*t. 282Samstag, 1. Dezember 1934Seit« bSchweres Unglück auf derBefnv BahnEine Ansicht der auf den Besuv führenden Eisenbahn, auf der ein Motorwagen aus den Gleisensprang und an einem Mast der elektrischen Stromleitung zerschellte. Aus seinen Trümmer« wurden sieben Tote und neun Schwerverletzte geborgen.Was wird aus Südwestafrika?<AP.) Im deutschen Blätterwald ist man etwaspeinlich überrascht über die Wahlniederlage der Deutschen, die sehr folgenschwer sein kann. Sie zeigt deutlich, welchen Schaden der Nationalsozialismus demAuSlandsdeutschtum zufügt. Die Niederlage ist soeklatant, daß sie durch kein Jonglieren mit ZahlenwegeSkamotiert werden kann. Aber so sieht cs aus,wo kein Terror waltet! 1826 hatten die Deutschenin allen zwölf Wahlkreisen von Südwestafrika nochdie Mehrheit. 1829 erhielten sie nur noch vier Sitze,und diesmal konnte nur ein Sitz, und zwar in Lüde-ritzbucht, gehalten werden. Selbst das Mandat inWindhock ging verloren. An eine Verhinderung derZweidrittelmehrheit der Vereinigten Partei war nichtmehr zu denken. Man hat nach den Ursachen der Niederlage geforscht. Aber der Nationalsozialismus besitzt natürlich nach seiner ganzen Veranlagung nichtdie Fähigkeit, die Schuld bei sich zu suchen. Da wirdnach ganz abseitigen Gründen gesucht: das Verbotder NSDAP, das Zusammengehen mit der Wirtschaftsliga, das Eintreten eines Kandidaten, General de Jager für den von den anderen bekämpftenAnschluß an die Südafrikanische Union, schließlichdie Tatsache, daß sich die Bevölkerungszahl nicht mitder Wählerzahl deckt, da die Deutschen erst nach fünfJahren die Landesangehörigkeit erwerben, alsogegenüber Engländern und Buren im Nachteil sind.Die Bereinigte Partei wird die Angliederung andie Union als fünfte Provinz neben der Kap-Pro-ivinz, Transvaal, Oranje-Freistaat und Natal fordern. Man macht geltend, daß es sich um keine Einverleibung handle, sondern um eine Verwaltungsmaßnahme, die mit dem Mandatscharakter durchausvereickbar sei. Die Bereinigte Partei drängt auf dieBerwaltungsgemeinschaft wegen der möglichen Ersparnisse und wegen der Verschuldung des Gebietes.In Südafrika selbst sind die Meinungen geieilt. Esgibt auch Gegner der Einheit. Manche wollen aufdie Stimmung im Deutschen Reich Rücksicht nehmen.Man fürchtet auch neue Spannungen im Mandatsgebiet. Schließlich verweist man darauf, daß aufRückzahlung der geschuldeten 2 Millionen Pfundkeine Hoffnung bestehe und daß der Hauptzweck desAnschlusses in der weiteren Inanspruchnahme derUnionkaffe bestehe.Separatisten in AustralienlAP.) Eine Delegation aus West-Australien hatsich nach London begeben. Sie fordert, daß der westaustralische Staat von seiner Zugehörigkeit zumaustralischen Commonwealth befreit und wieder zueiner Kron- Kolonie gemacht werde. Das Volk istbereits durch ein Referendum befragt worden. Warumwill Westaustralien aus dem Verband ausscheiden? Esbehauptet, daß die Bundesregierung sich in ihrerZoll- und Steuerpolitik zu sehr von den Wünschendes industrialisierten Ostens leiten laffe und auf denlandwirtschaftlichen Westen keine Rückficht nehme.Dadurch sind die Ausfuhrmöglichkeiten für die Agrarprodukte Westaustraliens verringert und die Lebenshaltungskosten erhöht. Die Steuern, die auf den reicheren Osten zugeschnitten find, erweisen sich im Westen als untragbar. Alle Hinweise im Parlament, woWestaustralien nur über eine kleine Minderheit verfügt, waren erfolglos.In England kam dieser Appell recht ungelegen.Man weiß, daß die Beschwerden zu Recht bestehen.Der 1800 ins Leben gerufene Bund fand noch keinenMittelweg zwischen Zentralismus und Dezentrallfie-rung. Auch Südaustralien, Queensland und Tasmanien sind unzufrieden. Aber die