Seite 2 Dienstag, 20. November 1934 Nr. 272 deutsche Heimatfront stellt, ist klug gewählt und begründet und es wäre sehr angebracht, wenn die Heimatfront und ihr Führer Konrad Henlein   eine Antwort darauf erteilen würden. Das wird, so­weit man die Heimatfront kennt, kaum geschehen, denn noch immer ist die bedeutungsvolle Frage, die man an Henlein   gestellt hat, nämlich wie erzuHitlersteht, unbeantwortet geblieben. Daß Henlein der Beantwortung dieser Frage in Böhmisch Leipa   auSgewichen ist, hat in jedem objektiven und vorurteilslosem Be­obachter der Vorgänge im sudetendeutschen   Lager den Eindruck Hervorrufen müssen, daß Henlein die Frage nach seinem Urteil über Hitler   nicht beantworten will, weil seine Anhänger die Hit­ ler  -Methoden gutheißen. Auch die von Sobota gestellte Frage wird Henlein   kaum beantworten, Wohl aber kann jeder Sozialdemokrat, ja jeder wirkliche Kulturdeutsche, das sind nämlich alle, die im Dritten Reiche den Ausdruck der Unkul­tur und Barbarei sehen, Antwort geben. Das Sudetendeutschtum hat das große Interesse an diesem Staat, weil die Tschechostowakei neben der Schweiz   das Land ist, in dem größere Massen von Deutschen   leben, und in welchem die deutsche Kultur sich frei entfalten kann, ohne von Barba­rei niedergetreten und im Blut erstickt zu werden. Der deutsche Geist, wie ihn die größten Dichter und Denker des deutschen   Volke- vertreten haben, von Immanuel Kant   bis zu Albert Einstein  , ist heute aus den beiden deutschen   Staaten, aus Deutschland   und Oesterreich, verbannt und hat seine Zufluchtsstätte in der Schweiz   und in der Tschechoslowakei   gefunden. Die demokratischen Sudetendeutschen wissen, daß sie in der Tschecho- slowakei   das Erbe der deutschen   Kulmr hüten und an der Fortentwicklung der deutschen Kultur ar- beiten können. Aus dem Interesse ihrer nationalen Kultur heraus halten sie an der Tschechoslowa­kischen Republik fest. Das aber kann Konrad Henlein   nicht sagen, weil er sich in Ge­gensatz zu Hitler-Deutschland stellen würde. Die- sen Gegensatz zu betonen, daß fürchtet der Füh­rer der Sudetendeutschen   Heimatfront mehr als der Teufel das Weihwasser. Endlich Anfänge zur Planwirtschaft Genosse Schweichhart in der Budgetdebatte Wir tragen nachfolgend dir Rede des Ge- noffen Schweichhart im Budgetausschuß zu« KapitelLandwirtschastSministerinm"" im Aus­zug»ach, Genosse Schweichhart stellt« einleitend mit Ge­nugtuung fest, daß nun auch schon rein konservativ eingestellte Parteileute wie Senator S t ö h r von den.Verkehrtheiten eines überalteten Wirtschafts­systems" und von Planwirtschaft sprechen. Sie kommen erst heute auf Ideen, die wir schon immer verfochten haben! Minister Dr. H o d j a ist der Bahnbrecher die­ses wirklich großen Gedankens und wir freuen uns, daß er mit Energie und Sachkenntnis diesen Weg verfolgt. Wir wissen, daß bei allen diesen Aktionen die Preisfrage eine ausschlaggebende Rolle spielt. Dabei muß aber das Interesse der Ge­samtheit berücksichtigt werden. Nachdem durch das Monopol die Getreide­preis« stabilisiert find, müssen wir fordern, daß nun auch die Arbeitslöhne stabilisiert und ge­sichert werden, damit die Konsumenten imstande find, die nötigen Nahrungsmittel zu kanfen. Di« Kollektivverträge