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Mittwoch, 31. Oftober 1934

Der erste Tote

Wenzel Nestoupil, der Sohn eines Kleinen Bauern in Mähren  , diente bei einem Dragoner­regiment, das in Galizien   stand. Er war nie sehr flug, aber immer fleißig und verläßlich gewesen und genoß so bei den Kameraden und Vorgesez­ten den guten Ruf eines ruhigen und arbeit­samen Mannes.

Die Berichterstattung im tschechoslowakischen Rundfunk ist schon ein altes Schmerzenskind. Die Berichte des Tschechoslowakischen Preßbureaus ge= nießen schon einen derart üblen Ruf, daß die Lei­tung des Radiojournals teine Gelegenheit vorbei­gehen läßt, ohne ganz dezidiert zu erklären, daß sie für diese Berichte feinerlei Verantwortung übernehme. Immer wieder geschieht es, daß Re­den ausgesprochener Fascisten in einer Ausführlichkeit und Weitschweifigkeit wieder­gegeben werden, die geradezu staunenswert ist. Nun war heißer Sommer. Da war nach So wurde in der deutschen Sendung vom 26. ds. langen llebungen in Hiße und Staub Arbeit genug, nachmittags über Straschnit sehr ausführlich die Pferd und Sattelzeug und Waffen immer so sau­Rede Star hem berg 3 zitiert, die er in einer ber zu halten, wie verlangt wurde. Doch Nestou Versammlung des Heimatschutes in Wien   gehal- pil fühlte sich im großen ganzen zufrieden. Still ten hatte. In der Welt finden täglich ein paar bei sich aber ersehnte er den Herbst, der ihn nach zehntausend Vereinsversammlungen statt: Fühlt beendetem Heeresdienst in die Heimat bringen sich das Tschechoslowakische Preßbureau verpflich sollte, wo ihn zwar vor allem aud) Arbeit erwar­tet, über sie alle im Radio zu berichten? Keines- tete, doch solche, die mehr dem eigenen Vorteil wegs, aber wenn so gegen die Marristen losgezo- diente. gen wird, wenn sich ein geistig minderbemittelter Ms daher die Kunde tam: Krieg", emp­Fascist aus fürstlichem Geblüt irgendwo vernehmen fand Nestoupil das unangenehme Gefühl einer läßt, dann wird das der tschechoslowakischen Verzögerung seiner Entlassung in die Heimat, tam Deffentlichkeit ausgiebigst als wichtige Neuigkeit aber nicht zu weiterem Nachdenken. Denn vor­serviert. Daß man sich dabei noch die Geschmack- erst machte sich der Krieg nur bemerkbar als un­losigkeit leistet, die Feinde des Austrofascismus geheuere Steigerung der Arbeit. Irgendetwas anzugreifen ohne den Angegriffenen selbst die sonst Unangenehmes empfand Nestoupil nicht. Im Möglichkeit zu geben, seine Auffassungen im tiche Elternhaus, in der Schule, im Gespräch der Män­choslowakischen Rundfunk zu vertreten, das gehört ner und der Kameraden war der Krieg immer als offenbar zum ,, guten Ton" jener, die zwar der so selbstverständliche Möglichkeit behandelt wor­Demokratie ununterbrochen Komplimente machen, den wie ein beliebiges anderes Ereignis, worüber dabei aber keine Gelegenheit ungenüßt vorüber­er auch nie weiter nachgedacht hatte; das er als gehen lassen, ohne sie in den Augen der Deffent- gegeben hinnahm, wie eben alles, was in sein lichkeit herabzusetzen.

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jb.

Leben trat.

Da nun das Regiment nach 36 Stunden un­unterbrochener Arbeit bei Sonnenaufgang zum Abmarsch bereit stand, fand sich Nestoupil durch das Klirren der Waffen von tausend Reitern und durch das muntere Schnauben und fröhliche Wichern von tausend Pferden und durch die Rede des Obersten über die Heldentaten böhmischer Rei­ter auf allen Schlachtfeldern Europas   aus Müdig  feit und Schläfrigkeit gehoben und erinnerte sich dunkel eines ähnlichen erhebenden Schauerns aus der Zeit seiner Kindheit, da er zum erstenmale dem weihrauchreichen Gottesdienst in der Pfarr­firche seines Dorfes beigewohnt hatte.

