nicht ohne Einfluß auf die sozialistische Jugendbewegung geblieben. Sie steht seit langer Zeit in den vordersten Reihen ' der Kämpfer gegen den Fascismus und ist um den Schutz der erwerbslosen Jugendlichen besorgt. Die sozialdemokratischen Jugendverbände der Tsche- slowakei haben auf sozialem Gebiet in den letzten Monaten beachtliche Erfolge errungen und werden auch fernerhin vornehmlich für den Schutz der Arbeiterjugend, vor allem aber für den Schutz der jugendlichen Arbeitslosen eintreten. Die Aufgaben der sozialistischen Jugendbewegung erschöpfen sich jedoch nicht in der politischen und sozialen Tätigkeit, die sie in Anlehnung an die sozialdemokratischen Parteien und Freien Gewerkschaften leistet, sondern liegen zum entscheidenden Teil auf erzieherischem Gebiet. Daran hat sich durch die Krisenwirkungen nichts geändert. Im Gegenteil. Der Probleme, die der Sozialismus zu lösen hat, sind durch die Krise deS Kapitalismus nicht weniger, sondern mehr geworden; sie müffen g e i st i g bewältigt werden,.um das Handeln der Sozialisten sinnvoll und erfolgreich zu machen. Der sozialistischen Jugendbewegung obliegt es, die jungen Menschen zu schulen, auf daß sie als Erwachsene in Partei, Gewerkschaften und Genosienschaften zu wirken vermögen. Diese pädagogische Arbeit der sozialistischen Jugendbewe- gung muß in zwei Richtungen erfolgen; es ist sowohl notwendig, den jungen Menschen sozialistisches WissenSgut zu vermitteln, als auch die höchsten soziälistischen Tugenden: Kameradschaft und Opfermut werten und tätigen zu lehren. Das letzte ist die Grundlage jeder sozialistischen Erziehungsarbeit überhaupt; wo diese Grundlage fthlt, gibt eS nicht Gesinnung, sondern Spiel mii Schlagworten, nicht. Tat- und Kampfbereitschaft, sondern Thksenschusterei und bloße Rauflust. Vor der Gefahr der geistigen und sittlichen Verflachung, die in unseren Tagen besonders groß ist, ist auch die sozialistische Jugend nicht bewahrt. Dieser Verflachung, muh ständig entgegengewirkt werden. Die sozialistische Jugendbewegung hat darüber hinmis die Aufgabe, gerade jetzt auf breitester Grundlage zu werben. Die Beachtung der Leitsätze, die der letzte BerbandStag deS Sozialistischen Jugend- derbandes beschlossen hat, die Verlebendigung ihrer pädagogischen Grundgedanken wird diesen Zielsetzungen dienen. Mit den pädagogische^ Grundfragen der soziqljstiWn Jugendarbeitdie volitischen M sozialen bleiben unverändert— hat^flch Ätt iS: und 14. Oktober der Berbandsvorstand deS Sozialistischen JugendverbandeS in einer Sitzung in Neu-Ohlisch bei Böhmisch-Kamnitz beschäftigt. Die Ergebnisse dieser Beratung laufen auf eine organisatorisch« und pädagogische N e u« formung der sozialistischen Jugendbewegung hinaus und sind darum für unsere Gesamtbewegung wichtig. Die sozialistische Jugendorganisation hat einen betont vereinsmäßigen Charakter. Das ist traditionS -bedingt, erfolgreicher Jugendarbeit jedoch hinderlick. Im Rahmen des Vereines vollzieht sich die Erziehung-- und Schulungsarbeit von zehn Jahrgängen— der Sozialistische Jugendverband organisiert die Altersgruppen von 14 bis 24 Jahren—, von denen fast jeder einzeln« andere pädagogische Anforderungen stellt. Die Aelteren streben nach politischer Betätigung und stoßen damit die Jüngeren entweder von der Bewegung überhaupt ab oder sie veranlassen sie, ihren nicht immer gereiften politischen Ansichten zuzustimmen, auf welche Zustimmung sich der Partei gegenüber zu berufen sie sehr leicht geneigt sind. '• Der Berbandsvorstand hatte deshalb zunächst eine Gliederung der Aelteren- und Jüngerenarbeit anzustreben. Künftig werden die Jugendlichen bis zum qchtzehnten Lebensjahr in den Jüngerengruppen vereinigt sein, während die anderen Jahrgänge in den Äelterengruppen zusammengefaßt werden. Beide Gruppen werden eine gemeinsame Oberleitung haben und sich auf gewiffen Arbeitsgebieten zusammenfinden.