Sette L
DienStag, 30. OktoSer 1934
Nr. 254
Gedenkfeier für Karl termak
Mittwoch, den 7. November, nm 11 Uhr Vormittag findet am Grabe Karl Eermaks am Wolschaner Friedhof beim alte« Krema- torium, eine Gedenkfeier statt, an der sich sowohl Vertreter von Parteiorganisationen aus der Prodis, als auch die Prager Genossen beteiligen.
lein zu leugnen, daß sein vorgeschützter Kampf gegen den Marxismus die gleichen Ziele hat, wie der gleichgerichtete Kampf Hitlers : die Bernich- tung der freie« Gewerkschaften«nd aller politt- schen, genofseaschastlichen und kulturellen Organisationen, welche sich die Arbeiter in Jahrzehnte« opfervoll anfgebaut habe«? Er, der noch nicht verrecken hat, ob er einen einzigen Buchstaben ttrfctet sozialpolitischen Gesetzgebung krnick. er, der noch in keinem Lohnkonflikt, bei keiner Betriebsstillegung ein Wort zugunsten der proletarischen Daseinsansprüche gesagt, der die Tatsache der riesenhaften Arbeitslosennot nicht einmal erwähnenswert findet, wagt es, sich als Wortführer des gesamten Sudetendeutschtums, also auch der Arbeiter, Angestellten und der Ar- beitslosen und der Kleinlandwirte, die drei Bier- tel der Nation repräsentieren, aufzuspielen? Auf die se Anmaßung werden ihm die Kundgebungen des 4. No- vember die gebührende Antwort erteilen! Mag sich die Mehrheit des deutschen Bür- gertumS würdelos den politischen Usurpatoren von der Heimatftont anbiedern und in den schwersten Tagen unsere- JndustricvolkeS nur auf die Rettung ihrer Mandate bedacht sein, die sie der gehaßten und verfluchten Demokratie zu verdanken hat, wir treten a«! Gegen die schlecht getarnte Fascistenftont Henleins lassen wir die Front der sozialistischen Republikaner aufmarschieren, in die nicht nur die Arbeiter und Arbeiterinnen, sondern alle fteiheitlichen und| wahrhaft demokratischen Menschen unseres Volkes gehören. Unsere Kundgebungen am 4. November werden den Entscheidungskampf zwischen den sozialistischen Aufbaukrästen und den natio- nalistischen Zerstörungsgewalten im Sudetendeutschtum einleiten. Der Elan unserer Jugend, I die tausendfach bewährte herrliche Treue unserer Männer und Frauen, das trotzige Selbstbewußt- sein des sudetendeutschen Proletariats werden ihn siegreich zu Ende führen! Dr. Englß In Bukarest Bukarest . Montag um 17 Uhr wurde hier die Konferenz der Leiter der Emissionsbanken der Meinen Entente-Staaten eröffnet. Für die Tsche- choflowakische Nationalbank nimmt Dr. Englis teil. Das Verhandlungsprogramm enthält währungspolitische Fragen aller drei Länder, hauptsächlich betreffend die Stabilisierung und die Erhöhung des Warenaustausches, die Vereinfachung des Transfers und die Zusammenarbeit aller drei Länder bei internationalen Beratungen zum Zwecke der Vertretung der gemeinsamen Interessen.
Mißbrauch der Sowjetsportler am
28. Oktober
Verhaftung und Ausweisung der Russen
Rach den immerhin bedeutungsvolle« Erfolgen, welche die russischen Sportler auf einige« Sportplätzen im Kampfe mit bürgerlichen Sportlern zu verzeichnen hatten, kommt nun daschlimme, in ihrem Programm kaum vorgesehene Schlußspiel. Die Raffe«, die Sonntag, den 28. Oktober von Kaschau aus die Heimreise««treten sollten, ließen sich— wohl in völliger Unkenntnis der Sachlage— von den einheimischen Kommunisten zur Teilnahme an einer— gerade am 28. Ottober sehr deplazierten— Kundgebung verleiten. Sie zogen inmttten eines — allerdings sehr kläglichen— Demonstrationszuges durch die Stadt Kascha«, wobei einige Lieder gesungen wurden. Die Polizei schritt gegen die Demonstranten rin und nahm den ganzen Demonstrationszug gefangen. Unter den Verhafteten befanden sich zehn Ruffensportler«nd der Abgeordnete Lallö, der Führer der Demonstration. Ballö wurde kurz nach seiner Verhaftung wieder freigelaffen, die übrigen Teilnehmer der Kundgebung aber in Hast behalten. Die russi- schen Sportler wurden noch im Laufe des Montag dem Polizeigericht zur Besttafung überstellt und werden sofort nach Verbüßung der Strafe aus der Tschechoslowakischen Republik a«sgewie- sen werden. So endet eine Aktion, die von Rußland zu propagandistischen Zwecken eingeleitet wurde, dank der Dummheit unserer Kommunisten, mehr als blamabel für die Ruffen.
