Nr. 270 Samstag, 17. November 1934 Geile b Die Pariser   Flng-An«steLnng Pari-. Der Präsident der Republik   Lebrun und Lustfahrtminister General D en a i n eröff­neten gestern die internationale Flug-Ausstellung, die Heuer einen großen Uebevblick über die Ent­wicklung des Flugwesens in den letzten 28 Jah­ren bietet. Außer Frankreich   beteiligten sich an der Ausstellung die Tschechoslowakei  , Großbritannien  » Deutschland  , die Vereinigten Staaten, Italien  , Polen   und Sowjetrußland. Die Tschechoslowakei  , Italien   und England stellen hauptsächlich Jagdflugzeuge aus, Rußland   den Stratosphärenballon, auf dem Pro- kopiew den Stratosphärenflug unternommen hat, und das Flugzeug der Retter der Besatzung des Tscheljuskin". Deutschland   schickte die letzten Mo­delle der V e irk e h r s f l u g z e u g e, die auf der Strecke Stuttgart  Sevilla   eine Stundenge­schwindigkeit von 320 Kilometern erreicht haben, und Junkers'sche Handelsflugzeuge neuesten Typs. Bon den tschechoflowakischen Werken stellt die Fabrik Letov ein Jagdflugzeug und Muster von Metallpropellern aus. Die Fabriken Skoda  «Avia stellen den letzten Typ der Jagdflugzeuge und ein Verkehrsflugzeug aus, das für die künftige Flug- berbiwdung Prag   Lyon   Marseille   bestimmt ist. Die Fabrik Walter führt verschiedene Motore, besonders für zur Akrobatie bestimmte Flugzeuge vor. Diese Hausgehilfin fUr die unangenehmste Arbeit DIE PUTZFRAU IN DER DOSEI Da* läßt man»ich gefallen! Denn Putzfrau VIM ist stet» von neuem bereit, Holz, Email, Gia»... Bestecke, Töpfe, Tassen.., Ka­cheln, Badewannen von jedem, auch dem größten Schmutz im Handumdrehen zu be­freien. VIM löst den Schmutz, und darum gibt es keine Schrammen! Deshalb stellen ihr alle Hausfrauen das beste Zeugnis aus. Und Sie-» Sie quälen sich noch immer* lassen Sie sich helfen von Putzfrau VIM das ist bequem und billiger. Denn alles putzt sie schnell und schonend. Folterknechte auf der Anklagebank Warum schweigt Goebbels  ? Cine Pazifik.Luftfahrtgesellschaft Tokio.(DNB.) Gewisse japanisch-mandschu­rische.Kreise beabsichtigen die Grünüdung einer Pazifik  -Luftfahrtgesellschaft mit einem Stamm­kapitel von 20 Millionen Den. Zweck dieser Ge­sellschaft soll sein, einen Zeppelinluftverkehr zwi­schen der Westküste Amerikas   und Japans  über den Stillen Ozean zu eröffnen. Zahlreiche chinesische   Kostbarkeiten im Werte von 50MiIlionen Dollars, die aus dem Museum des Peipinger Kaiserpalastes stammen, steckten und auf ihn zu schießen begannen. Petrasko barkeiten nach Shanghai   verschwunden sein. Diese Uebersiedlung wurde im Augenblick des Bormarsches der japanischen Truppenabteilungen «egen die ehemalige chinesische   Hauptstadt zu An, fang des Jahres 1933 angeordnet. Nunmehr fahndet die Polizei nach dem Direktor dieses Mu­seums und seinem Sekretär. Eine mexikanische Revolte. Im mexikanischen Staate MoreloS revoltierten 260 Aufständische «egen die Regierung und leisteten einige Wochen hindurch den Regierungstruppen Widerstand. Sie haben sich nunmehr, nachdem ihre Munitionsbor­räte erschöpft waren, ergeben. Vierlinge werden studiert. Di« Frau de» Eisen, bahnangestellten Malianew in der kaukasischen Ge­meinde Naltschik   gebar Vierlinge, zwei Knaben und zwei Mädchen. Das sowjetrussische Institut für Mutter- und Säuglingsschutz in Moskau   entsandte nach Naltschik   einen Fachmann für Kinderpshchologie, die Entwicklung der Vierling« zu verfolgen. Zwanzig SA-Männer verletzt. Der Motorrad­fahrer Hans Bartsch aus Danzig  -Stadt fuhr Donnerstag in einen marschierenden SA-Sturm hinein. 