— Dem Streben nach zweckmäßiger Arbeitsteilung dient auch ein« Neugliederung des VerbandsvorstandeS, besten einzelne Mitglieder nunmehr für besondere Arbeitsgebiete verantwortlich sind, statt wie bisher lediglich Vertreter der einzelnen Kreisorganisationen zu sein. Den Arbeitsgruppen können auch nicht dem Verbandsvorstand angehörende Fachleute als Berater zugezogen werden. Diese Arbeitsgliederpng wird sich, je nach den Bedürfnisten und Möglichkeiten, aüch in den Untergliederungen fortsetzen und den bisherigen Bereinscharakter der Jugendorganisation zugunsten einer nach pädagogischen Bedürfnissen gestalteten Jugendgemeinschaft ablösen. Auch die Mädchenarkbe-it wird nach neuen Gesichtspuntten geleitet werden. Der Grundsatz der Selbstverwaltung und Selbstentscheidung der Jugendlichen wird fernerhin noch stärker gewahrt bleiben als bisher; die Jüngeren- und di« Äelterengruppen werden Kameradschaften bilden, in denen der gemeinsam erarbeitete Wille entscheidet. Der Grundsatz, daß die Jugendbewegung nicht selbständige politische Aktionen führen kam» und sich in die taktischen Streitfragen der Gesamtbewegung nicht einmischt, bleibt selbstverständlich auch fernerhin aufrecht. Umso gründlicher wird jedoch die politisch eErziehungs- arbeit in den Aelteren-Gemeinschaften sein, die die Aufgabe haben werden— möglichst unter Mitwirkung geschulter Parteigenossen— die Jugendlichen mit den Parteiproblemen vertraut zu machen. Die Erziehungsarbeit wird auch die Aufgabe haben, den Sinn der jungen Menschen aus die letzten Ziele des Sozialismus zu richten: aus die Neuorganisierung der menschlichen Gesellschaft nach den Grundsätzen des Rechts und der Freiheit. Der ethische Gehalt der soziali stischen Bestrebungen muß den jungen Menschen ununterbrochen bewußt werden; es muß ihm selbstverständlich sein, daß der Dienst an der sozialistischen Idee auch die Lebensführung der sozialistischen Kämpfer mitbestimmen muß. Die Fragen der sozialistischen Lebensgestaltung müffen daher in der sozialistischen Jugendarbeit besonders beachtet werden. Das Ueben praktischer Solidarität und Kameradschaft innerhalb der Jugendbewegung wird den jungen Menschen die sittlichen Zielsetzungen des Sozialismus verständlicher machen und ihn mit jenem sittlichen Ernst erfill- len, ohne den es keine starke Gesinnung, keinen erfolgreichen antifascistischen Kampf, keine sozialistische Aufbauarbeit gibt. Der Sozialismus ist nicht nur die Negation des Bestehenden, sondern seine eigentliche Bedeutung liegt in seinen positiven Zielsetzungen; dieses einfache Faktum ist leider nicht allen sozialistischen Ole Bemessungen der Wertzuwachsabgabe müssen rechtzeitig erledigt werden.— Maßnahmen gegen Schädigung der Gemeinden. Dadurch, daß das Landesinspektorat für Abgaben die Bemessungsrückstände bei der Wertzu- wachSabqabe nicht rechtzeitig erledigte, ist vielen Gemeinden ein Schaden erwachsen. Benachteiligt werden die Gemeinden auch durch die Praxis der Bezirksbehörden, welche Angaben, die sie vom Län- desinspektorat an die Gemeinden weiterzuleiten haben, zurückhalten, um sie gegen ihre Forderungen an die betreffende Gemeinde zu kompensieren. Einem Antrag des Genossen P ö l z l entsprechend hat die Landesvertretung den Landespräsidenten ersucht, hier Abhilfe zu schaffen. Der An- trgg des Gelösten P ö l,z l verlangte: Die alten Bemessuntzsrückstände wr' Wertzuwachtzabgabe sind noch vor Eintritt der Verjährung zu erledigen und die durch Versäumnis des Landesinspektorates den einzelnen Gemeinden entstandenen Schäden find vom Landesinsprktorat zu ersetzen. Den Bezirksbehörden ist zu untersagen, daß sie vom Lan- deSinspektorat zur weittren Neberweisung an die Gemeinden ausgezahlte Beträge gegen ihre Forderungen an die Gemeinde kompensieren. Unterstützung der Provinztheater aus dem Erträgnis der Radiogebühren Nach der durch die zuständigen Faktoren er- tcilten Ermächtigung wird von der Postverwal- tnng aus dem Erträgnis der Radiogebühren