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Geite 5

150 Meilen Wasserleitung

Roften: 35 Tote, 100 Millionen Dollars. Dann folgte ein langer Marsch tagsüber durch Sonne und Staub und endlose Weizenfel­San Francisco.( Reuter.) Sonntag, den der, abends die Sorge und Mühe der Unterbrin- 28. Ottober wird der Oeffentlichkeit die 150 Mei­gung der Pferde im Quartier eines galisischen len lange Wasserleitung übergeben werden, durch Dorfes und dann durch Tage wieder Ausrückun- die das Wasser aus einem neun Meilen langen gen und Arbeit, wie in der Garnison  . Nichts in den Sierra- Bergen gebauten künstlichen See, unterschied dieses Leben von dem während der nahe dem bekannten Yosemite- Tal, nach San Manöver außer dem größeren Gewicht der Pa- Baues, bei dem 35 Personen zugrundegingen, be= Francisco geleitet werden wird. Die Kosten des tronentaschen infolge der scharfen Munition.

trugen 100 Millionen Dollars und der Bau dau­Zwei Wochen später stand das Regiment erte 20 Jahre. Der Wassermangel war immer ein nördlich eines großen Waldes, an dessen Süd- Sindernis für die Entwicklung von San Fran  seite das Quartier lag, als Nestoupil mit einer cisco in der Zeit, deren Beginn durch den Zu­Patrouille, die sein Leutnant führte, zum Auf- strom der Goldgräber charakterisiert war, zahlte fißen befohlen wurde und in rascher Gangart etwa man in San Francisco   für den Eimer Wasser anderthalb Stunden nach Norden ritt, wo auf fla- einen Dollar. Die Wasserleitung wird auch zur cher Höhe neben einem kleinen Wäldchen ein Dorf Erzeugung von elektrischem Strom ausgenügt. lag. Jm Wäldchen saß alles ab, Nestoupil führte Der bekannte irische Ingenieur Maurice Ushaugh­mit givei Kameraden die Pferde zum nächsten nessy, der die Arbeiten leitete, starb sozusagen am Brunnen des Dorfes und dann rauchten und plau  - Borabend des Tages der lebergabe dieses Riesen­derten die drei wie immer, ob vielleicht bald etwas baues an die Oeffentlichkeit. bom Feinde zu spüren sein werde und wann es die erste Attacke geben werde. Nach einiger Zeit knallten beim Wäldchen einige Schüsse ihrer Ka- Räuberbande in Paris   verhaftet. Der Pari­meraden, nichts war sonst Auffälliges zu sehen fer Polizei ist ein großer Fang gelungen. Nach oder zu hören. Es war ganz so wie im Mano- viermonatiger Verfolgung verhaftete fie am ber. Plötzlich kamen die Kameraden mit dem Dienstag zwölf Räuber, die in Paris   und in der Leutnant vom Wäldchen her gelaufen, der Leut- Bariser Umgebung Kaffen beraubt, Wertgegen­Zeutstände in Kirchen u. ä. entwendet hatten. Bei der nant tommandierte: Aufſizen!" und rief; stände in Kirchen u. ä. entwendet hatten. Bei der Rasch! Rasch!". Eben als Nestoupil den linken Verteilung der Beute des letzten Einbruches fühlte Fuß in den Bügel sezte, tauchte neben ihm ein sich ein Mitglied der Bande zurückgesezt und zeigte grünlich gefleideter Mann auf, der dem Nestoupil die ganze Sache der Polizei an. Sämtliche Ver den Bruchteil eines Augenblides lang fomisch bor  - bafteten sind französischer Nationalität. tam, da an seinem kurzen Karabiner ein über- Ertrunken. Infolge andauernder Regengüffe langes Bajonett befestigt war. Dann fühlte ist der fleine italienische Fluz Beſola stark ange Nestoupil noch fürzer etwas Lähmendes, Entset- schwollen und über die Ufer getreten. liches und lag schon tot mit einem Bajonettstich im Mädchen, die von der Strömung ergriffen wur­Herzen auf der staubigen Straße.

Nestoupils Eltern erhielten einen wunder­baren Brief des Regimentstommandanten anläß­lich der Ehre, daß in diesem Kriege der erste Tote des 300 Jahre alten Regimentes ihr Sohn war. Und dieser Brief erbitterte sie nicht, er tröstete ste wirklich. Und dies ist das ewig Schreckliche an dieser Geschichte.