müssen gestchrrt und jeder Ar­beitgeber verpflichtet werden, seine Arbeiter durch dir staatlich« Arbeitslosenvermittlung zu beziehen. Zum Getreidemonopol haben unsere K l e i«- landwirte verschiedene berechtigte Beschwerden. So ist die Aufteilung der Orte auf die einzelnen Lagerhäuser nicht immer glücklich und.die Aufkauf­kommissäre kommen' oft sehr fpät7 Wir stütz hegen den freien Einkauf seitens der Mühlen, sowie da­gegen, daß die monatlichen Zuschläge den Lagerhäu­sern zugute kommen. Genosse Schweichhart ist über­zeugt, daß das Getreidemonopol sich bewähren wird; ohne den staatlichen Eingriff wäre der Brotpreis sicher noch um 20 Prozent höher. Eine Ausgestaltung des Diehsyn- d i k a t eS wäre dringend notwendig. Wir sind ent­schieden dagegen, daß die Selbstschlachtungen der Landwirte zugunsten der Fleischer unterbunden wer­den. Die landwirtschaftlichen und die Konsum­genossenschaften sollten sich auch in diesem Punkte einigen. Genosse Schweichhart geht dann auf die Erklä­rung Zierhuts im Plenum des Abgeordneten­hauses ein, daß eine loyale Zusammenarbeit der Bauern und Arbeiter in beiderseitigem Interesse liege. Wenn Zierhut dabei von den Sozialdemo­kratenVerständnis und eine zurückhaltende« KampfeSmethode" verlangt, so erwidert Schweichhart, daß man uns nicht vorwerfrn kann. Wir hätten die Interessen der Landwirtschaft irgendwie verletzt. Er warnt die agrarische Politik vor dem Gedanken der ständischen Gliederung und verweist auf Oesterreich  , wo im neuen Staatsrat im ganzen nur drei Bauern und überhaupt keine Arbeiter vertreten find, dafür aber um so mehr Großgrundbesitzer und Offiziere. Zum Problem der Entschuldung der Landwirtschaft erklärt Schweichhart, daß wir dafür im R a h m e n des Möglichen eintreten, aber man muß gleichzeitig auch die übrigen Stände und vor allem > di« Arbeiter aus ihrer Verschuldung befreien. Nach unserer Meinung müßten die größeren Besitzer statt Bargeld zur Entschuldung Grund und Boden beistellen, den man dann zu Siedlungszwecken für KleinlaniUvirte verwenden sollte. Redner spricht sich für die Verlängerung des ExekuttonsschutzeS der Landwirte und Arbeitslosen aus und bemängelt, daß bei der Hilfsaktion für die durch die Dürr« geschädigten Landwirt« zehntäu- fende Kleinlandwirte vollkommen leer ausgegangen sind. Die Agrarier wollen die Margarinepro­duktion einschränken, um eine Erhöhung des Buttetabsatzes und der Butterpreise zu fördern. Wir halten das für ein falsches Beginnen, weil dadurch nur den armen Teufeln die Margarine ver­teuert wird, die sie auch in Zukunft essen werden: zum Butterkonsum können dies« Schichten eben auf keinen-Fall übergehen. Die Pasteurisierung der Milch ist ein sehr fragwürdiges Kapitel. Wir wol­len, daß die Bevölkerung überall gute und reine Milch bekömmt, aber wir wollen nicht, daß-durch eine Art Monopol zugunsten gewisser kapitalistischer Unternehmungen die Milchpreise für den Konsumen­ten unnötig verteuert werden. Redner setzt sich weiter für eine obliga­torische Altersversicherung der Land­wirte«in. Mit der Regierungsverordnung über den Pachtschutz sind wir nicht zufrieden; wir ver­langen, daß der Pächter auch gegen den Willen des Verpächters den Boden auf länge« Zeit neu erhalten