IZENTRALORGANDER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEIIN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIKERSCHEINT MIT AUSNAHME DES MONTAG TÄGLICH FRÜH. Redaktion und Verwaltung präg xiufochova«2. Telefon 53t>77. Administration Telefon 53075.HERAUSGEBER: SIEGFRIED TAUB. CHEFREDAKTEUR! WILHELM NIESSNER. VERANTWORTLICHER REDAKTEUR! DR. EMIL STRAUSS. FRAG.Einzelpreis 70 Heller(•inKhIielMich 5 Heller Forto)14. JahrgangSamstag, 22. Dezember 1934Nr. 299Anläßlich der Weihnachtsfeiertagewird unser Blatt bereits am Dienstag, den25. Dezember, zeitlich früh, als Wech-nachtsnummer in verstärktem Umfange mallen Orten sein, und können unsere Kolporteure die Zeitungen schon um 6 Uhr frühvon der Bahn abholen.Die Ausgaben von Mittwoch, den26., und Donnerstag, den 27. Dezember,entfalle«. Unser Blatt erscheinterst Freitag, den 28. Dezember, wiedernormal.Am Dienstag, den 1. Jänner 1985,erscheint unser Blatt als Nenjahrsnnmmerim verstärkten Umfang, die Mittwoch-ausgabe vom 2. Jänner entfällt, daam Neujahrstag nicht gearbeitet wird.Die Verwaltung.Schuschniggschützt PercevKWien. Der bekannte kroatisch- Emigrantenführer Oberstleutnant a. D. Perceviä, der voreiniger Zeit von der Wieckdr Staatspolizei im Zusammenhang mit dem Marseiller Attentat auf Ersuchen der französischen Behörden in Haft genommen worden war. ist vorgestern wieder auf freienFuß gesetzt worden. Das Auslieferungsbegehrenwurde abgelehnt.Saarpolizei eingerücktSaarbrücken. Donnerstag trafen im Saargebiet die letzten englischen Militärabteilungenund auch italienisches Militär ein. Die Bevölkerung nimmt die Truppen mit Neugiebde, im ganzen aber gleichgWig auf. Damit sich ähnlicheVorgänge, wie der Zwischenfall des englischenOffiziers vom vergangenen Sonntag, nicht wiederholen, wurde den Truppen vollkommene Enthaltsamkeit angeordnet. Außerdem erließ das britische Militärkommando einen Befehl, in dem esheißt, daß eventuelle Ehen englischer Soldatenmit Saarangehörigen nicht berücksichtigt werdenund daß Soldaten, die sich im Saargebiet verheiraten, nicht den' Sold der Verheirateten erhaltenwerden..Vie Saar muß frei bleiben!London. Max B r a u n, der Führer des Abwehrkampfes an der Saar, führt im i„D a i l yH e'r a I b" aus, es sei eine Lebensnotwendigkeit für Europa, daß das Säargebiet n i ch t zuHitlerdeutschland zurückkehre. Falls das Saargebiet in das zersetzende nationalsozialistischeMilieu gelange, werde dem Nationalsozialismusder Weg in alle benachbarten Staaten geöffnetsein. In diesem Falle wird nicht die Gefahr schwinden, sondern es werden sich im'Gegenteil neueVersuche zeigen, alle deutschsprechenden Völkerzwecks Beherrschung Europas zu vereinigen.Ausländertaxe in FrankreichBis zu 10 Prozent des LohnesParis. Der Finanzausschuß der Kammer verhandelte mit dem Arbeitsminister Wer die Einführung einer besonderen Taxe, die diejenigenArbeitgeber zu zahlen haben werden, die ausländische Arbeiter bei sich beschäftigen. Diese Taxewird je nach dem Gebiete und der Beschäftigungdes ausländischen Arbeiters 0.5 bis 10 Prozentdes Lohnes betragen. 