Sosialdemokrat
ZENTRALORGAN
DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK
ERSCHEINT MIT AUSNAHME DES MONTAG TÄGLICH FRUH. REDAKTION UND VERWALTUNG PRAG XII., FOCHOVA 62. TELEFON 53077. ADMINISTRATION TELEFON 53076. HERAUSGEBER: SIEGFRIED TAUB . CHEFREDAKTEUR : WILHELM NIESSNER. VERANTWORTLICHER REDAKTEUR: DR. EMIL STRAUSS, PRAG .
14. Jahrgang
Sonntag, 18. November 1934
alb
Einzelpreis 70 Heller
( einschließlich 5 Heller Porto
Nr. 271
Völkerbundrat verschoben Sicherung des
gebungen in Karlsbad , Tevlik- Schönau, komo Dreierausschuß muß erst Saarbericht fertigstellen
tau, Bodenbach , Jägerndorf und Mährisch- Schön berg hatten 90.000 sudetendents her Arbeiter an den Präsidenten Masaryk Begrüßungsdepeschen sesandt, in denen sie ihrer Verehrung für den großen Staatsmann und Demokraten Ausdruck gaben.
Die Kanzlei des Herrn Präsidenten hat das Zentralsekretariat unserer Partei gebeten, den fudetendeutschen Arbeitern für diese Ehrung den Dank Masaryks zu vermitteln.
Badische Landeskirche
sagt sich vom Reichsbischof los
Genf . Das Völkerbundssekretariat teilte Samstag abends mit, daß auf Ersuchen des Vorsitzenden des Dreierausschusses für das Saar - Plebiszit, Baron Alois i, die außerordentliche Sihung des Völkerbundsrates, die am 21. d. M. stattfinden und sich mit dem Saarproblem befaffen sollte,.verschoben wurde. Die römischen Verhandlungen über das Saargebiet sind nämlich noch nicht abgeschloffen und werden noch einige Tage andauern.
Da der Völkerbundsrat das Saarproblem erst in Beratung ziehen kann, bis der Bericht des Barons Aloisi fertig ist, wird das Datum der Tagung des Völkerbundsrates bekanntgegeben werden, sobald der Dreierausschuß in Rom seine Aufgabe erledigt haben wird.
Nach einer späteren Meldung aus Paris wird der Völkerbundrat am Samstag, den 24. d. M., zusammentreten, der Aufschub also nur drei Tage betragen.
Sitler bemüht sich in den letzten Wochea intensiver um seine Verständigung" mit den Westmächten. Der Sondergesandte Ribbentrop ist erneut in Marsch gesetzt worden: in London , Pa ris und Rom soll er der sogenannten Isolierung Deutschlands entgegenarbeiten. In den deutschen amtlichen Mitteilungen wird nur erzählt, daß Ribbentrop Verhandlungen führt, nicht gesagt wird, über was er verhandelt und was die Ergebnisse seiner Bemühungen sind. Auch in der Presse der Länder, mit deren Regierungsmännern der Beauftragte Hitlers verhandelt, ist nicht viel Positives über Gegenstand und Erfolg der Ber Berlin . Die badische evangelische Kirche hat sich von der Reichstirche getrennt. In einem Emigranten ausgearbeitet. Nach diesem Vorschlag handlungen zu erfahren. Einige Aufschlüsse gibt Schreiben an den Reichsbischof Müller teilte der die besondere Funktion Ribbentrops, der als würde das Saargebiet eine Verfassung Sondergesandter des Führers in der AbrüstungsBischof von Baden, Kühlewein, diesen Entschluß bei Status quo erhalten, falls das Plebiszit für den Status quo frage bezeichnet wird. Daraus ergibt sich, daß mit dem Bemerken mit, daß er im Interesse des London.( Havas.) ,, Morning Post" ausfiele. Es würde eine autonome Regierung Ribbentrop vornehmlich über die Anerkennung religiösen Friedens die Autonomie der badischen Kirche unter seiner Leitung meldet: Ein neuer Vorschlag, der die Möglichkeit meter dem Schutze des Völkerbundes eingefeßt der Aufrüstung Deutschlands verhandelt und daß wiederherstelle. Dabei hatte Bischof Kühlewein der Angliederung des Saargebietes an Deutsch - werden. Nach diesem Projekt würde nach Hitler bereit ist, wieder in den Bölkerbund zurüdnoch vor zwei Monaten der feierlichen Inthroni- land sichert, falls die Abstimmung im Saargebiet fünf Jahren eine neue Abst i m- zukehren, wenn seine Aufrüftungswünsche befrie= sation des Reichsbischofs Müller im Berliner für den Status quo ausfällt, ist vorbereitet, um mung stattfinden, die endgültig darüber ent- digt werden. Dom beigewohnt. dem Völkerbund vorgelegt werden zu können. Der scheiden würde, ob das Saargebiet Deutschland Der Austritt der badischen evangelischen Vorschlag wurde von einer Gruppe deutscher angegliedert wird oder nicht. Kirche aus der mühsam geeinten Reichsfirche ist bezeichnend für die Schwäche der Stellung des Reichsbischofs Müller, der nicht imftande ist, seiner Position die allgemeine Anerkennung zu berschaffen.
erwies.
