Sosialdemokrat

ZENTRALORGAN

DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI

IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK

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14. Jahrgang

Mittwoch, 14. November 1934

Arbeit für die Notstandsgebiete

Neuerliche Zusagen Malypetrs

Prag. Im Schlußwort zur Spezialdebatte über die drei ersten Kapitel des Budgets be­faßte sich Ministerpräsident Malypetr neuerdings ausführlich mit der Frage der Arbeitsbeschaf= fung in den ärgsten Notstandsgebieten, die vorwiegend von Deutschen bewohnt sind, und sagte nochmals bestimmt zu, daß die Regierung gerade für diese Gegenden mit Beschleunigung Not­standsarbeiten versorgen werde.

Viel Aufsehen erregte in seinen weiteren Ausführungen eine ziemlich scharfe Polemik, die sich gegen Herrn Dr. Hodač wie überhaupt gegen die ganze demagogische Einstellung der Nationaldemokraten in der Opposition sowie gegen ihr Liebängeln mit Herrn Stribrny richtete.

Malypetr reagierte zunächst auf den Wunsch des Herrn Kallina, daß der Opposition mehr Gelegenheit zur Mitarbeit gegeben werde, mit dem Hinweis, daß bei allen parlamentarischen Arbeiten nach dem Grund­brinzip der demokratischen Verfassung die Majo rität zur Entscheidung berechtigt sei, da auf ihr auch die ganze Verantwortung ruhe. Die Vorberei­tung des Budgets sei angesichts des geringen finan­ziellen Spielraums so schwierig, daß man den An­trägen der Opposition kaum wesentlich Rechnung Fragen könnte.

Zur Frage der Arbeitslosigkeit verwies der Ministerpräsident auf sein füraliches Erposé, daß die Regierung diesem Problem ihre besondere Auf merksamkeit widme und Mittel zu ihrer Linderung borbereiten werde.

Das Fürsorgeminifterium habe bereits aus­führliche Daten über die absolute und relative Arbeitslosigkeit sowie über ihre zeitliche Dauer, am gerade dort, wo die Arbeits­am gerade dort, wo die Arbeits­losigkeit am größten ist, ihren Folgen steuern zu können.

der Nationaldemokraten mit der Stříbrntgruppe in der Nationalen Front aus, deren Zweck augenschein­lich weniger in den vorgegebenen Intentionen, als in den kommenden Wahlen liege: keine Opposition könne es der Majorität übel nehmen, wenn sie sich mit ihren Mitteln zur Wehr sehen wird.

Einzelpreis 70 Helfer

( einschließlich 5 Heller Perf

Nr. 267

Die Marneschlacht des Vorfascismus

Der Regierungswedisel in Frankreich

Mit dem Aufkommen des Dritten Reiches schien das Ende der Dritten Republik in Frant­reich gekommen zu sein. Die fascistische Gleich­schaltung Europas als Vorspiel zum Niedergang der europäischen Zivilisation im Blut und Schmus Malypetr schließt mit der Versicherung, daß der Bürger- und Völkerfriege, schien unaufhalt die Mehrheit in dieser Zusammen= setzung sich durch wirkliche, ausgeglichene Arbeitsam. Der Pariser Aufruhr vom 6. Feber sollte im Erfolgsfalle die Fascisierung Frankreichs wehren wolle und sich bemühen werde, wenigstens Erleichterungen zu schaffen, wenn eine einleiten. dauernde, schnelle Beseitigung der komplizierten Schwierigkeiten nicht möglich sei.

Das einzige Mittel, das ein augenfälliges schnelles Ansteigen der Beschäftigung brächte wären Investitionsarbeiten großen Stils, vielleicht für Milliarden. Das sei aber nicht so leicht, namentlich wegen des nötigen großen finanziellen Aufwandes, da auch die Privat-*) Das erstemal beim Rücktritt des Kabinetts wirtschaft gewisse Mittel brauchen wird. Teilweise Kramár im Juli 1919, als die magyarischen Trup­wird es möglich sein, in bestimmten Reformen und pen tief in der Slowakei standen. Regelungen den Finanzen der Selbstver= taltung zu helfen.

