9z. S6r» Seite 3 Freitag, 8. November 1934 Rücktritt des„nationalen Kabinetts Doumergue Die seit einigen Tagen avisierte schwere Krise des französischen Burgfriedenskabinetts der Negierung der nationalen Einigung, die Gaston D o u m e r g u e nach den Feberunruhen gebildet hatte und die alle Parteien von den Neosozialisten Deats und den Radikalsozialisten Herriots bis zur klerikalen Rechten um- satzt hatte(also nur Sozialisten und Kommunisten in Opvosition sah) ist Donnerstag zum Alwbruch gekommen. Doumergue ist nicht eigentlich über seinen Plan einer weitgehenden Bcrfassungsreform gestürzt, sondern über einen Vorstoß gegen das Budgetrecht des Parlaments, den er erst in den letzten Tagen unternommen und mit seinen Ministern nicht besprochen hatte. Erst dieses in Frankreich ungewohnte Vorgehen) das Doumergue in seiner vorweggenommenen Rolle als alleinigen„Führer" der französischen Politik und als ausgesprochen antiparlamentarischen Politiker zeigt, hat ihn zu Fall gebracht. Es scheint, daß die Radikalen jetzt er st erkannten, wie ernst es Doumergue mit der Kaltstellung der Volksvertretung meint. Vielleicht auch fürchteten sie, vor ihren Wählern die Billigung dieser Haltung Doumer- gues nicht mehr übernehmen zu können. Doumergue forderte seit langem eine Verfassungsreform, die nicht nur die Rechte der Regierung, sondern vor allem die des Ministerpräsidenten erweitern sollte. Die radikalen Minister hatten sich vom Parteitag in Nantes ermächtigen lassen, der Reform weitgehend zuzustimmen. Man stritt nur noch um die Frage der Kammerauflüsung. Doumergue forderte das Recht der Auflösung der Kammer für sich, die Radikalen wollten es an die Zustimmung des Senats gebunden wissen. Vor allem wollte der <ZWnat selbst nicht auf dieses Recht verzichten. Aber es schien so weit, daß Doumergue sich auch in dem einen Punkt mit den Radikalen einigen würde. Da forderte Doumergue plötzlich, daß ihm das Parlament drei Budgetzwölftel für 1936 bewillige. Diese Forderung ist für Frankreich sehr ungewöhnlich, fie verrät aber auch Doumergues Absicht, die Kammer aufzulösen und vielleicht erst im kommenden Frühjahr neu wählen zu lassen. An dieser, noch dazu hinter dem Rücken des Kabinetts erhobenen Forderung des Möchte-gern-Diktators entzündete sich die Krise. Di« Vermittlungsversuche des vierten radikalen Ministers Marchandeau scheiterten, das Angebot der Radikalen, sich bei der Abstimmung über die Budgetzwölftel in der Kammer der Stimme zu enthalten, lehnte Doumergue ab. Daraufhin demissionier en die radikalen Minister- und begründeten ihren Schritt mit folgendem, ziemlich schroffen Schreiben an Doumergue : „Sie haben in Ihre» Rundfunkreden, deren Inhalt di» Regierung vorher nicht kannte, ein ernstes Reformwerk vorgeschlagen, das einen rein politischen Charakter hatte. Wir hätten Ihnen gern einige Vorschläge unterbreitet. Wir sind für verschiedene Reformen, für größere Befugnisse des Ministerpräsidenten, für eine Erhöhung der Autorität der Regierung und dir Beschränkung des Initiativrechtes des Parlaments in finanziellen Angelegenheiten." Di« Minister legen dann ihre Vorbehalte zu der von Doumergue vorgeschlagenen Auflösung der Kammer durch den Präsidenten der Republik ohne vorhergehendes Anhören des Senates dar. Sic bedauern, daß der Ministerpräsident der Möglichkeit der raschen Verabschiedung des ordentlichen Budgets die Annahme provisorischer Budgetzwölftel vorgezogen hat. Diese- sein Vorgehen halten Sie für einen Fehler.