Nr. 295

Dienstag, 18. Dezember 1934

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Arbeitslosenfürsorge 1918-1933: 4.1? 6 Millionen P r a g. Im sozialpolitischen Ausschuß des Senats gab der Vorsitzende Johannis eine lieber-, sicht über die bisher geleistete Arbeitslosenfürsorge. Demnach hat der Staat vom Jahre 1918 bis Ende 1933 an Unterstützungen für die Arbeitslosen, für die Ernährungsaktion und für die produktive Ar- britslosenfürsorge insgesamt 4126.2 Millionen ausbezahlt. Nach Abschluß der Debatte über das Exposee des Fürsorgeministeriums gab der Ausschuß sei­ner Anerkennung Ausdruck, daß die Staats­verwaltung durch Vermittlung des Fürsorgemini­steriums sich bemühe, der Arbeitslosigkeit auf jede nur mögliche Weise zu steuern, und daß man namentlich die Gemeinden und Bezirke in der pro­duktiven Arbeitslosenfürsorge unterstütze. Der Ausschuß ersucht jedoch das Ministerium, seine Tätigkeit zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit noch mehr zu steigern und verspricht jede zweckmäßige Unterstützung.

kin Sowjetrusse wird hoher Beamter des Völkerbundes Der Eintritt der Sowjetunion in den Völ­kerbund hat nicht nur politische Folgen für die Mitgliedstaaten des Völkerbundes gehabt, sondern auch zu personellen Veränderungen in dem Beamtenstab des Völkerbundes geführt. Der Generalsekretär des Völkerbundes M. Avenol hat den Völkerbundrat informiert, daß er den jetzigen Charge d'Affaires der Pariser Sowjetgesandtschaft Marcel Ro­senberg zur Ernennung als Unter-General­sekretär des Völkerbundes vorgeschlagen hat. Diese Ernennung bedeutet einen weiteren Schritt zur Durchdringung des Völkerbundes mit sozial und politisch fortschrittlichen Elementen, die durch den Austritt Deutschlands und Japans und die Aufnahme Rußlands in den Völkerbund er­möglicht wurde. Die Bestellung eines bolschewistischen Unter- Generalsekretärs entbehrt aUerdings nicht einer gewissen Pikanterie. Jahrelang haben die Russen und vor allem die kommunistischen Parteien der verschiedenen Länder die Sozialisten der zweiten Internationale aufs heftigste angegriffen und auch vor persönlichen Verdächtigungen nicht zurückgescheut, weil die Sozialisten die Pflichten erfüllten, die die Beteiligung an der Regierung ihres Staates oder der Mitgliedschaft zum Völ­kerbunde mit sich brachte. Diese intransigente Haltung hat sich in den letzten Jahren geändert, Rußland rückte den ande- renLMdem^vMels. Labernder Eintritt.in den Völkerbund ,st nur der äußere Abschluß einer durch die Ereignisse in Deutschland aUerdings beschleu­nigten Entwicklung. Eine der Folgen dieser Ent­wicklung Rußlands vom isolierten Gegner zum geschätzten Mitgliede des BöUerbundrates ist die Bestellung eines russischen Generalsekretärs des BöUerbundrates. Damit wird sein Einfluß nicht nur auf die großen Linien der Völkerbundpolitik, sondern auch auf die Ueineren, nicht weniger wich­tigen Entscheidungen gesichert. Also Koali­tionspolitik im internationalen M a ß st a b.4). Rom . Dir italienische Regierung hat dem Se­kretariat des Völkerbundes ein Schreibe« zugehen lassen, in dem sie alle Behanptmtgen der abessini­schen Rote bestreitet und im Gegenteil z« ihr beä hanptet, die Schuld liege ans abessini­scher Seite. Die italienischen Behauptungen ändern nichts an der Tatsache, daß offensichtlich wie bei de» meisten Unternehmungen der italienische» Politik ein nackter imperialistischer R a» b z u g vorliegt. Berlin . Lord Rothermere , der Eigen­tümer derDaily Mail" und anderer großer Zei­tungen Englands, ist Sonntag von Reichskanzler Hitler empfangen worden. Neber diesen Empfang ist für die deutsch « Presse keine Meldung auSgegeben worden. Paris . Einer Information derDaily Mail" zufolge, soll P a p e n Sinne« kurzem zum reichsdeutschen Kommissär für das Saargebiet ernannt werden. Pari». SamStag wurde hier unter großen Feierlichkeiten ein Denkmal für die im Kriege ge­fallenen tschechosiowakischen Legionäre enthüllt. Es befindet sich am Palais Royal . Pari». In zahlreichen französischen Buttern wird die Frage diskutiert, ob Frankreich wie an­gekündigt in Nordafrika Gebietskonzes­sionen an Italien machen soll. Die mei­sten Blätter lehnen die Absicht mehr minder ener­gisch ab und fordern, ehe über Afrika verhandelt wird, die Bereinigung der Konflikte, die zwischen Paris und Rom durch die mitteleuropäische Politik Italiens entstanden sind. Saloniki. lHabaS.) Die Arbeiterschaft der hie­sigen Tabakfabriken hat den Streik proklamiert und die Fabriksräumlichkeiten besetzt. Die behördlichen Organe gestatteten, daß die in den Tabakfabriken eingeschlossenen Arbeiter sich ihre Ver- köftigung beschaffen und über die Auftechterhaltung der Ordnung um die Fabrik herum wachen. Uz-orod. Sonntag hat sich in Uzhorod ein kar- tzathorussisches WirtschaftSkollegium konstituiert.