Scharfe Polemik gegen die Nationaldemokraten

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Das Militärbudget

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Der Referent vom Verteidigungsministerium,

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Aber die fascistischen und monarchistischen Banden, die das Parlament erstürmen sollten, so­wie die diktaturlustigen Reaktionäre mit Tar­dieu an der Spike, die hinter diesen bewaffneten Banden standen, haben sich verrechnet und zu früh losgeschlagen. Die politische Agentur der haute finanze und des Comitée des Forges mußte sich diesmal mit dem Teilerfolg begnügen mit dem Sturz des radikalen Ministeriums Daladier , mit Am Dienstag wurden im Budgelausschuß listen, d. h. des Mittelstandes von der Arbeiter­der Lostrennung der Radikalen von den Sozia­die Kapitel Aeußeres und National- flaſſe, und mit der Bildung einer Regierung des Der Schlußteil der Rede Malypeirs war einer berteidigung behandelt und nach ganz- Burgfriedens", die sich bald als Bürgerblock der sehr scharfen Bolemik gegen die jebige Boli tägiger Debatte durch das Schlußwort der beiden Klein- und Großbourgeoisie unter Führung des widmet. Die im Ausschuß von so da č angekündigte größten Teil dem Militärbudget und der Frage merhin war diesmal die Dritte Republik gerettet tit der Nationaldemokraten ge- Ressortminister beendet. Die Debatte war zum überparteilichen" Doumergue entpuppte. Im tapiteln( Bräsident der Republik und gefeggebende einführung der zweijährigen Dienstzeit gewidmet, greifen der Arbeiterklasse( die grandiose Kundge positive Stellungnahme zu den beiden ersten Budget- der von kompetenter Stelle geforderten Wieder­-nicht zuletzt durch das mutige und wuchtige Ein­Körperschaften) ist nach Malypeir fein Ber wobei von Meritaler Seite die Wiedereinführung bung und der Massenstreit vom 12. Feber) und dienst, sondern die primäre Pflicht fast der Institution der Einjährig- Freiwilligen ge- durch die republikanische Treue und Wachsamkeit Es sei eine schicksalshafte Eigentümlichkeit ie des Bürgers, der will, daß bei uns die Demo­nserer Republik, daß gerade die industriereichsten tratie erhalten und praktisch durchgeführt werde. Was fordert wurde. der kleinbürgerlichen Provinz. Orte, die in ungewöhnlich hohen Maße auf den die Deva Ivation betrifft, die den äußeren An­Export angewiesen find, in den von Deutsch en las zum Austritt der Nationaldemokraten aus der Dr. Brdlik, wies u. a. darauf hin, daß die Tiche bewohnten Gebieten der Republik liegen. Es sei dies Regierung gab, so erklärte Malypeir, daß odac choslowakei für ihre Verteidigung wenigstens ebenso gewissermaßen eine natürliche Entwicklung. ihm in Privatgesprächen selbst viel tun müsse, wie die anderen Staaten. Bei uns andererseits auch eine Entwicklung aus früheren Bei zugegeben habe, daß man die Ungleich entfallen auf den Kopf der Bevölkerung für Seeres­ten, wo diesen Gebieten allseitige Unterstübung, heiten der Währungen in der ausgaben( nach dem offiziellen Budget) manchmal auch aus politischen Grün- Welt regulieren müsse. Malypeir erklärte, jährlich 86 Kronen, in Belgien 203, in Deutsch den, gewährt worden sei. Diese Gegenden seien, so daß er den Nationaldemokraten sogar die Absen 3 land 143, in Oesterreich 124, in Rumänien und weit der Staat darauf Einfluß hatte. sehr erheblich von der Abstim mu na( 1) angetragen habe, um ungarn je 111, nur Jugoslawien hat eine ge­mit allen Mitteln ausgestattet worden, die die Pro- ihnen das Verbleiben in der Regierung zu ermög- ringere Kopfquote, nämlich 70. duktion und ihre Prosperität förderten und ermöglichen. Wenn Hodač von der ausgleichenden Gerech­lich beträchtliches Hindernis, lichten. Das jei jept in gewisser Hinsicht ein zie m- tigkeit" spricht, die die Nationaldemokratie gewiffer- auch die Kredite für militärische Bauten und den um auf maßen in der Regierung repräsentiert habe, so sei Rüstungsfonds hinzurechnet, se sind es bei uns im­dem Wege anderen Schaffens, durch öffentliche in der Koalition gegen einseitig gerichtete Tendenzen mer erst 107 Kronen. Die Armee brauche 11.000 Arbeiten und Investitionen, dort tatsächlich wirksam auch icht genügend Gegengewicht vorhan- längerdienende Unteroffiziere, habe derzeit aber einzugreifen. Diese Gebiete hätten infolge ihres In den und es sei nicht ärger als früher, da die Natio- nur 9640. In der letzten Zeit wurden auch 1500 duſtriecharakters und des seinerzeitigen Bedarfes nach naldemokraten noch in der Regierung waren. einem dichten Kommunikationsnes sowie auch infolge hätten ruhig drinnen bleiben können: auch nach der bestimmte Zeit als Instrutioren in den Aktivdienst Sie Unterleutnants und Leutnants der Reserve für eine der größeren sozialen Einrichtungen in den Städten, Richtung irgendwelcher Klasseninteressen habe sich Bezirken etc. jest schon teinen so großen feither nichts verschlechtert. Es sei schon das In der Debatte sprach von unserer Fraktion Bedarfan öffentlichen Invest i zweitemal, wo die Nationaldemokratie in außer= tionsarbeiten, d. 5. relativ nicht so viel wie gewöhnlichen Zeiten das Steuer verlassen habe.*) Genosse Müller, dessen Rede wir aus Raum­andere Gegenden, die in der erwähnten Richtung Ziemlich deutlich drückt der Ministerpräsident dann mangel erst morgen im Auszug nachtragen früher reichlich vernachlässigt worden seien. weiter seine Mißbilligung über die Zusammenarbeit können.