kann. Man sollte den Zustand nach 1820 wieder Herstellen. Auch ein« Revision der Pacht­zinse ist erforderlich. Anschließend erklärt Redner, I daß wir das Budget des Landwirtschaftsministe- riums im allgemeinen billigen und hoffen, daß im Laufe der Zeit gewisse Klagen überflüssig werden. Wer iststaatstreu? Die Aufteilung der beschlagnahmten Güter In Besprechung des KapitelsBodenamt" polemisierte Genosse Schweichhart im Budget- auSschutz gegen hen Berichterstatter, der erklärte, daß der Boden. aus der Bodenreform auS staats­politischen Gründen in tschechischen Händen bleiben sollte und fragte, ob unter denstaatS- trcuen" Tschechen auch die Fascisten gemeint seien und wie man sich andererseits zu den dem»- kratischen deutschen Kleinbauern und Arbeitern stelle, die mtt aller Entschiedenheit zum Staate ste­hen und ihn um jeden Preis verteidigen wollen. Wir möchten nicht, daß die Art,-wie der Referent gesprochen hat, vom Deutschlandsender auSgenützt wird! Die Herren wissen gar nicht, wie so etwas im deutschen Gebiete wirft. Gern möchten wir auch wissen, wie viele Rest­gutbesitzer heute sanierungsbedürfttg sind. Wir sind dagegen, daß man Restgutbesitzer saniert, denn sie haben ohnedies durch den billigen Kaufpreis pro- fitiert, den sie überdies vielfach auch noch schuldig geblieben sind. Verkrachte Restgüter sollen für kleine Landwirte und für Siedlungsaktionen aufgeteilt werden. Wenn auch Siedlungsakttonen nicht billig sind, so mutz doch der Versuch unternommen werden, Leuten, die in der Industrie nicht mehr existieren können, wieder Arbeit zu beschaffen. Notwendig ist die Rekultivierung der durch den Bergbau verwüsteten Gebiete, die sich vielleicht mit Hilfe eines frei­willigen Arbeitsdienstes lösen ließe. An die staatliche Güterverwaltung richtete Ge­nosse Schweichhart das Ersuchen, den durch die Dürre geschädigten Kleinlandwirten die Streu aus ! den staatlichen Wäldern u m s o n st oder wenigstens nur gegen ein geringes Entgelt zu überlassen. Im deutschen Gebiete sollten die staatlichen Forstämter auch im schriftlichen Verkehr die Doppelsprachigkeit anwenden. Rektor und Staatspräsident Gerichtliches Nachspiel zur Affäre des ehemaligen Rektors Gesemann Vor der Neuwahl des Präsidenten, welche am 24. Mai 1634 stattgefunden hat, hat die»Freie Bereinigung sozialistischer Akademiker" dem da­maligen Rektor der Deutschen   Universität, Gese­mann, ein Plakat zur Bidierung eingereicht, in welchem die Studentenschaft aufgefordert werde, sich an der Huldigung für den neugewählten Prä­sidenten zu beteiligen. Der Reftor Dr. Gesemann lehnte eS ab, dieses Plakat zu vidieren und dessen Anschlag auf akademischen Boden zu gestatten. Obwohl er als Grund hiefür disziplinäre Momente anführte, war sich die Oeffentlichkeit doch im klaren darüber, daß es sich um«inen Affront gegen -den Präsidenten der Republik gehandelt hat. Hkekauf'brätPe ttun dieBohemia" in ihrer Nummer vom 20. Mai 1934 einen Artikel»So­zialistische Angriffe gegen die Deutsche Universität. Grober Mißbrauch des Namens des Präsidenten", in welchem sie nicht etwa die Handlungsweise des Rektors, sondern diejenige der sozialistischen   Stu­denten angriff und die Freie Bereinigung soziali­stischer Akademiker beschädigte, den Namen