Amerika will keinen zweiten Wilson-Kreuzzug für den Profit der Rüstunsskapitallsten

Washington.(Tsch. P. B.) Die Sonn- tagsblätter bringen in sensationeller Aufmachung Meldungen, wonach die Bereinigten Staaten in einem künftigen Krieg anf die nach bisherigen amerikanischer Auffassung einem neutralen Staat zustehendeFreiheit der Meere " ver­zichtenwürden. Im Staatsdepartement und im Weißen HauS verneint man daS Borlie­gen endgültiger Entschlüsse oder Gesetzentwürfe in diesem Sinne. Jedoch wird zugegeben» daß diese Frage Gegenstand sorgfältigen Studiums ist. Innerhalb der nächsten Monate plant der Präsident tatsächlich seine Stellung zu de« ge­samten Neutralitätsrechten neu zu definieren. Er kann dies jedoch nicht ohne Zustimmung des Kongresses tun, und dort dürfte sich über diese Frage ein scharfer Kampf entspinnen.

Die europäischen Miniaturstaaten Die Kleinstaaterei blieb nicht allein auf das Deutsche Reich , wo sie allerdings die üppigsten Blüten treiben konnte, beschränkt. Noch heute be­stehen in Europa Miniaturstaaten, die sogar in der jüngsten Zeit zu einer gewissen Berühmtheit ge­langten. Vor kurzer Zeit ging durch die Presse die Nachricht, daß ein verschrobener Kapitalist, der von einem krankhaften Ehrgeiz geplagt ist, der kleinen Republik Andorra den Vorschlag machte, ihre Schulden zu bezahlen, sofern die An- doresen bereit seien, ihn zu ihrem König zu wäh­len. Der Vorschlag wurde abgelehnt und Andorra bleibt also Republik . Dieser Zwergstaat liegt in den Pyrenäen zwischen Frankreich und Spanien . Der Staat umfaßt 452 Quadratkilometer und hat etwa fünfzehntausend'Einwohner, baskischen Stammes. Die Gründung führen die Andoresen auf Karl den Großen zurück, der den Staat ge­gründet und unter den Schutz des Bischofs von Urgeb gestellt haben fort- Heute steht Andorra als neutraler Staat unter dem gemeinschaftlichen Protektorat von Frankreich und des spanischen Bi­schöfe» von Urgeb. Die kleine Republik wird durch einenGeneralrat" von 24 Mitgliedern regiert. Präsident des Staates ist ein Syndikus, der von den Räten alle vier Jahre gewählt wird. Die Justizverwaltung ruht in den Händen von zwei Viquiers", die abwechselnd von Frankreich und dem Bischof von Urgeb ernannt werden. Seit 1882 residiert ein ständiger Delegierter Frankreichs , der die französischen Hoheitsrechte gegenüber den ein­heimischen Autoritäten und dem Bischof von Urgeb vertrjtt. Die Bewohner nähren sich von Ackerbau und Viehzucht, doch spielt der Schmuggelhandel i