Seriöse und verantwortungsvolle Opposition Wir haben schon bei der Besprechung des Rechnungsabschluffes für das Jahr 1838 darauf hingewiesen, wie leichtfertig die„Deutsche Presse" mit Ziffern umgeht, um unter dem Schein„demokratischer" Kritik das Vertrauen in die Demokratie zu untergraben. Die„Deutsche Preffe" hat unsere Anprangerung dieser Methoden schweigend hinnehmen müssen. Das hindert sie aber keineswegs, bei der Besprechung des Voranschlages für 1838 womöglich noch tollere Purzelbäume zu schlagen.„Papierener Staatshaushalt",„irreführendes Bild der Staatswirtschaft", „leere Fiktion",„verunglückte Beschönigungsversuche", das ist nur eine kleine Blütenlese aus der Kritik der„Deuffchen Preffe". Mit welcher Gewissenhaftigkeit sie dabei vorgeht, dafür bloß ein einziges Beispiel: Mit jener Stirn, die nach dem bekannten Wort bester ist, als ein Meierhof, behauptet die„Deutsche Preffe", daß der Ertrag der Einkommensteuer mit 885 Millionen(einschließlich der Militärtaxe von 10 Millionen) um nicht weniger als 270 Millionen höher veranschlagt wurde als für 1834. In Wirklichkeit ist die Einkommensteuer im rein administrativen Budget mit 878 Millionen gegen 770 Millionen veranschlagt, was schon eine Differenz von 208 und nicht von 270 Millionen ergäbe. Da aber die„Deutsche Preffe" überdies die gute Idee hat, für 1838 die Milttäxtqre, b« r ,mit 10 Millionen veranschlagt ist, dazuzuschlagiffl, während sie sie für 1934, wo sie mit 38' Millionen präli- miniert war, nicht hinzurcchnet, vermindert sich die Differenz um weitere 25 Millionen. Das Entscheidende ist aber, daß auch diese wesentlich geringere Differenz in Wirklichkeit nicht besteht. Das gesamte Einkommensteuererträgnis ist nämlich mit 1.137 Millionen gegen 1.088 Millionen im Vorjahre fast gar nicht—im ganzen um 4 Prozent— höher veranschlagt und die Differenz im administrativen Budget ergibt sich nur daraus, daß für 1935 ein größerer Teil der Ueberweisungen der Hl. Budgetgruppe für Arbeitslosenfürsorge der Umsatzsteuer und ein kleinerer Teil der Einkommensteuer entnommen wird, was alles auf Seite 118 des Staatsvoranschlages sehr deutlich zu sehen ist.
Der Mann, der sich da zum Richter über die Vertrauenswürdigkeit des Staatsvoranschlages aufwirft, hat ihn also entweder überhaupt nicht gessenoderseineZiffernbe- wußt verfälscht!