Commonwealth istselbständig, und das Mutterland kann sich nicht in dieinnerpolitischen Lcrhältniffe einmischcn. Denn^ieCommonwealth. io sagen die Juristen, sei zu einemIhnen vMate ichDIE FEINE MARGARINEwarum die Teemargarine SANAso ausgiebig, schmackhaft undgesund ist: weil sie das Besteenthält, was ich und meineFreunde, die Erdnuss, die Milchund das Ei, zu bieten haben. Merken Sie sich: nahrhaft, leicht verdaulich und ausgiebig, das ist dieTeemargarine SANA.SanaVolkswirtschaft and SozialpolitikAk UWlWkWMlW ill Ift MUlMlkiDer Rückgang der Braunkohlenproduktionbeträgt im gesamten Staatsgebiet gegenüber denhöchsten Produktionsziffern rund 33 Prozent.1928 1929Nprdböhmisches Becken 15.583Falkenauer-Elbogener Becken 4106Südmährisches Becken 219Sonstige Braunkohlengrubenin Böhmen u. Mähr.-Schles. 68Braunkohlengr. i. d. Slowakei 49517.4014.26022588586Am stärksten tritt der Ausfall im Falkenau-Elbogener Becken in Erscheinung. Auffällig ist,daß die Braunkohlengrube« in der Slowakei nochDer Absturz der Löhneim Dritten ReichAus dem Geschäftsbericht der RheinischenStahlwerke in Effen wird der starke Absturz derArbeiterlöhne und Angestelltengehälter, der sich inden lebten Jahren vollzogen hat. ersiHtlich. Esbetrug pro Tonne Steinkohle Lohn und Gehalt:1928/29 10. RM1981/32 7.40 RM1932/88 6.58 RM1983/34 6.42 RMDer Bericht dieses kapitalistischen Großunternehmens widerlegt also die Lügen der herrschenden Nationalsozialisten, nach denen es im JahreSöit dem Jähre 1928 nahm die Braunkohlenproduktion in den verschiedenen Becken diese Entwicklung:1930198119321933in tausendTonnen14.78313.87812.05311.4883.5263.1542.9682.74920020020118486687582598603'’ 568561bis zum Jahre 1931 steigende Produktionsziffernverzeichnen; erst 1932 beginnt die Produktionleicht zu sinken.1933/34 keine Lohnverminderungen in Deutschland gegeben haben soll.Rußlands Tcxtilplan. Der in Ausführungbegriffene zweite Fünfjahrplan sieht in der leichten Industrie unter anderem die Errichtung von15 Baumwollspinnereien vor, davon fünf mit je200.000 Spindeln. Während die Schwerindustrieihre Erzeugung in den ersten neun Monaten d. I.um 28 Prozent vermehrt hat, konnte* dieMaschinenindustrie den Plan nicht erfüllen. Nmdie notwendigen Maschinen für die Baumwollindustrie zu bestellen und technische Hilfe vomAusland zu gewinnen, haben fünf leitende Mänrner dieser ruffischen Industrie eine Reise nachEngland, den Bereinigten Staaten und Deutschland angetreten. Die günstige Handelsbilanz unddie gesteigert« Goldgewinnung der Sowjetunionermöglichen diese Käufe im Ausland.unauflösbaren Staatenbund geworden. And doch erließ Westaustralien seinen Hilferuf. Es macht geltend, daß diejenige Instanz, die einen RechtSzustandschuf, diesen auch wiederrufen könne. Aber von derrechtlichen Seite abgesehen, möchte natürlich Englandkeinen Konflikt mit Australien heraufbeschwören,deffen Stillung zu dem Sezessionsbegehren natürlichablehnend ist. Auf dem Wege des inneraustralischenRechts aber hätte Weftaustralien keinerlei Aussicht,an das Ziel seiner Wünsche zu kommen. Da in 4 von6 Staaten eine Bollsmehrheit für eine VerfafsungS-änderung vonnöten ist, find hier unübersteigbareSchranken aufgerichtet. Die„Times" schlägt eineRound-Table-Konferenz vor. Denn ganz uninter-effiert ist England anderseits an der Frage nicht, daihm eine Lockerung des australischen Schutzzollsystemserwünscht ift und das Westaustralien mit seiner dünnen Bevölkerung«her zur Aufnahme britischer Auswanderer bereit sein würde.Geweiht» Erde!„Bon historischen Stätten desBauerntums, so aus dem Stedinger Landund von den Grab st ättenHor st Wesselsund Schlaget«!S, war heimatliche Erde nachGoslar gebracht worden. Diese Erde wurde infeierlicher Weis« von Kindern inweißen Gewändern zusmnmengetragenund in einer Urne vereinigt."