Sette 2
Mittwoch, 19. Dezember 1934.
Nr. 29«
ausgebildet, ebenso Polizisten, Studenten, Ar­beitsdienstler, ja selbst Erwerbslose. In der letzten Zeit wird auch die Militarisierung der Betriebe duvchzuführen versucht. Die Arbeiter muffen so wie der Soldat unter einer Parole stehen, täglich an dem Appell teilnehmen. Man sieht also, daß Deutschland   in aller Stille mit ungeheuerer In­tensität eine Millionenarmee für den Krieg nicht nur schult» sondern auch richtig bewaffnet. Es sind daher die Angaben im Motivenbericht des fran­ zösischen   Parlamentes über die Kriegsstärke Deutschlands   durchaus nicht übertrieben, nach wel­chen Deutschland   zirka 2,600.000 Mann geschulter Soldaten, 100.000 Mann geschulter Autolenker und mehrere tausend geschulter Piloten zur Ver­fügung hat. Aber nicht nur Deutschland  , sondern auch die anderen fascistischen Staaten Italien  , Polen  , selbst'das kleine Oesterreich rüsten bis zum Wahnsinn, was zur Folge hat, daß auch die ande­ren Staaten ihre Verteidigungsmaßnahmen er­höhen. Frankreich   verfügt über eine Armee von 660.000 Mann. Im Kriegsfälle stehen ausgerü­stete Reserven von 4.6 Millionen zur Verfügung. Die Friedensstärke der Roten Armee Rußlands  beträgt 562.000 Mann. Bei der Gesamtmobilma­chung aber ist Rußland   allein imstande, 4 Millio­nen Mann aufzustellen und zu bewaffnen. In Po­ len   beträgt bei einer Bevölkerungsziffer von 27 Millionen der Stand einschließlich des öst­lichen Grenzwachtkorps 299.000 Mann, außerdem besitzt Polen   ausgebildete Reserven von 3 Mil­lionen. Italien   hat neben seinem aktiven Heer eine durch Jugendausbildungskurse ergänzte National­miliz. Die Friedensstärke des Heeres beträgt 638.300-' Mann, die Kriegsstärke 3.5 Millionen. So sieht es in allen Staaten aus. Vergeffen ist die schreckliche Bilanz des Welt­krieges: 10 Millionen Tote, 20 Millionen Ver­wundete, 6,854.000 rentenbezuchsberechtigte Kriegsinvalide, Hunderte von Millionen Goldmark wurden vergeudet, eine Summe, die allein ausge­reicht hätte, ganz Europa   in blühende Gärten zu verwandeln, hunderttausende gesunde Wohnungen zu erbauen. Es wird weiter gerüstet und die Staa­ten stehen bis an die Zähne bewaffnet da. Dazu kommt die Entwicklung der Kriegstechnik. Diese Rüstungen bringen es mit sich, daß die demokratischen Staaten nicht ruhig zusehen kön­nen, daß es die Selbsterhaltung verlangt, Abwehr­maßnahmen zu treffen. Muß doch selbst Rußland dem Rechnung tragen und so erklärte der Ober­kommandierende der Sowjetarmee General Blü­cher bei dem letzten kommunistischen   Kongreß wörtlich:^Unsere Tanks und unsere Flugzeuge werden ihre sozialistische Pflicht nicht nur an der Grenze Japans  , sondern auch sehr tief im Hin­terland des imperialistischen Gegners erfüllen". Wir wollen Tanks und Flugzeuge nicht so beur­teilen, aber daraus kann die Berechtigung gezogen werden, daß auch die Tschechoslowakische Republik zum Schutze der Demokratie und zur Abwehr fascistischer Angriffe ihre Verteidigung so gestal­ten muß, wie die Verhältnisse es erfordern. Aus diesem Grunde haben auch wir für die zweijährige Dienstzeit gestimmt in der Annahme, daß diese Maßnahme nur für die gefahrvolle Zeit zur Durchführung gelangt, da in dem neuen Ge­setze die Bestimmung enthal! n ist, daß das Mini­sterium für Landesverteidigung selbst eine Aende- rung der Dienstzeit im geeigneten Zeitpunkt her­beiführen kann. Wie schaut nun die Dienstzeit in anderen Staaten aus? Die Dienstzeit beträgt bei den Frei- willigen-Heeren durchschnittlich 12 Jahre. Außer­dem bestehen in Groß-Britannien, den Vereinig­ ten Staaten   und Mexiko Freiwilligenheere, die Dienstzeit beträgt 3 bis 7 Jahre. Dann verfügen