Die Beschäftigung der Regierung mit die­sem ganzen Fragenbezirk wurde veranlaßt durch die bekannten Rüstungsverhöre de» unter Sena­tor R y e tagenden Ausschusses, bei denen man sich vornehmlich mit der Verschiffung von ameri­ kanischen Kriegsmaterial an dritte Staaten zu beschäftigen hatte. Dir Feststellungen in diesem Ausschuß haben im ganzen Lande die weitver- breitete Forderung wachgerufen» Vorkeh­rungen zu treffe«, daß das ame­ rikanische Volk nicht abermals in«inen blutigen Krieg ziehe» müsse, um der Rüstungsindustrie ihre riesigen Gewinn« an der Belieferung fremder Staaten mit Todeswerkzru- gen sicherzustzillen.

eine große Rolle im Erwerbsleben. In letzter Zeit war Andorra öfters als Zufluchtsort spanischer Emigranten nach dem Sturze des Diktators Primo de Rivera und des Königtums genannt worden. Das kleine Fürstentum L i e ch t e n st e i n ist die letzte deutsche Monarchie in Europa . Der Fürst und ein Landtag von 15 Mitgliedern teilen sich in die Rechte der Staatsgewalt des Ländchens, das etwas mehr als 10.000 Einwohner zählt. Freilich residierte der Fürst meist in Wien oder auf den riesigen Besitzungen in Oesterreich , Sachsen und Preußen. Als Kuriosum sei erwähnt, daß Liech­ tenstein sich eigentlich noch im Kriegszustände mit Preußen befindet. Im Kriege 1868 stellte Liech­ tenstein als Mitglied des Deutschen Bundes sein Kontingent" von einem Zug Infanterie und einem Offizier Oesterreich zur Verfügung und erklärte an Preußen den Krieg. Bei dem Friedens­schluß hat man auf Liechtenstein vergessen, das stillschweigend aus dem Deuffchen Bund aus­schied. Die liechtcnsteinsche Staatsangehörigkeit wurde in letzter Zeit ein sehr gesuchter Artikel für reichsdeutsche Waren- und Devisenschieber und Liechtenstein der Sitz vieler Geschäftsfirmen, die dadurch ihre Steuerdefraudationen zu verschleiern suchten. Das Großherzogtum Luxem­ burg hat zivar auch noch eine deutsche Dynastie in weiblicher Linie des Hauses Nassau, das 186» von Bismarck in Nassau entthront wurde, später aber den luxemburgischen Thron bestieg. Jedoch ist die Bevölkerung fast ganz französisch. Das klein« Fürstentum Monaco ist be­rühmt geworden durch die Spielhöllen von Monte Carlo . Der Fürst, gestattete dem Inhaber des Wiesbadener Spielsalons Louis Blanc sich in Mo­ naco niederzulaffen, nachdem er Deutschland ver-i

Anläßlich der Weihnachtsfeiertage wird unser Blatt bereits am Dienstag, den 25. Dezember, zeitlich früh, als Weih­nachtsnummer in verstärktem Umfange in allen Orten sein, und können unsere Kol­porteur« die Zeitungen schon um 6 Uhr früh von der Bahn abholen. Die Ausgaben von Mittwoch, de« 26.» und Donnerstag, den 27. Dezember, entfallen. Unser Blatt erscheint erst Freitag, den 28. Dezember, wieder normal. Am Dienstag, den erscheint unser Blatt als im verstärkten Umfang, ausgabe vom 2. Jänner wohnten Stunde. Die Verwaltung.

Polnische Zinklleferungen für Japan Warschau. (AP.) Vertreter des japanischen Mitsui-Konzerns verhandelten hier mit den drei großen Unternehmungen der oberschlesischen Zink­industrie und erteilten der Giesche A-G. in Katto- witz einen Austrag von 7000 Tonnen Zink im Werte von 70.000 englischen Pfund. Der Betrag entspricht einer Vierteljahresproduktion bei Giesche. Es ist der erste große japanische Auftrag, der an die polnische Industrie vergeben wurde. Die Japaner wollen den polnischen Markt jetzt inten­siver bearbeiten und versuchen, ihre Baumwoll­garne in Polen abzusetzen. Die griechischen Monarchisten Athen. (AP.) Im Zusammenhang mit den Nachrichten über Pläne der Wiederherstellung der griechischen Monarchie unter dem englischen Prin­zen Georg wird gemeldet, daß die Monarchisten eine große Aktivität, besonders unter den jungen Intellektuellen und unter der Landbevölkerung, entfalten. Unlängst wurde eine neue ParteiNa­tionale Ranaissance" gegründet, die die Wieder­herstellung der Monarchie anstrebt. Eine monar­chistische Wochenschrift mit einer Auflage von 15.000 Exemplaren wurde gegründet. Auffallend sind auch die großen Rüstungen Griechenlands . Auf den Inseln Korfu und K r e ta hat man mit dem Bau neuer Flugplätze begonnen. Das griechische Parlament hat einen außerordentlichen Kredit von 365 Millionen Drachmen(zirka 83 Millionen KL) für die Ver­vollkommnung der Kriegsflotte bewilligt.

Kundgebung in Saaz . Am Sonntag, den 16. Dezember vormittags fand in der Deuffchen Turn­halle in Saaz eine von unserer Partei einberu- fene öffentliche Kundgebung statt. Die Versamm­lung stand noch unter dem Eindruck des 2. De­zember und war gut besucht. Für die Partei sprach als Referent der Genosse R e i ch l. Er besprach die Krise und die Rolle der Henleinbewegung. Reicher Beifall lohnte die Ausführungen des Redners. Die Kommunisten waren zu dieser Versammlung mst K r e i b i ch erschienen, dem eine halbe Stunde Redezest gewährt wurde. Kreibich hat sich jedes Angriffes auf unsere Partei enthalten. Im Schluß­wort forderte Genosse D i t t r i ch, den Kampf ge­gen den Fascismus unerbittlich zu führen und alle Kräfte des Proletariats zu mobilisieren.. Die Kundgebung war eine kraftvolle Demonstraffon gegen den Fascismus im Saazer Agrargebiet. Die Henleinfascisten hatten es vorgezogen, unserer Kundebung fernzubleiben. lassen mußte. Auf dem öden Felsen enfftand das Paradies des weltberühmten Monte Carlo, wo Vermögen gewonnen und verspielt werden. Bei der nationalen Einigung Italiens bliÄb die Zwergrepublik San Marino bestehen, ein Staat von kaum 10.000 Einwohnern. Vor wenigen Tagen ist der frühere Kardinal­staatssekretär Gasparri verschieden, der mit Mus­ solini den neu erstandenen Kirchen st aat im Jahre 1928 geschaffen hat. Der neue Kirchen­ staat , der kaum 50 Hektar Grundfläche mit etwas weniger als 600 Einwohnern hat, ist zw^r unter die Miniaturstaaten Europas zu zählen, aber auf seinem Gebiet thront in dem vatikanischen Palast die Weltmacht des Katholizismus. Eine fast grotesk anmutende Tatsache ist, daß dieser Stadt­staat, der Sitz einer geistlichen Macht ist, zugleich, natürlich nur relativ genommen, der größte Mili­tärstaat ist, denn von seinen 600 Bewohnern ge­hören mehr als die Hälfte der päpstlichen Schwei­zergarde und der päpstlichen Gendarmerie an. Auch regiert der Papst als Iveltlicher Fürst dieses Gebiet tzanz absolut,da seine Staatsgewalt, die er durch einen Gouverneur ausüben läßt, durch kein Par­lament eingeschränkt ist. Im Deutschen Reich gibt es auch heute noch zahlreiche Enklaven und Exklaven der einzelnen Bundesstaaten. Die lächerlichste aller Exklaven ist wohl das Dorf Achberg am Bodensee , das zu Preußen gehört. Im Kriege 1866 zog die baye­ rische Landwehr Lindaus aus und besetzte Burg und Dorf Achberg , aber nach dem Friedensschluß mußte die weißblaue Fahne wieder verschwinden. Achberg am Bodensee wurde wieder preußisch und der Major des Bürgerwehrbataillons Lindaus, der seines Zeichens Notar dortsclbst war, ist derHer­zog von Achberg" zeitlebens geblieben.