Trok alldem, erklärte Malypetr jedoch weiter, wird die Staatsverwaltung darnach trachten, ge­rade in diesen Gebieten noch ein Betätigungsfeld in der Richtung zu finden, daß in kürzester Frist mit größter Beschleunigung wenigstens solche Arbeiten durchgeführt werden, die vielleicht nicht so unmittel­bar dringend find, aber die man in einer gewissen Zeit doch ohnedies durchführen müßte.

In längeren Ausführungen legte Malypetr

aufgenommen.

Wenn man

Monarchie nicht aktuell

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aber eine absolut innere österreichische Angelegenheit" Wien . Die anglo amerikanische Presse- 1 Beziehungen zu Deutschland

dann auseinander, daß von der Arbeit der Kom- vereinigung gab am Dienstag zu Ehren des Bun befragt. Hiezu sagte er u. a.: mission zur Dekonomisierung der Staatsverwaltung deskanzlers Dr. Schuschnigg ein Frühstück. noch nicht viel zu sehen sein könne. Jezt geht ange-| nichts der großen Arbeitslosigkeit unter der jungen| Auf die von einem Journalisten aufgewor Intelligenz das Bestreben wieder dahin, möglichst fene Frage nach der Staatsform Dester­biele dieser jungen Leute im Staatsdienst unter- reichs im Zusammenhange mit den Gerüchten über zubringen; das werde aber nie in dem gewünschten die Wiedereinführung der Monarchie antwor Art Aspirantenverhältnis, das jahrelange unentgelt­Maze möglich sein. Auch vor dem Krieg gab es eine tete Dr. Schuschnigg, daß die Frage der Staats­

liche Dienstleistung voraussette. Ohne unser Aspiran-| tergesetz würden noch weit weniger junge Leute in ein Dienstverhältnis gelangen.

Die vorgebrachten Beschwerden über die großen sozialen Lasten, bziv. von der anderen Seite darüber, daß die Unternehmer feinen Beitrag zur Arbeits­losenfürsorge leisten und daß das Gesetz über die Stabilisierungsbilanzen novelliert werden müffe, find bereits Gegenstand von Erwägungen zum Zwvede der Anbahnung einer größeren gegenseitigen Gerech

form

feine Aktualität besize:

Es ist klar, daß wir in Desterreich in un­serer ernsten Lage uns nur mit entscheidenden Dingen zu beschäftigen haben und die Stants­form daher keine wie immer geartete Rolle spielt. Selbstverständlich aber ist jede, mit den verfas­sungsmäßigen Einrichtungen des Staates zusam­menhängende Frage eine absolut innere öster­reichische Angelegenheit. Sie muß es bleiben, weil wir sonst auf ein Stück Souveränität verzichten müßten, was uns nicht im Sinne liegt.

Wir find an der Entfremdung nicht schuld und können daher auch zur Entspannung etwas Wesentliches aus eigenem nicht beitragen. Selbst­verständlich sind wir bereit, alles zu vermeiden, was die Spannung fördern könnte. Desterreich hat nur ein Interesse, nämlich die Förderung der wirtschaftlichen Beziehungen mit allen Nachbarn."

Papen wieder Vizekanzler?

