Seite LSonntag, 6. Jänner 1835Nr. 5den, ist lein einziger begnadigt worden. Ebensoist von den vielen Hunderten, die wegen ihrerTeilnahme an den Kämpfen oder wegen sozialistischer Propagandaarbeit nach dem Feber aus demöffentlichen Dienst mit Verlust aller Ansprüche aufPension für sich und für ihre Hinterbliebenenstrafweise entlassen worden sind, lein einziger begnadigt worden.Die ganze Amnestie reduziert sich also darauf, daß von den vielen hundert Genossen, dieohne jedes gerichtliche Verfahren und Urteil imWöllerSdorfer Konzentrationslager gefangen gehalten worden sind, ein Teil enthaftet wurde. Alsdas Lager entleert wurde, wurde ein Teil desKüchenpersonals enüassen. Dabei wurde den Entlassenen mitgeteilt, die Erhaltung des Konzentrationslagers in seinem bisherigen Umfange sei inden Wintermonaten zu kostspielig. Im März würden sie wieder einberufen werden.Dafür, wie die aus Wöllersdorf in die„Freiheit" Entlassenen behandelt werden, nur wenigeBeispiele: Einer Reihe von Genossen, die zuWeihnachten aus Wöllersdorf entlassen wurden,wurde vorgeschrieben, datz sie sich täglich zweimalbei der Polizei zu melden haben. Ihre„Freiheit"besteht darin, datz sie den ganzen Tag in denAmtsstunden der Polizei zu warten oder zwischenden Polizeikommissariaten und ihren Wohnungenhin- und herzugehen haben. Einer Reihe von Genossen, die aus Wöllersdorf entlassen Wörden sind,wurde vorgeschricben, datz sie nach acht Uhr abendsnicht ausgehen und kein öffentliches Lokal betretendürfen; unter denen, denen diese Beschränkungenauferlegt wurden, befindet sich ein früherer Landeshauptmannstellvertreter und ein früherer Stadtrat einer Landeshauptstadt. Einigen der ausWöllersdorf Entlassenen wurde vorgeschrieben, datzsie sich in ihren früheren Wohnorten nicht aufhalten dürfen; diese Beschränkung wurde einigenfrüheren Bürgermeistern auferlegt. Einigen anderen wurde vorgeschrieben, in welchen Orten siesich nunmehr aufhalten dürfen; es wurden ihnmAufenthaltsorte zugewiesen, in denen sie keineMöglichkeit haben, auch nur das Geringste zu erwerben, um ihr Leben und das Leben ihrer Familien zu fristen. Den aus Wöllersdorf und denStrafanstalten Entlassenen wird auch die Arbeitslosenunterstützung verweigert; man sagt ihnen,sie würden die Arbeitslosenunterstützung erst bekommen, wenn sie sich einige Monate lang„bravaufgeführt" haben werden.Selbst das Blatt des Wiener Vizebürgermeisters Ernst Karl Winter, der sich vergebens bemüht, die Arbeiter für den fascistischen„Ständestaat" zu gewinnen, hat gegen die Engherzigkeitdieser Weihnachtsamnestie protestiert. Es ist deshalb konfisziert worden.• In der Tat hat sich in Oesterreich gar nichts„ geändert. Die Verteidiger der republikanischen' Verfassung sitzen weiter in ben Kerkern, die Hochverräter, die öie republikanische Verfassung gewaltsam umgestürzt haben, halten die Verteidigerder Verfassung wegen Hochverrats in Haft. Am1. Jänner sind 100 Zeitungen und Zeitschriftenverboten worden. Alle Freiheitrechte bleiben zerstört, jede Möglichkeit legaler Vertretung von Arbeiterinteressen bleibt vernichtet, alle Arbeiterorganisationen bleiben aufgelöst. Ein Polizeiterrorherrscht, mit dem verglichen das Regime Metternichs eine Idylle der Freiheit war.Laval und Mussolini verhandeln in Rom zur, Stunde über einen Pakt, durch den sich die Regierungen verpflichten sollen, sich in die inneren Verhältnisse Oesterreichs nicht einzumengen. DieselbenRegierungen haben durch die Konvertierung derAnleihe von 1923 die austrofascistische Diktaturvor dem Zusammenbruch gerettet und sich dadurchsehr wirksam zu Gunsten der Diktatur gegen dieüberwiegende Mehrheit des österreichischen Volkes«in