Sette S Mittwoch, 5. Dezember 1934 Nr. 288 ncnldniascismus, polizeilich gesdiOtzt Ein Nachwort zur SHF-Versammlung In Saaz  Wir haben gestern über die Vorfälle, die sich am Sonntag in der Hcimatfrontversammlung in Saaz   abgespielt haben, objektiv berichtet. Wie Vor­auszusehen war, ist die bürgerliche Presse bemüht, die Ereignisse anders und zwar so darzustellen, als ob die Sozialdemokraten die Schlägerei, bei der sich die Saazer Polizei so unrühmlich auszeich­nete, provoziert hätten. Eine genaue Klarstellung des Sachverhaltes ist deswegen unbedingt notwen­dig und wir wollen daher einmal aufzeigen, wo die wirllichen Schuldigen zu suchen sind. Die getarnten Fascisten entfalten seit Mo­naten im Saazer Bezirk eine fieberhafte Tätig­keit. In allen Gemeinden versuchen sie Ortsgrup­pen zu gründen und das ist ihnen da und dort freilich auf Kosten des Bnudes der Landwirte   auch schon gelungen. In den Versammlungen, die sie zu diesem Zwecke abhielten und wobei ihnen die Landjugend eifrigst Zutreiberdienste leistete, war vor allem die Sozialdemokratie das Angriffsobjekt. Die Agitatoren der Hühnerfarm verbreiteten feie, gemeinsten Lügen über unsere Partei und hetzten gegen den ihnen so verhaßten Marxismus in einer Weise, daß sich unserer Genoffen im Saazer Land eine begreifliche Erregung bemächtigte. Da die Henleinleute fast nur 8 2-Versammlungen mach­ten, war unserer Partei leider keine Möglichkeit gegeben, den Verleumdern entgegenzutreten. Es war darum begreiflich, daß unsere Genoffen, als sich später die Henleinfrontler doch entschlossen» auch einige öffentliche Versammlungen abzuhal­ten, von der Parteileitung verlangten, die Ver­sammlungen zu besuchen, um die Burschen einmal stellen zu können. So kam es dann zum Besuch der öffentlichen SHF-Versammlung in L i e b e- s ch itz, die am 25. November stattfand und für die Einberufer sehr unrühmlich verlief, und aus dem gleichen Grunde wurde auch die Teilnahme an der sonntägigen Versammlung beschlossen. Volksgemeinschaft Theorie und Praxis. Für diesen Beschluß war aber noch ein zwei­ter Umstand maßgebend. Die Henleinfrontler hat­ten für ihre Saazer Versammlung in der ganzen Umgebung die lebhafteste Propaganda gemacht und überall herumerzählt, daß sie es diesmal den Sozialdemokraten«schon zeigen werden". Man sprach davon, daß sich die«400 Henleinordner", die an dieser Versammlung teilnehmen werden, auf dieAuseinandersetzung mit den Marxisten" be­reitsaußerordentlich freuen" und unsere Genos­sen hätten es unter solchen Umständen direkt als Feigheit empfunden,, der Henleinversammlung fernzubleiben. Dazu kam noch, daß die Henlein­leute auf ihren Plakaten ausdrüÄich erklärten, wer die Volksgemeinschaft wolle, müffe unbedingt in ihre Versammlung kommen. Dieser Einladung konnten die sozialdemokratischen Arbeiter nicht widerstehen, denn gerade das KapitelBolksge- meinschaft" interessiert: sie im höchsten Maße. Wir wollen hier nur einige Beispiele anfüh­ren, um darzulegen, wie die Henleinfrontler und die mit ihnen verbündeten Landbündler die Volks- gemeinschast verstehen. Im Saazer Land find unsere Genoffen sett geraumer Zeit dem schärfsten wirtschaftlichen Terror der Herren Volksgemeinschaftler aus­gesetzt. Für Marxisten gibt es dort fast keineArbeitmehr. Sozialdemokraten wur ­den Heuer in vielen Orten nicht einmal mehr als Hopfenpflücker beschäftigt. Dietreudeutschen" Bauer« holten sich ihre Ar. beitskräfte lieber von auswärts und stellten eher Tschechen ein alS sozialistisch gesinnte deutsche Volksgenossen. Ueberall bekamen unsere Genoffen den Haß der Antimarxisten deutlich zu fühlen. In M i e ch o l u p z. B. führten die Henlein­frontler