Taftit, nicht aber ihr Ziel geändert. Das Schlacht­Aber die Halbsieger vom 6. Feber haben ihre feld wurde einstweilen von der Straße in das Re­gierungsgebäude verlegt. Die Deputiertenkammer tarismus in der von der Regierung abhängigen wurde systematisch ausgeschaltet, der Parlamen­und zum großen Teil forrupten Informations­nen entseelt und lahmgelegt. Der Retter der Re­presse" diskreditiert, die demokratischen Institutio­publik", der alte Republikaner Doumergue, wurde zum Werkzeug dieser Unterwühlungsarbeit verwandelt, deren Ziel offenbar in der Aushöh lung der demokratischen Republik und in Errich­tung einer persönlichen Diktatur einer Art von halt des klassischen Bonapartismus. Durch Dou­Neubonapartismus, wenn auch ohne der monar chistischen Form und den sozial- demagogischen In­tion" über die Köpfe der Volksvertreter wurde der mergues Rundfunkreden an die französische Na­Mittelfranzose in die Gewohnheiten des persön= lichen Regiments eintrainiert. Die letzte Rund­funkrede Doumergues, die an unverantwortlicher Demagogie und an persönlicher Anmaßung alles überbot und das Maß der Geduld der Radikalen übervoll gemacht hat, legt ein beredtes Zeugnis davon ab.

Die Sozialisten haben als die ersten Marm geschlagen. Manchem fleinbürgerlichen Radikalen, dem das gutmütige Lächeln des Retters" als Zei­chen seiner politischen Harmlosigkeit zur Beruhi gung genügte, schienen die sozialistischen Warnun gen und Alarmrufe als Uebertreibung. Nachdem ausschüttelte, die er in der Stille mit seinen so­aber Doumergue sein Programm der Reformen" gearbeitet hatte, kam die Gefahr für den Bestand zial und politisch reaktionären Beratern" aus der Demokratie blißartig zum Vorschein.

des haben sich die Radikalen besonnen. Zivar ging Nun kam die Krise. Am Rande des Abgrun­Herriot, der den Parteitag der Radikal- Sozia­listen in Nantes nur mit Mühe für die Fortsetzung der fruchtlosen und gefährlichen Burgfriedens­Paris.( Tsch. P.-B.) Der Berliner Korre- politik mit den Feinden der Demokratic gewinnen spondent des Echo de Paris" verzeichnet Ge- tonnte, bis zur Grenzlinie der Selbstentsagung rüchte, denen zufolge Hitler die Absicht habe, Pa- und des Kompromisses, indem er sogar die Ent­pen zu seinem Stellvertreter zu ernennen. Diese rechtung der Staatsbeamten und Angestellten in Ernennung würde die Reichswehr zufriedenstellen, Stauf nahm, aber gerade die Nachgiebigkeit der die Schwierigkeiten mit den Finanziers und Indu- Radikalen hat Doumergue zur herausfordernden striellen beseitigen und den Weg zu einer Annähe Unnachgiebigkeit gelockt. In der Frage der" Drei­rung mit dem Hl. Stuhl bahnen. Die Mission zwölftel" des Budgets kam es zum offenen Bruch. Auf die Frage, ob es wahr sei, daß Oester- Papens in Wien habe unerwartet günstige Ergeb- Doumergue machte kein Geheimnis daraus, daß er dessen bewußt, daß sie kein Zauberstab sei und nicht reich schon zu Weihnachten die Monniffe gezeitigt. Die eventuelle Rückkehr Papens zur diese kleine Reform" brauche, um das Budget­die gejamie strife begeben könne. Ohne sie wäre aber archie haben werde, fagte der Bundeskanzler: Macht wäre aber weder für Goering noch recht des Parlaments, die Gewähr feiner realen Content noch mehr berdrängt worden. Malypetr ist der Ansicht, daß sich Ich glaube aber nicht, daß Sie so viel Geduld aufnehmbar. Der Korrespondent fügt weiter, autoritäre" Regierung von der Kammer und vom die Statistik( der Krankenkassen) über die Zahl der bringen werden, das abzuwarten."

tigkeit.

Malypeir stellt nochmals fest, daß die Deval­vation unsere Konkurrenzfähigkeit erhöht und nie manden fühlbar belastet habe; wir waren uns aber

Beschäftigten mit dem wirklichen Aufstieg der Beschäf

tigung nicht ganz deckt, da die Neuanmeldun

en zur Sozialversicherung verspätet erfolgen.

hinzu, daß auch zwischen Goering und Goebbels Senat praktisch unabhängig zu machen. Dr. Schuschnigg wurde dann über den bereits seit längerer Zeit ein offenes Zerwürfnis Die Minister der Radikalen unter dem Druc besteht. und im Einverständnis mit ihrer parlamentari

Stand der