CopyrigMJtr PrMMdlanat K. Prager-Verlag. Wien  
2 Jeden Morgen überzählte sie ihre Barschaft, die in peinlicher Weise dahinschmolz. Mit der Ein­samkeit wuchsen aber ihre Gedanken und der Drang, zu schreiben. Sie erkannte jetzt, daß ihre frühere Lebensweise sie narkotisch beeinflußt hatte. Nun war sie erwacht. Befreit von Luxus und seidenen Sorgen begann sie ernstlich über ihre Arbeit und ihre Sendung nachzudenken. Schreiben das war jetzt das wichtigste. Sie schämte sich der Flachheit ihrer bisherigen Arbeiten. Die Jugend ist die Zeit feierlichen Ueber- mutes. Man hängt festliche Fahnen verschwende­risch aus, auf daß sich das Herz freue. Run fühlte sie sich innerlich uralt. Die Jahre des Wohlstandes hatten ihr Lebensklugheit gegeben, aber alle Lebensweisheit genommen, jene schwere und unweibliche Lebensweisheit, die schon der kleinen Babiola prophetisch innewohnte. So waren ihre Verse eigentlich nur das Ergebnis fruchtbarer Augenblicke gewesen. Sie sehnte sich sentimental nach der einstigen Not auf dem Strande. In heißer Scham mußte sie bekennen, wie wenig sie der Ver­gangenheit gedacht hatte. Sie schloß die Augen, um sich die Erinnerungen an das Meer, den Vater, ihre Kindheit und die salzigen Groschen recht deut­lich vor Augen zu führen. Lange und bewegungs­los saß sie da und merkte nicht, daß die Nacht sich senkte. Endlich raffte sie sich auf und trat ans Fenster. Unten lag Paris   in blauem Schimmer wi» eine reife Traube für das abendliche Festmahl eines Lebenskünstlers. Montparnaffe glich heute einer langweilige« Abendzeitung mit den üblichen
Dänemark  , die Niederlande, Norwegen  , Persien  , Schweden   und die Türkei   über Rahmenheere, das heißt, es ist dort ein Rahmen von aktiven Offizie­ren und Unteroffizieren vorhanden, der durch die Rekruten aufgefüllt wird. Die Dienstzeit ist dort verschieden. Sie beträgt fünfeinhalb bis 15 Mo­nate. Dann haben wir das Milizsystem in der Schweiz  . Die Dienstzeit erstreckt sich bei der In­fanterie, der Genie-, Sanitäts- und Fahrtruppe auf 60 Tage, bei der Kavallerie auf 90, bei der ArtiUerie und Kraftwagengruppe auf 75 Tage. Unter den Staaten, die ein stehendes Heer mit afl- gemeiner Wehrpflicht haben, steht Rußland   mit einer Dienstpflicht von 2 Jahren(3 Jahre für die Spezialtrupprn) an erster SteUe. Ebenso beträgt die Dienstzeit in Polen  , Rumänien   und Spanien  zwei Jahre. In der Tschechoslowakei   waren es in der letzten Zeit 14 Monate, die durch das neue Gesetz auf zwei Jahre erhöht wurden. In Italien  ,
Börsenberichten. Mädchen schritten dahin, armselig gekleidet, fünf Franken für den Tagesunterhall im zerschlissenen Handtäschchen, Arbeiter in Blu­sen, die mit Oel  , dem Blute der Maschinen, be­schmutzt waren. Babiola gehörte nicht zu diesen Menschen, konnte sich aber ohne falsche Sentimen­talität die Eintönigkeit all dieser Leben vorstellen. Eine Grünwarenverkäuferin pries Schoten und Obst mit lebendiger, lauter Stimme an. Ein Zei­tungsjunge lief vorbei und rief die Erinnerung an Raoul in Bidar wach. Sie atmete schwer und kam sich sehr arm und verlaffen vor. Ihr war, als sähe sie Paris   das erstemal. Mit hungrigen Augen schlich sie auf die Straße; da gingen junge Männer, die Zigarette an die Unterlippe geklebt. Vielleicht waren alle Künstler: ihr Blick war kindlich, ihr Benehmen unbefangen. Keiner sah Babiola an. Da fiel ihr ein, daß