eine Sammlung zugunsten der Arbeits­losen durch, die ein ganz hübsches Ergebnis an Naturalspenden bracht«. Betritt wurden natürlich nur jene Leute, die es mit den Böllischen hatten. Kein sozialdemokratischer Arbeitsloser hat etwas bekommen. Lediglich ein kommunistischer Ge­meindevertreter, der übrigens gar nicht arbeits­los, sondern heute noch vollbeschäftigt ist, wurde berücksichtigt. Bei einem Landwirt und Müller in H o r a- t i tz, deffen Sohn dort Ortsgruppenleiter der Henleinfront ist, war bis vor kurzem unser Ge- nosse Josef Wagner beschäftigt. Seine Ent­lohnung entsprach durchaus den Begriffen, die un­sere Gegner von der Volksgemeinschaft haben. Wagner erhielt die Kost und täglich drei Kronen, also 18 Kronen pro Woche. Weil eraber für die öffentliche Versamm­lung, die unsere Partei unlängst in Horatitz veranstaltete, agi­tiert hatte, wurde er prompt ent­lassen. So also sieht die Bollsgemeinschast der Hen­ lein  - und Hackerbrüder in der Praxis ausl Wer will es da unseren Genoffen verargen, wenn sie infolge diesesvöllischen Brauchtums" für daS Thema:Volksgemeinschaft" ein lebhaftes Jnter- effe zeigen? Die Henleinfrontler mußten deshalb von vornherein damit rechnen, daß wir ihre Ver­sammlung besuchen werden. Die Versammlungs-,»Demokratie* der Henleinfascisten Als unsere Genossen aber dann wirklich an ihrer öffentlichen Versammlung teilnahmen, war es den Einberufer« gar nicht recht. Die Henlein  - Nazi wünschen zwar, daß recht viele Menschen in ihre Versammlung kommen, aber reden wollen sie dort ganz allein. Daß die Abwicklung einer öffentlichen Versammlung nach demokrati­schen Grundsätzen zu erfolgen hat, ist diesen Pa­tentdemokraten scheinbar unbekannt. Bon einer Wahl des Präsidiums und davon, daß sich in einer derartigen Versammlung die Teilnehmer selbst die Geschäftsordnung geben, wollen die sudetendeut­ schen   Fascisten einfach nichts wissen. Sie möchten nur kommandieren und alle ander« fällen sich nach ihrer Meinung ihren Anordnungen bedin­gungslos fügen. So gedachten sie es auch in der Saazer Versammlung zu machen. Die Bocksprtinge der Pseudo­demokraten- Wie ist es denn in Saaz   zu den erstenZu­sammenstößen" gekommen? Lassen wir die Tat­sachen sprechen: Bon den rund 1500 Teilnehmern der Versammlung waren über 1000 Sozialdemo­kraten, die den Saal längst besetzt hatten, bevor noch dieMassen" der Henleinfront anrückten. Als der SHF-Bezirksleiter Bock mit seinenOrd­nern", die erst beim Betreten des Schützenhauses rote Armbinden erhielten, um alsBersammlungsschutz" kenntlich zu sein, durch eine« Seiteneingang in den Saal marschierte, wünschte er nichts weniger, als daß ihm unsere Genoffen bereitwilligst Platz machen sollten. Er wollte seiner Garde just vor dem Präsidium stehen. Das hätte er auch haben können, wenn er eine Stunde früher gekommen wäre. So aber hatten unsere Genossen nicht die geringste Veranlassung, seinemWunsche" Rechnung zu tragen, denn er stand ja an der Settenfront des Saales auch ganz gut. Die Weigerung unserer Ge­nossen, so zu tanzen, wie der Bock zu meckern be­liebte, machte den Mann vollends verrückt und er besaß sogar die Sttrn, vom Regierungsvertreter zu verlangen, daß er ihm und seinen Leutendie Bahn ftei mache". Wie sich der kleine Moritz das vorstellt I Unsere Genossen lachten den Herrn Be­zirksleiter, der sich wie ein Goering   in der Westen­tasche spreizte, einfach aus. Der Regierungsvertreter bemühte sich, dem Bock klar zu machen» daß eS keinen Sinn habe, in einer Versammlung, die zu Zweidritteln von Geg­nern besucht ist,aufzuttumpfen". Im übrigen ersuchte er die Vertreter der beiden Gruppen, sich über die Stteitftage