des heurigen Jahres ein Betrag von zwei Millionen Kö als Geldunterstützung an ständig« Provinztheater, die vom Ministerium für Schulwesen und nafionale Aufklärung bestimmt werden, vertellt. Die Auszahlung dieser Unterstützung erfolgt am End« des Jahres. Kain« Verkürzung der Kriegsinvalidenrenten DaS Finanzministerium hat schon einigemale imRahmen derErsparungsmaßnahmen deSStaats- voranschlages die Verkürzung der Kriegsinvalidenrenten verlangt und beantragt, daß die Renten der bis zu 25 Prozent Invaliden gestrichen werden. Die sozialdemokratischen Parteien haben sich diesem Bestreben immer entgegengestellt und sich gegen eine Verkürzung der Renten der Kriegsopfer gewendet. Tatsächlich ist nun durch das Ein- schreiten des Ministers für soziale Fürsorge, Genossen Dr. Meißner, erreicht worden, daß in, das heurige Budget die Ausgaben für die Kriegsinvalidenrenten— abgesehen von dem natürlichen Abgang— in unverminderter Höhe eingestellt worden sind. Es werden also auch die Kriegsopfer, die bis zu 25 Prozent invalid sind, in ihren Renten nicht verkürzt werden. Auflassung des Bodenamtes Wie das„Prävo Lidu" erfährt, wird dem Antrag auf Auflösung des Bodenamtes als einer selbständigen Behörde in der nächsten Zeit stattgegeben werden. Der Rest der Agenda wird einer besonderen Sektion übergeben werden, die beim Landwirtschaftsministerium errichtet werden wird. Bisher ist allerdings das Datum, zu welchem die Sache durchgeführt werden soll, nicht festgesetzt, doch erwartet man, daß dies am 1. Januar 1985 geschehen wird. Der bisherige Präsident des Bodenamtes, Dr. BoZenilek, wird Vorsitzender der Spirituszentrale. Kämpfern vertraut. Es muß aber vor allem der Jugend vertraut werden. Darum hat der Verbandsvorstand eine große Solidaritätsaktion beschlossen, die alle Mitglieder des Jugendverbandes erfassen wird. Sie wird sich über das ganze kommende Jahr erstrecken und wird schon jetzt vorbereitet. Die Presse des Jugendverbandes wird neu organisiert werden, um ihre Werbearbeit unter der indifferenten Jugend besser leisten zu können. Dem Lager-Leben wird in der kommenden Zeit großes Augenmerk geschenkt werden. Jüngeren- und Äelterengruppen werden sich an ihm beteiligen; auch die Führer der Bewegung werden an den Lagern teilnehmen. Die gefühlsmäßige Beeinflussung der jungen Menschen durch festliche Veranstaltungen aller Art, durch die Pflege edler Geselligkeit, der Musik und des Gesanges und die Vermittlung allgemeinen Wissens, vor allem aber das Vertrautmachen mit der Welt der Bücher werden innerhalb der sozialistischen Jugendbewegung organisiert werden. Auch hiezu schaffen die Beschlüsse des Verbandsvorstandes alle Voraussetzungen. So wird die sozialistische Jugendarbeit der politischen und moralischen Verflachung der Jugend in Hinkunft mit größerer Kraft entgegenwirken und in den jungen Menschen den Sinn für die hohen Ideale des Sozialismus wecken. An dieser wichtigen Arbeit mögen alle Mitwirken, die guten Willens sind. Sie ist wichtigeV"äls jegliche Thesenschusterei; sie entspricht vor allem auch den Bedürfnissen der Jugend. Positive Jugendarbeit ist das Gebot der Stunde. Die Einmütigkeit und Begeisterung, die die Beratungen des Verbandsvorstandes beherrschten, sind eine sichere Gewähr dafür, daß seine Beschlüsse zur Tat reifen werden. K. K. 1 Die deutsche pädagogische Akademie Der Ausbildung der deutschen Lehrerschaft dient bisher nur eine private, von der Pestalozzi- Gesellschaft unterhaltene pädagogische Akademie. Den Aufwand von 150.000 Kronen muß die Gesellschaft aus eigenem aufbringen, während Staat und Land nur ganz minimale Beträge beisteuern. Für die deutsche pädagogische Akademie besteht also ernste Gefahr, die umsoweniger übersehen werden kann, als sie das einzige deutsche Institut ist, während für die tschechische Lehrerschaft staatliche Akademien bestehen. Auf Antrag des Genossen I l l- n e r beschloß' die böhmische