Richard Ray.

den, fanden in den Wellen den Tod.

3 mei

Ein Schwindler. Tsch. P.-B. teilt mit: Ein gewiffer J. 2. Končel gibt sich als Redakteur des Tich. P.-B. aus. Ein Redakteur dieses Namens ist beim Tsch. P.-B. nicht angestellt und stand auch nie­mals in dessen Diensten.

Kapitän Frogé wurde Montag vom Unter­fuchungsrichter verhört und behauptete neuerlich. unschuldig zu sein. Er konnte aber keine ge= naue Aufklärung über seine häufigen Bankeinlagen in Beträgen von 4000 bis 40.000 Franken geben. 195.000 Franken. Der Kapitän erklärte, es handle Die Gesamthöhe dieser Bankeinlagen beträgt fich hiebei durchwegs um Erträgnisse seiner Börsen spekulationen. Das Urteil wird am 5. November verkündet werden.

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Der Zufluß kalter Luft aus hohen Breiten nach Nordwesteuropa   dauert an. In Schottland   wurden am Dienstag murmehr 4, an der Küste Mittelnor­wegens nurmehr 2 bis 3 Grad verzeichnet. Dem­gegenüber ist in Südosteuropa   eine erhebliche Er­wärmung eingetreten. Der Temperaturunterschied dürfte sich in den nächsten Tagen in Mitteleuropa  verschärfen, was eine a II gemeine 3u= nahme der Niederschlagsnei gung zur Folge haben kann. Dabei wird das Dructief über Standinavien wahrscheinlich zerfallen; darauf sinkt der Luftdruck in Südwest- und Süd­ europa  , wo sich nunmehr Druckstörungen ausbilden dürften. Wahrscheinliches Wetter bon bente: In Böhmen   beränderlich und ohne wesentliche Niederschläge, etwas fühler; Südwest- bis tit, die mit den Hauptgebieten des Voltslebens teine Männer zugeführt, die als Kenner und Könner auf Westwind. In den östlichen Ländern: Vorwiegend Beziehungen unterhält ein Vorwurf, der ohne verwaltungstechnischem, sozialwissenschaftlichem, ful­bis wechselnd bewölkt, zunächst keine stärkeren Regen- Bweifel zahlreiche bürgerliche Parteien zu Recht turpolitischem, ökonomischem Gebiet ihresgleichen fälle, ettvas wärmer. Wettervoraussage für trifft, denn unsere Politik hat Sinn und Kraft fuchen. Die Maulreißer à la Goebbels und Krebs, Donnerstag: Allgemeine Betterverschlechte- immer aus dem unmittelbaren Leben der Nation die Strizzi à la Starhemberg, die Beutelschneider und den materiellen und kulturellen Intereffen der à la Ahrer, Rintelen und wie sie sonst heißen, hat rung, Zunahme der Niederschlagsneigung. arbeitenden Massen geschöpft. Hierzulande", heißt die Bourgeoisie auf den Plan geschickt. Wir sind sehr Geschichtliches Schicksal der Sudetendeutschen   es in dem Vortrag weiter ,,, erleben wir eine Krise damit einverstanden, daß in der Politik nach Leistung and Tschechen". Aus Anlaß des Staatsfeiertages der Polititer, nicht der Parsund Können, anstatt nach Wortschwall und Frechheit sprach bei einer gemeinsamen Feier der kulturellen teien" eine ohne Zweifel richtige Beobachtung gemessen wird. Auch an einen anderen wunden Punkt Vereine Troppaus der Professor für osteuropäische in dieser Zeit, da die Herren, die vor den neuen der aufgeblasenen antidemokratischen Propaganda Geschichte an der Prager   deutschen Universität, Dr. Stars, den Hacker und Henlein   fläglich abdanten, rührt der Vortrag Pfizners, wenn er sagt: Ich Josef fine r, über das obige Thema. Der ihre eigene Unzulänglichkeit als Kriſe des Partei selbst bekenne mich freudig zur aufbau- und arbeits­Bortrag Professor Přizners verdient Interesse nicht gedankens hinstellen möchten! Als Polititer, fagt willigen Jugend. Aber auch hier ein Warmungs­nur wegen der ausgezeichneten summarischen Dar- Pfigner, könne nur der wirklich gelten, der nicht zeichen: nicht alles physisch Alte ist reif fürs alte stellung, die er von den Wandlungen der tschechischen nur Polititer sei, sondern sich einen Eisen. Die Jugend bedarf oft noch des Nates des Geschichtsschreibung in ihrer Beurteilung der tsche langvollen Namen, ho ch stes Verdienst erfahrenen lebensvollen Alters. Es