zu einigen» da er sonst ge­zwungen sei, die Versammlung aufzulösen. Unsere Genoffen machten daraufhin den Vorschlag, vor dem Präsidium durch die Polizei und Gendar­merie eine gewissermaßenneuttale Ordnerkette" zu bilden. Das wurde auch akzepttert. Plötzlich siel im Saal ein Stuhl um und in diesem Moment brach der Tmnull los. Henleins Knüppelgarde die Polizei Was nun folgte, spottet jeder Beschreibung Die Saazer Polizei hieb ichne jede vorherige War­nung wie besessen auf unsere vorne stehenden Ge­nossen ein. Einige Polizisten gebärdeten sich gerade-« wie toll und schlugen mit ihren Gummiknüppeln blind­wütig drauflos. Selbstredend nur solange» als sie sozialdemokratische Arbeiter vor sich hatten. Den Henleinfrontlern krümmten sie kein Haar, lleber dieses parteiische Verhalten der Saazer Polizei, die bestimmt noch ärger gewütet hätte, wenn ihr nicht schließlich die Gendarmerie in den Arm gefallen wäre, muß einmal etwas ausführlicher gesprochen,werden. Die Hermandad von Saaz  Wir lieben nicht Pauschalverdächtigungen. Deshalb sei gleich vorweg gesagt, daß ein Teil der Saazer Polizei, allerdings der weitaus klei- nere, sich bisher und auch in dieser Versammlung vollkommen korrekt verhalten hat. Dje beson­nenen Polizisten sahen ohne weiteres ein, daß man einen vollbesetzten Saal, der nur zwei Aus­gänge hat, nicht binnen weniger Minutenräu­men" kann.> Die Leute, diehinaus" sollen, kön­nen ja nicht durch die Fenster abgehen oder durch die Wände kriechen, sondern müssen alle die Treppe hinunter. Dabei geht eS ohne Gedränge natürlich nicht ab und es braucht selbstredend auch eine gewisse Zeit, bis der Saal leer ist. Die ver­nünftigen Polizisten begnügten sich daher damit, auf die Teilnehmer durch wohlmeinende Wort- einzuwirken, die chr« gute Wirkung auch keines­wegs verfehtten. Die Mehrheit der Saazer Polizei trachtete hingegen, den Wirbel nur noch zu ver­größern. Bon diesenHütern der Ordnung" weiß man nicht erst sett gestern, daß sie antimarxistisch eingestellt find. Allerdings nicht in jedem Falle Wenn dies« Herren etwas brauchen, dann finden sie regelmäßig den Weg zu denbösen" Sozis. Wenn es um definitive Anstellung, um Ausbef» serung der Bezüge, um Remunerationen oder andere materielle Vortette für sie geht, dann kennt ihreSympathie" für die Partei schier kein: Grenzen. Dann laufen sich diese Herren fast die Beine ab, nur damtt sich unsere Genossen wärm­stens für sie einsetzen. Nachher aber zeigen sie immer wieder ihre wahre Gesinnung. Und wie es damit aussieht, wissen die Saa­zer Arbeiter zur Genüge. Lange Zeit konnten sich in Saaz   die Hakenkreuzler trotz de« Verbot ihrer Partei nach Herzenslust austoben. Die Hitlerfascisten konnten Flugzettel vertellea und kleben, Papierhakenkreuze zu tausenden aus­streuen, Hakenkreuzfähnchen über Telegraphen« drähte werfen, ohne daß es der doch sonst sehe tüchtigen Saazer Polizei gelungen wäre, die Täter zu fassen. Die Herren«Märten vielmehr, daß den Hakenkreuzlern derartige Bubenstücke Mtt nicht zuzutrauen wären und daß als Täter wohl nur Marxisten in Frage kämen. DieseEinstel­lung" der Polizei sagt genug. Die Saazer Polizei hatte schon bei vielen politischen Demonstrationen Gelegenheit zum Ein» schreiten. Dabei fiel allgemein auf: Gegen die Arbetter bewies sie noch jedesmal ein Maß von Forschheit, das kaum mehr zu überbieten ist. De« Nazis und Henleinftontlern gegenüber war sie aber immerwohlwollendst neutral". Am Sonn« tag beispielsweise wurden Wohl die Sozialdemo« traten nachWaffen" untersucht, die Anhänger der Henleinfront hingegen durften unbelästigl passieren. PolizeilicheDisziplin* Für die antimarxistische Haltung der