Landesvertretung, Ersparnisse, welche im Kapitel„Schulwesen" des Landesbudgets gemacht werden könnten, zur Unterstützung der deutschen pädagogischen Akademie zu verwenden. Grundsätzlich vertrat Genosse I l l n e r die Forderung, daß alle pädagogischen Akädemien bdtstaäflicht,werden^soklen."" Folgen des Hakenkreuz-Antisemitismus. Bon hundert jüdischen Kindern in Böhmen haben im Jahre 1921/22 52.2 tschechische Schulen und 47.8 deutsche Schulen besucht. Man kann also sagen, daß damals etwa die Hälfte der jüdischen, Kinder in tschechische, die Hälfte in deutsche Schulen gingen. Ganz anders ist es im Jahre 1933/34, In diesem Jahre gingen von 100 jüdischen Kindern in Böhmen in tschechische Schulen 66, in deutsche 34, d. h. zwei Drittel aller jüdischen Kinder gingen in tschechische, ein Drittel in deutsche Schulen. Besonders groß ist der Unterschied zwischen den Schuljahren 1932/33 und 1933/34. In dem erstgenannten Jahr gingen 61.6 Prozent der jüdischen Kinder in tschechische Schulen und 38.4 | in deutsche ', in dem letzt genannten Jahre jedoch 66 Prozent der Kinder in tschechische und 34 Prozent in deutsche Schulen. Zweifellos hat die Entwicklung der Ereignisse in Deutschland und der brutale Antisemitismus des Dritten Reiches jüdische Eltern dazu bewogen, ihre Kinder statt in die deutschen, in die tschechischen Schulen zu schicken. Kommunistische Manöver. Wie uns mitgeteilt wird, versuchten die Kommunisten in den letzten Tagen, einzelne sozialdemokratische Arbeiter zur Teilnahme an der von den Kommunisten für heute beabsichtigten Gegenkundgebung in Böhm.- Leipa zu veranlassen. Unsere Genossen lehnten und lehnen alle derartigen Versuche ab. Der Senat wird am 25. Oktober um 17 Uhr seine erste Sitzung nach den Ferien abhalten. Auf der Tagesordnung steht der von den Ausschüssen teilweise abgeänderte Regierungsentwurf über die Fahrt mit Motorfahrzeugen. Der Unterricht für die deutschen Kinder in der Oporaner Landesanstalt. Im Vorjahr wurde in der böhmischen Landesvertretung, von der Genossin D e u t s ch ein Antrag aus Errichtung einer deutschen Schulklasse in der Opokaner Landesanstalt für schivachsinnige Kinder eingebracht. Der Finanzreferent des Landes erklärte, daß das Land diese Forderung in Evidenz führe. Die Vornahme des Unterrichts in der Muttersprache der deutschen Kinder wurde jetzt wieder von Gen. Deutsch und Gen. I l l n e r in der Landesvertretung urgiert, wobei Gcn. I l l n e r darauf hinwies, daß die Errichtung einer Hilfsschule nach dem Gesetz auch bei 13 Kindern zulässig ist und daß daher das Land eine Hilfsschule mit anschließendem Kindergarten errichten könnte. Italien baut zwei Riesenkreuzer Rom . Am 28. Oktober d. I.'werden in Ge nua und in Triest je ein neuer Kreuzer von 30.000 Tonnen Wasserverdrängung vom Stapel gelassen werden. Worum geht es in Norwegen ! Zum Wahlsieg der Arbeiterpartei Im allgemeinen haben Gemeinderatswahlen nur eine örtliche politische Bedeutung. Die Wahlen, die am vergangenen Sonntag in No r- w e g e n stattfanden, machen hievon eine Ausnahme. Ihre Bedeutung liegt auf allgemeinpolitischem Gebiet. Dies kommt davon, daß die bürgerlichen Parteien nicht die Volksmeinung respektierten, die bei den Storthing-Wahlen im Oktober 1933 zum Ausdruck kam. Die Arbeiterpartei gewann damals 22 Mandate und 125.000 Stimmen; sie hat 69 von 150 Mandaten inne. Die Arbetterpartei hat damals ihren Erfolg erfochten mit einem Krisenprogramm, das die Spuren der schwedischen sozialdemokratischen Arbeit zeigte: öffentliche Arbeiten aller Art, Eisenbahnbauten, Weganlagen, Elektrifizierung, Nut-' zung der Wasserkraft des Landes, Zahlungsaufschub und Steuerermäßigungen für die verschuldete Landwirtschaft, Unterstützung an die Gemeinden, die unter großer Belastung leiden, Wohnungsbauten usw. Dies alles hätte einen Aufwand von etwa 140 Millionen erfordert. Der Ausfall der Parlamentswahlen war ein deutlicher Fingerzeig für die Entwicklung