Seite 8 Nr. f Dienstag, 1. Jänner 1935 Hände weg Die vor kurzem stattgefundene gesamtstaat ­liche Protestkundgebung aller Konsumgenossen ­schaften, die der Jnteressentenzentrale der Ge ­nossenschaftsverbände angeschlossen sind, hat der breiten Oeffentlichkeit mit aller Deutlichkeit klar ­gelegt, daß die Angriffe der Händler und Zünft ­ler auf unsere Konsumgenossenschaften gleichbe ­deutend ist mit einem Angriff auf 3,600.000 Staatsbürger, die als Mitglieder oder deren Fa ­milienangehörigen von ihnen mit den lebenswich ­tigen Bedarfsgütern versorgt werden. Jeder An ­schlag, der von den Gegnern der Konsumgenoffen« schäften in die Wege geleitet wird, trifft kein anonymes Wirtschaftsgebilde, sondern Millionen von Staatsbürgern. Die Gegner unserer Konsumgenossenschaften suchen seit längerer Zeit die öffentliche Meinung in dem Sjnne zu bearbeiten, daß sie die Konsum ­genossenschaften als jene hinstellen, die an der schlechten Lage von Handes und Gewerbe die Hauptschuld trügen. In diesem Zusammenhänge tischen sie systematisch das Märchen von der so ­genanntenSteuerbegünstigung" der Konsumge ­nossenschaften und das von der Subventionie ­rung auf.- Zunächst ein paar Worte zum Grundsätzli ­chen. Selbst,, wenn alle diesbezüglichen Behaup ­tungen der Konsumgenoffenschaftsgegner wahr wären, d. h. wenn der Staat ihnen gegenüber dem privaten Handel eine Steuerbegünstigung zuerkennen würde und wenn ihnen der Staat wirklich in dem angedichteten Maße Subventionen zukommen ließe es hätte niemand einen grö ­ßeren Anspruch darauf, als, die Konsumgenoffen- schaften als Unternehmungen der Arbeiterklaffe. Wenn den großkapitalistischen Unternehmungen, wenn den Banken und den großen Jndustriekon- zernen Milliardenbeträge aus den Mitteln der Allgemeinheit hineingeschoben werden, so findet das die bürgerliche Welt ganz in Ordnung. Wenn es aber um die Unternehmungen der organisier ­ten Verbraucher geht, an denen zum überwie ­genden Teil die Arbeiter- uyd Angestelltenschaft interessiert ist, da natürlich, da müssen die Bür ­gerlichen dagegen sein. Bankensanierung in Ordnung! Sanierung von privaten Industrie ­unternehmen in Ordnung! Exportkredite in Ordnung; Entschuldung der Landwirtschaft in Ordnung! Entschuldung von Handel und Ge ­werbe- in Ordnung! Subvenfionierung von Handel imd Gewerbe in Ordnung l Oeffent- liche Förderung der Konsumgenossenschaften? Nein! Das darf nicht sein! Entschuldung der organisierten Verbraucher?. Ja, wo würde denn das hinführen? Also ausgeschlossen. Wir fassen zusammen  : den Bürgerlichen ist jede Förderung der Privatwirtschaft aus öffentlichen Mitteln recht. Fordern aber die Selbsthilfeorganisationen der Verbraucher etwas für die breite Masse aller Verbraucher, dann halten dieBürger- lichen wie Kletten zusammen und schreien über isie angeblich in so reichen Maße aus öffentlichen Mitteln geförderten Konsumge ­nossenschaften. Das wollen wir uns einmal näher ansehen. Zuvor jedoch einen Auszug aus dem letzten Staatsvoranschlag. Da finden wir im Kapitel des Handelsministeriums folgende Posten: XL 1. Für den Staatsgewerberat.. 185.000 2. für den Beirat für Wirtschafts ­fragen 225.000 von den Konsumgenossenschaften! 3. für die Förderung der Industrie 4. für die Förderung des Handels 5. für die Förderung des Ausfuhr ­handels 6. für den Gewerbeförderungs­dienst(Personalausgaben).