die inneren Verhältnisse Oesterreichs eingemengt". Die 100 Millionen Schilling, die sie derösterreichischen Diktatur zur Verfügung gestellthaben, sind ja nichts anderes als die Finanzierungdes Gewaltapparates, der das österreichische Volkniederhält l Nunmehr wirbt der österreichischeFinanzminister um weitere Zugeständnisse an diefinanziellen Bedürfnisse der Diktatur. Die österreichischen Arbeiter verstehen nichts von den tiefenstaatspolitischen Erwägungen, die die Regierungen veranlassen, solche Zugeständnisse zu^willigen. Den österreichischen Arbeitern erscheint dieBewilligung jeder finanziellen Konzession an dieDiktatur einer winzigen Minderheit, die das österreichische Volk niederhält, als eine„Einmengungin die inneren Verhältnisse Oesterreichs",— eineEinmengung zugunsten der Kerkermeister desösterreichischen Volkes gegen die, die im österreichischen Kerker leben und leiden.NcnsdUldikclt InSozialismus bedeutet nicht nur: Uebergangder Produktionsmittel aus dem Besitze von Einzelnen in den Besitz der Allgemeinheit, er bedeutetauch eine höhere Stufe der Kultur, der Beziehungen von Mensch zu Mensch, ein erhöhtes sozialesVerantwortungsbewutztsein, kurzum, auch einehöhere Stufe der Menschlichkeit.Dieses Wort hat im heutigen Sowjetruß-land einen verdächtigen Beigeschmack. Der es ausspricht, kommt leicht in den Verdacht der»Humanitätsduselei", des»bürgerlichen Liberalismus".Für den, der die Sowjetverhältnisse kennt, ist dasnicht weiter erstaunlich. Der Sowjetbürger Weitzmit dem Wert„Menschlichkeit" sehr wenig anzufangen. Sein Leben ist hart, ist Kampf von frühbis spät. Kampf bei der Stratzenbahnfahrt, zurArbeitsstelle, Kampf um, ein Plätzchen auf demTrittbrett, um dann in schneidender Kälte sich mithalberstarrten Fingern irgendwo anklammern zukönnen, Kampf mit dem Meister um einen auskömmlichen Akkordsatz, Kampf um eine Anweisungauf ein Halbwegs erschwingliches Kleidungsstück,Kampf um eine bessere Wohnung, um einen Platzim Erholungsheim für den Urlaub, Kampfum alle die tausend Dinge des täglichen Lebens.In diesem Kampfe geht es hart auf hart.Er erzieht die Menschen zu ungeheurer Rücksichtslosigkeit, zu grenzenlosem Egoismus. Jeder Gedanke, jede Handlung ist auf den nächsterreichbarenkleinen Vorteil gerichtet. Kräftige Männer stotzenan der Strassenbahn, an der Autobushaltestellerücksichtslos alte Frauen, schwache Greise beiseite,um nur selbst tnitzukommen. Die Schaffnerin, abgestumpft durch die täglichen Szenen, klingelt ab,Leute fallen vom Trittbrett in den Strahenschmutz.Einer älteren Frau, die in der Eile versehentlich ander falschen Seite einsteigen wollte, lieh die jungeSchaffnerin mit aller Kraft die schwere Tür aufden Arm fallen.»Ich habe ihr wohl noch einen zuschwachen Denkzettel gegeben," meinte sie lachend.Keine Sadistin, sondern ein Produkt ihrer Umgebung. Aber rin traurigetz.^''"Die Verhältnisse erziehen auch zu tiefer Unehrlichkeit. Jemand tritt äusser Reihe an den Postschalter, vor dem eine lange Schlange auf Abfertigung wartet.»Anstellen, Bürger!"—«Eilbriefewerden äusser der Reihe angenommen."— Aberder Mann hat keinen Eilbrief, er kauft schnell eine20-Kopeken-Marke und verschlvindet rasch, vonwütenden Schimpfworten der Menge begleitet.Mit irgendeinem roten Ausweis versuchtman am Bahnhof bevorzugt die schwer erhältlicheFahrkarte zu erhalten, indem man sich als einen„roten Partisanen", einen hohen Parteibeamtenausgibt, man lässt sich von einem Freund inhöherer Stelle eine dienstliche„Kommandierung"SowjctrnOIandausschreiben, um auf einer Privatreise nach Moskau ein Hotelzimmer zu bekommen.Diese kleinen Dinge erscheinen vielleicht unwichtig neben den grossen Problemen der Sowjetunion. Aber sie sind gar nicht so klein. Sie bestimmen den Charakter des Menschen, in dessenHänden die Zukunst liegt..