in der Wählerschaft. Die liberale. Regierung Mott) i n ck e l wünschte aber nicht abzutreten und den Platz für die Arbeiterpartei fteizumachen, welche vor Verlangen brannte, das Vorbild der schwedischen Genossen nachzuahmen. Die Regierung konnte durch die Haltung der Bauernpartei im Amt bleiben, die nicht dem Vorbild ihrer schwedischen Schwesterpartei folgen wollte oder konnte. Die Gemeindelvahlen boten den Wählern eine Gelegenheit, ihre' Meinung darüber zu äußern. Nicht allein dadurch haben die Wahlen ein^.polüi- sche Bedeutung. Die Lage der Gemeinden ist heute derart, daß sie ihrer Schwierigkeiten nicht mehr Herr zu lverden vermögen, wenn nicht der Staat die Krisenfolgen tragen hilft. Schweden und die schwedische Regierungspolitik haben bei den norlocgischen Gemeindewahlen eine entscheidende Rolle gespielt. Solch ein Vorbild in nächster Nähe muß wirken. Die Arbeiterpartei hat keine Gelegenheit versäumt, um die von der schwedischen Regierung getroffenen Maßnahmen zur Bekämpfung der Krise in den Vordergrund zu stellen. Dies hat um so mehr Eindruck gemacht, als der bürgerliche Block nicht viel Erfolg mit seinen Krisen-Maßnahmen buchen kann. Nachdem das Krisenprogramm der Arbeiterpartei im Parlament verloorfen worden war, hat die liberale Regierung einige Punkte aus ihm übernommen, beschnitten, verformt und verwässert, so daß ein sehr bescheidener Teil des Planes der Arbeiterpartei agögeführt.wurde. Die Arbeitslosigkeit ist in Norwegen noch sehr groß und hat die Neigung, noch zu steigen. Bon 175.000 Arbeitslosen im Jahre 1932 blieben Heuer immerhin noch gegen 140.000 übrig — eine für ein Land mit kaum drei Millionen Einwohnern respektable Zahl. Schweden hatte bei mehr als sechs Millionen Einwohnern im Juli noch 86.000 Arbeitslose. Tie Streitfragen in den Gemeinden sind im allgemeinen die gleichen wie im Staat: Arbeitslosigkeit, Schuldenlast, Krisennot. Dazu kommen noch örtliche Probleme. In O s l o spielt zum Beispiel die Wohnungsfrage eine große Rolle. Es herrscht in der norwegischen Hauptstadt eine sehr große Wohnungsnot. Ueber 3500 Parteien warten auf eine Wohnung. Ungefähr>.000 Personen, der dritte Teil aller Einwohner der Hauptstadt, leben in übervölkerten Räumen oder in Kellerwohnungen. Der Hauptstadt mangelt es an Baugrund. Die Arbeiterpartei verlangt darum die Eingliederung der an Oslo angrenzenden Gemeinde Anker, die über genügend Baugrund verfügt. Die Konservativen wehren sich dagegen. Die Arbeiterpartei verfolgt mit der Eingemeindung zwei Ziele: di« Schaffung von Wohnungsgelegenheiten und dadurch die Gewinnung von Arbeitsplätzen. Das ist um so notwendiger, als Oslo allein 15.000 Arbeitslose zählt. Von Nizza bis zur Nordsee Die„Neue Freie Presse" schildert den Schutzwall, der von N i z z a bis zur Nordsee guer durch Frankreich bis auf die Festung Mau- beuge, die jetzt modernisiert wird, so gut wie fertig ist. Nizza ist heute stark befestigt. Die Alpen sind durch Befestigungsanlagen in den Tälern noch unbezwinglicher gemacht worden. Bom Südwesten des Genfer Sees bis zur französisch-belgischen Grenze wurde ein Wall auS Zement und Stahl errichtet, mit ober« und unterirdischen Anlagen, die mit den modernsten Errungenschaften ausgerüstet sind. Verdun bildet jetzt mit Thionville , Nancy, Toul und M e tz ein gewaltiges Festungsdreieck, daS die großen Erzlager von Briey-Longwy schützen muß. Im Elsaß gibt es entlang der Linie Bitsch- Weißenburg einige größere, m den Vogesen Myriaden kleiner Stützpunkte. Je nach Lage ist das starre oder das elastische System bevorzugt, Unterirdische Kasernen vervollständigen das Bild. Die Grenzdivisionen sind nach besonderen Gesichtspunkten zusammengestellt, so daß j e d e r M a n n 'einen Platz kennt, die Reservisten sich auS den umlieaenden Gebietenrekrutieren.
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14 (21.10.1934) 247
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