(Aus einem Bauerntagungsbericht einer reichsdeutschen Zeitung.!Erd« vom Grab eines Zuhälters und einesSpions und dazu die mißbrauchte Unschuld weißgekleideter Kinder— es ist ein vollendetes Bildneudeutscher Sittenverwilderung IMitteilungen aus dem Publikum.Kalt« Führ find ein Zeichen schlechten Blutkreislaufes infolge ungenügender Ernährung der unterenExtremitäten. Dies äußert sich bei geistigen undkörperlichen Arbeiten, bei wenig Bewegung. PflegenSie Touristik oder Fußturnen und maffieren Sietäglich vor dem Schlafengehen die Füße mit unverdünntem Franzbranntwein„Alpa" in Original-Packung mit Plombe. 190Die Mochi-Mochi-Girls(AP.) Die Mochi-Mochi-GirlS sind kein« Tanztruppe wie die Tiller-Girls und haben mit demVarietee überhaupt nichts zu tun. Wenn man inJapan den Telephonhörer abuimmt, tönt einem einsanftes und zartes Mochi-Mochi entgegen. Es entspricht unserem Hallo— Hallo, und die Mochi-Mochi-GirlS sind di« Telephondamen von Tokio! Manrühmt ihnen nach, daß sie über eine Engelsgeduldverfligten und durch nichts aus der Ruhe zu bringenseien, für Europa gewiß ein Phänomen. Sie gäbensich auch die größte Mühe, einen Europäer zu verstehen, kurzum, sie seien die Höflichkeit selber. Es wirdchnen aber noch ein viel größeres Lob zuteil. ES heißt,daß sie sich niemals irrten und daß es inJapan keine falschen Verbindungen gebe. Davon seijeder so überzellgt, datz ec eher glaube, sich selbst geirrt zu haben. Die Mochi-MochiS sind alle uniformiert. Das ist Pflicht, hät aber, wie es heißt, keinemölitärische Bedeutung. Di« Uniform ift eine ArtUebergang vom Kimono zur europäischen Kleidung.Das Telephonzentralamt ift eine Art Kaserne. DieTelephonistinnen wohnen dort und werden dort verpflegt, tausend an der Zahl. Wieso irrt sich nun diejapanische Telephonistin nicht? Das Geheimnis besteht in unzähligen Vorbereitungskursen, währendderen erbarmungslos und unaufhörlich gesiebt wird.Rur die besten Kräfte haben die Chance, zum Dienstzugelaffen zu werden. Die Kurse dauern— fünfJahr«! Selbst an deren Ende können sie nochentlassen werden, wenn sich ihre Ungeeignetheit herausstellt. Danach beginnt erst ein Probejahr, unddann erst erfolgt die Anstellung. Man kann sich vorstellen, was eine derartige DerufSvorbildung ausmacht. Wenn die Telephonistinnen heiraten, muffensie den Dienst aufgeben. Soweit nicht Männer Furchtvor einem solchen Grad von Vollkommenheit haben,find di« Mochi-Rochis von Heiratslustigen sehr begehrt.GEDENKETbei allen Anlassender ArbeltertürsorgelPrager ZeitungDie ArbeitslosigkeitNach dem Bericht, welcher der Stadtratssitzung vom Freitag vorlag, wurden am 26. November 13.404 Arbeitslose in Prag gezählt. IhreZahl steigt ununterbrochen. Durch die verschiedenen Fürsorgeaktionen der Stadt wurden bisherinsgesamt 8851 Arbeitslose erfaßt, und zwar sindin den Arbeitskolonnen 7263 Männer und 577Frauen sowie 190 Aufseher und Beamte, in denArbeitsbataillionen 750 Jugendliche und in"denJugendheimstätten 71. Nächste Woche werden-dieverheirateten und ledigen Arbeitslosen in dieArbeitslosenkolonnen ausgenommen. Die Kindervon Arbeitslosen werden ausnahmslos in derSchule verköstigt. Ihre Zahl beträgt 11.235.'GcrichtssaalBlutschande und NotzuchtWieder ein unnatürlicher Vater vor den.. GeschworenenPrag. Das hiesige Schwurgericht verhandelteam Freitag abermals in geheimer Verhandlungeinen Fall blutschänderischer Notzucht. Erst zwei Tage vorher ist ein unnatürlicherVäter zu vier Jahren verurteilt worden, der seine18jährige Tochter vergewaltigt hatte. In beidenFällen waren die gleichen Verbrechen eingeklagt:Blutschand