wäre zu chisch- deutschen Nachbarschaft gibt, sondern auch erworben hat durch erfolgreiche wünschen, daß die akademischen Führer der jungen wegen des löblichen Versuches, die Wissenschaft in einer a st Io fe Arbeit auf einem Hauptgebiet Generation öfter zu nationaler Versöhnung, sachlicher fruchtbarere Beziehung zur Politik zu bringen und des Volfslebens..." Wenn wir auch der Ansicht Wertung und Arbeit aufriefen, öfter wissenschaft­mit dem Herkommen zu brechen, das an den deutschen sind, daß es weniger auf den flangvollen und nicht lichen Ernst gegen hohle Schlagworte stellten, wie es Hochschulen so lange bestand, daß der akademische felten durch zweifelhafte Reklametrics erworbenen hier ohne Zweifel versucht wurde! Rassenunfug je nach Bedarf. In der deutschen Lehrer sich entweder überhaupt nicht um die Lebens- Namen( denken wir doch an den großen ,, wirt Bernichtung bon Streichhölzern. 3 mei Bresse hat man anläßlich der Erörterung des nor= fragen der Nation und des Staates kümmert, oder schaftsfachmann" Rosche, den blendenden Organi mi Ilionen Streichholzschachteln wurden in wegischen Wahlergebnisses eine neue mit der schlecht begründeten Anmaßung des Laien sator" Konrad Henlein   u. ä. ,, flangvolle" Namen), Finnland  über die Politik apodiktische Urteile ausspricht. sondern auf das wirtliche Verdienst in 3 Meer geworfen, um einem Entdeckung gemacht. Es heißt dort, die Norweger Bfizner, der sich zunächst, wie erwähnt, mit den und die Arbeit antommt, so tönnen wir den Preissturz vorzubeugen. Der Innenmarkt war näm- feien eigentlich eine nordische Raise, son­Bandlungen der tschechischen Historiographie von Gedanken selbst mur unterschreiben. Der Sozial- lich nicht mehr aufnahmefähig, und die Ausfuhrmög- dern ein primitives Polarbolt", das so ein­Palacký bis zu Go II, Petář und demokratie hat es an den Männern nie gefehlt, die lichkeiten gingen zurück. Der Wert der finnischen   gefroren" sei, daß es die großen Ideen der Zeit Masaryk   befaßt, versucht die Grundlagen eines ihre Legitimation für die Politik durch wirkliche Ausfuhr überhaupt ging im September von 748 auf nicht begreifen könne. Die Zeitschrift Volk und Nachbarberhältnisses der beiden Nationen der Sude- Arbeit für das Volk und durch höchstqualifizierte 621 Millionen Finn- Mark zurüd. Rasse" befaßt sich mit den 3igeunern und mit tenländer zu umreißen. Die Deutschen   haben dabei Leistung auf den Hauptgebieten des wirtschaftlichen Fünf Schnelligkeitsrekorde haben, wie aus einer zahlenmäßig nicht faßbaren Zahl von Misch­bon den Tschechen zu lernen, ebenso wie diese von und fulturellen Lebens Eine erworben haben. Von Singapore   berichtet wird, die englischen   lie- lingen, die als" Mekefe" bezeichnet werden. den Deutschen   gelernt haben. Schauen wir nach der Vittor Adler, Ferdinand Hager Jones und Waller, die sich auf dem anthropologische und soziologische Untersuchung die­tschechischen Seite aus, dann tritt uns eine Fülle von nusch, ndo M. Hartmann, II en Rückflug von Melbourne   nach England befinden, ser zum Teil angesiedelten Fremdraſſigen sei wün­Werten und Vorbildern entgegen, die der kritischen bogen, Leuthner, Austerlit bis Nachahmung auf deutscher   Seite dringend bedürfen, zu Glödel, Breitner, and I er gebrochen, u. zw. auf folgenden Strecken: Mel- schenswert. Denn dies Fremdvolk sei eine Last für ohne daß wir uns deswegen gleich schwächlicher in Defterreich, zu Se I iger, Pohl, Czech, bourne- Charleville  , Charleville- Port Darwin, Teutschland, und es berühre schmerzlich, wenn man, Kopierung zeihen müßten". Pfigner wendet sich gegen Taub, Solitscher und anderen mehr bei Melbourne- Port Darwin, Port Darwin- Sin- wie es öfters vorkomme, 3igeuner mit dem die Verselbständigung der Politit, gegen eine Boli- uns hat die Sozialdemokratie der Politik immer gapore und Melbourne  - Singapore  . Hafentrena sehe.

Der Hausnazi

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So wirbt man für den Sport. Der deutsche  Reichssportführer v. Tschammer- Often hat eine Be­kanntmachung erlassen, in der er bittet, fünftig da­für Sorge zu tragen, daß die lateinische Schrift nach Möglichkeit durch deutsche   Frakturschrift in Drud­sachen, Reklameschildern und anderen Beschriftungen erlebt werde. Der Sport", Zürich  , schreibt dazu, dadurch würden die ausländischen Sportler in Vera legenheit kommen, weil sie die deutsche Schrift ein fach nicht lesen könnten. Es sei nicht einzusehen, warum im Hinblick auf die Olympischen Spiele solche Schwierigkeiten aufgebaut würden. Aber vielleicht will man in Deutschland   auch sportlich

autark werden?

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ficherung für Leute, die sich's leisten konnten. Di- chenhafter als Adelheid war sie auch. Aber ein des Osaf traf die Unterführer bis ins dritte und rektor Müller ließ ihm bei seinem eigenen Schnei- deutscher Mann muß sehen, wie er vorwärts vierte Glied. Vor den Stempelftellen sammelte sich der Pariser Atelier fogar eine neue Uni- tommt, jezt gehörte er eben zu den feinen Leuten, die entlassene SA in Scharen.  form bauen. Jedes bessere Haus wollte den schnei- seine Mutter strahlte, wenn er von den Smokings Bon Max Baldauf. Kurz, eines durchaus nicht schönen Tages say digsten Nazi haben. Die Konkurrenz war unge- und großen Abendtoiletten erzählte, mit denen Hans wiederum im Büro so bedeutungslos wie Dieser Roman ist auf hitlerdeutschem Boden heuerlich. Die neue Uniform war nicht nur er Sett trinken mußte. Es war genau so gefom- 1932, war wiederum gewöhnlicher Zivilist; trat gewachsen; er sei hier rezensiert mit einer Aus- schnieke, sondern auch mit etwas Kleingeld verse- men, wie Hitler   versprochen hatte: alle Standes der Ressortchef ein, grüßte Hans wiederum zuerst: führlichkeit, die ihm zukommt. Im Mittelpunkt der hen, was ja nicht zuviel verlangt ist, wenn man unterschiede waren aufgehoben, der Boltsstaat an- ,, Guten Morgen, Herr Abteilungschef!" Mit da Handlung steht Hans Schnaafe, fünfundzwanzig, bedenkt, wie oft Hans nächtelang mitschlemmen, gebrochen! zugehöriger Verneigung. Manchmal erschien auch dunkelblond, Nase gewöhnlich, besondere Kennzei- trinken, rauchen und die ältesten Damen durch­Nur manchmal, halb im Einschlafen, fühlt Herr Direktor Müller am Schalter. Er sah den chen teine. Noch vor Jahren war er ein fleiner tanzen mußte. War er nicht dabei, schmeckte den Hans unbequeme Ahnungen; ihm will bedünken, ehemaligen Scharführer kaum, nickte höchstens Bantbeamter, der aufpassen mußte, daß die Klat- Gästen weder Kaviar noch Sett; man fonnte ja als gäbe es in diesem neuen Dasein durchaus ver- flüchtig, und Hans tam sich so traurig vor, wie ten und Tratten richtig eingetragen waren. Und nie wissen, was für eine Welle plößlich anrollte! schiedene Temperaturen. Wenn in der inneren Chaplin in jenem Film, wo der reiche Mann henn früh der Reffortchef tam, dann mußte Hans Direktor Müllers Urgroßmutter war nicht ganz Politit fich antibürgerliche Wellen anfünden, hält abends in betrunkenem Zustand alles mit dem ar­eine Verneigung anbringen und dazu sagen:. Gu- in Ordnung, manchmal gab's auchLohnabzüge oder die Villa Müller buchstäblich Tag und Nacht alle men Teufel teilt, ihn füßt, umarmt, begastet, duzt ten Morgen, Herr Abteilungschef!" Entlassungen zu regeln Sans Schnaate war Arme für ihn geöffnet flaut jedoch die Welle um ihn vom Diener aus dem Palaste

gen.

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Das änderte sich nach dem 5. März, denn ein alter Bekannter vom Gauftaf, er hatte im- ab, so weiß man plößlich wochenlang nichts von schmeißen zu laffen, sowie die Nüchternheit des Hans Schnaats hatte seit 1932 die richtige Witte- mer die neuesten braunen Anekdoten am Bändchen, ihm und auch Adelheid wird am Telephon sprö- Tages eintritt! rung gehabt, gehörte der SA   an und wurde da konnte nichts passieren. der. Aber vielleicht scheint das einem Scharführer Boll häßlicher Menschenverachtung ist dieser Scharführer. Jetzt grüßte der Ressortschef zuerst. Neben dieser Hauptfigur steht ab und zu nur so; vielleicht gehören schwankende Stimmun Roman, zynisch und karg in der Erfindung. Und Heil Hitler", sagte er, wenn er tam und wenn Fräulein Adelheid, die Tochter des Hauses, mit- gen nun einmal zu den kultivierten Herrschaften? der Autor? Der bin vorläufig ich. Denn dieser Hans im Betrieb war, denn der Dienst ging vor felgroß, Wasserstofffuperoryd, bei Lichte gar nicht Oder ist da doch irgendwie Mießes im Anzuge? Roman wurde leider noch nicht geschrieben, dafür und der Andrang zur SA war faum zu bewälti- so übel, besondere Kennzeichen feine. Fünfund- Haben die feinen Leute dafür feinere Witterung? aber hat er sich in Hitlerdeutschland hundertfach Dann wuchsen die neuen gesellschaftlichen zwanzig war sie auch schon, nicht ganz ohne Ver- Ganz offenbar, denn das strahlende Märchen ging in verschiedenen Varianten abgespielt, das Le­Verpflichtungen aus dem Boden eine Faust gangenheiten, warum sollten sich die Beiden also urplötzlich wie mit einem Zauberschlage zu Ende. ben dichtet nun einmal so unbekümmert drauflos hatte in Schnaates Leben eingegriffen und ihn in nicht heiraten? Hans konnte Gruppenführer wer- Hier wird der Roman noch unvollkommener, es und ist uns vorläufig das richtige Ende noch schul­das Licht hochherrschaftlicher Salons gestellt. Zu den, SA   war alte Garde, Horst Wessel   hatte ihr fehlen die Uebergänge, aber die bleibt uns ja das dig geblieben. Allerhand wird noch passieren, wenn dieser Faust gehörte Herr Direktor Müller, Far- eigenhändig eine Nationalhymne gedichtet, für Leben auch oft schuldig. Unerivartet kam der Tag, diese Hausnazi eines Tages ihre Memoiren schrei­ben und Lacke A.-G., dick, rund, mit festen Kinn- Hans gabs noch große Karriere man abivar- da Röhm dem Erdboden gleichgemacht und die SA ben und aus der Schule plaudern. Aber die fei­backen, wie sich der fleine Moris jeden Kapitaliſten ten, fagte sich Direktor Müller. Herrgott, sechzig sozusagen enthauptet ward. Ganz rasch sant Hans nen Leute mögen sich getrösten, für absehbare borstellt. Jegliches beffere Haus fümmerte sich da Mille Mitgift sofort, dachte Hans und ließ die im Kurse. Die ganze Truppe wurde berkleinert, Beit herrscht dichtes Schweigen, denn sie alle sind mals um einen Schußnazi; Hans wunderte sich Kontoristin Liesel Schurig fißen, trotzdem er ihr Schnaates Gruppenführer war verdächtig, entzog je belledert, sind ein Teil jener Korruption, die nicht lange, man war sozusagen die Lebensver- die Heirat versprochen hatte, und schöner, mäd- sich allem weiteren durch die Flucht, und der Zorn das ganze braune System zusammenhält.

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