«t. 273
Mittwoch, 21 November 1934
Seite 5
einer Politik, welche den Erfordernisse» der Arbeiterschaft in der Tschechoslowakei   entspricht, Rechnung tragen will oder nicht.
genau festgelegetn Bedingungen und in sehr be­schränktem Umfange erfolge? wird. Durch die Durchführung dieser Absicht würden die t s ch e- choslowakischenArbeiterinFrank- reich sehr fühlbar betroffen wer­den. Bisher war es nämlich Brauch, daß nach fünfjährigem ununterbrochenen Arbeitsaufenthalt in Frankreich   ihre Ausweise automatisch erneuert wurden. In der letzten Zeit wurde zahlreichen seit Jahren in Frankreich   ansässigen tschechoslowaki- schen Arbeitern die Verlängerung ihrer Ärbcits- auSweise verweigert. Nach einer Statistik der tschechosloivakischen Kolonie beträgt die Zahl der während der letzten drei Jahre nach Frankreich   eingewanderten tsche- choslowakischen Arbeiter 19.000, während die Zahl der in'ihre Heimat zurückbeförderten tschechoslo- wakischen Arbeiter 20.000 übersteigt. Nur bei den Tschcchosiowaken und den Portugiesen übersteigt die Zahl der in die Heimat zurückbeförderten Ar-' beiter diejenige der eingewanderten Arbeiter. Das»Journal" verlangt aus­drücklich, daß bei der Entlassung von Arbeitern darauf Rücksicht genommen werde, welcher Nationalität sie sind, ob es sich um deutsche Flüchtlinge, um Israeliten, Neutrale oder um Angehörige befreundeter und verbündeter Staaten
»Pfeffermünzmühle" gastiert( und versuchte die Aufführung mit Gewalt zu verhindern. Rach dem Vorbild des Kulturkämpfers Goebbels   warfen die Demonstranten Stinkbomben und Steine in den Zuschauerraum und mußten von der Polizei mit Schreckschüssen Vertrieben werden. Bei den Ver­haftungen ergab sich, daß viele der Demonstranten mit Revolvern und Schlagringen ausgerüstet lvaren. Ihre Abhängigkeit vom hitlerdeutschcn Vorbild bewiesen sie auch noch dadurch, daß sie iin Sprechchor»Juda verrecke I" brüllten und Rufe gegen die deutschen Emigranten ausbrachten.
Es ist selbstverständlich, daß aus diesem An­laß das Verhältnis der beiden Internationalen zu­einander zur Sprache kam. In den letzten Mona­ten haben nicht, nur die österreichischen, spanischen und italienischen Parteien sich mit den kommuni­ stischen   Parteien über ein gemeinsames Vorgehen in ihrem vom Fascismus beherrschten Ländern ge­einigt, sondern es hat auch die französische   Partei, also die Partei eines Landes mit bürgerlicher De­mokratie, ein Abkommen mit der französischen  kommunistischen   Partei über gemeinsame Aktionen, Unterstützung bei Wahlen usw. getroffen. Die französischen   Genossen begründeten ihr Verhalten mit den Ereignissen in Frankreich  , wo seit dem Feber dieses Jahres die realtionär-fascistische Be­wegung immer größer wurde und sich des Schutzes der damaligen Regierung Doumergue erfreute. Angesichts dieser akuten Gefahr habe sich die fran­ zösische   Partei zu ihrem gemeinsamen Vorgehen mit den Kommunisten entschlossen. Sie bezeichnet den Sturz der Regierung Doumergue als ihren Erfolg. Naturgemäß mußte nun die Frage eines all­gemeinen Paktes der Parteien in allen Ländern erörtert werden. Die große Mehrheit, iusbcsonders die Vertreter der Länder der Demokratie, lehnten einen solchen Pakt sowohl mit Rücksicht auf die Situation in ihren Ländern, als mit Rücksicht auf die internationale Lage ab. Sie erklärten, daß Verhandlungen ohne vorangehende grundlegende Aenderung in der Taktik und den Grundsätzen der Komintern zwecklos seien und nur Schaden an­richten könnten. Sie anerkannten, daß durch die in einigen Ländern