Die„Maffia " als Vorbild? Es wird uns geschrieben: Während Herr Henlein, der selbsternannte Führer der„Sudetendeutschen Heimatsfront" sich krampfhaft bemüht, in Wort und Schrift seine Loyalität dem demokratischen Staate gegenüber zu versichern— ohne sich jedoch für die Demokratie zu binden— zwinkern viele seiner Anhänger lächelnd mit ihren Aeuglein. Wer Gelegenheit hat, mit ihnen direkt oder indirekt Fühlung zu nehmen, weiß es, daß sie die feierlichen Erklärungen Henleins, er stehe treu zum tschechoslowakischen Staate und habe mit Hitler nichts gemein, absolut nicht ernst nehmen. Die Nazi-Mannen Henleins erklären nämlich hie und da ganz deutlich: wir wissen schon, wie es gemeint ist. Wirmachen esgenau sowiedie— Tschechen im alten O e st e rr e i ch. Nach außen hin waren die Tsche chen Habsburg gegenüber loyal, während sie im stillen gegen das Kaiserhaus und Oesterreich konspirierten, was ja besonders im Kriege durch das Wirken der„M a f f i a" im In« und Auslande offenkundig wurde. Damals waren die Maffisten Hochverräter, heute find' sie Helden, sprechen die getarnten Nazis der Henleinfront. Es entscheide eben der Erfolg. Da dieser auf geradlinigem Wege nicht erreichbar sei, werde eben der Umweg der politischen He ucheleiunddes Betruges gewählt. Da bewußte Lüge und Irreführung zu den bekanntesten und leider auch erfolgreichsten Kampfmethoden der Nazis gehört— Dr. Goeb bels ist darin ja Meister— ist es sehr naheliegend, daß die heimischen Nazis sich desselben Mittels bedienen, um die Tschechen zu übertölpeln. Da der übergroße Teil der Henleinanhänger aus„ehemaligen" Nazis und Deutschnationalen besteht, ergibt sich der groteske Fall, daß der Führer ganz anders spricht, als die Mehrheit seiner
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Auch die tschechische Preffe hetzt weiter. Nur„Närodni Lisch", vom Entzug jüdischer Inserate bedroht, rücken ab:„Als die tschechischen Geschworenen den Juden Hilsner zum Tode durch den Strang verurteilten, da nannten uns die deutschen Judenfrester sofort geliebte Brüder, Helden der Intelligenz und Wahrheitsliebe, Beschützer der arischen Rasse... Die Verurteilung eines einzigen Juden genügte, uns in die deutsche Wal halla aufzunehmen. Selbstverständlich machen wir uns nicht das mindeste aus dieser fragwürdigen Ehre. Wir stellen es nur fest, um zu zeigen, mit welch schadhaftem Fonds polittscher Ehre und Konsequenz der deuffche Antisemitismus disponiert." Aus Wien treffen Meldungen ein, die der Affäre eine Wendung zu geben scheinen. Die Regierung Thun ist von einem Beamtenkabinett unter Graf Clary abgelöst worden. Es scheint, als sei der neue Justizminister Hartl den Einflüffen, die auf eine Revision des Prozesses Hilsners hinarbeiten, zugänglicher als sein Vorgänger Ruber. Der Kuttenberger Staatsanwalt Schneider-Swoboda soll sich, heißt eS, vor seiner vorgesetzten Behörde verantworten. Und nicht nur dies— das Gericht wird die Untersuchung gegen die Mutter und den Bruder Hruza eröffnen, und angeblich hat eine hohe Persönlichkeit in Böhmen , vermutlich der Statthalter, eingegriffen: in zweimal 24 Stunden, liest man am 12. Oktober,„wird die Sache vollständig zu Gunsten der Juden enthüllt sein". Das Justizministerium sei bereits hinreichend informiert und habe entsprechende Weisungen an den Prager Staatsanwalt Merhartt er