Saazer Polizei sprechen auch die Vorfälle in der sonn­tägigen Versammlung. Als unsere Genossen de« Kommandanten der Polizei, Herrn Polizeirat O r l i t e I, wegen des brutalen Vorgehens seiner Leute zur Rede stellten, erklärte dieser, er habe keinen Befehl gegeben, daß die Polizei de« Saal räumen M. Was besagt dies? Nichts anderes, als daß die Polizisten ganz eigen­mächtig eingegriffen und gleich wie verrückt drauflosgedroschen habe«. Ihr Haß gegen die Arbetterschaft ist eben so groß, daß chre Gummi­knüppel sofort von selbstlosgehen", wenn- sie Marxisten vor sich eMicken. Daran ist aber Herr Orlikek nicht ganz unschuldig, denn sei« Erziehungsarbeit" hat ja bei vielen Polizist«« die Auffassung geweckt, daß sie vor allemzu« Prügeln" da find. Das Verhalten der Saazer Polizisten hat unter der Arbeiterschaft ungeheure Erbitterun­hervorgerufen. Die Knstppelgarde des getarnte« FasciSmuS wurde nach der Versammlung von de« Arbeitern mit den Rufen:Henleinpolrzi« st en!" immer wieder apostrophiert. Biele Ge­noffen sagten, daß der Großteil der Saazer städti­schen Polizei weder wUenS noch fähig erscheint, seine Funktion als wirkliche Ordnungstruppe zu erfüllen. Eine Polizei, so sagten die Arbeiter, die dem FasciSmuS so offen die Mauer macht, können wir in einem demokrafischen Staate nicht brauchen.- Die Saazer Wachleute- Von einer uns maßgebenden Sette wird«ns aus Saaz   mitgeteiü, daß in der von uns aufge« zählten Reihe der Wachleute, die sich besonders hervortaten, Stelzig und Wewerka zullnrecht genannt wurden; an ihrer Stell« wären dagegen die Wachleute B r a b e e und Hauser anzufüh­ren gewesen. Copyright by Pressedienst E. Prager-Verlar, Wien  Komm, wir wollen vor dem Hanse warten, bis sie kommen." Schwer wuchtete die Nacht und war voll Flü­stern und Schatten. Das Meer rauschte wie ver­schüchtert durch den Tod eines Menschen. Die Felsen schienen kleiner und die Wege rückten aus dem Bereich der Augen. Der ^Knabe dachte sich:Wie sonderbar hat Va­ters Tod doch die Welt verändert." In den Fischerhütten war es dunkel; nur in zweien sah man ein kleines Licht blinken. Hie und da sprang eine bleigraue Welle auf; ober die an­deren mahnten sie sogleich zur Ruhe. Die Schiffe am Ufer schienen wie von Stein. Sie rührten sich nicht. Welch furchtbare Stille", sagte Raoul ver­schüchtert. Er hätte schr gern etwas Lautes, Le­bendes gehört. Sterne...", sagte Babiola, die gewohnt war mit dem was sie sah und was geschah, zu rechnen und sie sprang über die Steine, um sich zu erwärmen, denn die Nacht war kühl und kroch zu­dringlich unter ihre dürftige Gewandung. Da wankte in der Ferne ein Licht. Jetzt erst, nach getaner Tagesarbeit, konnten die Knechte aus dem Bauerngut kommen und den Verstorbe­nen in die Totenkammer ttagen. Die Kleine dachte daran, wie Raoul im Zelle ihr Bein gefaßt hatte. Heute wußte sie noch nicht, warum dies damals geschehen war, aber noch heute fühlte sie, wie widerlich das gewesen war und sie sagte rasch: Komm zu uns. Heut« wirst du bei uns schla­fen, Raoul." Dann steckte sie die Zunge weit hinaus, well die beiden Knechte lachten. Schäme dich, du Fratz, die Zunge zu zeigen. Du bist für solche Ungezogenhetten schon zu groß." Wenn ich groß sein werde, werde ich sie erst recht zeigen". Daheim brachte sie alle Segll und Säcke, die sie im Hause hatte, zum Zudecken. Und schlaf, Raoul, und denk nicht nach. Da­mit änderst du nichts." Da fing der Knabe bitterlich zu weinen an und Babiola hatte Angst, daß sich in der Dunkel­heit die drohende Hand des aus dem Schlafe ge­weckten allen Cloture zeigen könnte. Sie drückte sich eng an Raoul; jetzt fühlte sie nichts als Angst. Heule