40 Prozent des Ertragesdieser Steuer werden für eine Verbesserung derpraktischen Ausbildung französischer Arbeitsloserund zur Deckung der mit dem Transport ausländischer Arbeiter in ihre Heimat verbundenen Kosten verwendet werden. Der Arbeitsministermachte nämlich aufmerksam, daß Frankreich dem.fremden Arbeitern, wenn diese nicht rechtzeitigin ihre Heimat zurückgeschickt werden, Arbeitslosenunterstützung zahlen muß. Das betreffendeKapitel wurde angenommen und wird noch imLäufe dieser Woche in das Budgetgesetz für dasnächste Jahr eingestellt werden.Die Sinowjew-Gruppevorge-getreten ist, was bedeutet, daß die neue Regierung der Sympathie der Radikalen wahrscheinlichnicht ganz entbehren wird. Slawonien ist durchden Minister Marus i c vertreten. Die Radiä-Pärtei, die kroatische Bauernpartei, ist durch denAbgeordneten von Sebenico, K o z u l j, vertreten,der heute in der jugoslawischen Skupschtina Mitglied des oppositionellen Klubs des AbgeordnetenPerka ist.Von den alten Führern der Regierungsparteigehört keiner dex Regierung an. Trotz dem ablehnenden Standpunkt der radikalen Partei ist escharakteristisch daß der bekannte Führer der radikalen Partei, Dr, Stojadinovic— wennauch nur für seine Persom—in die Regierung ein-.*In ein« den Vertretern der Presse erteiltenErklärung kündigt Ministerpräsident Jevtiä an,daß die Regierung in einer alsbald zu veröffent-lichenhen Deklaration ihr Arbeitsprogramm mit-teilen werde. Er habe auch jenen die. Möglichkeiteiner Zusammenarbeit geboten, welche bisher abseits in Opposition standen. Einvernehmen undZusammenarbeit seien die Hauptvorzüge der jugoslawischen auswärtigen Politik, welche gute Resultate gebracht hätten; er hoffe; daß auch in derinneren Politik die erwarteten Resultate erzieltwerden.OhnePortefeuille: Dr. Hasan-b e g o v i L(Abgeordneter und Vizepräsident derSkupschtina).des Mordes an Kirow bezichtigtAmtlich: Organisierte Verschwörung/ 14 Verhaftungenher wurden 14 Verhaftungennommen, darunter S ch a z h i(ehemaliger Generalsekretär derkommunistischen Jugend derSowjetunion),Rumjanzew(ehemaliger Volkskommissar fürLandwirtschaft), Lewin und Mantel»stamm. Alle diese Verhafteten findMitgliederder Partei.Sie wurden vor längerer Zeit wegen feindlicher Tätigkeit aus der Partei ausgeschloffen,aber dann wieder ausgenommen, nachdem sie erklärt hatten, den Partcianordnungen zu folgen.Die 14 Verhafteten wurden zur Verfügung desMilitärgerichtshofes gestellt.Es bestätigt sich also, daß Kirow von einemMitglied der Partei ermordet wurde und daß sichan der illegalen Verschwörung gegen die Parteizahlreiche Personen beteiligt haben, die früherbedeutende Aemter in der Regierung und derPartei eingenommen hatten.*Heber eine Verfolgung von Sinowjew und Katalinow wurde vonkeine Mitteilung ge macht.Die Minister haben den Eid bereits Freitag um 18 Uhr 30 abgelegt. Das neue Kabinettsetzt sich aus acht Serben, einem Serben aus den befreiten Gebieten, zwei Kroaten, zwei Slo-venen und einem bosnischen Mohammedaner zusammen.Aus dem früheren Kabinett UzunoviL gehören der neuen Regierung nur drei MitgliederJevtiä, General Zivkoviä und Dr. Kojik an.Das politische Rückgrat des neuen Kabinetts,dessen Mitglieder bis auf fünf Nichtparlamentariersind, weredn Ministerpräsident Jevtiä und dieMinister Zivkoviä und K oj i c bilden. Einauffallendes und charakteristisches Kennzeichen derneuen Regierung ist die verhältnismäßige I u-g e n d ihrer Mitglieder. Das Durchschnittsalterder neuen Minister beträgt 45 Jahre. Die neueRegierung wird sich offenbar auch auf die jün