mittlerweile getroffenen Ab­machungen der Parteien beider Richtungen die bisherige Anschauung, daß nur Verhandlungen von Internationale zu Internationale zweckmäßig seien, überholt ist, daß sich die Situation in den einzelnen Ländern verschieden gestaltet und somit auch die Voraussetzungen für solche Einheitsaktio­nen in den Ländern von einander abweichen, und daß es somit den Parteien selbst überlassen bleiben möge, solche Abkommen zu treffen oder nicht. Zu Verhandlungen mit den Komintern, die von diesen übrigens allem Anscheine nachgarnicht gewünscht werden, sei kein Anlaß und fehlen die Voraussetzungen. Es ist begreiflich, daß die Vertreter jener Parteien, welche Einheitsaktionen bereits durchführen, einen abweichenden Standpunkt einnahmen und der An­sicht Ausdruck gaben, daß Verhandlungen zwisckvn den beiden Internationalen zweckmäßig seien. Sie begründeten dies insbesonders mit der drohenden Kriegsgefahr. Zu einem Beschlüsse in dieser Rich­tung.kam cs schon deshalb nicht, weil ja die Ko- Mintern auf das vorjährige Anbot nicht geant­wortet Has, somit eine Grundlage für einen Neuer­liche» Beschluß nicht gegeben war. Die Resolution wurde schließlich nahezu einstimmig angenommen. Geeint ist die Internationale in den grund­legenden Fragen, insbesonders der Stellung zur Demokratie. Hier zeigte sich, daß Verhandlungen mit der Ko-
sind. wenn diese ihren bisherigen Standpunkt auf­recht hält. Ob trotzdem derzeit, der Versuch zu Mächen wäre, eine Aenderung dieses Standpunktes herbeizuführen, ist eine taktische Frage, deren Be­antwortung verschieden lauten kann. Die große Mehrheit negiert sie umsomehr, als ja Sowjetrußland selbst zwar mit bürgerlichen Staaten Bündnisse abschließt Und in den Völ­kerbund eintritt, bisher aber nichts getan hat, den sozialistischen   Parteien des eigenen Landes Bewegungsfreiheit zu geben.. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß diese Frage die S. A. I. noch oft beschäftigen wird. Für«ns ist die entscheidende Frage die, ob die kommunistische Partei ihren Standpunkt zur Demokratie ändern und ob sie den in den gege- benne Verhältnissen liegenden Notwendigkeiten
Sonntag beginnen wir mit dem Abdruck unseres neuen Romans: i 11 i
Paris.(Tsch. P.-B.) Die Regierung Flan- din hat zu einem ihrer grundsätzlichen Programm­punkte die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und den erhöhten Schutz der heimischen vor den aus­ländischen Arbeitern gemacht. Eine besondere in­terministerielle Kommission, bestehend aus Vertre­tern des Landwirtschafts-, des Arbeits- und des Innenministeriums tagt täglich unter dem Vorsitz des Staatsministers Herriot   und plant sehr strenge Maßnahmen zur weiteren Beschränkung der Zahl der ausländischen Arbeiter. Die Presseführt eine scharfeKam- pagnegegendieausländischcnAr- beiter und Arbeitsminister Jacguier erklärte gestern im Gespräch mit einem Redakteur desPa­ris Soir", es sei notwendig, den französischen  Arbeitern die Sicherheit zu geben, daß sie die Fol­gen der Krise erstmach den ausländischen Arbeitern spüren. Der Minister fügte hinzu, daß das Ver­hältnis der ausländischen Arbeiter in zahlreichen, hauptsächlich industriellen Unternehmungen her­abgesetzt werden müsse. Nach privaten Informa­tionen soll die Zahl der ausländischen Arbeiter in Frankreich   um 100.000 herabgemindert werden. Der Minister sagte ferner, daß die Erneuerung der polizeilichen Identitätsausweise für die frem­den Arbeiter(diese Ausweise dienen gleichzeitig als Aufenthaltsbewilligung) künftighin nur unter| handelt.
