Nr. 272

Dienstag, 20. November 1934

14. Jahrgang

Einzelpreis 70 Metin (einschließlich 5 Heiter Forte)

IE NTRALORGAN PER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK ERSCHEINT MIT AUSNAHME DES MONTAG TÄGLICH FRÜH. REDAKTION UND VERWALTUNG PRAG XIU FOCHOVA«2. TELEFON 53077. ADAMNISTRATION TELEFON 5307«. HERAUSGEBERS SIEGFRIED TAUB. CHEFREDAKTEUR : WILHELM NIESSNER. VERANTWORTLICHER REDAKTEUR: DR. EMIL STRAUSS, PRAG .

For-

üver 100.000 Mann militärisch geschulter Po- Kasernen, insgesamt also 600.000 Mann ste-

besondere auf dem Gebiete der Tarifbegünstigun­gen. wird immer untersucht, ob sie nicht als feind­seliger Akt gegen Italien aufgefaßt werden konnte.

Terrorwahien in Danzig Danzig.(Tsch. P. B.) Bei den Kreistags­und Gemeindewahlen in Danzig -Niederung«nd Danzig -Werder , die Sonntag ohne ernsteren Zwi­schenfall vor sich gingen, erzielte, wie das DRB meldet, die NSDAP die Mehrheit. Sie konnte teilweise mehr als vier Fünftel aller abgegebenen Stimmen ans sich vereinigen.

kisüsser Sozialisten . gegen Zusammenarbeit mit den Kommn- . nisten Straßburg . Die elsässisch-lothringische Föde­ration der sozialistischen Partei lehnte auf ihrem am Sonntag unter dem Vorsitze des Deputierten Weil abgehaltenen Kongreß die sozialistisch- sommunistische Einheitsfront im Elsaß ab und sprach sich für die Notwendigkeit der nationalen Verteidigung und eine intensivere staatsbildende Politik der Sozialisten aus.

Z« diesem Stande find hinzuzurechnen: 300.000 ordentlich geschulter Militärreser­visten, 400.000 junge Reservisten und militärisch geschulte Mannschaften der Hitlerorganisationen, 1,400.000 ältere, militärisch gut ausgebil­dete Reservisten, meistens ehemalige Front­kämpfer im Alter von 35 vis 45 Jahren, 200.000 Mann der halbmilitärischen mationrn, 2,500.000 Mann der SA Hitlers , 100.000 geschulte Autolenker, insgesamt also 4,900.000 Mann. Wenn man nun zu dieser Zahl die 600.000 Mann der reguläre« Armes-.hinzuzählr, führt *»

Auch Oesterreich rüstet! In-er Hirtenberger Patronenfabrik wird gegenwärtig an der Erzeugung von 150.000 Gas­masken gearbeitet. Andere Fabriken sind mit der Erzeugung von Geschützen, Gewehren und Muni­tion voll beschäftigt. Die Frist, die Jugoslawien wegen Ausfol- gung des Kroatenführers Sarkotican Öster­reich gestellt hat, ist Sonntag abgelaufen. Die österreichische Regierung hat die Auslieferung ab­gelehnt. Rost von Tonnigen, der Be­auftragte des Völkerbundes und der Präsident der Nationalbank Dr. Kienböck haben bei der österreichischen Regierung ernste Vorstellun­gen erhoben wegen der hohen Budgetpost für die Erhaltung der Wehrformationen. Oesterreich hat heute 80.000 Mann unter Waffen und will die­sen Bestand noch weiter erhöhen,, um im Ernst­fälle den Verpflichtungen des italienisch-österrei­chischen Geheimpaktes gerecht zu werden. Die österreichische Eisenbahnpolitik ist heute vollständig der italienischen Einflußsphäre unter­worfen. Jede Maßnahme» die getroffen ist, ins-

Paris , Montag nachmittag wurde in der Kammer der Motivenbcricht des Haupt­berichterstatters des Kriegsministeriums verteilt. Der Motivenbcricht ist insbeson­dere insoweit interessant, daß er zum ersten mal einige genaue Details über die Rüstungen Deutschlands gibt. Diesem Motivenbericht zufolge besitzt Deutschland eine Reichswehr von 300.000 Mann, ferner 100.000 Mann militärisch geschulter Polizisten(Sandcspolizei), 80.000 Mann militärischer SA -Männer, insgesamt somit 480.000 Mann in Kasernen. Zu Beginn des Jahres 1935 wird Deutschland über eine Armee von 400.000 Mann, die Flieger nicht eingerechnet, verfügen, ferner lizei und 100.000 Mann SA-Abteilungen in hende Armee.