des Präsidenten der Republik mißbraucht zu haben. Die Freie Bereinigung sozialistischer Akade­miker überreichte gegen den verantwortlichen Redakteur derBrchemia", Ferdinand Demi, wegen des Inhalte- dieses offensichtlich vom Rek­torat der deutschen Universität inspirierten Artikels durch Gen. Dr. S ch w e l b«ine Preffeklage. Ueber diese Klage sollte die Hauptverhand­lung am 16. November 1934 vor dem Straf- Kreisgerichte in Prag  -Pankräc stattfinden. Unmittelbar vor der Verhandlung stellte jedoch der Verteidiger derBohemia", Herr Dr. Ewald Stein, das Ersuchen um vergleichsweise Bei­legung der Angelegenheft und es wurde ein Ver- gleich abgeschlossen, mit welchem sich dieBohemÄ" verpflichten mußte, die nachstehende Ehren­erklärung abzugeben und die Prozeßkosten zu be- ! zahlen: Erklärung. Unter Bezugnahme auf unseren in derBo­hemia" vom 20. Mai 1934, Nummer 117, ver­öffentlichten Artikel unter der UeberschristSozia­listische Angriffe gegen die Deutsch  « Universität. Grober Mißbrauch des Namens des Präsidenten" erklären wir, daß die darin gegen dieFreie Ber­einigung sozialistischer Akademiker der deutschen Hochschulen in Prag  " erhobenen Vorwürfe auf unrichtigen Informationen beruht, haben. DawirunsvouderHaltlosigkeit der Beschuldigungen überzeugt haben, stehen wir nicht an, sie hiemit als gänzlich unbegründet zu widerrufen. Die Redaktion derBohemia". Durch diesen AuSgang des Prozesses ist nicht nur die Handlungsweise derBohemia", sondern insbesondere diejenige des Rektors der Deutschen  Universität gebührend gekennzeichnet. Einrechnung des Militärdienstes In die Sozialversicherung Macht den Anspruch geltend! Nach dem Sozialversicherungsgesetz zahlt der Staat für die zum Präsenzdienste oder in die Ersatz­reserve Eingerückten die Mitgliedsbeiträge zur So­zialversicherung. Dies« Bestimmung bezieht sich auf Personen, welch« vor Antritt de- Militärdienstes ent­weder schon versichert waren oder aber nach Heim­kehr vom Militärdienst innerhalb 12 Monaten in die Versicherung eintraten.(8 108a.) Den Anspruch mutz jeder Betroffene selbst gel­tend machen, weil von Amts wegen die Einrechnung der Zeit beim Militärdienst in die Sozialversicherung nicht durchgefuhrt wird. Wenn auch die Zeü des Mi­litärdienstes in der niedrigsten Klaffe in die Sozial­versicherung eingerechnet wird, kann dieselbe bei In­anspruchnahme der Versicherung entscheidend für die Bemessungen der Leistungen für den Versicherte« sein, weswegen wir alle unsere Mitglieder aufmerk­sam machen, sich nach Absolvierung des Militärdien­stes oder des Dienste» in der Ersahreserve um ihre Rechte aus der Sozialversicherung(8 253) entweder schriftlich(am besten mittels eingeschriebenen Brie­fes) bei der ZentralsozialversicherungsanstaÜ zu kümmern. Dem Gesuche mutz der Ausweis beigelegt werden, den der vom Militär Entlassene bei seinem Truppenkörper, bei dem er gedient hat, erhält. Machet also im eigenen Interesse von diesen ge­setzlichen Bestimmungen Gebrauch. Die Gesuche um Einrechnung der Zett des Militärdienstes sind an die Adresse der Zentralsozialversicherungsanstalt in Prag  XVI., KktZovä 1292, zu senden. Ole Gewerkschaften gegen die Teuerung Die gemeinsame Gewerkschaftszentrale in Prag   hat in den letzten Tagen