keiner dieser ehrlichen Burschen, die mit ihren ausgefransten Aermeln prunkten, sich ihr nähern würde, solange sie in ihrem kostbaren Pelzmantel modisch einher­stolzierte. Auf dem Quai-'Orleans lächelte sie einen jungen Mann verwegen an. Der. zwinkerte ver­legen und scheu, blieb stehen und lief dann, einem plötzlichen Entschluffe folgend, seltsam und ratlos fort, als fliehe er vor einer Torheit. Auch die Herzen schienen standesgemäß organisiert zu sein. Langsam ging sie heim und rechnete aus, wieviel sie für den Pelzmantel bekommen werde, den sie in Kürze werde verkaufen müffen. Das Geld verdunstet in Paris   wie Waffer in der Sonne. Jeder Tag ist ein Gläubiger. Babiola wußte, daß sie nicht Hungers sterben werde, genau so wie damals, als sie am Strand Limonade verkaufte. Sie mußte sich nur nach neuen- Bonnetiers umsehen. Ihr Gesicht war wohl kein besonderes Kapi­tal. Das sagte ihr der Spiegel tagtäglich. Aber sie war schlank, gescheit, jugendfrisch, bestimmt aber zu ernst. Zwei schöne Falten, die vorzeitige Legitimation des Denkens lagen zwischen den Brauen. Wem sie für chr Aeußeres danken sollte.
Lettland  , Südflawien beträgt die Dienstzeit 18 Monate, in Japan   16 Monate, die einjährige Dienstzeit besteht in Frankreich  , mit einer längeren Dienstzeit für die Spezialtruppen. Außerdem gibt es noch einzelne Begünstigungen für einzelne Be­rufe und Gruppen. Wir haben daher für die Ver­längerung der Dienstzeit, die nicht größer ist als in anderen Staaten und weil es sich unserer Meinung nach um eine vorübergehende Maßnahme handelt, gestimmt, um den fascistischen Angriff abzuweh­ren. Fascismus bedeutet Rechtlosigkeit, Willkür, Versklavung der arbeitenden Menschen. Die deutsche sozialdemokratische Arbeiterklaffe dieses Staates ist gewillt, die demokratischen Rechte und Freiheiten gegen alle Angriffe ganz- oder halb- fascistischer Kreise zu verteidigen und zu schützen. Aus diesen Motiven hat die sozialdemokratische Parlamentsfraktion für die Verlängerung der Dienstzeit gestimmt.
wen sie anflagen sollte, wenn der Boden des Lebens zu heiß für ihre Füße würde, war wohl unergründbar. So wenig sie die Tochter des Ehe­paares Bonnetier war, so wenig war sie die Toch­ter des alten Cloture. Schicksachaste Folgerichtig­keit begrenzte ihr Sein. So wie sie von der Straße gekommen war, in Mantel, Hut und Handschuhen, setzte sie sich auf ihr Bett. Arbeiten! Eine Arbeit leisten, die groß und mächtig war, die monatelang ihr Leben aus- füllen konnte. Plötzlich hielt sie den Atem an und hielt die Hand vor den Mund, um nicht laut auf­zuschreien: einen Roman! Tausend Formen und Handlungen quollen auf. Verwirrt und aufgeregt fiel sie auf das Bett zurück, dann sprang sie will» empor, lief im Zimmer umher und fühlte, daß sie beginnen, sofort beginnen müsse. Die Blüten an der Wand chres Hotelzim­mers schloffen die Augen. Matt leuchtete das Licht der einzigen Lampe, die nicht begriff, was dieses Mädchen bewog, bis in den Morgen in chrem Schein zu verweilen. Babiola schrieb; ihre linke Hand stak noch immer im Handschuh, der Mantel lag auf ihren Schultern und ihre Rechte flog über das Papier. Sie schilderte das Schicksal eines Menschen, der ihr vorläufig selbst noch unbekannt war. Wer dieser Mensch war ihr Kind und sie war seine Mutter. Sie fühlte weder Hunger noch Schlaf. Sie mußte ihre tollgewordene Phantasie bändigen. Angstvoll bahnte sie sich den Weg. Als Babiola nach einigen Tagen nach ihrem Gelbe sah, erschrak sie: sie konnte gerade noch die Hotelrechnung bezahlen. Jetzt mußte sie etwas unternehmen. Sie machte sich auf den Weg. In dem Hause, in dem die Redattion des Diable bleu" untergebracht war, wurden auch Tageszeitungen gedruckt. Auf einer Tür stand die Aufschrift: Eingang verboten. Beherzt drückte sie die Klinke nieder. Niemand war im Borraum zu sehen. Die letzten Nummern der Blätter hin­gen wie Fahnen an der Wand. Babiola wartete und las und las, daß die Bonnetiers sie drin­gend baten, heimzukehren. Der Stll des Jnsera-