e, Notzucht, gefährlicheDrohung. Aber die Tatbestände sind sehr verschieden.Im vorliegeichen Fall ist den widernatürliche»Gelüsten des Vaters«in dreizehnjährigesKind zum Opfer gefallen. Vor zwei-Jahren hatdieser Vater seine Tochter zum ersten Male mißbraucht. Das heute 15jährige Mädchen saß gleichfalls auf der Anklagebank unter Anklage der Bl u t-schände. Den Namen der Angeklagten wollen wirum des geschändeten Kindes willen verschweigen.Auf dem Korridor vor dem Schwurgerichtssaalwartete frühmorgens die angeklagte Jugendliche mitihrer Mutter(der Vater war in Untersuchungshaft). Mutter und Tochter sind armselige Gestalten,ausgehungert und dürftig gekleidet. Eine Kleinhäus-lerfamilie aus einer Landgemeinde. Die Fünfzehnjährige ist im Wachstum stark zurückgeblieben undzeigt deutliche Spuren der Unterernährung. DieMutter ist eine abgerackerte, früh gealterte Frau. DieFamilie lebte in ärmlichsten Verhältniffen. Auf demarmseligen Häuschen lag eine Schuldenlast von Ke18.000. Die ganze Familie schlief in einer kleinenKammer. So kam es, daß der Angeklagte sich ineiner Nacht vor zwei Jahren zum ersten Male anseiner kleinen Tochter verging. Obwohl sich das Kindnach Kräften wehrte, wiederholte der Vater seineverbrecherischen sexuellen Anschläge gegen seine Tochter noch mehrmals. Das kleine Mädchen schwieg derMutter gegenüber, die von dem Geschehenen keineAhnung hatte, bis eines Tages das gequälte Kinddavonlief und einen Zettel hinterließ, auS welchemder ganze gräßliche Sachverhalt hervorging. So kamder Vater auf die Anklagebank, gleichzeitig wurdeaber auch das Mädchen der Blutschande angeklagi.Es wurde allerdings, wie vorauszusehen war, freigesprochen, denn«S war ja völlig llar, daßdieses Kind unter unwiderstehlichem Druck stand, demsie sich, wie ihr Fluchtversuch beweist, unter allenUmständen zu entziehen versuchte. Der Vater wurdedagegen schuldig erkannt und zu dreiJahren schweren und verschärftenKerkers verurteilt.Die mitangellagte Tochter vertrat als«x offo-B/rteidiger Dr. K. A. Müller. Dieser Anwalt giltnicht nur als guter Verteidiger, sondern auch alsguter Mensch. Die Mutter des Mädchens war nachPrag gekommen, obwohl sie nicht als Zeugin vorgeladen war. Sie bekam daher auch keine Zeugengebühren und keine Fahrtentschädigung. Sie hatte daher kein Geld zur Rückfahrt und stand nun völligratlos mit der freigesprochenen Tochter auf dem Kor-lridor. Der Verteidiger nahm sich seiner Klientin auchnoch über das gerichtliche Verfahren hinaus an undgab ihr das Geld, das sie und ihre Mutter zu derHeimreise brauchten. rb.Vorfrage3. A. Komensky im Spiegelder Anthroposophie.Em Vortrag als Beitrag zur DiskussionIn der Prager Ortsgruppe der Anthroposophischen Gesellschaft sprach Dr. Ludwig T h i e b e n(Wien) über»I. A. Kamensky, den Mannder Sehnsucht". Der Versuch, Leben undWerk dieses einzigartigen Mannes zu deuten, warauf jeden Fall lehrreich und instruktiv, wenn auchein gewiffer Mangel an objektiver Distanz und derZwang zur lösenden anthroposophischen Formelzu kommen, das Bild des großen Denkers gerade inseinen charakteristischesten Zügen Verdunkelle.Nach einem virtuos pointierten geisteSgeschicht-lichen Abriß, der einseitig, aber von starkem, suggestivem Reiz war— antikes Mysterium und katholisches Dogma im ewigen Widerspiel— gab derRedner eine biographische Skizze des Mannes, dereiner der bedeutendsten Wiedererwecker des tschechischen Sprachgefühls gewesen ist.Kamenskys Leben, fast beängstigend reich anideenträchtiger Universalität, ist von der Tragikewiger Ruhelosigkell umwittert; emigrantischc Not«mischten sich mit tückischen Zufällen, denen zweimalunschätzbare Werte seines Schaffens zum Opfer fi«-