Nr. 284

Dienstag, 4. Desember 1934

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Sozialdemokratic behauptet sich Ein Hilferuf an alle!

Lehrreiche Gemeindewahlen vom Sonntag

Bei den am Sonntag stattgefundenen Gemeindewahlen in der politischen Gemeinde Křt­much bei Dug erhielten die einzelnen Parteien folgende Stimmen und Mandate:

Deutsche Sozialdemokraten Kleinbauern und Häusler  . Tschechische Sozialdemokraten Tschechische Nationaldemokraten Tschechische Nationalsozialisten Kommunist.

Unpolitische Wahlgemeinschaft

1934

1931

Stimmen Mandate Stimmen Mandate

84

208

306

8

50

1J

158

4

178

4

110

68

2/

178

4

59

1

100

.

467

13

Die Unpolitische Wahlgemeinschaft" ver­einigte die Anhänger der früheren Wirtschafts­partei( mie 5 Mandaten) und Hakenkreuzler ( mit 6 Mandaten). Sie gewannen also 42

Stimmen und 2 Mandate.

Zu den Stimmen unserer Partei muß man auch die der Kleinbauern und Häusler   rechnen, so daß wir einen Verlust von 48 Stimmen haben. Bei der letzten Gemeindewahl betrug der Anteil undserer Partei an den 1189 gültigen Stimmen 25.56 Prozent, am letzten Sonntag bei 1120 gültigen Stimmen( mit den Kleinbauern und Häuslern) 23.03 Prozent.

Die Kandidatenliste der tschechischen National­demokraten war eine Vertretung der tschechischen Kohlenbergbaugesellschaft. Mit welchen Methoden von

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( 177 1248

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dieser Seite gearbeitet worden ist, beweist die Tat­sache, daß der Listenführer der tschechischen Natio nalsozialisten im Testen Moment ,, herüber"-genom­

men wurde zu den Nationaldemokraten. Diese hat=

-

ten am Samstag in Wohontsch noch eine Wähler­versammlung, in der sie vor allem gegen unsere Bar­tei und gegen den Genossen Taub zu Felde 30= gen. Auch die Kommunisten bemühten sich noch am Samstag, durch ein Flugblatt, das sich vor allem gegen die Sozialdemokratie und den verstor­benen sozialdemokratischen Vorsteher richtete, ihrer Liste zum Durchbruch zu verhelfen. Es nüßte ihnen alles nichts, die verlieren zusehends an Ansehen und Bedeutung innerhalb der Arbeiterschaft.

Unsere Partei ist auch aus diesen mit einem be= währten Stock ihrer Anhängerschaft hervorgegangen und der Verlust ist angesichts des prozentigen Rückganges der Gesamtstimmenzahl nicht bedeutend.

Zeigt auch die Gemeindewahl in Kremusch| Gemeinden Engelsberg   und Dön is erlit einen starken Verlust der Kommunisten, so sind ten, tatastrophal zu nennen. Hier sind die Er­die Verluste, die sie in den zivei nordböhmischen gebnisse:

Dönis

1934

1933

3

Stimmen Mandate Stimmen 130

Mandate

109

2

43

1

0

} 85

2

37

1

542

12

724

16

605

13

111

87

183

88

1362

30

1382

22428

30

Wir stehen vor dem sechsten Krisenwinter!

In den Familien der Arbeitslosen und der Kurzarbeiter ist die Not aufs höch­ste gestiegen. Es fehlt tausenden und abertausenden Familien in den von der Wirtschaftskrise besonders arg betroffenen deutschen   Siedlungsgebieten an al­lem zum Leben Notwendigen: an Nahrung, an Kleidung, an Heizmitteln. Frierend und hungernd kauern Eltern und Kinder in den trostlos verödeten Stuben. Ihre letzten Hoffnungen, die allein sie noch aufrecht erhalten, wenden sich ihren Arbeitsbrüdern und Arbeitsschwestern, wenden sich der Solidarität der noch arbeitenden Klassengenossen zu.