- 7. für den Gewerbeförderungs ­dienst(Sachausgaben)--» 8. für außerordentliche Sachaus­gaben Ki 900.000 200.000 2,095.000 513.000 1,017.500 220.000 12. für gewerbegenossenschastl. In- XL struktorate. 315.328 Und wie sieht es nun bei den Selbsthilfe­organisationen der Verbraucher, den Konsum­genossenschaften, aus? Ein Blick in den Voranschlag des Ministeriums für soziale Für­sorge ergibt folgendes: XL 4. Unterstützungen von Bauvereini­gungen und Gewerkschastsorga- nisationen...... 25.000 9. für Unterstützungen des Gewer- XL pxz 2,655.000 von diesen Unterstützungen ent­fällt auf Gewerbe- u. Handels ­genossenschaften ein Betrag von XL 1,340.000 10. für verschiedene andere sachliche Förderungen 100.000 11. für soziale Fürsorge für das Gewerbe 1,000.000 XL 2. Verbraucherschuh(Pers. Ausg.) 22.000 3. Verbraucherschuh(Sachausgab.) 16.000 4. Unterstützungen und Darlehen an Arbeiter-Konsum- und Pro­duktivgenossenschaften......500.000 Also doch 500.000 XL? Einen Augenblick noch! Unter den präliminierten Einnahmen des Ministeriums für soziale Fürsorge findet sich der gleiche Betrag von XL 500.000 wieder als Rück­zahlung der den Arbeiter-Konsum- und Produk- tivgenoffenschasten gewährten Darlehen. Während also die Konsum- und Produktiv- genoffenschaften die ihnen vom Staate gewährten Darlehen per Heller und Pfennig redlich zu­rückzahlen, verwandeln stch die den Institutionen des Handels gewährten Unterstützungen sogleich bei ihrer Auszahlung in Subventionen und Ge­schenke. Aber die Gewerbepartei und ihre Nachbeter können sich in wüsten Behauptungen nicht genug tun. Und wie steht es um die Steuerbegünsti­gung? Schon im alten Oesterreich wurden die Genossenschaften von Amtswegen in die Gruppe der gemeinnützigen Unternehmungen und Selbsthilfevereinigungen eingereiht. Bei Zutref­fen gewisser Bedingungen waren die Genossen­schaften von der Erwerbsteuer überhaupt be­fielt. Nach dem ungarischen Steuergesetz waren alle Genossenschaften vollkommen erwerbsteuer- frei. Die Bürgerkoalition hob diese Begünstigun­gen der Genossenschaften auf. Sie unterwarf die Genossenschaften einer Erwerbsteuer, deren Höhe sich nach den eingezahlten Geschäftsanteilen rich­tete. Hierbei wurde allen Genossenschaften, auch den Genossenschaften der Kaufleute, eine Begün­stigung gegenüber den Kapitalsassoziationen ge­währt, wie Banken, Versicherungsgesellschaften, Bergwerksgesellschasten usw. Bon einer gesetzlichen Begünstigung der Konsumgenossenschaften gegen­über den Kaufleuten ist überhaupt keine Rede. Die Gegner der Konsumge­nossenschaften führen nun mit Hilfe der Argumente" von derSteuerbegünstigung" und denSubventionen" einen shstemafischen Kampf gegen die Selbsthilfeorganisafionen der Verbraucher. Ihre Pläne gehen dahin, die Ausbreitung der Konsumgenossenschaften einzu­schränken, die Neuerrichtung von Verteilungs­stellen verbieten zu lassen. Mit einem Worte: Die Täfigkeit der Konsumgenossenschaften zugunsten der Verbraucher ist ihnen in der Seele verhaßt. In Handel und Gewerbe sind chaottsche Verhältnisse an der Tagesordnung. Nach der Betriebszählung vom Jahre 1930 gab   es in der Tschechoslowakei nicht weniger als 206.000 Han­delsbetriebe. Im Jahre 1930 vermehrte sich die Zahl der Handels- und Gewerbebetriebe um 36.000, 1931 um 32.000, 1932 um? 33.000. Daß es dem Handel unter solchen Umständen schlecht gehen muß, ist   klar. Die sozialistischen Arbeiter erkennen je­doch immer mehr, daß die Konsumgenossenschaf­ten gerade in der Wirtschaftskrise ein unbedingt notwendiger Schutz sind. Seit Einbruch der Wirt­schaftskrise sind unseren deutschen Konsumgenos­senschaften nicht weniger als 30.000 Familien at; Mitglieder beigetreten. Die sozialistische Arbei­terschaft wird ihre Konsumgenossenschaften ge­gen die Angriffe ihrer Gegner zu verteidigen wissen. Biele Hunderte von begeisterten Mitarbei­terinnen und Mitarbeitern werden in den kom­menden Monaten durch eifrige Werbung wieder Tausende von Haushalten für die Konsumgenossenschaften ge­winnen. Das wird die beste Antwort auf die Angriffe der Gegner sein. Sie wollen uns ver­nichten. Aber sie sollen uns wachsen sehen. Musiker-Jubiläenl935 AlsMusiker des Jahres 1935" sind vor allem drei alte deutsche Meister   anzusehen: Heinrich Schütz, seit dessen Geburt 450 Jahre vergangen sein werden, sowie   Johann Sebastian Bach   und Georg Friedrich Händel,.deten 350. Geburtstage im nächsten Jahre bevorstehen  . Heinrich Schütz war der bedeutendste deutsche Tonsetzer in der Zeit vor Bach. Er war es, der die großen Reformen des   Musikschaffens in Ita­lien, die die. Verselbständigung der Instrumental­ musik   als Erster in Deutschland zur Geltung brachte. Auch die Oper verpflanzt« Schütz als   Erster nach Deutschland. Seine OperDaphne" ist als die erste deutsche Oper überhaupt anzusehen; leider ist ihre Musik verloren gegangen. Di« dritte Haupchcdeu- tung Schütz' ist in seinen großen geistlichen Chortver- ken mit instrumentaler Begleitung zu suchen, deren für die damalige Zest ganz ungewöhnlich starke dra­matische Note auffällt und die als die Vorläufer des späteren Oratoriums anzusehen sind. Bier Passionen sind hier zu nennen, sowie die geistlichen Dramen Die sieben Worte" undDie Auferstehung".  Von Johann Sebastian Bach wird im nächsten Jahre genug ost die Rede sein. Er gilt uns heute noch als der unerreichte größte Meister der Vielstimmigkeit(Polyphonie) und der Kunst des Kontrapunktes in der Musik, als jener Großmeister der geistlichen Musik, die in der Großartigkeit ihrer musikalischen Architektonik mit der gothischen Bau­kunst verglichen wird.* Auch   Georg Friedrich Händel bedarf keiner ausführlichen musikalischen Erklärung und Würdigung. Denn auch er ist heute noch in den Kon- zertsälen lebendig. Vielfach hat man es in den letz­ten Jahren auch versucht, diese und jene seiner zahl ­reichen geistlichen Opern in szenischer Form wieder­zuerwecken. Händels kardinale Bedeutung liegt auf dem Gebiete des Oratoriums, dem er in ungezählten großartigen Muster- und Meisterwerken neue   Bah­nen wies. Gegenüber Bach ist der musikalische Stil ! Händels durchsichtiger und einfacher, melodischer und farbenfioher, sinnlicher und weltlicher. Auch zweier italienischer Musi- k e r wird man sich im Jahre 1935 erinnern müssen: Domenico Scarlattis, dessen 850. Geburtstag zu feiern sein wird, und Vincenzo Bellinis, des­sen 100. Todestag in das Jahr 1935 fällt  . In Domenico Scarlatti schätzt die > Musikwelt vor allem den bedeutenden Klavierkompo- | nisten, dessen Werke heute noch allen Klavierspielern ! Freude machen. Denn sie zeichnen sich durch effekt- I volle Brillanz ihrer Schreibweise und eingängliche I Klarheit ihrer Form aus. Einige hundert   Klavier­stücke hat Scarlatti komponiert, di« meisten als So- i naten. Die Sonaten Scarlattis entsprechen noch nicht der Form der klassischen, drei- und viersätzigen Sonate. Sie sind einsätzig, in