der Regierung eine Denkschrift über daS Steigen der Mehl- und Brotpreise vorgelegt, gegen welche Vorgänge ent­schieden protesttert, weil dadurch die lohnarbei­tende Klaff« stark benachteiligt wird. Die gemein­same Landeszentrale verlangt von der Regierung diesbezügliche Maßnahmen, welche eine Verteue­rung der LebenSmittel hintanhalten, insbesondere die Verteuerung von Mehl, Brot, Milch und Bier. Anna Brügge lebt«och... ErzShl««g vom 30. Juni 1984 Von Peter Tutein. (Schluß.) Hermann", rief Anna,geh' schnell hinter ihm her. Bitte ihn um Verzeihung, er kann Dich ja ins Zuchthaus bringen." Du bist wohl verrückt, ich soll Johann um Berzeihung bitten, den? Diesen, der auf mich, sei­nen Vater, schießen wollte? Nein." Du muß' Hermann, Du mutz'. Johann kann Dich unglücklich machen. Er läßt Dich ver­haften. Du wirst sehen, er lätzt Dich verhaften." Anna weinte. Hermann sah Amm nur verwundert an und schüttelte mit dem Kopf. Verhaften lassen, von meinem eigenen Sohn? Ne' Anna. Du bist doch Wohl nicht ganz klug. Hör bloß auf mit deinem Getue." Hermann ging wütend aus der Küche. Eine viertel Stunde später kam eine Keine Abteilung der SA, und Hermann wurde verhaf­tet. Hermann leistete Widerstand. Anna hörte ihn so viele Schimpfwörter sagen, daß es ausgereicht hätte, ein« Keine Stadt ins Gefängnis zu brin­gen. Johann, so hilf doch Deinem Vater." schrie Anna. Kann nicht. Er hat die Ehre unserer Uni­form gekränkt und überhaupt, kümmer' Du Dich nicht darum. Du kannst es ja nicht verstehen." Und die SA   schleppten Hermann Brügge davon. Drei Tage später kam Johan». Mutter eS ist noch gut abgegangen. Fünf Jahre Zuchthaus.   Es wäre schlimmer gekom­men, wenn ich mich nicht für ihn so ins Zeug ge­legt hätte. Eigentlich könnte Later mir noch dank­bar sein,- ja, es hätte bös auSlaufen können." Anna war starr. Ja, das stimmt, Hermann ist noch gut davon abgekommen. Aber, was Anna wunderte, daß Johann in solchen Sachen auch noch ein Wort mitreden konnte. Ihr Johann, der noch so jung war. Jawohl. Johann ist ein mächtiger Mann geworden. Da Anna die 25 Mark verbraucht hatte, be­kam sie mit der Zeit noch mehr Geld von Johann. Er schien gut zu verdienen. Hermann durfte eS allerdings nicht wissen. Aber Anna mutzte doch leben. Und für Anna war eS auch unmöglich, irgendwie Arbeit zu bekommen. Sie mutzte froh sein, daß sie Noch waschen durfte, für die alte Kundschaft. Mit der Zeit kam Johann seltener. Denn, Johann ist wieder einmal befördert worden. Und damit stieg auch die Arbeit. Er hatte dann auch keine Zeit, viel nach Hause zu kommen. Aber, um Anna wurde eS einsamer. Sie ist den gan­zen Tag allein«, denn da- merkte sie eines Tages, dah die Nachbarn ihr aus dem Wege gingen. Ja, keiner sprach mehr mit ihr, und wenn sie zum Wäscheaufhängen auf den Hof kam, wurden die offenstehenden Fenster geschloffen. Anna sagte nichts. Sie ließ sich auch nichts merken, wie weh es einem tut. Sines Tages begegnete sie Frau Rieper. Frau Rieper war schon seit langer Zeit eine Fein­din von ihr. Aber das lag schon lange zurück..Aber heute blieb Frau Rieper stehen und sagte: Na, wie gehts Ihnen denn, Frau Brügge  ." O, danke ganz gut, Frau Rieper." Dann ist eS ja ganz gut. Auf Wiedersehen. Frau Brügge  ." Und damit ging