Sosialdemokrat

ZENTRALORGAN

DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK

ERSCHEINT MIT AUSNAHME DES MONTAG TÄGLICH FRUH. REDAKTION UND VERWALTUNG PRAG XII., FOCHOVA 62. TELEFON 53077. ADMINISTRATION TELEFON 53076. HERAUSGEBER: SIEGFRIED TAUB. CHEFREDAKTEUR : WILHELM NIESSNER. VERANTWORTLICHER REDAKTEUR: DR. EMIL STRAUSS, PRAG .

14. Jahrgang

201

Samstag, 17. November 1934

Verdoppelt die 90.000!

Genossinnen und Genossen!

Der 4. November hat Euch in Aktion gesehen. Er hat Eure Schlag­fraft, Eure Opferbereitschaft, Eure Entschlossenheit gezeigt. Er hat uns alle mit Stolz, Selbstbewußtsein und neuem Mut erfüllt Aber er hat auch in uns allen den felsenfesten Entschluß gezeitigt, bei dem Erreichten nicht stehen zu bleiben, den Sieg auszubauen, den Vorstoß weiterzu­tragen. Die Parole nach dem 4. November kann nur lauten: Vorwärts!

dergroßen sozialistischen Idee zu machen, das ist jeßt unsere nächste und bedeutsamste Aufgabe. Der Fascismus rüstet. Auch wir rufen Euch auf, mitzuhelfen an der

sozialistischen Aufrüstung

Die Arbeiterklasse kann den Kampf gegen den Fascismus nur dann erfolgreich führen, wenn ihr eine mächtige, gutgerüstete, schlagkräftige

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Einzelpreis 70 Heller

( einschließlich 5 Heller Porto)

Nr. 270

Demokratie, die sie meinen

Der Hacker- Henlein- Fascismus entpuppt sich

Nach einem vollen Jahre Bestand der SHF wurde endlich ihrem Gefolge und der Oeffentlich­teit geoffenbart, was sie sein will, welchen Zielen sie zustrebe und mit welchen Mitteln. Andere Par­teien seßen dies an den Beginn ihrer Tätigkeit- Henlein wartete ein ganzes Jahr, ehe er sein Programm", das die großartig neuen Wege zur Errettung des Sudetendeutschtums bekannt geben sollte, enthüllte. Unter tunlichst großer Auf­machung trug der Retter seine Botschaft vor, deren Dürftigkeit von den zum größten Teile aus den aufgelösten nationalistischen Parteien rekrutierten Zuhörern nur deshalb nicht durchschaut wurde, weil sie hinter den kriecherischen, von Loyalität triefenden Auslassungen etwas ganz anderes her­aushörte. Von einem wirklichen Programm war

Wir haben am 4. November gesehen, daß wir dem fückischen Feind auseigenen Kräften die Stirne zu bietenvermögen. Bir werden in keinem Augenblick des Kampfes mehr bedeuten, als wir aus eigener Kraft darstellen, um nichts mehr erringen, als wir uns selbst Partei zur Verfügung steht. Denn in dem Stampf gegen den Fascismus da keine Spur, daß das sudetendeutsche Problem

erkämpfen. Wir haben in diesem Entscheidungskampf zwischen Freiheit und Sklaverei, sozialistischer Planwirtschaft oder fascistischer Unternehmer­diftatur, zwischen Frieden und Krieg,

nur eine Waffe: die Partei

Sie zu stärken, ihr alles zu geben, was wir bereit sind für uns und unsere Kinder einzusehen, sie zum sieghaften Instrument

bedarf es des zielbewußten Einsaßes aller Kräfte.

Jede Zersplitterung, jede Lauheit, können uns unendlich schaden, dem Gegner zu raschem und leichtem Erfolg helfen. Nur die starke und einige Partei sichert uns die Vorteile im Entscheidungskampf.

Wir wollen werben! Der Dezember ist Werbemonat!

Jeder der 90.000, die am 4. November marschiert sind, ist auf= gerufen, den sozialistischen Gedanken weiterzutragen uns neue Kämpfer zu­zuführen, alles daranzusetzen, daß unser nächster Aufmarsch es allen Fein­den der Demokratie und des Sozialismus beweise, daß wir wachsen, daß man uns nicht beugt, daß mit uns dasarbeitende Voltaller Berufe ist. Berdoppeln wir unser Aufgebot!

Der Fascismus bereitet den Wahlkampf für 1935 vor. Er wird ihn mit allen Mitteln führen. Sturzfluten von Lügen und Ver­lenmdungen rollen gegen uns an. Kein Mittel wird dem Gegner zu schlecht sein, kein Aufwand zu hoch, um seinem Ziel, der Ver­nichtung des Margismus, der Entrechtung des arbeitenden Vol­kes, der Aufrichtung der fascistischen Diktatur, näherzukommen. Gegen diesen Generalangriff der Reaktion sammeln wir alle Kräfte der wahren Nation, die arbeitenden Menschen in Stadt und Land, in den Kaders der sozialdemokratischen Arbeiterpartei.

Dem Gegner stehen gewaltige materielle Reserven zur Verfü­gung. Hat doch noch jede arbeiterfeindliche Bewegung aus den Tresors und Kassen der kapitalistischen Unternehmer schöpfen können. Diese Gelder werden sich in den nächsten Monaten verwandeln in

Zeitungen, Flugblätter, Broschüren, in die tausendfach sich öffnenden Schleußen der Agitation durch Wort und Schrift und Bild und Tat.