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Paris . Der ständige jugoslawische Dele- 1 wahrscheinlich erst später, und gierte beim Völkerbunde Fotič ist nunmehr nach zwar vielleicht im Jänner 1935, Massenverhaftungen in Spanien einen Unterredungen mit Außenminister 2 a va 1 eingebracht werden. Nur unvorhergesehene Greig aval Barcelona.( Havas.) Die Verhaftungen von und den leitenden Beamten des französischen nisse oder plötzliche Enthüllungen könnten verurBersonen, die der Teilnahme an dem legten Auf- Außenamtes nach Genf zurückgekehrt. Außenmini- fachen, daß das Marseiller Verbrechen schon wähstand verdächtig sind, werden fortgesetzt. Unter ster Laval wird wahrscheinlich Montag abends rend der außerordentlichen Tagung des Völker bundrates behandelt würde. anderen wurden das Mitglied des tatalanischen nach Genf zurückkehren. An amtlichen französischen Stellen wird Man nimmt an, daß der Völkerbundrat die Parlaments Espana und der Abgeordnete der Madrider Cortes Agua de, ehemaliger Bürger- über diese Unterredung absolutes Still Beschwerden der jugoslawischen Regierung wohl meister von Barcelona , verhaftet. Andererseits schweigen mit dem Hinweis darauf bewahrt, schon diesmal, aber in geheimer Sisung wurden zahlreiche Personen entlassen, denen die daß die jugoslawische Regierung bisher dem Völ- behandeln wird, wobei er sich hauptsächlich mit Teilnahme an dem Aufstand nicht hinreichend terbundsrate kein Memorandum unterbreitet der Form der Behandlung und Erledigung der Ansehen des Völkerbundes schädigen und seine und bisher auch keine amtliche Intervention beim Beschwerde befassen würde. nachgewiesen werden konnte. Völkerbunde betreffend die Verantwortlichkeiten Die Angelegenheit hat schon jetzt in Genf ist, anstelle des unter Frankreichs Hegemonie für das Marseiller Attentat unternommen habe. eine ungewöhnliche Erregung verursacht. Der jugoslawische Außenminister Jevtič ist Samstag abends von Belgrad nach Genf ab- Ein zu einfaches Rezept! Gömbös antwortet nicht auf die sechs Fragen der„ Vreme "
Oesterreich und Perčevič
Die Regierung Schuschnigg und ihre Presse bemühen sich berzweifelt, die Wahrheit über den gereist. Herrn Verčevič, der bekanntlich zusammen mit dem Herrn Percic der Hauptinfor
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Das Tsch. P.-B. meldet zu dieser Reise Jevmator der„ Reichspost" in Baltantic's, daß er das Memorandum der jugoslawischen angelegenheiten war und mit den öfter- Regierung über die politischen Beweggründe des reichischen monarchistischen Kreisen engste Verbin- Marseiller Attentats mitbringen und dem dung hatte, zu vertuschen. Doch werden inzwischen Völkerbund zur näheren Prüfung vorimmer neue belastende Nachrichten über den Herrn legen wird. Berčevič bekannt. Zunächst einmal ist festgestellt In diesem Einschreiten gegen die Marseiller worden, daß Perčevič einer der besten Freunde des Attentäter werde Jugoslawien durch Rumänien gegenwärtigen Generalsekretärs der Vaterlän- und die Tschechoslowakei volle Unterstützung findischen Front und kommenden Bundeskanzlerkan- den, so daß also die Staaten der Kleinen Entente didaten Obersten A dam ist. Noch belastender für in Genf solidarisch vorgehen werden. EvenBerčevič und für Oesterreich ist die Tatsache, daß tuelle Beschwerden würden im Bölkerbundrat die Mörder Barthous und Königs Alerander unmittelbar vor ihrer Abreise nach Marseille eine Zusammen funft in Wien , und zwar in der Wohnung des Perčevič hatten. Dies ist das Hauptmotiv des Auslieferungsbegehrens, das Frankreich in der
des
Shanghai . Nach Meldungen aus Hangkau brach in den Schuppen des Militärflugplatzes bon Rantschang, der Hauptstadt der Provinz Kiangji, Feuer aus, das eine Anzahl von Flugzeugen der chinesischen Luftstreitkräfte vernichtete. Einige Schuppen fielen den Flammen zum Opfer. der Anficht, daß es sich um Brandstiftung handelt und haben eine strenge Untersuchung angeordnet. Mehrere Personen sind bereits unter dem Verdacht der Brandstiftung verhaftet worden, über deren Nationalität bisher nichts mitgeteilt worden ist. Schon Ende August des Jahres war auf demselben| Flugplatz Feuer ausgebrochen, durch das zivölf Bombenflugzeuge, die seinerzeit aus Amerifa für die Nanking- Regierung eintrafen, vernichtet
wurden.
Budapest . Ausländische Journalisten haben an den Ministerpräsidenten Gömbös die Frage gerichtet, was er auf die in sechs Punkten zusammengefaßte Anfrage zu antworten wünsche, die das Belgrader Blatt ,, B re m e" im Zusammenhang mit der Untersuchung des Marseiller Attentates an ihn gerichtet hat.