sie. Anna blieb ganz ver­wundert stehen. Was hat die den», dachte Anna. Kopfschüttelnd nahm Anna ihren Korb mit Wäsche und ging weiter. Sie sollte doch noch die Wäsche abliefern. Da hieß es sich beeilen. Wie Anna nun zum HeineS-Platz kam, sah sie das Stratzenschild am Boden liegen. Na, wie­der so ein Dummenjungenstreich, dachte Anna, und ging weiter. In der Röhmallee mutzte sie doch den Korb absetzen, wenn er auch nicht schwer, aber man wird alt, und der Atem will nicht mehr recht. Un­willkürlich sah Anna nach dem Straßenschild, auch das lag auf dem Boden, aber vollkommen verbogen und zertrampelt. Nanu? Jetzt sah Anna erst, daß immer Keine Truppen von Reichswehr  , feldmarschmäßig ausgerüstet, Handgranaten, Gas­masken und Gewehre, durch die Straßen zogen. Auch SS  -Abteilungen fuhren, mit einem Kara- biner bewaffnet, auf Rädern durch die Straßen. Aber Anna konnte keine SA  -Truppen sehen. Was in aller Welt war los? Sie ging zu einem Ver­kehrspolizisten und frug danach. Der sagte aber nur kurz:Bon mir können Sie keine Auskunft bekommen." Da dachte Anna an Johann. Der wird es wohl wissen. Anna fuhr mit der Straßenbahn in die Stadt und ging dann zu der Wache, wo Jo­hann Dienst hatte. Da sah Anna, daß in der Wach­stube, andere Leute saßen. Anna ftug nach Jo­hann. Keiner kannte ihn. Der Wachthabende wies Anna in da- Büro. Im Büro saß ein Mann in Zivil und schrieb. Was wünschen Sie?" ftagte der Mann. Ich möchte gerne Johann Brügge sprechen," antwortete Anna. Johann Brügge?" erwiderte der Mann er­staunt. Anna bekam ein Gefühl, als stände ihr etwa- bevor. Sie dachte an Frau Rieper. Warum war die denn mit einemmal so freundlich zu ihr? Und dieser Mensch hier. Wa- ist denn loS? Ich bin die Mutter vom Brügge  ." sagte Anna. ©ooo? Sie sind die Mutter. , ja dann warten sie bitte einen Augenblick." Anna wurde von Minute zu Minute.  unruhiger. Sollte Johann krank sein? Plötzlich wurde Anna herzen-angst. Was war geschehen? Der Mann nahm das Hörrohr und Anna hörte ihn ftagen: War Johann Brügge gestern Abend auch dabei? Ja? Wer? Hermann Brügge auch? So, den haben sie au- dem Zuchthaus geholt. Ja, ja. Auch? Hm." Der Mann legte den Hörer wieder hin und sagte: Frau Brügge  . Hermann und Jo ­hann Brügge wurden gestern Abend wegen Hoch­verrats hm, ja erschossen.' Der Mafin versuchte eS schonend zu sagen. Aber, heutzutage werden eben viele erschossen. Kann ich Ihnen irgendwie helfen, Frau Brügge  ?" Keine Antwort. Anna saß wie tot da. Lei­chenblaß. Frau Brügge  , ich bin nicht befugt, Ihnen das Geschehen« zu sagen. Bitte sprechen Sie mst niemanden darüber. Es könnte Ihnen von Nach­teil sein. Verstehen Sie?" Anna stand langsam auf. Ihr war es, al- ginge die Tür von selber auf. Erst, wie sie auf der Straße mit einem Men­schen zusammenstieß, erwachte sie wie von einem bösen, schweren Traum. Dann lief sie und lief. Im Laufen schrie Anna immer wieder und wieder: ES lebe der Führer  . Es lebe der Führer . Leute ruft mit. Sonst werdet ihr auch noch erschossen. Warum ruft ihr denn nicht mtt? Wollt ihr auch erschossen werden? Hört ihr denn nicht? Es lebe der Führer-.* Und dann sank Anna Brügge wie leblos auf den Asphalt. Aber Anna Brügge lebt noch...» AuS dem Dänischen   übersetzt von O. O. Jens«.