Die Exekutive der S. A. I. befaßte sich in ihren Sitzungen, welche vom 13. bis zum 16. No­vember in, Paris   stattfanden, in der Hauptsache mit den Vorgängen in Spanien   und mit dem Verhältnisse zu den kommuni st ischen Parteien. Ueber die Lage in Spanien   berichteten der spanische Genosse P r i e t o uttd der französische  Genosse Vincent A u r i o l, der im Auftrage des Büros der S. A. I. durch fünf Tage Erhebungen in Spanien   durchgeführt hatte. Beide Genossen stellten fest, daß die Schuld an den spanischen Er­eignissen ausschließlich die Regierung trifft, daß die spanische Partei unversehrt ist und ihre Tätig­keit fortsetzt. Genosse Vincent Auriol   hat einwandfrei sichergestellt, daß die»on der bür­gerlichen Presse verbreitete« Nachrichten über Greueltaten der spanischen   Arbeiter durchaus erlogen find und daß, wenn von Greueltaten gesprochen wird, diese ausschließlich von den Regierungstruppen Farbigen und Fremdenlegionären begangen wurden. Die Exekutive beschloß im volfen Einver­nehmen mit dem Internationalen Gewerkschafts­bund alles vorzukehren, um sowohl den inhaftier­ten als den in Rot   geratenen spanischen   Genosse« die größtmöglichste Hilfe zu bringen. Die spanische Partei hat eine Niederlage erlitten; ihre Kaders stehen aber unge- brachen da, sie hat in dem ihr aufgezwun- grnen Kampfe'einen Grad von Schlagfertigkeit, Opferbereitschaft und Mut bewiesen, der ihr die Bewunderung jedes Sozialisten sichert. Wir sind stolz auf unsere spanischen Genossen! Am 11. Oktober hat die kommunistische In­ternationale an die S. A. I. die Aufforderung zu gemeinsamen Aktionen für die spanischen   Genossen gerichtet. In dieser Zeit war die spanische Reak­tion bereits siegrelch. Am 14. Oktober sand in Brüssel   eine Besprechung der Genossen Bänder- Velde und Fritz Adler   mit den Vertretern der Komintern   C a d i n und T h o r r e z statt. Unsere Genossen verwiesen auf das schon im vorigen Jahre seitens der S. A. I. an die Komintern ge­richtete Anbot zu Verhandlungen über rin gemein­sames Vorgehen, erhielten aber nur ausweichende Antworten. Sie erllärten ferner, daß die S. A. I. auf das Anbot der Komintern nicht gewartet, son­dern sich sofort bei Beginn der spanischen   Ereig­nisse mit einem Aufruf an die ihr angeschloffenen Parteien gewendet und auch bereits alles vorge- irhrt hab«, nm den spanischen Sozialisten zu Hilfe zu kommen. Das Anbot der Komintern   müsse de, Exekutive der S. A. I. vorgelegt werden. -Die Exekutive kam zu dem Beschlüsse, daß das Anbot der Komintern auf gemeinsame Kund­gebungen für die spanischen   Arbeiter schon zu der Zeit überholt war, als es die S. A. I. erreichte, daß aber solche Einzelaktione« zwecklos und verwirrend wären, insolange der Kamps der Kommunisten gegen die sozialdemokratischen Parteien a«f der ganzen Linie mit«nverminderter Heftigkeit weitergrht.
Kabinett Flandin gegen ausländische Arbeiter Tschechoslowakische Kolonie gefährdet
ßabiola von O. iffteinp/Iu^ot a Illustriert von G. H. TRAPP.
Goebbels  -Schüler in der Schweiz  Am Freitag und Samstag der vergangenen Woche kam es in Zürich   zu fascistischen Demon­strationen gegen das von Erika Mann  (der Tochter Thomas Manns  ) geleitete Kabarett »Pfeffermühle". An beiden Wenden fand sich eine Schar von 80 bis 100 Mitgliedern der fascisti­schen Verbände»Nationale Front" und»Neue mintern von vornherein zum Scheitern verurteilt! Schweiz  " vor und in dem Kursaal ein, in dem die
Vie Tagung der Exekutive der S. A. I Von Dr. Carl Heller