F«harzte für alle Gebiete aufweffen. Diese An­leihe wird sich rentteren, wird der Volksgesundheit dienen und damit auch dem Gedeihen des Staates! (Beifall.) Antimarxismus schafft es nicht An die Adresse der,.Deutschen Fleischer- Zeitung Der Umstand, daß der»Kleine Landwirt" die neugebackene Freundschaft zwischen den Land- bündlern und Fleischern richtig als Anschlag gegen die Kleinlandwirte eingeschätzt hatte, hat die »Deutsche Fleischerzeitung" rasend gemacht. Es dreht sich um das alte selbstverständliche Recht der Landwirte, ihr eigenes Vieh selbst auszu­schroten und das Fleisch an jedermann zu ver­kaufen, unter Einhaltung der veterinär- un­finanztechnischen Vorschriften. Da die Not der Kleinlandwirt« groß ist und die Fleischer für das Vieh wenig zahlen, helfen sich die, Landwirte durch die Selbstausschrotung. Die Landbündler haben sich g e g e n diesen.Mißbrauch" eines ver­brieften Rechtes in der Hoffnung gewendet, daß ihnen das heimische Vieh zu besseren Pressen in erhöhtem Maße abgenommen werde. Meist bezogen die kerndeusschen Fleischer das Vieh aus dem tschechischen Gebiete. Die durchaus begreifliche Abwehr der organisierten Kleinbauern hat die Wut der»Deut­schen Fleischerzeitung" hervorgerufen. Im Wesentlichen dreht es sich ihr doch darum, einen Sündenbock dafür zu finden, daß die Flesscher nicht mehr soviel verdienen wie in Kon­junkturzeiten. Für das Versagen des Kapi­talismus werden die Marxisten verantwort­lich gemacht! Da ist der»Prager Börsen-Courier" doch aufrichttger. Dort heißt es«. a.: Dort heißt es n. a.: Es ist traurig, daß der Landwirt beim Mäst« daraufzahlt, doch ist das ständige Absinken der Preise daS Resultat des schon fett Jahr« g l e i ch b l e i b e» d e u Fleischkon­sums, aufgeteilt von Jahr zu Jahr auf ei« immer größer werdende Zahl von Fleischern und Sel­chern. In der Fleischer» und Selcherbranche werden von Jahr zu Jahr mehr und mehr Lehrlinge und Gesellen frei­gesprochen. Mit der Zeit wird eine unver­hältnismäßig große Anzahl von Meistern gezüchtet, was zur Folge hat, daß sich der Konsum derart bei den Fleischern verteilt, daß heute sehr viele Fleischer höchstens 100 300 K g. Fleisch verkaufen, wahrend in Friedenszeiten ein Flesscher oder Sel­cher per Woche mindest 800 1000 K g. Ware umsetzte. Der kleine Konsum im Detail drückt die Preise, v e r u r s a ch t S ch l e u d er« der Ware um jeden Preis, was im Endeffett die unrentable Viehzucht beim Land­wirt verursacht. Die unrentable Viehzucht ist aber auch die Folge der großen Ärbeitslosig- keit und des Unterkonsums. Hier liegt das Kernproblem. Wenn dieD. F. Ztg." von dieser Erkennt­nis ausginge, würde sie trachten, vorerst in den Reihen der Fleischer Ordnung zu schaffen. Dann würde sie di« Bedeutung einer gehobenen Kaufkraft der breite» Massen erfassen. Statt einzusehen, daß höherer Verdienst in erster Reihe den Gewerbetreibenden zugute kommt, stürzt man sich auf die paar Kon­sumvereinsschlächtereien und auf jene, die ein ganz selbstverständliches Recht der Landwirte ver­teidigen.