„Ich habe nicht das Gefühl der Solidaritäthier," sagte mir in Leningrad ein erst vor kurzemangekommener deutscher Kommunist.„Jeder denktnur an sich. Er sieht das Ganze nicht, fühlt sichnicht als das Rädchen im grossen Werk, das ersein muh."Der Mann hat eine grosse Wahrheit erkannt.Es ist tatsächlich so, dass die Brutalität, die Seelenlosigkeit das Zusammengehörigkeitsgefühl vernichten. Wie oft habe ich hohe kommunistische Funktionäre sagen hören:„Wenn das die und dieOrganisation macht, wenn sie dies oder jenes bezahlen wollen,'so ist das ihre Sache. Mich geht dasnichts an."— Ich fragte:„Erlischt denn dasInteresse an der sozialistisLen Gemeinschaft dort,wo die rein formale Verantwortung aufhört?Geht einen Verantwortlichen Parteimann wirklichnur das an, was in seinem Büro vorgeht? Schreibtdenn die„Prawda" nicht jeden Tag, datz derSowjetstaat der Staat aller ist, die für ihnarbeiten?"Sie schreibt es, aber das ist alles. Es wirdsonst kein Versuch gemacht, den Abgrund zwischenTheorie und Praxis zu überbrücken. Die Verwilderung der öffentlichen Sitten ging soweit, dasserst im Sommer 1934, nach fast siebzehnjährigemBestehen der Sowjetmacht, ein RegierungSerlah„Gegen das Rowdytum" erschien. Aber Strafenverhängen bedeutet: Symptome unterdrücken, stattdem Grundübel zu Leibe zu gehen. Menschlichkeit,Rücksichtnahme kann schwer ein Staat seinen Bürgern anerziehen, wenn er selbst den Terror alsseine Hauptwaffe sanktioniert hat, wenn er selbstmit dem Menschen umgeht, als herrschte noch immer, der Bürgerkrieg.."1933 wurden durch das Pass'yftem über eineMillion Menschen, die zum grössten Teil Dauerstellen hatten, aus den Städten aufs Land verdrängt, in schon ungewohnt gewordene Bedingungen, denen sie sich nur noch schwer anpaffen konnten. Bei der Kollektivierung 1929—30 wurdendurch gewaltige, jetzt zugegebene Fehler, die elementarsten Lebensintereffen von Millionen Bauernverletzt. Heute noch mutz nicht nur der, der vomLande in die Stadt, sondern auch einer, der voneiner Stadt in die andere, ja selbst zu seinen nächsten Angehörigen ziehen will, einen Stampf mitdem Bürokratismus durchfechten, muh nachweisen,dass er dort Wohnung und Arbest, zu der er eigenseingeladen ist» besitzt.Copyright by Pressedienst I. Prager-Verlag, Wien**„Nimm Platz."Er sprach Worte des Lobes; dann sprang erauf und kützte sie. Babiola fühlte dabei nur, wiegleichgültig er ihr war.Zehn Tage täglicher Ovattonen, unerwarteterHonorare, unverhofften Ruhmes muhten dieseÄleichgülttgkeit gesteigert haben.-Felicien litt an diesem Abend Höllenqualen. Er sah Babiola auf der Bühne, durchApplaus und Hervorrufe gefeiert und obwohl erdem Theater stemd gegenüberstand, fühlte er, datzdies mehr als vergänglichen Ruhm bedeute. Erfühlte BabiolaS Stärke und ihren Ehrgeiz und ersehnte sich nach der kleinen Baby, so wie er sieeinst einsam in einem Kaffeehause gefunden hatte.Er hörte ihre begeisterte Sttmme in seinemAtelier: Sie sind ein Künstler, Felicien.Babiola empfand es peinlich, dass er nach derVorstellung selbstverständlich auf sie warten wollte.Er mußte doch begreifen, datz sich jetzt so manchesgeändert habe. Sie sagte deshalb vor der Garderobiere:„Ich weiß nicht, Felicien, ob ich heute freibin. Laß mich einmal nachdenken. Es ist wirklichschwer, sich das alles zu merken."In diesem Augenblicke öffnete sich die Türund jemand gab Blumen ab. Sie stammten vondem Rostandverehrer, den sie persönlich gar nichtkannte.«Da siehst Du, schon wieder einer."