geren Elemente im gegenwärtigen jugoslawischenParlament und auf einige rein jugoslawische Be wegungen im Lande,. wie z. B. die Genoffen-schaftsbewegung, ferner auf die JugoslawischeAktion, und auf. die jugoslawische BewegungenSlowenien, die sogenannten.Frontkämpfer, stützen.Moskau. Amtlich wird mitgeteilt: DasBundeskommiffariat des Innern(OGPU) hatdie Untersuchung gegen den Mörder Kirows abgeschloffen. Das gesamte Anklagematerial wurdezur Aburteilung dem Militärausschuß des Obersten Gerichtshofes iipergeben.Die Untersuchung hat ergeben, daßder Anschlag von einer illegalenOrganisation vorbereitet wurde,die den Kreisen um Sinowjew und Trotzki angehörteund die sich zur Aufgabe gemacht hatte,durch Terrormaßnahmen die Parteileitung zu zwingen, den jetzigen politischen Kurs aufzugeben und die Sinow-jew-Trotzkischen Ansichten in der Sowjetunion zu vertreten.Die Untersuchung hat b e w i e s c n, daßsich die Organisation die besondere Aufgabegestellt hatte, Kirow zu ermorden, weil er durchseine Maßnahmen die Auflösung der illegalenOrganisation verfügt und mit allen ihm zur Verfügung stehenden Machtmitteln die illegale GruppeVerfolgt hatte.Di« gesamt« Organisation standunter Leitung von Katalinow. Bis-Justiz: Dr. K o j i L.Soziale Fürsorge: Dr. M a r u-s iö(Banus des Draubanates aus Ljubljana).Landwirtschaft: Dr. DraguslavJankoviL(Vertreter des Verbandes der serbischen landwirtschaftlichen Genossenschaften).Oe ffentliche Ar beiten:. Dr.K o j u l j(Abgeordneter, Mitglied der Oppost-tionsgruppe des Abg. Preka)(Kroatien).Körperkultur: Dr. Ludevit AuerMinisterpräsidiumundAeuße-r e s: Bogoljub Jevtiä.Krieg: General Petar ZivkoviL.Inneres: zPelja P o p o v i L(Banusdes Vrbas-Banates ans Sarajevo).Finanzen: Dt. Stojadinovik.Verkehr: Jng. Dimitrije V u j i i(Abgeordneter).Forstwesen und Bergbau: SvetaP o p o v i ä(Abgeordneter).Unterricht: Stevan E i r i ä(Abgeordneter).Handel: Dr. Milan B r b a n i L(Senator und Borsitzender der Agramer Industriekammer).AnalogienEs ist im Wesen des Fascismus, der in deneinzelnen Ländern sich nationalistisch austobt, begründet, daß er internationale Ausbreitung suchenmuß, wenn er seine Hauptaufgabe, als Hilfstruppe des internationalen Kapitalismus zu dje-nen, erfüllen will. Wer Gelegenheit hatte, gewisse, Vorgänge vor Hitlers Machtergreifung in Deutsch-, land zu beobachten, muß gewisse Analogien fest-,.stellen zwischen den politischen Manövern der deut-' scheu Nationalsozialisten und den Fascisten in un-’ serer Republik.' Die letzten Vorgänge,— das Verhalten der’ deutschen,— und die Demonstrationen der tsche-' chischen Studenten und Fascisten sollen bei unfe-i ren Betrachtungen ausgeschieden werden» obwohlauch bei'diesen Vorgängen Erinnerungen an gewisse nationalistische Tumulte in Deutschland auftauchen. Was sonst sich zuträgt in unserem Landeläßt gewisse Schlüffe zu auf die Absichten derFascisten,.ihre. Macht international zu verankern.Die Zusammenstößeckn Saaz, bei denen diestädtische Polizei einseitig gegen Sozialdemokraten,Angehörige einer Regierungspartei in einer nichtzu rechtfertigenden Weise borging, sozialdemokratische Abgeordnete nach Waffen durchsuchte und dieHenleinanhänger mit'größter Schonung behandelte, sind Anzeichen beginnender Fascisierung desBeamtentums. So sing es auch in Deutschland an.