tes ließ erkennen, daß es Frau Bonnetter zur Ver­fasserin hatte. Herr Bonnetter hätte es nicht ge­wagt, vonVerzeihen" zu sprechen. Sie kehrte der Zeitung den Rücken. Lieber Hungers sterben, als nochmals diese Hände küssen. Irgend jemand schritt durch den kahlen Raum, ohne sie zu beachten. Da ging sie den anschließen­den Korridor entlang. Auf einer Tür las sie plötz­lich: Redaktion desDiable bleu". Sie klinkte auf und wußte gar nicht, ob sie vorher angeklopst habe. In jeder Redaktion sitzt ein Jemand mft einem gepanzerten Herzen. Hier geriet Babiola just an diesen Mann. Sein Ressort warDer Gerichts­saal" und»talentterte Mädchen." Er hatte in sei­ner Jugend unglücklich geliebt und so verstand er sich darauf, Fräuleins hinauszuwerfen. Er nahm die Brille ab, um weniger zu sehen, unterdrückte jedes Mitgefühl und trat vor. Er sah die Frauen wie ein Photograph: mit den Füßen nach oben und verkehrtem Kopf. Babiola las ihm diese Anschauung von der Nasenspitze ab und wandte sich mit einem Satz, der fest wie eine Betonbrücke war, unverzüglich an den Herrn am zweiten Schreibttsch. Bitte, wer ist hier der Klügste?" Die Herren der Redaktton desblauen Teu­fels" schienen nicht eitel zu sein. Keiner meldete sich auf diese Frage. Meine Herren," sie sprach plötzlich anmutig und durchaus weiblich,eS handelt sich um«ne bizarre und heikle Sache..." Die Herren Redakteure schielten. Einer bot ihr einen Stuhl an. Kurz", sagte sie,»ich komme, um mich Ihnen vorzusteflen..." Was wollen Sie eigentlich hier, Fräulein" fragte der Redakteur mit dem gepanzerten Herzen. Ich bin der.Bagabond'", meine Herren. Ein junger Redakteur, der neben dem Ge­panzerten saß, sprang auf. Die andere» blieben ruhig sitzen und lächelten nur. iForssetzu« folgte
für den Ausbau der Krankenhäuser Genosse Dr. Höllischer verlangt eine große Anleihe
Prag  . Die Budgetdebatte im Senat wurde am Dienstag in ganztägiger Sitzung zum Abschluß gebracht; daS Schlußwort des Referen­ten sowie die Abstimmung ist für Mittwoch vor­mittags festgesetzt. Für unsere Fraktion sprach in der Debatte noch Genosse Dr. H o l i t s ch e t, der die Auf­merksamkeit des Hauses auf die bedenklichen Fol­gen der Krise für die B o l k s g e s u n d h e i t lenkte, die sich nunmehr schon kratz bemerkbar machen. Die Kindersterblichkeit nimmt wieder zu und sogar die Krätze eine seit dem Krieg un­bekannte Erscheinung beginnt sich wieder aus­zubreiten, weil die Leute keine Seife mehr kau- sen können. Auch die Syphilis   greift wieder um sich. In diesem Kampf um die Volksgesundheit spielen die Krankhäuser eine große Rolle. Darum ist es unbedingt notwendig, daß das Krankenhauswesen planmäßig ausgebaut und gefördert wird, wobei man selbst große finan­zielle Belastungen nicht scheuen dürfte. In diesem Zusammenhang erinnert der Red­ner den Gefundheitsminister Dr. Spina daran, daß von den vielen Vorlagen, die er in der Budgetdebatte vor zwei Jahren unmittelbar in Aussicht stellte, bisher nur drei Gesetze verwirklicht wurden, und leider nicht die wichtigsten. Die Organisatton der gesundheitlichen Verwaltung, die Schutzmaßnahmen gegen die Tuberkulose und insbesondere der'Fonds für den Bau und die Unterstützung von Krankenhäusern und anderen Heil- und Sanitätsanstalten lasse« bis h.e u t e. a u.f sich w a r t ein.... Die Zahl r von 19.308^ünkmb'etten in öffentlichen