-

Hilfe für die seit Jahren Arbeitslosen das ist, wenn wir Arbeiter und Arbeiterinnen sie leisten, nicht Wohltätigkeit, das ist ein Akt der Selbst­hilfe. Denn wer sich bemüht, die ärgste Not der am schwersten betroffenen Opfer der Krise zu lindern, hilft damit einem besonders gefährdeten Teil der eigenen Klasse.

Die Arbeiterfürsorge" ruft zu sofcfier

99

Selbsthilfe- Aktion auf!

Wie in früheren Jahren wurde auch heuer wieder der Standpunkt vertreten, dort, wo Selbstverwaltungskörper( Bezirke und Gemeinden) zentrale Hilfsaktionen einleiten und durchführen, unseren Funktionären nahezulegen, sich an diesen Aktionen zu beteiligen, die die Aufbringung größerer Mittel und auch die gerechte Verteilung an alle Hilfsbedürftigen ohne Rücksicht auf die Parteizugehörigkeit gewährleisten.

Nun aber gefährden diejenigen, die für die Volksgemeinschaft" schwär­men, die Heimatfrontler, durch die Gründung der sogenannten ,, Sudetendeut­schen Volkshilfe" jeden Erfolg der von öffentlichen Körperschaften geplanten Aktionen. ,, Sudetendeutsche Volkshilfe"- das heißt natürlich: bloß Hilfe für diejenigen, die ihre Seelen zu verkaufen bereit sind, heißt Ausschluß der Marxisten und Wählerfang.

So sind die Arbeiter, wie so oft schon, angewiesen auf die Selbsthilfe, auf die von Arbeitern für Arbeiter veranstalteten Hilfsaktionen!

Die Kraft unserer Selbsthilfe reicht freilich nicht aus, die Not der Krisen­opfer zu beseitigen. Dazu bedürfte es der Aenderung der gesellschaftlichen Ver­hältnisse. Aber wir wollen den ärgsten Hunger lindern und das ist möglich, wenn alle mithelfen!

Wir rufen zu einem

-

nicht.

Deutsche Sozialdemokraten Tschechische Sozialdemokraten Tschechische Nationaldemokraten Kamn: nisten

Deutsche Wahlgemeinschaft Deutsche Nationalsozialisten Christlichsoziale

Gewerbepartei Deutschsoziale

0

Kommunisten

Fascisten( SHT  ) Wahlgemeinschaft

9

9

Engelsberg  

Stimmen

144

Mandate 5

Frühere Mandate

9

214

8

0

61

2

.

6

419

15

15

In Engelsberg   haben die dentschen Sozialdemo- bereiten dem Fascismus den Weg. In Donis und traten teine Organisation, fie kandidierten diesmal in Engele berg verlieren die Kommunisten die Mehrheit. Sowohl in Dönis als auch in Engelsberg  sind die Verluste der Kommunisten vor allem der SHF zugutegekommen. Das ist eine Widerle­gung der kommunistischen   Behauptung, nur die Tattit der kommunistischen   Partei könne das Wachstum des Fascismus verhindern. Man sieht im Gegenteil, daß überall dort, wo die Kommu­nisten starten Einfluß auf die Arbeiterschaft hat­ten, deren Empfänglichkeit für fascistischen Ge­dankengänge besonders groß ist: die Kommunisten

Laval  - Ribbentrop

Paris  ,( Tsch. V. B.) Zur fonntägigen Unterredung des Außenministers Laval   mit Herrn von Ribbentrop erfahren die Blätter, daß sie einen nur a II gemeinen Charak- ter trug, da es sich um das erste Zusammen­treffen des franzöfifchen Außenministers mit dem Vertrauensmanne des Reichskanzlers Hitler han­Laval wiederholte und setzte seine in der Kammer über die Bedingungen der Beziehungen mit Deutschland   am Freitag abgegebene Erklä­

delte.

rung auseinander.