„Die gegenwärtige Kammer," sagen die Minister in dem Schreiben, „hat uusrrer Regierung gewährt, was sie verlangte, auch rineu Teil ihrer Befugnisse. Die Aufgabe der Regierung des Burgfriedens ist es, alles zu beseitigen, was sie trennt, und alles zu suchen, was sie annähcrt. Sie haben-. B. von der Einigkeit der Franzosen gesprochen; auch wir halten sie für notwendig, können uns aber schlecht vorstellen, wie»ine Wahlkampagne gegenwärtig inmitten der Not und der Arbeitslosigkeit, inmitten der entfesselten Leidenschaften, aussehen würde. Wir haben nicht- anderes von ihnen verlangt, als die Fortsetzung der Politik des Burgfriedens, die wir ergeben vertreten. Wir wollen aber em Mißverständnis vermeiden. Bei der gegenwärfigen Lage wären wir im Parlament gezwungen, entweder gegen die Regierung, deren Mitglieder wir sind, oder gegen unser Gewissen und gegen unsere Freunde zu stimmen. Wir geben daher dem Austritt aus der Regierung den Borzug." Run überreichte Dqumergue dem Präsidenten Lebrun die Demission des Gesamtkabinetts. Daß Doumergue sich als »Führer" fühlt und auch an seine Rückkehr denkt, beweist die Tasache, daß er an das französische Volk einen Aufruf erläßt, der inhaltlich zwar korrekt, aber in der Form selbst ungewöhnlich ist. In einem Gespräch mit Journalisten erklärte Doumergue, warum er zurückgetreten ist (er machte dabei auch ein gewisses Zugeständnis «r die parlamentarischen Bräuche), zugleich Weift er die Radikalen heftig an, indem er auf die blutigen Feberunruhen anspielt und sie hierfür verantwortlich macht. Die dreimonatige Mindestfrist habe er deshalb als unerläßlich angesehen, um der Regierung dir Möglichkeit zu geben, im Falle der notwendigen Auflösung der Kammer alle Vorbereitungen zur Ausschreibung der Wahlen, deren Kontrolle, der Einberufung der Abgeordneten usw. zu treffen. „Es war mir nicht unbekannt," sagte Doumergue weiter,„daß die v e r st e ck t e n Gegner der Regierung ihren Sturz für den 15. November vorbereiteten und deshalb wollte ich das Budget sichern. Doch jene Männer, die für die Politik verantwortlich sind, die zu den Feberunruhen und zurTötungvonehe- maligen Frontkämpfern, die unbewaffnet auf der Place de la Concorde defilierten, führten, wollen umkeinrn Preis dieBerantwortungfürmeinePo- l i t i k übermchinen. Deshalb haben sie einige Mitglieder meines Kabinetts, deren Zusammenarbeit mit mir immer eine loyale.war, gezwungen, mir ihren Rücktritt anzukündigen. Deren Demission hatte auch meine zur Folge, denn die Respektierung der demokratischen und parlamentarischenPrin- z i p i e n erlaubt es mir nicht, eine Minder- yritsregierung zu bilden." Präsident Lebrun empfing nach dem Rücktritt Doumergues zuerst den Senatspräsidenten Jeanneney und den Kammerpräsidenten FernandBouisson. Diesem bot er— eine Verbeugung vor dem Recht der Ka'.mein— die Kabinettsbildung an. Boni s so n lehnte aber und empfahl Laval, der sogleich betraut wurde, aber um 17 Uhr seine Mission zurück- legte mit der Begründung, er könne nicht zwei Ressorts verwalten und wollte das Aeußere behalten. Für ein Kabinett Laval bestand die Möglichkeit, die Sozialisten heranzuziehen. Der Vorstand der sozialistischen Partei nahm in seiner Nachtsitzung einmütig eine Resolutton an, in der es heißt, daß„man auf die gegenwärttgen außerordentlichen Ereignisse mit außerordentkichen Entschlüssen antworten müsse". Die Sozialisten sind entschlossen, ihre volle Mitarbeit«jeder kämpferischen Regierung zu^versprechen, die fest entfchkoffen ist, die republikanischen Parteien gegen die fascistische Gewaltherrschaft in Reih und Glied zu stellen". Mussolini —Gömbös In Innigster Freundschaft R o m.