nicht, dummer Junge. Denen drüben ist Wohler als uns hier. Weine nicht mehr. Kauf ihm ein Kreuz und eine Einfaffung aus Grantt. Ich werde dir sparen helfen." Do» vierte Kapitel Herr Bonnetier war Herr Bonnetter. Er war zwar ein gewöhnlicher, ober dafür ein ungewöhn­lich reicher Mann. Er wußte gar nicht, wieso er eigentlich so rasch reich geworden war. Wahrschein­lich war eS nicht auf die allerfeinfte Art geschehen und so kam es, daß sich Herr Bonnetter nicht an den Ursprung seines Reichtums erinnern konnte. Er pflegte jedem, der ihn ob seines rätsel­haften Vermögens bewunderte, zu sagen:Geld verdienen, das ist keine Kunst. Aber es ist eine Kunst, eS zu behalten." Außer einer Wohnung in Paris   besaß er eine Billa  . Denn eine einzige Wohnung konnte seinen Wohlstand nicht beherbergen. Er war verheiratet und hatte überdies eine Geliebte. Denn ein Paar Ohren konnten unmöglich die Brillanten tragen, die er zu kaufen vermochte. Seine Frau war wohl gebildeter als er selbst, aber viel düauner. Sie verstand eS nicht, sich ihr Leben einzurichten. Um ihren Mund wuchsen vom vielen Gähnen Falten und ihre Augen verloren vor ewiger Schläfrig­kett allen Glanz. Frau Bonnetier hatte aus Mitleid mit ihrem Gewissen und ihrem Geschmack den Grund ver ­harr Bonneti«f gessen, aus dem sie vor zehn Jahren ihren Mann geheiratet hatte. Diese zehnjährige Ehe bestand auS einer zehnjährigen Langeweile, der sie ratloS gegenüberstand. Als sie heiratete, war sie schön gewesen; sie wußte aber mit ihrer Schönheit nichts anzufangen und Herr Bonnetier war häuslichen Einrichtungen gegenüber sehr kurzsichtig. Frau Bonnetier wünschte sich Kinder und kränkte sich die ganzen zwecklosen zehn Jahre dar­über, daß sie keine bekam. Herr Bonnetier kräntte sich nicht so sehr, trotzdem er gern gewußt hätte, auf wen er die Gebirge Goldes überwälzeu solle. Sein Bermögen war selbst für wohltätige Zweck« zu groß. Darum sagte er manchmal zu seine« Frau:Warte, wtt sind noch nicht zu all." Abe« die Jahre vergingen urtt> damtt die Hoffnung de« Frau Bonnetter. Sie forschte nicht nach; sie vermutete nur, daß ihr Mann eine Geliebte haben müffe. Si« kannte seine erottschen Bedürfnisse und wußte, daß sie einmal nicht so bescheiden waren wie jetzt. Ein­mal, in Gesellschaft, deutete man ihr zart an, daß sie sehr dumm sei. Die Folge davon war, daß sie gelegentlich zu ihm sagte:Gehen Sie. rühre« Sie mich nicht an; ich vertrage das nicht." So schwand die letzte Hoffnung auf einen Erben. Die Jahre vergingen und der schlechte Ruf Herrn BonnetterS wuchs. Die Frau stand diese« Ereignissen zu nah, um sie richtig zu überblicke«. Aber unter den Frauen findet sich immer eine- deren Herzglaubt nur, weicher als das de« andern ist", die dann starr über die Seine blicke« und mit der Dämmerung schonender Trauer i« der Stimme sagen:Well ich Sie so liebe, Ma­dame, muß ich Ihnen sagen..." Ja, ja, ich weiß." Frau Bonnetier wußte WiMich viel. Abe« wie arm war diesesviel" im Vergleich zu« reichen WiMichkeü. Einmal fand sie in der Tasche ihres Mannes den dünnen Seidenstrumpf einer schlankfüßige« Schönen. Tragische Kraft bemächtigte sich ihre« Hände und die Maschen des Strumpfes liefen nach allen Richtungen auseinander. Im Nebrigen llangen in dieser wie in jede« anderen Ehe nach Passagen von Kakophonien auch versöhnende Akkorde, Herr Bonnetter versprach dann- nebst einem neuen Fauteuil oder eine« Reise in die Pyrenäen   ein neues Leben zu be­ginnen. Er hielt es einm ganzen Tag in der Nähe der beleidigten Gattt« aus. So wie es aber Abend wurde, lief er seinen guten Vorsätzen davon wie ein Schüler, der seinem gestrengen Lehrer ent­wischt. (Fottsetzuna fofatl