Lenk in Spannung Die gesamte Aufmerksamkeit in Genf richtet sich auf das Dokument, das der jugoslawische Mi­nister I e f t i L dem Bölkerbundrat übergeben wird und das sich mit den Ergebnissen der Unter­suchung gegen die Attentäter des Marseiller Atten­tates befaßt. Montag nachmittags hatte Minister Dr. Benes als Vorsitzender des Rates eine längere Beratung mit dem Generalsekretär des Völker- bundes A v e n o l«brr alle Fragen, zu denen der Hat Stellung nehmen so«, s, auch über dir Be» ichwerde der jugoslawischen Regierung, Obwohl die Arbeiten des Völkerbundrates ver­schoben wurden, hat der französische Außenmini­ster Laval die Dispositionen für seine Mreise nicht geändert und wird Dienstag vormittags in Genf sein. Die freien Tage wird er dazu benützen» um mit den anwesenden Staatsmännern Per­son l i ch Ko n t cr k t a n z u k n ü p f e n, hauptsächlich mit den Ministern der Kleinen En­ tente . Die drei Außenminister der Kleinen Entente- Staaten sind schon in Genf mrgelangt. Minister Jeftic kam Sonntag nachts an, Minister Ti- t u l e s c u Montag vormittags und mittags traf Außenminister Dr. Benes ein. Sofort nach Eintreffen der Staatsmänner der Kleinen Entente fand die erste Sitzung des Ständigen Rates der Kleinen Entente während eines Mittagessens bei Minister Jeftic statt.

Unter Umstünden" forcier» Japan Flottenparität London . Der japanische Botschafter hat im Laufe des Montag abend dem Staatssekre­tär des Auswärtigen die Antwort der japanischen Regierung zu den englischen Vorschlägen in der Flottenfrage überreicht. Die Antwort ist, wie Reuter hört, in einem sehr höflichen, aber be­stimmten Tone abgefaßt. Sie ist völlig ne­gativ. Ihr Inhalt läßt sich wie folgt umschrei­ben: Japan wünscht nicht eine Flotte, die so groß ist, wie sie etwa von den Bedürfnissen des briti­ schen Weltreiches erfordert wird. Aber die japa­ nische Regierung will, daß man auch Japan das Recht zugesteht, unter Umständen seine Flotte durch Neubauten biS auf den gleichen Um­fang zn bringen.'

Hitler als Friedensengel Paris . Der Deputierte Jean G o y, Gene­ralsekretär des Verbandes ehemaliger Front­kämpfer, und das Mitglied des Pariser Stadt­rates R. Monnier wurden von Hitler emp­fangen, und schildern im sonntägigenMatin" ihr zweistündiges Gespräch fttü ihm. Hitler weist die Gerüchte zurück, als ob Deutschland an der Saar einen Putsch plane, im Gegenteil, er sagte ausdrücklich, daß Deutschland das Ergebnis des Saarplebiszits, mag es wie immer sein, re­spektieren werde. Das heutige Deutschland denke nicht an die Eroberung eines einzigen Quadratkilometers neuen Gebietes, ebensö wie das frühere Deutschland nicht daran dachte, aber es wolle dem Volke das Leben sichern. Worauf es nun ankommt, fuhr Hitler fort, ist an der Schaffung einer neuen sozialen Ordnung zu arbeiten. Hitler wies weiters den Vorwurf zurück, als ob er Zeit zur Beendigung der Kriegsvorbereitun­gen Deutschlands gewinnen wolle. Sie werfen uns unsere Rüstungen vor, sagte Hitler , aber ihr rüstet selbst und begründet eure Rüstungen mit der Erklärung, daß wir es ablehnen, abzurüsten. Kann denn in direÜen Gesprächen diesem Stand der Angelegenheiten nicht ein Ende gesetzt werden?