In der tschechischen Gemeinde Ostřešany im Bezirk Pardubiz   hatte die Gemeindewahl folgendes Ergebnis: Sozialdemokraten auf zwei Riften 296 Stimmen, 8 Mandate( im Jahre 1981: 328, 9); Agrarier auf zwei Liften 279, 8 ( 246, 7); lerifale 51, 1( 48, 1); National sozialisten 18, 0( 41, 1); Nationale Einheits­front 37, 1.

Ein 30. Juni in Danzig  ?

Sensationelle Verhaftungen.

Warschau  . Wie aus Danzig   gemeldet wird, wurde dort das aus der NSDAP   türzlich ausgeschlossene Mitglied des Danziger Senates Georg Streiter, seinerzeit engster Mitarbei ter des eben zurückgetretenen Senatspräsidenten Dr. Rauschning, sowie der Stellvertreter des Leiters der politischen Polizei Krüger verhaf= tet. Die Verhaftung dieser beiden politischen Per­sönlichkeiten Danzigs   hat in Warschau   und auch in Danzig   ſelbſt Aufsehen erregt. Die Verhaftung Krügers erfolgte, weil dieser an den Maßnah= men der politischen Polizei Danzigs   Kritik ge=

Es wurde beschloffen, daß Herr von Rib. bentrop zugleich mit dem Minister Heß nach dem Abschluß der Beratungen des Bölkerbundsrates nach Paris   kommen wird. Der Zeitpunkt seines übt hat. Eintreffen und die näheren Einzelheiten wur­den aber noch nicht festgesetzt.

Münchener   Hochschuldeputation drückt unserem Konsul das Bedauern aus Prag  . Am 28. November war es, wie sei­

Rom wünscht keine Annäherung an die Kleine Entente  ? Paris.( Tich. V. B.) Der römische Be- nerzeit berichtet, u. a. auch in München   he Studentendemonstrationen gekommen, wobei vom richterstatter des Blattes, Matin" referiert über gen der bekannten Prager   Universitätsaffäre zu den Eindruck, den in Nom die freitägige Kam­merrede Lavals hervorgerufen hat. Der Bericht- tschechoslowakischen Generalkonsulat das Staats. erstatter schreibt, daß in amtlichen Kreisen Roms vappen heruntergerissen und fortgetragen wor= die Zufriedenheit darüber ausgesprochen wurde, Auf energische Proteste des Generalkonsuls das Frankreich   bereit sei, in den Verhandlungen über die Annäherung mit Italien   fortzufahren. 3iegler sprachen ihm der bayrische Miniſter­Diese Gefühle werden jedoch in der breiten ita- präsident und der Reichsjustizkommissar ihr tie lienischen öffentlichen Weinung von einer ge- fes Bedauern aus wiffen Enttäuschung begleitet, da die Grundbe- einer Untersuchung zu. dingung für ein französisch- italienisches Ein­

den war.

und sagten die Einleitung

Am 30. November fand sich beim General­bernehmen ein Nachlaffen der Spannung zwi- fonful eine Deputation der Münchener   Hoch­fchen Italien   und Jugoslawien   sein soll. Die schul- und Fachbereine ein und stellte das ente italienifche öffentliche Mei- wendete Staatstappen mit den Ausdruck des tung, heißt es weiter, hat nicht erwartet, tiefen Bedauerns über den angeblichen Mißbrauch

Ernährungshilfswerk

auf, an dem sich alle noch in Verdienst stehenden Arbeiter, Arbeiterinnen und Angestellten, die Funktionäre der freigewerkschaftlichen Organisationen, der Genossenschaften, der Partei und der Kulturorganisationen beteiligen.

Am schwersten leiden die Arbeitslosen unter dem Mangel an Nahrungs­mitteln, die qualvollste Not ist die des Hungers. Deshalb muß vor allem

Brot für die Hungernden

bereitgestellt werden. Wir rufen alle arbeitenden Menschen zur Mithilfe auf. Sammelt in den Betrieben! Sammelt in euren Wohnorten! Sammelt bei al­len Veranstaltungen! Jeder Genosse, jede Genossin trage bei zum Gelingen des proletarischen Hilfswerkes!