Krankenhäusern in Böhmen  , die die letzte Statistik verzeichnet, reicht, wie Redner ausführte, nicht mehr hin, denn der Andrang in die Kranken­häuser ist heute aus vielen begreiflichen Gründen außerordentlich gewachsen. Unsere Krankenhäuser sind aus wirtschaftli­chen Gründ« heute in eine sehr unerfreuliche Si­tuation gekommen. Ein Krankenhaus erforderte heute schon angesichts der moderuen Apparatur« ganz andere Summ« als früher. Um alle diese Kost« zu deck«, reich« dir Brrpflegsgeiühr« heute nicht mehr aus. Allein dem Komotauer Krankenhaus ist der Landesfonds an Verpflegskosten und anderen Rück­ständen fast zweieinhalb Millionen KC schuldig. Die Folge ist, daß das Krankenhaus seinerseits wieder 1.9 Millionen für(Steuern, Verköstigung der Kran ­
ken, Medikamente, Kleidung, Waffer, Beheizung, Strom usw. schuldig ist, wofür es allerdings Zin­sen bezahlen muß. Wenn der Landesfond einmal wieder 50.000 bis 60.000 schickt, dann reicht dies gerade für die Zinsen. So kommen die Krankenhäu­ser und ihre Erhalter immer tieferinSchul- d e n hinein. Wir kenen den schönen Plan, der in der Landes­vertretung vom Landesvertreter Novak ausgearbei­tet wurde und der d« Dau von zwölf Landeskran- kenhäusern Vorsicht und wir können nur hoffen, daß er in absehbarer Zeit auch durchgeführt wird. Die Verhältniffe der Krankenhäuser find bei uns ja so verworren, daß sie mit der Zeit unhalt­bar werden. Es gibt Krankenhäuser, die dem Lande gehören, solche, die dem Bezirke oder privaten Gesellschaften gehör«,und in Schlesien   und der Slowakei   gibt es eine Reihe von sta a t l i ch e n Krankenhäusern. Die Bürokratie ist aber leider überall maßgebend und die Aerzte, die in diesen Fragen die Entscheidung haben sollten, werd« nur so nebenbei um Rat geftagt, gewöhnlich aber geschieht nicht das, was sie Vorschlag«. Wir brauchen Krankenhäuser, die eine Ergän­zung für das Allgemeine Kranrmhaus in Prag   und für die dortigen Kliniken geben, welche nicht mehr ausreichen, um den ärztlich« Nachwuchs heranzu­bilden, um alle diese komplizierten ärztlich« Fragen zu lösen, die heute, wenn es sich um eine richttge, wissenschaftlich fundierte Behandlung der Kranken handelt, gelöst werden müßten. Wir brauchen bei jedem Krankenhaus Abtei­lung« für Augenkranke, Geschlechtskranke, Frauen- krankheiten, ein Laboratorium, dann brauchen wir chemische und serologische Einrichtung« zur Fest­stellung der Diagnose als auch zur Behandlung der Kranken. Das alles finden wir aber nicht. Wir ha­be» am Lande andere Krankenhäuser, die aus Sie- cherthänscttl«kstanbekl sisib. Wir müssen a n ihrer Ste^? moderne Krankenhäuser bekommen; das kostet frellich sehr viel Geld, das schwer aufzutretö bcn sein wird. Wenn es aber eine Anleihe gibt, die ihre Zins« durch eine Berieffe«ng der Volksge­sundheit reichlich trag« würde, so wäre eS diese. Alle Jststanz« müffen dafür sorg«, daß der Ausbau der Krankmhäuser möglichst rasch in die Hand genommm wird. Ich bitte den Her« Gesundheitsminster, die große Energie, die er auf anderen polittschen Ge­bieten zum Vorteil seiner Pattei aufbringt, auch in der Richtung einzusetzen, um die Widerstände, die sich gegen den Ausbau der Krankenhäuser erheben, zu beseittgen, bannt wir eine Anleihe bekommen, durch die es möglich wird, daS Land mit einem Netz gut ausgebauter Krankenhäuser zu überziehen, die