V
Ministerpräsident Gömbös antwortete: Der königlich ungarische Ministerpräsident hält es unter seiner Würde, auf solche Fragen überhaupt zu antworten."
Volle Handlungsfreiheit der Sektionen der SAI
bezüglich des Verhältnisses zu den Kommunisten
Paris. ( Havas.) Nach Schluß der Aussprache, die vier Tage dauerte und hinter geschlosfenen Türen stattfand, präzisierte am Samstag ber Exekutivausschuß der II. Internationale seinen Standpunkt hinsichtlich einer gemeinsamen Attion mit der III. Internationale. In der gefaßten Refolution heißt es:
Während in Frankreich und in anderen Ländern die einheitliche Aktion zustande kam, wurden in Großbritannien , Holland , den standinavischen Ländern, der Tschechoslowakei u. a. die kommunistischen Anträge abgelehnt. Unter diesen Umständen hat jede Sektion der
II. Internationale bei ihrer vollen Autonomie volle Handlungsfreiheit.
Als Hitler im Herbst des vergangenen Jahres den pompösen Ausmarsch aus dem Völkerbund vollzog, wurde das als eine große Dummheit der Hakenkreuz- Diplomatie bezeichnet und die fast allgemeine Schlußfolgerung war, daß sich Hitlers Deutschland damit endgültig isoliert habe. Die da malige provokatorische Aktion Hitlers hätte diese Wirkung gehabt, wenn die übrigen Völkerbundstaaten darauf mit einer ebenso entschlossenen, energischen Aktion geantwortet hätten. Das war nicht der Fall und darum schädigte Hitlers Auszug aus dem Völkerbund nicht ernsthaft die Position Deutschlands , sondern viel mehr die Autorität des Völkerbundes, der sich dem auftrumpfenden deutschen Störenfried gegenüber als machtlos Hitler- Deutschland hat damals bewußt das Fundamente untergraben wollen, weil sein Ziel stehenden Völkerbundes einen unter der Hegemonic der fascistischen Staaten stehenden neuen europäi= schen Staatenbund zu schaffen. Auf dem Wege des von Hitler erstrebten Zieles ist der alte Völkerbund ein Hindernis. Dieses Hindernis wollte Deutschland durch seine Aktion beseitigen oder zu= mindest schwächen. Das Ziel wurde durch die Gegenattion Sowjetrußlands nicht voll erreicht. Die bewußte Absicht der Sowjetunion war, den Völterbund durch seinen Eintritt zu stärken und die Gruppierungen des Staatenbundes unter fascistischer Hegemonie zu erschweren. In der durch den Eintritt der Sowjetunion in den Völkerbund geschaffenen Situation hat Hitlers Außenpolitik nicht ihre Grundsäße und Ziele, sondern nur ihre Taktik verändert. Sie glaubt jetzt ihr Ziel besser
zu erreichen, wenn sie nicht weiter von außen gegen den Völkerbund stürmt, sondern die Neugruppies rung von innen her versucht. Darum besteht jett in Berlin anscheinend die Neigung, in den noch nicht verstorbenen Völkerbund zurückzukehren und das Seltsame ist, daß Hitler bei diesem Bemühen gar feine großen Schwierigkeiten findet. Im Gegenteil, ein Teil der wichtigsten Völkerbundsstaa ten ist nicht nur froh, wenn Deutschland zurückfehrt, sondern ist bereit, Deutschland um seine Rückkehr zu bitten. Darum besteht bei den VerHandlungen Ribbentrops auch nicht der Wiedereintritt Deutschlands im Vordergrund, sondern die Frage der Aufrüstungswünsche, von deren Er füllung Deutschland seine Rückkehr nach Genf abhängig machen will. Normaler Weise müßten alle Völkerbundsstaaten die Wiederaufnahme Deutsch lands davon abhängig machen, daß Deutschland gewisse Sicherungen gewährt und Bedingungen era füllt; tatsächlich aber ist es umgekehrt und
Mehrere Delegationen haben zwar diese Refolution genehmigt, daneben aber eine eigene Refolution unterfertigt, in welcher der Wunsch ausgesprochen wird, daß in nächster Zeit neue Ver- Deutschland macht seine Rückkehr von der Erfülsuche auf Initiative der II. Internationale mit lung der von ihm gestellten Bedingungen abhändem Zwecke unternommen würden, eine Verein- gig. Das charakterisiert die heutige Weltsituation: karung herbeizuführen, die von einer Fusión Der Störenfried wird nicht ernsthaft isoliert und mit der kommunistischen Internationale gefolgt zur Ordnung gezwungen, sondern die von dem sein würde. Diese Resolution haben die franzö- Störenfried Bedrohten, die die Erhaltung des Stasische, die schweizerische, die spanische, die italie- tus quo und um diesetwillen den Frieden wünnische, die polnische, die russische( sozialdemokraschen, gehen in dem Bemühen, sich mit dem Stötische) und österreichische Delegation unterzeichnet. renfried zu verständigen und ihn zu befriedigen