der Liedform geschrie­ben, meist homophon gehalten, das heißt, einstim- mig-melodisch-harmonisiert, und zeichnet sich durch reiches ornamentales Zierwerk aus. In Form und Wesen sind sie als die Vorläufer der neueren Kla­viermusik eines Philipp, Emanuel   Bach, Clementi und Kuhlau anzusehen. Der fiühverstorbene sizilianische   Komponist Vincenzo Bellini ist uns aus der Geschichte der Oper bekannt. Den Opern Bellinis waren nicht nur in seiner italienischen Heimat rauschende Er­folge beschieden, sondern sie fanden teilweise auch ihren RuhmeSweg zu uns. Die einschmeichelnden Melodien der OpernDie Nachtwandlerin", der Norma", derPuritaner" und anderer beherrschten lange Zeit nicht nur die Opernbühnen, sondern auch die Leierkästen. Liebenswürdigkeit, melodische Schön­heit, rhythmischer Schwung und leicht ins Ohr ge­hende Harmonien zeichnen die Opernmusik Bellinis aus, der man ab und zu auch heute noch teilhastig werden kann und die das schöne Bindeglied zwischen den Opernmufiken Rossinis und Verdis ist. Noch ist eines   bedeutenden französischen Tondichters zu gedenken: Camille Saint- Sa ö n s, dessen 100. Geburtsfest im kommenden Jahre zu feiern sein wird. Wir Deutsche kennen diesen genialen fianzösischen Musiker. eigentlich nur höchst einseitig und unvollständig als den Komponi­ sten   der OperSamson und Dalila". Saint-SaSns, der zu den hervorragendsten fianzösischen Operisten seiner Zeit gehörte, hat mehr als ein Dutzend bedeu­tender Opern und Bühnenmusiken geschrieben. Auch als Symphoniker und Kammermusiker hat er aus­gezeichnete Werke geschaffen. Obwohl Saint-SaönS mit Vorliebe die klassischen Formen pflegte, teil­weise sogar im Bann« der romantischen Musik­richtung stand, zeigen namentlich seine späteren Werke Vertrautsein mit den modernen Musikmitteln und das forffchrittliche Bestreben moderner musika­lischer Gestaltung. Schließlich ist noch auf einen heute fast in Ver­gessenheit geratenen deutschen Komponi­sten hinzuweisen, der im Jqhre 1935 Anspruch darauf hätte, wenigstens vorübergehend der Verges­senheit entrissen   zu werden: auf Franz Abt, dessen 50. Todestag im kommenden Jahre   zu begehen ist. Franz Abt war einer der hervorragendsten deut­schen Liederkompontsten seiner Zeit und so beliebt, daß Liederkonzerte und Hausmusikveranftaltungen ohne seine Lieder undenkbar waren. Abts Lieder sind zwar durchaus primitiv in ihrer satztechnischen Kunst, zeichnen sich aber durch einen ungewöhnlichen Melo­dienreichtum und eine den Sänger immer zur Gel­tung bringende Sanghaftigkeit aus. Daß Abts Lieder immer nur den Sänger berücksichtigen und für diesen sozusagen Schullieder wurden, ist begreiflich, wenn man bedenkt, daß Abt der Verfasser einer der ersten und bedeutendsten deutschen Gesangschulen war. Abts Solfeggien-Sammlungen(Gesangsübungen> haben sich bis auf den heutigen Tag als mustergül­tig und unentbehrlich für das Gesangstudium erhal­ten. Besondere Bedeutung hatte Abt endlich als Männerkomponist; seine zahlreichen Männerchöre spiegeln die Blütezeit des LiedertafelgesangeS wieder. Edwin Janetschek. Eine einfache Rechnung: 6+ 10= 16 Ein Kind mit 6 Jahren in der Hand des Gegners, wird mit 16 Jahren ein Kämpfer Segen UnS sein. Ein Kind mit 6 Jahren in unserer Hand, wird mit 16 Jahren... ein Kämpfer nn UnS sein. Arbeitereltern, merket:+ 10- 16! Werbet fflr die Kinderfreunde, euere Kinder in unsere Falken« gemein schäft! Max Winter.