• Bei Versammlungszusammenstößen ging die Polizei bereits zu der Zeit, als die Sozialdemokratiedas Kabinett Brüning noch tolerierte,— meistallerdings die staatliche,— in den wsitaus meisten Fällen,gegen die Sozialdemokraten oder dieKommunisten vor. Die örtliche Polizei verhielt sichje nach der Zusammensetzung der Gemeindevertretung oder der Einstellung der Polizei, den Weisungen ihrer vorgesetzten Behörden entsprechend, imallgemeinen aber zurückhaltender. Versammlungsbesucher, die den. Arbeiterparteien angehörten,wurden bei' der Räumung der Lokale von derstaatlichen Polizei drangsaliert, herausgegriffen,vor Gericht gestellt,— meist wurden Landesfrie-densbruchprozstsse eingeleitet,— und zu hohenFreiheitsstrafen verurteilt. Die Strafjustiz warbereits dem Fascismus ergeben. Die bürgerlichenGerichte verurteilten die Vertreter der Partei zumErsatz des bei Zusammenstößen verursachten Schadens, auch wenn die Provokationen der Nazis festgestellt waren. Daß die bereits halbgleichgeschaltete Preffe, die unter dem Druck der Nationalsozialisten in Marxistenbekämpfung machte, die öffentliche Meinung zugunsten der Provokateure beeinflußte, sei nur der Vollständigkeit halber festgestellt. Die Hakenkreuz-Fascisten stellten sich alsUnschuldslämmer hin. War es in einem Fallewirklich einmal nicht zu umgehen, daß ihre An-i Hänger gestellt wurden, schüttelte man' sie, verleugnete sie, oder schloß sie gar, natürlich nur vdr-——. übergehend, aus der Partei aus. Im übrigen er«(Abgeordneter aus der kroatischen Stadt Sisak). hoben sie ein geräuschvolles Geschrei über marxistischen Terror und hatten Erfolg damit. DasVerhalten der Henleinfascisten ist naturgetreu dengroßen Vorbildern nachgeahmt.Täuschen wir uns nicht I Die Kräfte, auch inunserer Republik fascistische Methoden zu praktizieren, sind viel intensiver am Werk, als allgemein zu erkennen ist. Die Wühlarbeiten zur Nie-derringung der llassenbewußten Arbeiterschaft undBeseittgung des sozialdemokratischen Einflusseswerden auch hier systematisch betrieben. Das kannman sehr deutlich beobachten bei der Kommunalpolitik. Wo immer die Möglichkeit gegeben ist,schließen die Vertreter der bürgerlichen Parteiensich zu einem Block gegen die Sozialdemokratie zusammen, um gegen die Kommunalwirtschaftschlechthin, gegen gemeinwirtschaftliche Bestrebungen, großzügige Wohnungs- und Sozialpolitik anzurennen. In der Auswahl der Mittel ist man dabei nicht wählerisch. Man läßt sich sogar die Hilfeleistung der Kommunisten gern gefallen, die inihrem verblendeten Haß gegen die Sozialdemokratie die ihnen zugedachte schäbige Rolle anscheinendnicht erkennen, oder sie absichtlich spielen. Unternehmersekretäre protestieren gegen Sozialpolitik,fertigen Proteste und Beschwerdeschriften an gegenfortschrittliche Beschlüsse in den Gemeinden undkämpfen mit nicht immer fairen Mitteln gegen dieangebliche hohe Belastung des Händels- und Gewerbestandes und der Industrie durch Soziallasten. Und sicher ist es keine Zufälligkeit, daß zugemeinsamen Beratungen der Bürgerlichen Angehörige der Henleinfront zug^ogen werde«,, wennKabinett 3evtic gebildetFast durchwegs neue MännerHeranziehung der gemäßigten OppositionBelgrad. Der Bevollmächtigte des königlichen Regentschaftsrates Minister Jevtiähat die neue Regierung in folgender Zusammensetzung gebildet: