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Dienstag, 1. Jänner 1935
Nr. 1
F. V. Krejöi, Redaktenr desPrävo Lidu" i. R geb. 1867. Seine erste Tätigkeit fällt in die Zeit der fortschrittlichen Bewe­gung der 90er Jahre. In seinen zahl­reichen Schriften und Literatur- und Theaterreferaten hat er eine verdienst­volle Arbeit für die Popularisierung der Kunst geleistet. Er war der einzige Schriftsteller seiner Generation, der sich ganz der Sozialdemokratie zuge­wandt hatte. Das erste WerkDie heu­tige sittliche Frage" gab er 1894 heraus. Es folgtenDas Kunstwerk in der Literatur und seine erzieherische Macht",Der ewige Morgen in der Kunst", das Werk über sozialistische KulturDer Traum einer neuen Kul­tur",Die Geburt des Dichters",Die religiöse und moderne Weltanschau­ung",Tschechentum und Europäer- tum" und viele andere. Krejci schrieb Monographien über Ibsen  , Hus, Ma­ch«, Brchlickh, Zeyer, Smetana  , ver­faßte mehrere Dramen und realistische Romane. 1919 wurde er als Delegier­ter zu den tschechoslowakischen Legionen nach Sibirien   entsandt und beschrieb seinen Aufenthalt im fernen Osten in drei Werken.
Petr KH8ka, Sektionsrat des' Schulministeriums, Lektor des Genoffenschastsverlages «Druzstevui präce", geb. 1884. Lyri­ker. In seinen Versen klingt Musik, sie find in einer schönen Sprache gedichtet und voll von Gefichl. Im Kriege schrieb er ein GedichtMedynia Glo, gowska", welches ihn berühmt machte. Er gab mehrere Gedichtsammlungen sowie Uebersetzungen aus der russischen und französischen   Poesie heraus.
Marie Majerovä,
Redakteurin des vom gleichnamigen Legionärverlag herauSgegebenen Wo­chenblattesEin", geb. 1882. Soziali­stische Prosaschtiststellcrin. Befaßt sich mit dem Leben des Proletariates, macht auf die Klassengegensätze in der Gesellschaft aufmerksam und verkündet eine bessere Zukunft nach dem Siege der Arbeiterschaft. Ihre Frauengestalten, fühlen oft neben der Qual ihrer Armut auch die der Erotik. Ihr erster Roman Die Jungfräulichkeit" beschäftigt sich mit einem im Gastgewerbe angestellten Mädchen.Der Platz der Republik" ist ei« aus dem Milieu der in Paris   le­benden Revolutionäre entnommener Neman  ,Die schönste Welt" ist eine
Verherrlichung der Idee des Sozialis- mus. Ihr letzter RomanDie Strom­sperre" ist' eine kommunistische Utopie. Majerovä gab mehrere Novellenbände und Abhandlungen über ihren Aufent­halt in Amerika   und in der Slowakei  heraus. Aehnlich wie Bojsena Nim- covä"sammelte und bearbeitete sie Märchen. Sie übersetzte auch viel auS dem Französischen(Octave Mirbeau  u. a.). Wurde mit anderen Schrift­stellern vor einigen Jahren aus der kommunistischen   Partei ausgeschlossen.
F. M. BartoS,
PH. Dr., Professor der Kirchengeschich­te an der HuSfakultät der tschechischen Universität in Prag  , geb. 1889. Histo­riker der husitischen und Reforma­tionsperiode. Schriften über Kusitis- müs, ZiZka  , die St. Wenzelslegende, Johann Nepomuk(Der Heilige des Dunkels") u. a. m. Mitarbeiter des Prävo Lidu". Er hat die Wenzels­und die Nepomuklegende wissenschaftlich zerstört.
ZdenSk Nejedly, PH. Dr., Professor der Musikwissen­schaft an der tschechischen Universität in Prag  , geb. 1878. Historiker und Publizist. Schrieb wissenschaftliche Werke über die Geschichte der tschechi­schen Musik, über den Gesang in der vorhusitischen und husitischen Zeit, über Aesthetik, Monographien über Smetana   und Fibich, sowie ein großes bisher in 3 Bänden erschienenes Werk über Masaryk  . Tritt in Artikeln und als Redner für Geistesfreihrit und ge­gen den Fascismus auf. Er loarb jahre­lang um das Verständnis der Nation für das neue Rußland  . Stark links orientiert. Gab früher eine Zeitschrift Var" heraus.
Emil Krofta, PH. Dr., Gesandter und bevollmächtig­ter Minister, Stellvertreter des Außen­ministers, Professor der böhmischen Ge­schichte an der tschechischen Universität in Prag  , geb. 1876. Verfaßte zahl­reiche wissenschaftliche Schriften: über die Bauern in. Böhmen  , die vorhusi- tische Kirchengeschichte, über Päpste, Petr Chelcicly, die Schlacht auf dem Weißen Berge, die Deutschen  inBöhmen u.«. m. Trat aus der nationaldemokratischen Partei wegen ihrer fasciftischen Orientierung aus.
Jaroslav Stränsky, JUDr., Dozent des Strafrechtes an der Brünner Universität, Abgeordneter und Herausgeber derLidovö Noviich", geb. 1884. Verfaßte mehrere rechts­wissenschaftliche Schriften, darunter Recht und Revolution". Trat 1925 aus der nationaldemokratischcn Partei aus, organisierte die Arbeitspartei und trat nach ihrer Auflösung 1929 in die nationalsozialistische Partei ein. Führte den heftigsten Kampf gegen Strlbrnh in der bekannten Korrup­tionsaffäre. Seine Reden im Parla­ment zeichnen sich durch die gründliche Analyse der politischen und geistigen Zustände unserer Zeit aus.
JUDr., Professor deS Privatrechtes und der Rechtsphilosophie an der tschechi­schen Universität in Prag  , geb. 1878. Eifriger Propagator der Demokratie. Verfasser zahlreicher juristischer und philosophischer Schriften, unter andern Grundidee der Demokratie",Demo­kratie als Lebens- und Weltan­schauung",,,^^",Regierungin der Demokratie",Der Mensch und die Gesellschaft" u. a. m. Mitarbeiter des Ceske Slovo". Er verlangt, daß die Rechtsnormen mit den sozialen, wirt­schaftlichen und moralischen Bedürfnis­sen in Einklang gebracht werden. fi ftifosopftep
Emanuel Rädl,
PH. Dr., Professor der Naturphiloso­phie an der tschechischen Universität in Prag  , geb. 1873. Schüler MasarykS. Nimmt häufig zu aktuellen Fragen in der Ocffentlichkcit Stellung. Sein auf Religiosität sich stützendes soziales Füh­len führte ihn zur Sozialdemokratie. Pazifist und Anhänger der Völkerver­ständigung. Vor dem Kriege gab er einige Werke über Biologie heraus, 1918 kritfierte er in der.Momantischen Wissenschaft" Kant, die deutsche Natur­philosophie und die romantische Ideo­logie deS Nationalismus. In derMo­dernen Wissenschaft" gab er eine Aus­legung der philosophischen Probleme. Seine Weltreise beschrieb er in dem BucheWest und Ost". Sein größtes Werk ist die 1983 erschienene zweibän­digeGeschichte der Philosophie". Eini ­
ge Werke schrieb er auch deutsch. Prak­tisch betätigt er sich in der Nmca. Seine Aussätze zur nationalen Frage waren bahnbrechend für ein besseres Verständ­nis von Tschechen   und Deutschen  .