(Stefani.) Ueber den Aufenthalt des ungarischen Ministerpräsidenten Gömbös in Rom wurde ein Kommuniquee ausgcgcben, in welchem es heißt, daß in den Tagen des 8. und 7. November in langen Beratungen zwischen Mussolini und Gömbös die allgemeinen und besonders die die beiden Länder betreffenden Probleme im Geiste des italienisch- österreichisch- ungarischen Protokolls vom März d. I. zur Erörterung gelangten, wobei konstatiert wurde, daß indeuAnsich- ten zwischen Rom und Budapest vollkommene Uebereinstimmung herrscht und das Ziel die Entwicklung der weiteren Zusammenarbeit mit Oesterreich ist. Beide Regierungschefs konstatierten weiter das vollkommen zufriedenstellende Funktionieren des Protokolls in den Handelsbeziehungen zwischen den beiden Ländern. Schließlich wird in dem Kommuniquee eine baldige Zusammenkunft der Unterrichtsminister der beiden Staaten angekündigt, die dem Zwecke dienen soll, ein Uebereinkommen über die Erweiterung der kulturellen Beziehungen zwischen den beiden Völkern z« vereinbaren. „Verständisunssaktion“ seht weiter Wien.(Tsch. P.-B.) Der ehemalige sozialdemokratische Bürgermeister-Stellvertreter von Wiener Neustadt und einer der Führer des aufgelösten Republikanischen Schutzbundes Josef Püch- ler, der drei Tage-vor den Feberunruhen verhaftet worden war, wurde Donnerstag von den Schöffen des Gerichte- in Wiener Neustadt wegen Waffenbesitzes und Geheimbündelei zu zehn Monaten schweren Kerkers verurteilt. Von dem Gericht in Leoben wurde der Kommunist Johann Chmann zu 18 Monaten schweren Kerker- wegen Hochverrates verurteilt, da man die Zeitschriften„Rote Fahne",„Der freie Arbeiter" und andere Druckschriften bei ihm fand. Das Militärgericht in Graz verurteilte den Führer des ehemaligen Landbundes, den Arzt Dr. Bohr wegen Teilnahme an dem Juliputsch zu zehn Jahren schweren Kerker-, während sein« zehn Genossen, durchwegs Mitglieder des Landbundes, Strafen von sechs Monate» bis zu siebe» Jahren schweren Kerkers erhielten. Trotz dieser entgegenlominenden Erklärung (oder vielleicht gerade wegen ihr) betraute Lebrun nach dem Verzicht Lavals mit der Kabinettsbildung den Arbeitsminister Flandin . Aller- dings ist auch die äußerste Rechte gegen ihn. Die Rechte drängt Doumergue , ein Minderheitenkabinett zu bilden, die Auseinandersetzung über die Verfassungsreform also zu beschleunigen. Angesichts dieser Situation ist es keineswegs sicher, daß Flandin wirklich ein Kabinett zustandebringt. Flandin erfolgreich? Kurz vor Mitternacht meldet Havas, daß Flandin die ihm vom Präsidenten Frankreichübertragene Mission wahrscheinlich erfüllen werde. Dem neuen Kabinett gehören voraussichtlich». a. an: Vorsitz: Flandin , Staatsminister: Herriot , Aeußeres: Laval, JnnereS. Marchandeau, Krieg: Gameli», Arbeit: Mar- q u e t. Oer neue Mann Der Deputierte und Anwall F l a n d i n, der Vorsitzende der Partei der demokrattschen Allianz hat in seiner Rede am Sonntag die Mttarbeit dieser bedeutenden Partei der Mitte in einem Kabinett der Radikalsozialisten angeboten. Er war bisher nur Minister für öffentliche Arbeiten, für Handel oder Finanzen gewesen. Nach dem Tode Barthous wurde sein Name an der Spitze der Anwälte für das Amt des Außenministeriums genannt. ES wird behauptet, daß Flandin die persönliche Freundschaft und das Berttauen des Präsidenten der Republik Lebrun besitzt. Die Kandidatur Flandin - wurde in parlamentarischen Kreisen verschieden ausgenommen. Di« Sozialisten, die vor zwei Jahren eine sehr scharf« Kampagne gegen Flandin geführt hatten, hallen mit ihrer Unzufriedenheit nicht zurück. Auch in konservattven Kreisen wird die Betrauung Flandins sehr kühl ausgenommen. Flandin, der ehemalige enge Mitarbeiter Tardieus, hat sich in den letzten zwei Jahren von diesem mit seiner Politik abgewendet, in der Kammer einen eigenen Klub gegründet und offen mit den Radikalsozialisten zusammen« gearbeitet. Es scheint jedoch, daß auch zahlreichen Radikalen Flandin nicht die geeigneteste Persönlichkeit zu sein scheint, die bei der gegenwärttgen schwierigen Lage die großen Schwierigketten zu meistern imstande