Die Arbeiter fürsorge rechnet mit eurer Mithilfe! Sie er­wartet, daß ihr den Beweis erbringt, daß sich eure Solidarität gerade in der Zeit der ärgsten Not bewährt!

Die aufgebrachten Mittel sollen verwendet werden, um während der näch­sten Zeit den von der Not am schwersten bedrängten Angehörigen unserer Be-. wegung und ihren Frauen und Kindern allwöchentlich eine bestimmte Menge Brot als Zuschuß zu den sonstigen Aktionen zuzuteilen.

Brot für die Hungernden! Brot für hungernde Kinder und Mütter! Wie gerne wird jeder Arbeitsmensch, der noch nicht zum Hungern verdammt ist, mithelfen, den Hunger seiner ärmsten Klassengenossen zu stillen! Denn nir­gends ist wahre brüderliche Liebe zu den Bedürftigen so daheim wie in den Her­zen der Arbeiter, keine menschliche Tugend übertrifft an Größe, an Wirksam­keit, die schönste Tugend der Arbeiter, die Solidarität!

Sie soll sich wieder herrlich offenbaren, diese proletarische Solidarität, sie soll dafür sorgen, daß die Sehnsucht der Darbenden, die Parole unserer und aller Arbeiter- Organisationen lebendige Wirklichkeit wird.

Spenden für den zentralen Hilfsfonds werden erbeten an den Verband ,, Ar­beiterfürsorge", Prag   II., Fügnerovo nám. 4.( Postsparkassakonto: Prag   87428.) Verband., Arbeiterfürsorge"

Die Aufklärung

des Reichstagsbrandes

Die heutige Prager Presse" ist in der Lage, den Brief in vollem Wortlaut wiederzugeben, den der Berliner   Obergruppenführer Ernst nach der ersten gro= Ben Aussprache zwischen Röhm und Hitler an eines geschrieben hat. Der Brief, vom 5. Juni datiert, ist in dem von dem schwedischen Rechtsanwalt Brin= ting herausgegebenen Weißbuch über die Erschießungen des 30. Jni" enthalten. Wir entnehmen dem Briefe mit Erlaubnis der Prager Presse" folgende auf den Reichstagsbrand und auf das beabsichtigte Losschlagen der Röhm- Gruppe der Chef" ist Röhm bezügliche Stellen:

-

Ich habe mit dem Chef auch über Deinen Brief gesprochen. Du weißt, ich halte sonst von dem vielen Reden und Schreiben nichts. Er ist Deiner Meinung, daß wir auf alles ge­faßt sein müssen. Der Lahme kann die tollsten Dinger drehen. Der Chef hat sein wichtiges Material bereits an sicherer Stelle. Ich habe nach der Unterredung mit ihm die Erklärung über die Februargeschichte unterschrieben, die M. nach meinen Angaben geschrieben hat. Es ist in sicherer Hand. Wenn mir das geringste passiert, platzt das Ding. Ich schicke Dir beilie­gend auf alle Fälle eine unterzeichnete Kopie. Heb sie gut auf.

Der Chef glaubt, wir sollen nicht vor dem Parteitag losgehen. Er h Mitteilung, daß der alte Herr noch zehn Jahre leben wird. Ich bin nicht der Mein ng. Da aber alle bei­stimmen, kann ich nichts machen. Aber nach dem Parteitag muß es klappen.

Goering   fonnte tatsächlich aller Kopien des vom 27. Feber 1933, wurden bernichtet. Das

daß die weitere Folge der franzöfifch- italienischen ihrer Sundgebung durch ,, unverantivortliche Ele Berichtes habhaft werden, den Ernst über den Original des Ernst- Berichtes wurde jedoch ins Annäherung eine Annäherung Italiens   an die mente" zurück. Auch die bayrische Landesregie- Reichstagsbrand niedergeschrieben hatte.

Kleine Entente sein soll.

rung ließ ihr offizielles Bedauern aussprechen.

-

Nicht Ausland gerettet.

nur sie auch ihre Besizer, also die Mitwisser!