J. B. Kozäk, PH. Dr., Professor der Philosophie an der tschechischen Universität in Prag  , geb. 1888. Studierte Theologie in Deutschland   und England, wurde zuerst evangelischer Vikar, dann Hondelsaka» demieprofessor, seit 1921 wirkt er an der Universität. Moderner Philosoph init religiösem Einschlag. Pazifist und eifriger Verfechter der Demokratie. Seine Hauptforderung ist sittliche Ord­nung im öffentlichen und Privatleben. Verfaßte Schriften über Religiosität, Ethik, Demokratie und Kultur, über Spencer, Kant und Masaryk   Mitar­beiter desEeske Slovo".
Joumafisten
Jan Herben  , Ph. Dr., geb. 1857. Hervorragender tschechisch-fortschrittlicher Journalist der letzten Epoche. Belletristischer Schrift­steller und Historiker. Gründete 1886 denEas", welcher zum Organ der Realistenpartei(Anhänger Masaryks) wurde und ab 1901 täglich erschien. Er redigierte ihn bis zu seiner Einstellung im Kriege. ImCas", welcher der so­ zialistischen   Arbeiterbewegung nahe­stand, wurde ein Kampf gegen Reaktio­näre und Spießbürger, gegen die ge­fälschten Handschriften und jeden Chauvinismus geführt. Die Anfänge der Realistenpartei und die politischen und kulturellen Ideen der achtziger und neunziger Jahre beschrieb er,in dem
BucheZehn Jahre gegen den Strom". Das Wirken der Realisten schilderte er auch in seiner Monographie über Ma­ saryk  . Von den Klerikalen wurde er sehr wegen seiner Schrift über Johann Nepomuk anoefeindet. Als Belletrist schrieb er Erzählungen aus dem Leben in seiner mährisch-siowakischen Heimat. Sein bedeutendstes Werk ist die zwei­bändige Chronik von vier Generationen einer mährisch-siowakischen Bauern­familieJnS dritte und vierte Ge­schlecht". Im gleichfalls zweibändigen HostiZov" schildert er Begebenheiten in der Nähe seines Wohnorts, bei- bor.
Hubert Rioka, PH. Dr., Redakteur der.Lidove No- viuy", geb. 1895. Schreibt iiber In­nenpolitik und weltpolitische Ausblicke. Fortschrittlicher, demokratischer Jour­nalist. War früher Redakteur des Närodnt Osvobozeni". Hiswrische Schriften über Jugoslavien  , Tschcck'v- siowakei u. a. Einer der scharninnig» sten und temperamentvollsten Gegner des tschechischen Fascismus.
Lev Sydirava, JUDr., Chefredakteur desNärodni Osvobozeni"(Tagblatt der linksorien­tierten Legionäre), geb. 1887. Zu Be­ginn des Krieges fuhr er in die Schweiz  und wurde in Genf   Masaryks Sekre­tär. Organisierte die Verbindung mit der Maffia  . 1916 aus der Schweiz  ausgewiesen, wurde er in Paris   Beness Hauptmitarbeiter. Bon der tschechoslo­wakischen provisorischen Regierung zum ersten diplomatischen Vertreter in Pa­ ris   ernannt. Führer der Esi. ober le« gionätskä. Schriften über Legionäre, Masaryk  , Stefanik   u. ügl.
Ferdinand Peroutka  ,
Redakteur des unabhängigen WochenblattesPkitomnost". War 1919 bis 1924 Redakteur derTribuna". Geb. 1895. Analysiert in seinen geistreichen Artikeln aktuelle politische und kulturelle Begebenheiten vom bürgerlichen fortschritt­lichen und liberalen Standpunkt. Ein sehr gewandter Journalist, der aus der Pkitomnost" die geachtetste links orientierte Zeitschrift machte. Biele in ihr erscheinenden Beiträge befassen sich auch mit sozialen Themen. Peroutka   nahm Anteil an der Gründung der Arbeitspartei. Schriften:Aus dem Tagebuche deS Journalisten",Wie wir find",Wer uns befteit hat",Ja und nein" und insbesondere die Geschichte der Anfänge der Tschechoslowakischen Republik Das Baue» des Staates".