gehen lasten. An den Gerüchten scheint etwas Wahres zu sein. Eine Gerichtskommission nimmt eine Hausdurchsuchung bei Frau Hruza in Klein« Wiesnitz und bei ihrem Sohn vor, der jetzt in Zbi- retz wohnt. Polna ist aufs Aeußerste gereizt, droht mit Aufruhr, und Bürgermeister Sadil teilt der Bezirkshäuptmannschaft Deutsch-Brod mit, daß er für Ruhe und Ordnung nicht bürgen könne, wenn sich solche Dinge wiederholen sollten. Zur selben Zeit treffen sich in Prag der radikale deutschvölkische Abgeordnete Ernst Schneider, der radikale Tscheche Dr. Baxa, der Redakteur Jaromir Husek und der Herausgeber des anttsemiti- schen„Deuffchen Volksblatts" in München . Ein gemeinsamer Aktionsplan ist nöttg, denn die Erregung im Volk wächst unter dem Druck der politischen Ereignisse von Tag zu Tag. Die Badenischen Sprachenverordnungen sind aufgehoben worden, das tschechische Kleinbürgertum rebelliert. Eine neue Form der Demonstration ist entdeckt. Bei den Kontrollversammlungen der militärischen Reservisten ist es Vorschrift, daß sich die namentlich Aufgerufenen mit„Hier!" zu melden haben; denn die Armeesprache ist die deuffche. Neuerdings erklärt man nun auf tschechischer Seite, die Kontrollversammlung sei kein militärischer Akt, dem Reservemann müffe es daher, da er als Zivilist erscheine, freistehen, sich in seiner Muttersprache zu melden. Daraufhin lauten die Antworten der Reservisten in vielen tschechischen Orten nurmehr „Zde!" Jeder unbotmäßige Rufer wird bestraft. Die Folgen sind geräuschvolle Kundgebungen, Straßenkrawalle, da und dort blutige Exzeffe. In den Kleinstädten von Böhmen und Mäh ren geht es gleichzeitig los. Hervorgelockt von den chauvinistischen und klerikalen Drahtziehern, füllt das Boll die Straßen, schreit seine Not in den polittschen Parolen des Tages hinaus, und da sich kein anderer Gegner so dem Angriff darbietet wie die Juden, endet es immer mit Plünderungen und Raub. Die Leute veffehen sich im vorhinein mit Schiebkarren und Einbruchswerkzeugen, wenn sie
ausziehen, um für das historische Staatsrecht und gegen die Sprachenverordnungen zu manifestieren. Was sich aus den Läden und Wohnungen mitschleppen läßt, wird fortgetragen, das übrige zerstört, zum Schluß ein. kleines Feuer angelegt. Das jungtschechische Bürgertum hat seine Freude daran. So ist es in den Weberbezirken, aber auch im agrarischen Jünern des Landes, im Böhmerwald und in Schlesien . Politische Verhetzung, die Feindschaft gegen die Masarykpartei der Realisten und der Haß auf die österreichische Regierung münden allerorten in den antisemitischen Paroxismus. In Pardubitz wird die Mutter eins Arztes begraben, der der realistischen Partei angehört. Die patriotische Jugend begleitet den Leichenzug zwei Kilo- rneter weit mit Schimpfen, Singen und Pfeifen. Die Wohnung des Arztes wird gestürmt. Man ruft: Hoch das Staatsrecht! Nieder mit Clary! Den Galgen für Hilsner! Heil Baxa ! In Velim bei Prag findet eine Tanzunterhaltung im katholischen VereinShaus statt. Man führt einen Sketch auf: ein Betrunkener wird als Agnes Hruza verkleidet und von einem Mann, der als Hilsner kostümiert ist, überfallen. Die katholischen Zeitungen sammeln Geld zur Errichtung eines Grabsteines für die Märtyrerin. Bot dem Bezirksgericht Deuffch-Brod soll sich ein Grundbesitzer verantworten, der mehrfach öffentlich behauptet hat, die Führer der Polnaer Inden seien vor das Prager Oberlandesgericht geladen worden, um dort auf die Thora zu schwören, daß die Juden kein Christenblut brauchten. Diese Erklärung abzugeben, habe sich der Rabbiner geweigert: er wolle nicht falsch schwören... Der Angeklagte gibt eine umfaffende Ehrenerklärung ab, leistet Abbitte, verpflichtet sich zum öffentlichen Widerruf und übernimmt die Kosten. Am nächsten Tag schon ziehen die Polnaer in die Judenstadt und schlagen, während die Gendarmen dicht daneben auf dem RinMatz stehen, den Juden die Fenster ein. Die Wohnung des Rabbiner- wird demoliert.
Gefolgschaft denkt. Herr Henlein mag sich noch so sehr in Loyalismus bemühen, seine Mühe ist gerade bei seinen getteusten Anhängern für die Katz! Und bei den anderen??