Peinlicher Zwischenfall in Saorbrnfflcn

Ein anscheinend betrunkener Pollzel-Oinzler Mhrt eine rrau nieder und wird von der nenne mißhandelt

Saarbrücken. (DRB) Der Präsident der Regiernngskommission Knox gibt folgende amtliche Mitteilung heraus: In der Rächt zum 16. Dezember 1934 versuchte ein Polizrioffizier mir seinem Kraftwagen in der Goebenstraßr zu drehen und verletzte, als er bei dieser Gelegenheit mit dem Wagen auf den Bürgersteig kam, eine dort stehende Person. Dies war der Anlaß zu einer Menschenansammlung. Die Menge nahm gegen die Insassen des Wagens es waren außer dem Po­lizeioffizier noch zwei weitere Personen in dem Wagen aus einem bis jetzt noch nicht endgültig geflärten Grunde, eine drohende Haltung ein, ins. besondere gegen den Polizeioffizier. Es kam zu einem Handgemenge, wobei mehrere Schüsse fielen, durch die eine Person durch einen Bauchstreiffchuß verletzt wurde. Der Polizeioffizier wurde durch Hiebe und Schläge ebenfalls verletzt und mußte ins Krankenhaus gebracht werden. Die bisher ge­tätigten Ermittlungen werden von der Polizei nach Abschluß dem zuständigen Gericht übergeben werden. Die Polizei hat für die Behandlung dieses Falles die besondere Weisung erhalten, bei den Erhebungen mit aller Strenge vorzugehen und Verfehlungen ohne Ansehen der Person«nnach« sichtlich z« verfolgen. Bis zur endgültigen Klärung der Angelegenheit ist der Polizeioffizier seines Amtes enthoben worden. Der Pariser Matin" schildert den Saar­ brückener Zwischenfall nach einer aus englischer Quelle stammenden Depesche folgendermaßen: Der britische Kapitän James I u st i c e, der der Saarpolizei zugeteilt ist, fuhr in den frühen Mor­genstunden mit einem Auw, in dem sich noch sein Freund Lord Aylesford und die junge Deutsche Katherina Braun befanden, durch die enge Straße eines ärmeren Viertels von Saar­ brücken . Beim Nehmen einer Kurve geriet der Wa­gen ins Schleudern und fuhr auf den Gehsteig auf, wobei er in mehrere Personen stieß. Kapitän Justice hielt den Wagen an, stieg aus und bot einer Frau, die durch den Anstoß des Wagens niedergefallen war und sich hiebei den Mantel auf­gerissen hatte, eine Entschädigung an. Diese saar­ländische Angehörige wollte das gebotene Geld

auch annehmen, wurde jedoch daran durch eine Gruppe von Männern verhindert, die aus dem nahen Kaffeehaus herbeigeeilt waren und jetzt eine drohende Haltung gegen den englischen Offizier einnahmen. Ein Mann stieg auf das Trittbrett des Autos, forderte- die Menge zur Ruhe auf und sagte, er werde sich um alles selbst kümmern. Kapi­tän Justice zeigte über dieses Vorgehen des Un­bekannten Ueberraschung, worauf ihm jedoch ge­sagt wurde:Schweigen Sie und achten Sie auf meine Befehle". Als der Offizier dagegen prote- sfferte, rief dieser unberufene Vermittler seinen Genossen zu: Da er nicht folgen will, soll er auch die Konsequenzen tragen. Die Menge stürzte sich auf den britischen Offizier, der sich nur mit großer Mühe befreien konnte und, neue Angriffe befürchtend, drei Schüsse abgab, wobei einer der Angreifer verletzt wurde. Die übrigen ergriffen die Flucht. Kapitän Justice, der eine Kopfverletzung erlitt, wurde ins Krankenhaus überführt. Nach einer Schilderung aus deutscher Quelle, di« u. a. auch vomEcho de Paris" wiedcrgegcben wird, spielte sich dieser nächtliche Zwischenfall fol­gendermaßen chb: Gegen 3 Uhr ftchr ein mit drei Personen be­setztes Auto, das von einem britischen Polizei­offizier, der betrunken war, gelenkt wurde, auf den Gehsteig auf, wobei vier Personen zu Boden ge­stoßen und verletzt wurden. Es folgte ein Volks- auflauf, und die Menge forderte den Offizier auf, die Ankunft der Polizei abzuwarten. Dieser aber kümmerte sich um diese Aufforderung nicht und versuchte wegzufahren. Er zog den Revolver und schoß, ohne von jemanden bedroht zu sein, zweimal in die Menge. Eine Person wurde verletzt. Der Offizier traf Anstalten weiter zu schießen, doch wurde er von der Menge entwaffnet. Da er sich, wie es in der deutschen Version weiter heißt, wie toll benahm, wurde er gewaltsam abgeführt.

1. Jänner 1935, ReujahrSnnmmer die Mittwoch- erscheint zur ge-