wäre. Flandin hat mit seinen 46 Jahren bereits eine 20jährige politische Karriere hinter sich. Nach Erlangung des juridischen Doktorates und des Diploms an der Schule für politische Wissenschaften wurde er im Jahre 1914 im Alter von 2 4. Jahren D e p u t i e r t e r. Während des Krieges diente Flandin als Fliegeroffizier, nach dem Kriege war er Mitglied der französischen Delegatton in der flugrechtlichen Kommission der Friedenskonferenz. Im Jahre 1924 wurde er Handelsminister im Kabinett Francois Marsäl sowie im ersten Ka- bmett. TardieuIl bett Jähren 1929/30. In den beiden Kabinetten Labal^ von 1931/32' sowie im dritten Kabinett Tardieu war Flandin Finanzminister. Im letzten Kabinett Doumergue war er Minister für öffentliche Arbeiten. Heimatschutz-Offizier anseschossen Wien . Am Westbahnhof wurde heute der Hcimatschutz-Offizier Beck durch zwei Schüsse verletzt. Die unbekannten Täter, von denen man nicht weiß, ob es Kommunisten oder Nationalsozialisten sind, verschtvanden spurlos. Lesen die Vollstreckung der Todesurteile In Spanien Ein Telegramm an Lerroux Im Namen der gesamte» britischen Arbeiter- beivegung haben C i t r i n e für den Gewerkschaftskongreß, Henderson für die Arbeiterpartei und L i n d s a y für die Parlamentsfraktion folgendes Telegramm an den spanischen Ministerpräsidenten Lerroux gesandt: „Der Nationalrat der brttischen Arbeiterbewegung, der den britischen Gewerkschaftskongreß, die Arbeiterpartei und ihre Parlamentsfraktion vertritt, haben mit größter Befriedigung und Erleichterung davon gelesen, daß Ihr Kabinett die Vollstreckung der Todesurteile an Landsleuten, die tapfer für die Verteidigung ihrer republikanischen und demokratischen Freiheiten gekämpft haben, nicht zuließ. Sie appellieren an Sie angesichts Ihres hohen Amtes als Ministerpräsident und an Ihre republikanische Ueberzeugung, alles, tvas in Ihrer Macht steht, zu tun, um den Repressalien ein Ende zu setzen und dafür zu sorgen, daß die Todesurteile an den verurteilten Personen nicht vollstreckt werden... Spanien ist berührt wegen seiner Kultur, Würde und Menschlichkeit. Dieser Ruf würde in der ganzen Welt durch eine bewußte Politik der Milde verstärk werden. Wir vertrauen darauf, daß wir uns nicht vergeben- an Sie wenden." Bergarbeiterstreik in Ungarn Budapest. (NiTJ.) Aus Fünffirchen(Pecs ) wird gemeldet: 286 Bergarbeiter des St.-Stefan- Schachtes sind Donnerstag nachmittag- in den Streik getreten. Sie fordern eine Erhöhung des Akkords und nachträgliche Aufbesserung der für Oktober festgesetzten Arbeitslöhne. In den übrigen Schächten des Kohlenbergwerke- wird normal ge« «bettet. Vorsprache der Lehrer beim Schulminister Dienstag, den 6. November, sprach beim Schulminister Dr. Krimai ein« dreigliederige Abordnung der Hauptleitung der Reichsvereinigung deutscher sozialdemokratischer Lehrer unter Führung der Abg. Iren« K i r p a l und des Obmänne- Josef H u d l vor und behandelte in dreiviertelftündiger Aussprache verschiedene Schul- und Standessragen. Unter anderen wurden folgende Fragen erörtert: Die Auflassungen deutscher Mittelschulen wurden vom kulturellen Standpunkt, aber auch vom Gesichtspunkt des Arbeitsplatzes für den Lehrernachwuchs behandelt. Einen breiten Raum nahm in der Besprechung die Frage der Aspiranten ein. Zunächst erklärte der Minister, daß di« Aspirantenverordnung auf die Vollsund Bürgerschulen nicht angewendet werde. Der Minister erblickt in der Anstellung von Aspiranten an Mittel- und Fachschulen eine soziale Hilfe für den arbeitslosen Professorennachwuchs. Die von der Abordnung vorgebrachten Einwände sollen noch durch nachträglich vorgebrachter Material ergänzt werden. Die Abordnung wies ferner im Interesse des Lehrernachwuchses auf die Frage derUeberstun» d«n an Mittelschulen hin. Dar Verlangen nach Herausgabe einer Zeitschrift, die objekttv über wissenschaftlich« Fortschritte der Gegenwart unterrichtet und den wissenschaftlich tättgen Lehrern die Veröffentlichung ihrer Arbeiten erleichtert, fand beim Minister voller Verständnis. Weiter wurden besprochen die hohen Preise der S ch u l b ü ch e r, die stärkere Betonung des demokra- ttschcn Gedankens in den Lese- und Geschichtsbüchern, da- Approbationsverfahren und die Elternvereinigungen. Die Frage der Erhöhung deS Schulgeldes an Mittelschulen bezeichnet der Minister als gegenwärtig nicht aktuell. Di« ost irrtümliche Auslegung des Erlasses über die Schulbuch ereien gab Anlaß zu gründlicher Al»ssprache, die durch enffprechende Belegstücke unterstützt wurde. Ueber di« Frage der Entlassung der verheirateten Lehrerinnen äußerte sich der Minister, daß sich an dem gegenwärtigen Zustand derzeit nichts ändern werde. Der Eindruck, den die Abordnung von dieser Aussprache mitnahm, war günstig, es zeigte sich, daß der Minister Wer alle angeschnittenen Fragen informiert war und der Lehrerschaft gegenüber einen wohlwollenden Standplinst einnimmt. Heue Marterungen franz Künstlers (DG.) Franz Künstle r, der frühere Bezirksvorsitzende der Berliner SPD , der längere Zeit im Konzentrationslager Oranienburg war und dort wie alle mißhandelt wurde, ist(wie seinerzeit gemeldet wurde) aus Oranienburg entlassen worden. Nicht bekannt geworden ist allerdings, daß Franz Künstler sich nicht der Freiheit erfreut hat. Er wurde bald nach seiner Freilassung wieder berhaftet und nach dem Konzentrationslager Lichtenburg gebracht. Dieses Konzentrationslager hat sich in den letzten Monaten zu den schlimmsten aller Konzentrationslager cnt- wickelt und die Behandlung der Gefangenen in Lichtenburg ist neuerdings viel schlechter als sie in Oranienburg jemals war. Durch diese grausame Behandlung ist Franz Künstler in Lichtenburg vollkommen körperlich ruiniert worden, daß er auf Veranlassung der Quäker zur Erholung verschickt wurde. Von dort aber ist Franz Künstler von der Gestapo bald wieder weggeholt Word, n und trotzdem sein körperlicher Zustand ganz schlecht ist, steht er unter dauernder polizeilicher Kontrolle. Franz Künstler ist ein lebendiges Beispiel dafiir, daß alle früher aktiven Sozialisten nach ibrcr ersten Entlassung ans dem Konzentrationslager nun nicht etwa die furchtbaren Torturen hinter sich haben, sondern immer nur auf einige Zeit davon beurlaubt werden. Nach einiger Zeit werden die so „Beurlaubten" immer von neuem wieder eingesperrt und in die Konzentrationslager gebracht. Meist immer dann, wenn die illegale Arbeit ibrcr früheren Parteifreunde spürbar wird und es der Gestapo nicht gelingt, der Töter babhaft zu werden. Dann werden die ehemals führenden Leute gewissermaßen als Geisel immer von nenem wieder in die Konzentrationslager gebracht und nicht viele werden es sein, die diese dauernden Torturen auf die Dauer lebendig oder gesund an Leib und Seele Werstehen. Wachsende Opposition gegen den Reichsbischof Berlin . Der Landesbischof von Schlesien , Z e n k e r, ist zur Vekenntniskirche Wergegangen und mit ihm 58 Pastoren. 112 evangelische Theologieprofessoren haben eine schriftliche Aufforderung an den Reichsbischof Müller gerichtet, daß er seinen Rücktritt erklären möge. Zweidrittelmehrheit der Demokraten In beiden Häusern NewÄork.(Tsch. P.-B.) Nach den Mittwoch abend vorliegenden Wahlergebnissen wurden in das Repräsentantenhaus gewählt: 301 Demokraten, 93 Republikaner, 7 Fortschrittler, zwei Landarbeiter-Abgeordnete. 32 Ergebnisse stehe« «och aus.
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14 (9.11.1934) 263
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