Henlein—Hacker—Hetz Heimatfront und Landjugend Ueber die Verbindungen zwischen H e n l e i« und den beiden Führern der Landjugend dem— mehr theoretisierenden— Hetz und dem mehr dekoraffven Hacker gibt ein Konflift Aufschluß, von dem das„Prager Montagsblatt" Mitteilung macht. Hetz und Hacker haben im Karlsbader Kreis des Landbundes den Kreissekretär Türmer abgesägt und an seine Stelle einen Mann ihrer Richtung, den Buchauer Bezirkssekretär Reinhold Riedl, gesetzt. Türmer soll Gelegenheit erhalten, sich vor einem außerordentlichen Kreisparteitag zu verantworten. Inzwischen verbreitet aber Türmer ein Rundschreiben unter seine« Freunden und anderen Mitgliedern des Landbundes, in dem er gegen die Hetze protesttert, die gegen ihn entfeflelt wurde. Er schreibt: ,Zch protestiere dagegen, daß die deuffche Landjugend gegen mich aufgehetzt wird und daß diese darüber hinaus zu politischen Zwecken mißbraucht wird! Die j u n g e n Menschen werben in n n v e r a n t wo rtlicher Weis« radikalisiert, so daß die Gefahr besteht, daß eines Tages nicht nur der unpolittsche Verein des Bundes der deutschen Landjugend selbst aufgelöst, sondern daß dadurch auch der Bund der Landwirte in Schwierigkeiten kommt. Türmer behauptet dann, daß der Kreissekretär Riedl ein Mann der SHF sei. Er schreibt: „ES ist kein Geheimnis, daß der jetzige Kreisjugendführer Riedl in seiner Eigenschaft als mein Nachfolger in der Kreisgeschäftsstelle des B. d. L. mit der SHF so Zusammenarbeit e t, daß diese Organisation bei Versammlungen sich auf Riedl bezieht und neue Ortsgruppen in re4n landwirtschaftlichen Orten gründen kann. Somit wird unsere politische Organisation desB. d. L. s h st e m at i s ch zugrundegerichtet. Ich stell« das fest, weil ich es für unverantwortlich halte, daß man die eigene politische Organisatton, die noch dazu die Mitverantwortung in der Regierung übernommen hat, einer neuen Organisatton ausliefert, die bis heute noch nicht anerkannt und deren Zielsetzung»och nicht entschieden ist". Das ist wohl deutlich. Es wird durch die polemischen Wendungen, die H a ck e r auf der Kreis« tagung.in P c t s ch a u gebraucht hat, nicht entkräftet, sondern unterstrichen: Denn Hacker hat, als er das erstemal ein paar Wotte gegen Hen lein sprach, sich nicht gegen deflen zweideuttge Haltung zur Demokratte, nicht gegen die offensichtliche Verwandtschaft mit Hiller gewandt, vielmehr gegen Henleins„nationale Würdelosigkeit" und„überflüssige Loyalitätshascherei". In der sudetendeuffchen Polittk spielen di« drei H— Henlein, Hacker , Hetz— ein gefährliches Spiel mit verteilten Rollen. Die Erfolge der SHF sind ohne das Bündnis HHH nicht vorstellbar. Darauf kann man nicht ost und deutlich genug Hinweisen. Dem Fascismus, der unter Jung und Krebs nur eine städtische Erscheinung war, haben die Hetz und Hacker erst den Weg ins Dorf gebahnt.
In der Wiener Wochenschrift„Die Zeit", an der er seit ihrer Gründung mitarbettet, veröffentlicht Masaryk eine Untersuchung über„Sprachenordnung und Antisemitismus". Die Gewalt« tättgkeiten in Böhmen und Mähren gällen nicht, wie Baxa es darstellt, der allgemeinen polittschen Unzufriedenheit. Pjelmehr Hecke eine gewiffenlose Journalistik diese Unzufriedenheit mit Hilfe alberner Fabeln und blutrünstiger Arttkel methodisch gegen die Juden gelenkt. Lügen, Aufbauschungen, Stimmungsmache dienten dazu.„Und kein Abgeordneter, kein öffentlich tätiger Mann hat sich gefunden, diesem gemeinen und verrohenden Treiben ein Beto entgegenzurufen." Die geisttge Führung der demagogischen Hetze hatten die Klerikalen inne. Daß das nationale Moment im.Anttsemi- ttSmus nicht viel bedeute, beweist die Zusammenarbeit der tschechischen mit den deuffchen Chauvinisten. Entscheidend ist der wirtschaftliche Beweggrund.„Der klerikale Antisemitismus ist ökonomischer Fetischismus, und diesem ist der Jude für olle ökonomische und moralische Not theorettsch die erklärende Ursache, praktisch der Prügelfetisch... Alles bestätigt die allgemeine Diagnose: daß di« Sprachendemonstrationen viel mehr sozialer als politischer Natur sind." Seit dem Urteilsspruch von Kuttenberg übernimmt auch die katholischeKirche offiziell die Blutbeschuldigung. Drei tschechische Pfarrer verfaffen Schriften über daS jüdische Verbrechen von Polna , und der Bischof Brynhch von Königgrätz hält einen Bortrag„Das Blut", der eine einzige Rechtferti- gung des Glaubens an den Ritualmord ist. Er erscheint in dem der Aufficht des Erzbischofs Kohn in Olmütz unterstehenden Organ„Obnova" und nimmt den Weg durch alle kirchlichen Blätter des Landes. Da die obere Kirchenbehörde solcherweise in den Kampf eingreist, sieht es der niedere KleruS erst recht als Pflicht an, seinen ganzen ungeheuren Einfluß auf die Seele des Volkes aufzubieten. (Fortsetzung folgt.)