—„Geben Sie dem Manne meine Wohnungsadresse,Julie; ich speise heute mit Felicien Charneuxzur Nacht. Ich habe schon lange nicht mit ihm gesprochen."Als Babiola sich in ihrer Garderobe umkleidete, tat sie dies hinter einem Paravent. Feliciensaß demütig und ängstlich da und eine große Bitterkeit würgte ihn. Lange gingen sie schweigendnebeneinander. Die Wege, die sie gingen, warenvoll verklungener Worte und Erinnerungen unddoch fühlte er, datz jetzt alles anders war.Vor dem Hause BabiolaS wartete JacqueS.Er wagte es nicht, vor dem Theater zu warten.Sie lief ihm wie ein Backfisch entgegen und mahnteFelicien, sich nicht zu beeilen.„Du wirst leicht müde; geh langsam!"Sie pretzte Jacques hart die Hand.„Jacques, Felicien ist wieder hier; er warin der Vorstellung; dort kommt er. Er ist traurigund sieht recht elend aus. Bitte, kein Wort desVorwurfs, Lieber, er ertrüge es nicht."Felicien kam und seine Sttmme klang nochnicht ganz sicher:„Jacques!"„Felicien!"Babiola war glücklich, datz JacqueS da war.So mutzte sie nicht mit Felicien allein sein.„Felicien, Liebling!" Ihr Benehmen gegenihn wurde beinahe zärtlich.„Achtung, eine Stuft!Jacques, nehmen Sie Felicien unter den Arm.Sie kennen sich hier besser aus."•„Das will ich lieber nicht hoffen", sagteFelicien. Babiola lietz noch eine Rakete steigen:„Ich verdiene jetzt monattich ZweitausendFranken; was würde deine Mutter dazu sagen?"Sie gelangten ins dritte Stockwerk.„Ich werde übersiedeln, um nicht so hochwohnen zu müffen. Ich komme jetzt immer spätnach Hause. Das Stiegensteigen im Dunkeln istnicht angenehm. Witzt ihr was, Jungens? Morgen, nach der Vorstellung, wollen wir ins Casinogehen. Einverstanden, Felicien?„Ja."„Einverstanden, JacqueS?"Jacques gab ihr— das erstemal— keineAntwort. Er dachte daran, wie sehr das Theaterauf Babiola abgefärbt habe.Da» elfte stapltelGermaine, Schauspielerin des„TheaterTragique", war keine Schauspielerin. Sie spielleweniger als nichts und bekam dafür weniger alsnichts bezahlt. Der Himmel in Paris gehört wirk-Germalne eine kleine Schauspielerinlich nur den Sternen. Germaine war vierund-zwanzig Jahre alt'und in ihren offenen, ewigstrahlenden Augen lag ewiger Frühling.Babiola nahm sie mit in ihre Garderobe. Siewar ungefährlich Unter dieser Hauptbrdingungverträgt sogar eine Frau die andere. Germaineerfuhr mtt der Zeit alle erotischen Angelegenheiten des unerotischen Lebens BabiolaS. Sie rieflaut Feliciens Namen, der leiftr an die Türe derGarderobe pochte als andere Verliebte und sie bewunderte das große Können BabiolaS ebenso wieVerzinsung der neuenKassenscheinevon 8 auf 4>4 Prozent gesenkt.Prag, Wie uns mitgeteilt.wird, werden dft Iam 1. Feber 1936 fälligen tschechoslowakischen iKassenscheine gegen neue l^prozenttge einjäh-]rige und zweijährige Anweisungen prolongiert 1werden. Die einjährigen werden zu einem Kurse Ivon 99.60, die zweijährigen zu einem solchen von j99.10 äusgegeben werden.So hat der Sowjetstaat selbst seine Bürger Iin Kampfstellung gegen sich, gegeneinander ge- Idrängt. Er hat Verhältnisse entstehen lassen, deren 1natürliche Folge die heutige geistige Lage ist.Es hiesse, die Sowjettegierung unterschätzen,|wenn man sagte, daß sie sich dessen nicht bewußt iwäre. In den Geschärten liest man Aufschriften: I„Käufer und Verkäufer, seid höflich zueinan- 1der!" In der„Komsomolskaja Prawda" fordert Iein Artikel entschieden die Ausmerzung der be-*stehenden rohen Umgangsformen. Ebensowenig 1wie man es heute als eine bürgerliche Abweichung Ibetrachtet, rasiert und mit sauberem Kragen ein-|herzülaufen, müsste es auch selbswerständlich sein I„Bitte" und„Danke" zueinander zu sagen, sich«aus der Strasse, auf der Treppe nicht anzurem« 1peln, sondern