20 SA-Diänner wurden umgerissen, vier davon wurden mit erheblichen Verletzungen ins Krankenhaus eingeliefert. Der Motorradfahrer wurde verhaftet. Der SA-Sturm war, wie behörd­licherseits festgestellt worden ist, vorschriftsmäßig mit Schluß- und Seitenlichtern ausgerüstet gewesen. Der Motorfahrer war betrunken. Barbarischer Vater. Im Dorfe Göraniea er­hängte der mohammedanisch« Bauer Mehemtd Mn- stafie seine Tochter an einem Balken, nachdem er ihr Hände und Füße gefesselt und den Mund zugestopst hatte. Er hatte erfahren, daß das Mädchen, das in der nächsten Woche heiraten sollte, sich in gesegneten Umständen befand, und erklärte, daß diese Schande, die über sein Haus gebracht worden sei, nur mit Blut abgewaschen werden könne. Als das Mädchen tot war, stellte er sich der Polizei. Abseits von aller Tagespolitik haben die freiheitlichen und sozialistischen Menschen die heilige Pflicht, unermüdlich ihre Stimme zu erheben für die Opfer des braunen Terrors. Hier geben wir der gerade durch ihre Leiden­schaftslosigkeit erschütternden Anklage eines jungen deutschen   Sozialisten das Wort, der di« Schrecken des Berliner   Columbia-Hguses am eigenen Körper auskostete. Die Red. Seit Wochen gehen Besprechungen des im Karlsbader Graphia-Verlages erschienenen Kon- zentartionSlager-Buches durch die Weltpresse. Aber das sonst so redselige Berliner   Propaganda- Ministerium schweigt. Der neudeutsche Rundfunk schweigt dazu. Die vielen freiwilligen auslän­dischen Propagandisten des Dritten Reiches  schweigen zu den erhobenen Anklagen. Warum schweigen sie? Sie schweigen, weil es hier kein Widerlegen gibt! Aber warum schweigen sie noch? Sie schweigen» weil aus diesem Buche über die Konzentrationslager wieder einmal klar her- vorgsht, daß dieser Terror-»Sozialismus" sich in erster Linie gegen all die Menschen richtet, die ge­schichtlich als Schöpfer und Träger des Begriffes und der Bewegung des Sozialismus anzusprechen sind. Also der Terror richtet sich in erster Linie gegen den Arbeiter. Warum Haffen sie den Arbeiter? Sie Haffen ihn, weil hier eine neue Kraft, ein neues Prinzip emporsteigt, verkörpert' durch das Proletariat, das aus tierischer Dumpfheit kommend, immer geschichtsbewußter wurde, und aus sich heraus seine eigenen Anwälte, Schrift­steller, Künstler, Funktionäre, Theoretiker usw. schuf. Der Nationalsozialismus ist und bleibt im wesentlichen eine Bewegung der Mittelschichten unter Führung von Intellektuellen, Akademikern und sonstigen Angehörigen freier Berufe, die im Rahmen des Kapitalismus nicht mehr aufsteigen können, andererseits aber fühlen oder gar erlebt haben, daß die Arbeiterklasse zu solchen Daseins­formen vorgeschritten ist, daß sie der Führung durch diese Schichten nicht mehr bedarf. Der AuS- rottungSfeldzug gegen die Führungsschichten der deutschen Arbeiterbewegung bis hinab zum Be­triebsvertrauensmann und zum lokalen Reichs- bannerfunktionäx ist ein Stück bürgerlichen Kon- kurrenzkanspfes. Die Nationalsozialisten sahen in ihnen Ausübende solcher Funktionen, die ihrer Meinung nach ihnen Vorbehalten bleiben müssen. Sie haben die Hochschulen bevölkert, sie haben studiert und sich mit»geistigen Dingen" beschäf­tigt, sie fühlen sich in ihrem Stand bedroht und schreien darum nach dem Ständestaat, der den indischen Kasten gleichend, das Bestehende konser­vieren und ihre alte gesellschaftliche Funktion er­halten soll. Also der Unternehmer soll etpig Un­ternehmer bleiben, der Arbeiter in dex bisherigen Weise Arbeiter, der Intellektuelle Intellektueller. Der Arbeiter soll nicht mehr, nicht teiftr und selbständiger werden. Aus diesem Grunde haben gerade die»Geistigen" im Lager des National­sozialismus, vor allem die Angehörigen der SS, der zuverläffigen Terrorgruppe der Gestapo  , einen Haß auf den modernen und unabhängigen Arbei­ter. Zu einem Arbeiterstudenten sagte ein»rich­tiger" Student der SS in einer Gestapo  -Folter­kammer:»Die Herren Arbeiter müs­sen immer hoch raus, genügt euch eure Bude nicht mehr, was? In diesem aus dem Proletariat aufsteigenden Arbei­ter, der das Bildungsmonopol durchbrechend, sich die Pforten der Universität erzwingt, in diesem denkenden Arbeiter sehen die Privileg-Studenten, die Söhne des Mittelstandes und des Kleinbürger­tums, oft einen Feind, eine Konkurrenz. Nicht nur, daß die Arbeiter