Was jetzt der Arbeiter der Finanzmacht des Kapitals entgegen? Einer ist schwach

Viele sind stark

vor allem ein soziales Problem ist, darüber wußte der Messias nicht ein Wort zu sagen und man kann sich vorstellen, daß soziale Forderungen, welche die deutschen Fabrikanien verstimmen könn ten, in das Programm dieser Voltsbewegung" schlecht hineinpassen würden.

Hat Henlein darüber, was die deutsche " Volksgemeinschaft" für den deutschen Arbeiter zu tun gedenke und welche Rolle ihm in dieser Volksgemeinschaft" zugedacht ist, tiefstes Schwei­gen bewahrt, so hat Herr Gustav Hacker schon mehr darüber verraten. Hacker ist Parteivorsißen­der- Stellvertreter des Bundes der Landwirte, mehr noch als dieses ist er der Exponent der SHF im Bund der Landwirte, den er mit ihrem Geiste zu erfüllen sucht, um ihn schließlich, den er schon jetzt als deren bloßes Anhängsel betrachtet, in ihr völlig aufgehen zu lassen. Ist das eine Angelegen= heit der Landständler, so geht es die Deffentlichkeit und insbesondere die deutschen Arbeiter schon etwas an, wie Hacker , der Henleinmann, die Demokratie versteht. Auf der sonn­Brür,

Alle sind unüberwindlich! tägigen landſtändischen Stundgebung in

sich im Namen des Bundes der Landwirte Vereinigen wir uns in der Partei! Stärken wir die Partei! Schul- den mit Henlein und seiner SH als ein Herz ob berechtigt oder nicht, mag dieser entschei­ter an Schulter, wie ein Mann wollen wir stehen, einer für alle, alle für und eine Seele erklärte, wurde nach seiner Rede einen. Schaffen wir der Partei die Mittel, dem Ansturm der Gegner mit eine Entschließung angenommen, in der neben der gleichwertigen Waffen entgegenzutreten! Jede Krone, jeder Beitrag, jede vollständigen Aufhebung des Leistung des Einzelnen vervielfacht sich, wenn 3 ehntausende zu sammenstehen.

Darum: mit voller Kraft

zur Werbeaktion!

Der 4. November war ein Anfang- größere Taten müſ­ſen folgen. Tragt den Gedanken der Organisation, der Einheit und Straft unter die Zaudernden, Unentschlossenen, Abseitsstehenden! Verkündet ihnen wieder das alte ewig wahre Dichterwort:" Partei, Partei, wer wollte sie nicht nehmen, die noch die Muter aller Siege war!" Gegen Henleins Parole seßt unseren Kampfruf:

Alles Volk in die Partei des Sozialismus!

Durch die Partei des Sozialismus zur freien Volksgemeinschaft!

Die Bilanz des Werbemonats muss des 4. November würdig sein

Der ist ein schlechter Kämpfer, der seiner Idee keinen zweiten gewinnen kann!

Der Parteivorstand der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republik

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Mieterschues eine Reform des Wahlrech­tes für die Gemeindevertretungen in dem Sinne gefordert wird, daß das Wahlrecht fünf­tighinnur Steuerträgern zu stehen dürfe. Das bedeutet, daß wenn es nach dem Wunsche des Henlein - Gesandten im Bunde der Landwirte gehen würde, alle Arbeiter und Angestellten, sofern sie nicht eine direkte Steuer entrichten, von der Mitbestimmung in den Ge­meindeverwaltungen ausgeschlossen sein sollen. eine einzige, welche jemals den Raub der politi­Unter den tschechischen Parteien gibt es nicht schen Rechte gegenüber einem Teile des Volkes verlangt hätte. Das ist den Deutschbürgerlichen, genauer gesprochen: den mit Henlein marschieren­den deutschen Elementen vorbehalten geblieben. Keine einzige der tschechischen Parteien war bis­her trotz aller politischen Gegensäße so eifrig be­müht, durch borniertesten Arbeiterhaß eine so ab= grundtiefe Kluft zwischen den Klassen ihres Vol­fes aufzureißen, wie es bei den von Volksgemein­schaft" faselnden Deutschbürgerlichen vielfach selbstverständliche Gepflogenheit war und ist. Im Innersten seiner Seele war der Großteil dieses deutschen Bürgertums immer stockreaktionär; gegen jede soziale Reform, gegen jede politische Freiheitsidee, die geeignet schien, den deutschen Ar­beiter zu einem gleichberechtigten Volksgenossen zu machen, hat er nur den hartnäckigsten Wider­stand übrig gehabt. Die Vorstellung, die von der Voltsgemeinschaft" auch heute besteht, da Hen­ lein die Erneuerung" des Sudetendeutschtums betreibt, ist die altgewohnte: der deutsche Arbeiter hat auf den Klassenkampf Verzicht zu leisten, da­für hat er sich bescheiden in die Ecke zu stellen, um zu warten, welche Brosamen für ihn abfallen. Zu reden und zu befehlen haben nur die, die etwas haben.

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Man lese nur die prozige, herausfordernde Begründung, welche unter Herrn Hackers Führung der Brüger landständischen Entschließung vom Sonntag gegeben wurde. Den Arbeitern müsse