rufe ihm zu, wenn er versinkt: Du hast es ge­wollt, erhabener Herr, ich habe gehorcht, dein unwürdiger Diener!" ' Die Äugest Li-Hangs flammen, seine Hände sind zum Himmel erhoben wie die Hände eines Priesters beim Geber. Er sieht über die Kuli­hinweg, die einen.Kreis um ihn schließen. Dann senkt sich seine Stimme, und matt, fast leise, sagt er: Aber er wird nicht kommen, Freunde, er kommt nicht. Er setzt sich zu Hause vor seinen goldenen Spiegel und betrachtet machtstolz das Zeichen des schillernden Bogels auf seiner Brust. Er geht durch das Zimmer und freut sich dar­über, daß die Sonne seinen Schatten auf den Boden zeichnet. Stünde es in seiner Gewalt, er würde ihr gebieten, nur den Menschen einen Schatten zu schenken, die er auswählt. Es gibt Menschen, die ihren Schatten nicht wert sind- Bor diesem Schatten soll ich in di« Berge von Schan- Si fliehen, in deine Höhle,-Kwan?" Die Kulis schweigen. Sie kennen Li-Hang, er vermag hunderten mit seinem Rat zu helfen, doch wein, hundert ihm raten, er schlägt ihr Wort in den Wind. Winkt ihnen ein Gast, verschmelzen ihre dürren Arme mir den Stangen der Riksha  , rollt das grauweiße Band der Straße sich end­los und wimmelnd vor ihren Augen auf, trom­meln ihre Füße mit eintöniger, erbarmungsloser Regelmäßigkeit auf das Pflaster, dann werfen sie einen Blick zurück auf Li-Hang, und es ist, als nähmen sie Abschied von ihm. Sie keNnen Li- Hang, aber sie kennen auch Tscheng-Ki-Fong; seine Hand schließt sich fest um die Kehle des Opfers, der Sohn des Himmels müßte kommen, um es zu befreien. Im Morgengrauen wird Li-Ha«g aus seiner Hütte geholt/ feine Hand- werden gefesselt, zwei Reiter nehmen ihn in die Mitte; er geht gemesse­nen Schrittes an den derben Stricken zwischen ihnen her. Sie führen ihn am User entlang, die Hügel im Osten sind rot überhaucht, noch spiegelt ein Stern sich im Strom. Lang ist der Weg und spitz die Steine am StraßenrctNd. Die Füße Li-HangS blute», aber er wendet kein Wort an die Reiter.
Dang wird ihn suchen, in der Stunde, da sie zur Schule geht; er hat ihr«in kleines Holzpferd­chen geschnitzt, noch ist es nicht fertig, sie bewachtet täglich sein Werden mit brennenden Augen. Es liegt im Schuppen, hinter dem Wirtshaus, bei seintr Riksha  .-Kwan wird es finden, aber seine Hände sind nicht geschickt genug, um eS zu vollenden. Arme Dang! Der Mandarin läßt di« Richter rufen. Mit großen Worten erzählr er ihnen, was vorgefallen; Li-Hang habe den Kaiser gelästert in der Gestalt seines Statthalters, keine Strafe sei zu hoch für fen Verbrechen. Wir lassen ihn köpfen," sagt Tsing-Fu, der dickste unter den Ricksiern,wir lassen ihn köpfen. Wir haben von ihm gehört. Ein Narr. Hält Reden auf dem Marktplatz. Dünkt sich weiser als die Berater des Kaisers. Ein Narr. Nur ein Narr konnte ungehorsam sein gegen dich, Tscheng-Ki-Tong. Doch Narren seiner Art sind gefährlich. Wir lassen ihn köpfen." ^Tscheng-Ki-Tonz lächelte Tsing-Fu an, er rieb die Hände vor der Brust und neigte sich, als Zeichen, daß er die hohe Weisheit seines obersten Richtxrs anerkenn«. Da piepst die dünne Sttmm« eines kleinen, zitterigen Männleins dazwischen. Wir lassen ihn köpfen, den Narren, gewiß. Doch es wird eine Schwierigkeit haben." Tscheng-Ki-Tong fährt auf, seine Züge ver­dunkeln sich, er drückt di-: Hände flach an den schimmernden Fleck mit dem glitzernden Vogel. Schierjgkeiten? Wenn mein Wille vollstreckt werden soll?" Wieder piepst das dünne Stimmlein: Eben, eben; der ihn tollstrecken soll, fehlt." D«r Mandarin lieht Tsing-Fu verständnis­los an. Der Henker fehlt? Wo ist der Henker? Dsing-Fu blickt ratlos im Kreis umher, als suchte er Hilfe bei einem Unsichtbaren, bei einer Fee, die plötzlich aus dem Böden zu wachsen vermag. Er neigt seinen Mund nahe an das Ohr j Tsch«ng-Ki-Tongs und sagt leise: In Kan-Su werde-: heute hundert Re­bellen gerichtet. Der Mandarin von Kan-Su bat Mich ich wollte nicht ungefällig sein- es kann der Fäll eintreten, daß auch wir ver­steht mich, Herr/