in ihren eigenen Organisationen mehr und mehr zum Prinzip der Eigeninitiative überzugehen gezwungen sind, weil die Notwendigkeit des Kampfes dies erfordert, haben sie nach dem Kriege auch öffentliche Aemter bekleidet, sind sie eingedrungen in die Kommunen, in die öffentliche Wirtschaft, selbst in den Staat. Darüber ist viel Kritisches zu sagen, aber alles, aber auch alles unter einem total anderen Gesichts­punkt als die Gegner als Feinde unseres Auf­stieges es tun. Horst Weffel ist ein ganz typischer Fall eines aus der Bahn geworfenen Kleinbür­gersohnes, und gerade weil er typisch ist, konnte er zum Nationalheld emporsteigen. Was vom Intellektuellen zu sagen ist, trifft in ähnlicher Weise auf andere Gruppen des Mittelstandes zu. Sie alle wagen es nicht, den Blick nach vorn zu richten, weil die Entwicklung ihr Leben immer unsicherer und problematischer macht. Go ver­fallen sie der Mystik, jener des Führers ebenso wie der der Raffe. Dem Wesen dieser Bevöl­kerungsschichten entspricht das fasristische Führer­prinzip! Sie wollen selbst nicht kämpfen, haben auch keine gesellschaftliche Macht einzusetzen, weil ihre Not ja gerade darin besteht, daß der Kapi­talismus sie mehr und mehr überflüffig macht und sich um das Schicksal der Entwurzelten und Bedrohten ebensowenig kümmert wie um den Arbefter, wenn er nicht mehr gebraucht wird. So sind gerade diese Menschen ohne Glauben an ihre Zukunft und an sich selbst. Ihr Selbstbewußtsein ist geschwächt und sie täuschen sich durch Mißhand­lung anderer Macht und Bedeutung vor. Ihr Führerbewußtsein ist der Ausdruck eines mangel­haften Selbstbewußtseins, die riesige uniformierte SA der Ausdruck der Tatsache, daß diese Maffe nicht anders als in militärischer Weise kämpfen kann. Alles Unglück sehen sie aus dem bösen Willen einiger Menschen erwachsen, alles Glück aus dem guten Willen von deren Gegner. So verbrennen sie die wissenschaftlichen Büchtr, so vernichten sie die sozialistischen   Zeitungen, so töten sie die Träger sozialistischer Ideen, weil sie glauben, durch all dies verbrennen, vernichten, täten sie auch die lebendige Bewegung, während sie diese dadurch nur aufhaltrn und ihre Radikalität ver­tiefen. Der verelendete SA-Mann, der nicht unmit­telbar den kleinbürgerlichen Gesellschaftsschichten Ei» Muster-Luftschutzkeller In Paris  Die Maßnahmen nicht allein für aktiven, sondern auch für passiven Luftschutz werden in Frankreich   mit großem Eifer fortgesetzt. Dieses Bild zeigt einen Muster-Luftschutzkeller in Paris  , der für 80 Personen berechnet ist. Er ist mit allen neuesten Schutzvorrichtungen ver- jcheu, M.«. auch einer Luftfiltrieranlage und einer besonderen Trinkwasserversorgung. angehört, hat gegenüber dem modernen Arbeiter darum ein Gefühl der Minderwertigkeit, weil ihm in dessen Anwesenheit seine niedrige Rolle zeit­weilig zum Bewußtsein kommt. In ländlichen Bezirken, besonders wo In­dustrie- und Ländmcheiterschaft und Bauern stark gemischt sind, ist der Haß des Bauern auf den Städter eine wichtige Ursache des Terrorismus. Immer aber handelt es sich um soziale Ursache», um die Austragung sozialer Differenzen, auch dann, wenn den Terroristen dies nicht zum Be­wußtsein kommt. Ganz allgemein kann die Behauptung auf­gestellt werden, daß der deutsche Terrorismus darin seine Ursache hat, daß die Gestalt des Arbei­ters immer selbstbewußter wird. Biel   zu oft wird der Terrorismus nur aus den wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Unternehmer erklärt. Das ist ganz gewiß eine wichtige Ursache, für Deutschland   aber nicht die entscheidende. Biel   wich­tiger ist hier die Krise des Mittelstandes und vor allem der Studenten und Intellektuellen. Unfähig, die Gesetze des Kapitalismus zu erfassen, weil ihnen die eigentliche Produktion durchwegs fremd ist, suchen sie den Ursprung ihres Elends überall, nur nicht dort, wo er zu fin­den ist. Hier wäre auf das Problem des Juden­tums hinzuweisen, in dem