Das römische Kommunique Rom . Der österreichische Pressedienst(An) meldet über die Unterredung zwischen Mussolini , Suvich, Bundeskanzler Dr. Schuschnigg und Minister Berger-Wald en egg, daß die Politik engen Einvernehmens zwischen Italien und Oesterreich im Sinne der schon mit Dollfuß vereinbarten Richtlinien neuerlich be­kräftigt wurde. Es wurden die Vorausset­zungen erörtert, um Oesterreich ehestmöglich in die Lage zu versetzen, in vollem Maße der ihm, eigenen historischen Aufgabe wieder gerecht werden zu kön­nen, dem Ausgleich der im Donauraum zusam­mentreffenden Kräfte zu dienen. Es wurde be­stätigt, daß die römischen Vereinbarungen keinen ausschließenden Charakter haben und sich auf andere Staaten ausdehnen lassen, welche die eine grundsätzliche Voraussetzung bildenden Bedingungen dieser Vereinbarung an­nehmen.

Stärker als 1914 Französischer Parlamentsbericht über die deutschen Rüstungen 600.000 Mann aktiv/ 4,900.000 sofort mobilisierbar

Eine tschechische Frage an Henlein Der bekannte tschechische Nationalitäten­politiker Dr. E. S o b o t a, dem man ein ge­wisses-Verständnis für die nationalen Bedürfnisse der Sudetendeutschen nicht absprechen kann, ver­öffentlicht in der ZeitschriftPkitomnost" einen Artikel über die Stellung der Deutschen zum Tschechoslowakischen Staat unter dem bezeichnen­den TitelHat unsere Republik einen Wert für unsere Deutschen ?" Sobota gibt zunächst einen historischen Ueberblick über die Stellung der Deutschen zur Republik seit der Entstehung des Staates. Er schildert,> wie die Deutschen 1918 und 1919 dem Staate gegenüber gestanden sind und sagt, daß wegen der Polstischen Stellung­nahme der Deutschen zur Republik m jener Zeit die jetzige Positive Einstellung großer Teile des Sudetendeutschtums zur Tschechoslowakischen Re­publik in tschechischen Kreisen noch einiges Miß­trauen erweckt. Es werde vielfach nicht daran ge­glaubt, daß sich wirklich eine Wandlung vollzogen | habe, es lagern also über dem deutsch -tschechischen Verhältnis noch immerdje Schatten der Ver­gangenheit". Sobota betont aber, daß, wer die­ses Mißtrauen gegenüber den Deutschen hege, das Verhältnis der Deutschen zur Republik nicht richtig beurteile. Gewiß sei, was in den Jahren 1918/19 geschehen ist, für das Sudetendeutschtum ein historisches Erlebnis, welches die Stimmung der Deutschen geformt habe. Aber die historischen, Tatsachen von 1919 sind verdrängt worden durch andere gewichtige historische Tatsachen, die auf die Sudetendeutschen einen bedeutenden Einfluß aus­geübt haben, so vor allem die Teilnahme der Deutschen an der Regierung, das ist also die po­sitive Mitwirkung an der Gestaltung der Verhält­nisse in der Republik . Dazu kommt nun nach der Auffassung Dr. Sobotas, daß gewisse deutsche Parteien dadurch in ein anderes Verhäünis zur Tschechoslowaki­schen Republik geraten sind, daßdieLe- bensinteressen der von ihnen vertretenen Bevölkerungsschich­ten, bzw. die Anschauungen, welche von diesen Parteien vertreten werden, mit dem Be- st and der Tschechoslowakischen Republik eng verbunden sind. Das gilt nach Sobota für die deutschen Agrarier, die Christlichsozialen und die deutschen Sozial­demokraten. Die deutschen Agrarier haben ein Interesse an einem Staat, in dem ihre tschechischen Klassengenossen eine so hervorragende Rolle spie- len, die deutschen Christlichsozialen sehen, wie man mit der katholischen Religion in Deutschland verfährt und wünschen keine religiöseGleich­schaltung" und die deutschen Sozialdemokraten sind fiir die positive Mitarbeit im Staate des­wegen, weil sie die Früchte ihrer jahrzehntelan- gen Arbest für das Proletariat nicht preisgeben wollen. Man kann also dieser Parteien wegen beruhigt sein, es sind starke Interessen, die sie an den Staat ketten. Anders aber sei es, so führt Sobota aus und darin sehen wir den Kern seiner Ausführun­gen mit der Sudetendeutschen Heimatfront. Wenn die Heimatfront unter-hren Leutenweder Sozialisten noch Katholiken, weder Arbeiter noch Landwirte, weder Bourgeois noch Proletarier, kennen will, sondern nur Sudetendeutsche, muß sie uns sagen, welcher besondere Grund dafür vorhanden ist, daß sie mit ihren, Landsleuten in diesem Staate verbleiben will und welchen Grund sie g l e i ch z e i t i g f ü r a l l e anführen will.... Wir haben die deutschen Agrarier, So­zialisten und Katholiken gehört, warum sie jeder von ihrem demokratischen Standpunkt, in unserer demokratischen Republik tür sich einen Vorteil sehen... Die Heimatfront müßte auch sagen können, daß und welchen Wert unsere Republik für die Sudetendeutschen von ihrem national- sudetendcutschen Standpunkt hat." Die Frage, die da der tschechische Schriftsteller an die Sudeten »