Tscheng-Ki-Tong zieht die Augenbrauen zusammen. Wann kehrr er wieder?" Ehe Tsing-Fu geantwortet hat, piepst das Stimmlein: Wenn mein armseliges Wort Gewicht hat in diesem Kreise ich rate, nicht zu warten. Ein Narr macht viele Narren es ist gut, wenn Li-Hangs Mund bald verstummt". Wir werden den tapfersten Soldaten des Heeres holen," sagte Tsing-Fu und wirft sich in die Brust.Ein Krieger schreckt nicht davor zurück, das Schwert gegen einen Narren zu er­heben." Aber Tscheng-Ki-Tong hat sich noch nicht zu dem Vorschlag geäußert, als das Stimmlein sich wieder meldet: »Verzeiht mir Unwürdigen aber wenn mein Wort Gewicht hat in diesem Kreis es ist nicht gut, einen Krieger das Schwert erheben zu lassen, wenn nicht Krieg ist. Es Hann geschehen, daß er es morgen aus eignem Antrieb erhebt, und wir das Haupt nicht mehr bestimmen können, gegen das er es richtet." ES ist still, als das Stimmlein verebbt. Rach einer Weile sagt der Mandarin: «Dein Wort ist weise. Es ist nicht ratsam, in den Zetten des Friedens einem Menschen den Befehl zu erteilen, andere Menschen zu töten. Der Pöbel verwechselt zu gerne Feiertag und Werktag. Wir müssen einen andren Ausweg finden." Der Mandarin sieht Tsing-Fu fragend, an, der dreht den rechten Daumen um den linken, den linken um den rechten und schweigt. »Weise Berater habe ich" sagt Tscheng- Ki-Tong.»Ich werde noch Li-Hang holen und ihn fragen müssen, woher wir einen Henker für ihn nehmen sollen." »Vielleicht weiß dec Narr selbst dies", piepst das Stimmlein, aber nur ganz leise. Dann sprübt es lauter: »Nimm einen Sträfling aus dem Gefäng­nis. Schenk ihm die Freiheit, wenn er den Schwertstreich tut. Das ist reicher Lohn für einen kurzen, schnellen Hieb." Tsing-Fus Augen leuchten auf. »Der Bauer, der fern« Frau erschlug, der
um sein Leben bettelte, als er vor dem Henker stand, den deine Milde, Tscheng-Ki-Tong, zu lebenslänglichem Kerker begnadigte- L- er wird uns retten." »Retten? Wähle deine Worte besser, Tsing- Fu", rügte der Mandarin. Das Stimmlein piepst:Retten! Retten? Ein Bauer uns?" Verkünde ihm meine Gnade, Tsing-Fu", sagt der Mandarin,»und erstatte mir Bericht. Macht es kurz mit Li-Hang. Hört ihn an und sprecht das Urteil. Morgen, wenn die Sonne auf­geht, fällt sein Kopf." » Zwischen moosgrünen, feuchten Steinen ist Lung-Kwen angekettet. Durch einen Spalt, nicht breiter als eine Kinderhand, fällt spärliches Licht in seinen Kerker. Er hat die Augen geschlossen, er träumt. Felder, die in der Sonne liegen wie satte schlafende Tiere, in deren Fell der Wind svielt. Das Meer, ein großes, dunkles Rauschen, ein brüllendes Volk von Millionen Tropfen, keiner will an den Uferfelsen in ein weißes Nichts zer­stieben, und jeden Augenblick werden tausend und tausend von der malmenden Brandung gegen das spitze Gestein geworfen. Ob jetzt Frühling ist und die ersten Schmetterlinge über die Wiese tan­zen? Ob di« Bäume kahl sind und die Felder verödet? Der Schlüssel raffelt, Tsing-Fu tritt ein. «Das Licht der Gnade ist auf einen Unwür­digen gefallen", sagt er feierlich.«Der Manda­rin Tsckieng-Ki-Tong, Statthalter des Kaisers in dieser Provinz, schenkt dir die Freiheit." Lung-Kwen faßt den Inhalt der Worte noch nicht, die er hört. Die Freiheit? Die Felder? Das Meer? Den unendlichen Himmel? Er legt die Hände an die Schläfen, er wie­derholt'sich die Worte, Silbe um Silbe: Tscheng- Ki-Tong schenkt ihm die Freiheit. Leise sagt er: »Ist dem erhabenen Mandarin eines großes Glück widerfahren, dankt er den Göttern mit fei­ner Güte?" Tsing-Fu weiß keine Antwort. Es braucht eine Weile, bis er die Worte gefunden hat. »Der Mandarin bittet dich um einen Dienst." «Fortsetzung folgt.)