bestimmte Schichten die Quelle allen Uebels sehen. Infolgedessen sind die Juden neben den Arbeitern die am meisten Gefolterten. Auf Grund der Tatsache, daß Juden Jahrhunderte hindurch ihre Berufe vorgeschrieben wurden, sind sie sehr einseitig in Mittelstands­berufe, in den Handel und die freien Berufe hin­eingedrängt, wo sie so lange relativ ungestört leben und arbeiten konnten, wie durch die Blüte des Kapitalismus für alle Brot und Raum vor­handen war. Dann aber entbrannte der Kampf, der sich gegen den jüdischen Konkurrenten als einer Minderheit ebenso richtete, wie gegen den Arbeiter als einer aufsteigenden Mehrheit. Hier­her rührt zum großen Teil das Schlagwort vom jüdischen Marxismus  . Der deutsche Terrorismus ist also der Aus­druck gesellschaftlicher Veränderungen und Um­schichtungen. Daß er keine Nationaleigenschaft ist, geht schon daraus hervor, daß er sich gegen gut die Hälfte der Bevölkerung richtet, also der größte Teil demnach nicht zur deutschen Nation gehören würde. Nicht der deutsche Nationalcharakter er­klärt den deutschen Terrorismus dieser Natio­nalcharakter muß selbst erklärt werden nicht der preußische Militarismus manifestiert hier sein Wesen(der offizielle Militarismus und die Poli­zei waren umgekehrt sogar die Hoffnung der Ge­folterten, die froh waren, wenn sie den Klauen der SA entkamen und in die Hände der gewöhn­lichen Polizei kamen), sondern soziale Ursachen bedingten den deutschen   Terrorismus. .Er ist Mittel und Methode einer Schicht, die im umgekehrten Verhältnis zum Fortschreiten der Geschichte steht. Die Arbeiterschaft hat im großen und ganzen diese Mittel nicht nur nicht nötig, son­dern würde sich durch sie nicht minder demokra- lisieren als die nationalsozialistische Terrorgruppe, die, wie jede Terrorgruppe, eine Gefahr für ihren Schöpfer werden muß. Volkswirtschaft und Sozialpolitik Unhaltbare Zustände in der Glas­industrie des Jsergebirges In den letzten Zeiten haben sich in der Glas­industrie des Jsergebirges für die Arbeiter furcht­bare Verhältnisse eingenistet. Durch die Wirt­schaftskrise'wurden dieLöhneinfa st allen BranchenvonWochezüWocheherab- gesetzt, wobei den Erzeugern und Unternehmern zustatten kam, daß mit wenigen Ausnahmen keine Verträge mehr in Gültigkeit waren. Die Not der Arbeiterschaft wurde rücksichtslos ausgenützt. Ein Stundenlohn von 1 HL ist in verschie­denen Branchen keine Seltenheit. Biele Arbeiter werden bei der Krankenverfiche- rungsanstalt gar nicht angemeldet. Die Gewerkschaften waren bemüht, wieder geordnete Verhältnisse herbeizuführen. So war es in der Flakonbranche in den letzten Mona­ten möglich, nach langen und harten Auseinander­setzungen eine Lohngrundlage in der Form zu finden, daß für einen Durchschnittsarbeiter ein Stundenlohn von liL 3.20 festgelegt wurde. In Deffendorf wurde eine Einigung getroffen, wonach ein« Lohnkommission in strittigen Fällen die Preise festzulegen hat. Ein vollständiger Vertrag schei­tert« leider an der Einstellung des Industriellen­verbandes. Der GlaSarbeiterverband wird sich aber mit aller Kraft dafür einsetzen, um entspre­chende Vertragsverhältnisse zu schaffen. In der Kristallglüsbranche, wo die Verhält­nisse noch schlechter sind als in der Flakonerie, wurde den Unternehmern die Forderung nach Ein­leitung von Verhandlungen unterbrestet. In einer stark besuchten Versammlung hat die Arbei­terschaft die Gewerkschaft beauftragt,. die dies­bezüglichen Schritte einzuleiten. Die Verhandlungen zwecks Schaffung einer Lohnliste für die Knopfglasbranche scheiterten aus dem Grunde, weil die Vertreter der Genossenschaf­ten den Abschluß von der Gesetzwerdung der Hand­werksmäßigkeit für die einzelnen Branchen der Gablonzer Industrie abhängig machen. Die Vertreter des Glasarbeiterverbandes haben in einer Konferenz zu allen schwebenden Fragen Stellung genommen und werden alle Kraft daran setzen, um den berechtigten Forderun­gen der Arbeiter zum Erfolge zu verhelfen.