Die ausländischen Arbeiter In Frankreich Paris . Die unter dem Vorsitze des Ministers Herriot zusammengetretene interministerielle Kom- Hiission beschäftigte sich mit der Frage der Er- Iverbslosigteit. Es wurde festgestellt, daß die Zahl der in Frankreich beschäftigten ausländischen Ar­beiter,, die zu Ende des Jahres 1932 rund 1,500.000 betrug, auf 814.000 zurückgegangen ist. Die Kommission will diese Zahl noch weiter herabsetzen und die ausländischen Arbeiter durch ttiverbslose Inländer ersetzen» deren Zahl 314.000 beträgt.

der Motivenbericht ans, dann komme man zu dem Ergebnis, daß Deutschland zu Beginn des näch­sten Jähres in wenigen Tagen eine effektive Armee in der Stärke von 5,500.000 Mann anfstellrn könne. Der Referent bemerkte ferner, daß die deutsche Aviatik über 3500 vis 4000 ordentlich< geschulte Piloten und eine große Zahl von Flug- zeugen verfügt. Er erteilt ferner eingehenden Bericht über die wachsenden deutschen Rüstungen, über die leichte, schwere und weittragende Ge­schütze erzeugenden Kruppwerke und schließt seinen Bericht: In einigen Monaten wird Deutsch­ land stärker sein, als es im Jahre 1914 war. Wir. sind: weit vom Versailler Vertrag! .» Am Schlüsse sprach, Hitler den Wunsch nach einer baldigen französisch-deutschen Annähe­rung aus. i aber die französische Presse geht nicht auf den Lelm Soweit französische Blätter diese Unterre­dung kommentieren, sehen sie diese Unterredung als ein neues Manöver des Kanz­lers an. Das LinksblattO e u v re" schreibt: Hitler will mit Frankreich sprechen? Nichts leichter als das! Und es gibt sogar einen Zusammenkunfts- ort: Genf . Journal" sagt: Hitler wolle der Welt einreden, daß die Ursache des Rüstens Deutsch­ lands , dessen Furcht vor einem Kriege sei. Wir fragen nur, warum ein Volk, das von niemandem bedroht wird, um jeden Preis rüsten will? Hier erblicken wir hinter der Loyalität der Worte ein politisches Manöver, das allzu grob ist, um von uns verdaut werden zll können. Ere Nouvelle" lehnt gleichfalls die Maske Hitlers ab. Liebe müsse man durch Taten bewei­sen. Die Rüstung dürfe nicht eine Drohung sein, der gegenüber Frankreich gezwungen ist, besorgt z« sein und sich zu wehren.