auszuweichen, in der Strassenbahn inicht grob zu sein, etc. etc.Die„Komsomolskaja Prawda" macht nur!einen kleinen Denkfehler. Auch sie will, wie dass„Rowdydekret", äußere Erscheinungsformen be->seittgen, statt in die Tiefe des Problems einzu- Idringen.Menschenwürdige Umgangsformen— als iMassenerscheinung bewachtet,— sind die Folge- Ierscheinungen humanen, sozial verantwortungS-]bewussten Denkens, sind nur die in lleine Münze iumgeprägte, tiefempfundene, wahre Menschlichkeit.!Diese muss von der jeweillgen Gesellschaftsord-Snung durch Wort und Beispiel gefördert, und!nicht unterdrückt werden.A. Rudolf.„Anschluß mit Hindernissen**Die Pariser Ausgabe des„New Uork Herald" Iveröffentlicht einen Bericht über einen jüngst er- Ifolgten Zusammenstoss zwischen Mitgliedern der Iösterreichischen Legion und der§bayrischen Bevölkerung in der Ge- Igend Fürth— Aibling. Nach der Darstel- 1lung des Münchner Korrespondenten des amerika« 1nischen Blattes wurde bei dem Fürther Zusam- Imenskoss ein Mann getötet, neun Personen|liegen verwundet im Spitak.'Die Auseinander-setzung begann in einem Kaffeehaus' während einer ITanzunterhaltung. Als die Oesterreicher, die man Icingeladen hatte, zu konzertteren, auf der Tribüne IPlatz nahmen, wurden sie mit dem Rufe„Nieder Imit den Parasiten!" begrüßt. Sie antworteten!„Nieder mit Hitler!".Mit Stühlen und Biergläsern bewaffnet. Istürmten die Gegner gegeneinander. Einer der Ibayrischen Angreifer fand bei der Schlägerei den 1Tod. Die Oesterreicher zogen sich dann auf die IEisenbahnstatton zurück, wo sie von den Bayern!neuerdings angegriffen wurden.Erst als die nattonalsozialisttschen jSturmtruppen eingriffen, konnte die Ruhe wieder 1hergestellt werden.die Ausdruckslosigkett ihres Gesichtes, wenn Felicien oder der schöne Jacques in ihre Garderobewaten. In letzter Zeit kamen viele Herren.Germaine wohnte in der Rue de Zola, woeS nach Fischen und Oel roch. Allmorgens drücktesie sich in ihrem dünnen Midinettemantel in dieUntergrundbahn. Sie war pünktlich im Theater,wo sie eigentlich den ganzen Vormittag nichts zutun hatte. Der Bildhauer Felicien war auch zudiesem Mädchen, das ihr Schicksal in die hintersteKulisse und nicht vorn an die Rampe gestellt hatte,recht freundlich und übersah sie nicht, wie all dieanderen Herren. Als BabiolaS Freundin lud ersie einmal zum Besuch seines Ateliers ein. Ersagte aber nicht wann sie kommen solle.Das Schicksal hatte Germaine ein unglückseliges kleines Talent und ein unglückselige großeLiebe beschert. Ihr Lucien war verheiratet. Siewäre unsagbar glücklich gewesen, wenn Freiheitund Gewissen ihres Lucien nicht mit einer ewigweinenden Frau und zwei Kinder beschert gewesen wäre. Diese Tatsache war aber nicht zuändern und Germaine nahm das Kreuz auf sich.Sie konnte nicht stehlen und wurde doch zur Diebin; sie wußte, daß ihre Liebe niemals mit einemBrautschleier und festlichen Freuden enden würde.Lucien war ein schlanker, schmaler Vierziger.Er besaß einen Herzfehler, gelben Teint und geheimnisvolle Augen. Nichts an ihm verriet, daßan den Schößen seines eleganten Rockes recht- undgesetzmäßig drei Menschen hingen. Er sah wirklich nicht nach Ehemann und Vater aus. Die armeGermaine hätte das auch nie erkannt. Er selbersagte es ihr vor Jahren nach einer bereits vierMonate dauernden wahnsinnig glücklichen Liebe.Er stotterte sein Bekenntnis gelegentlich einesSpazierganges beim Springbrunnen auf* denChamps ElyseeS hervor. Sie schluckte die Tränenhinunter und sagte fest: das macht doch nichts.Sie sah, daß er nicht stark genug war, seine Feigheit allein zu tragen. Aber daheim angelangt»flössen ihre Tränen wie Blut.(Fortsetzung folgt.)