Nr. 5
Sonntag, 6. Jänner 1838
Roosevelt   macht Schule Ottawa.  (Havas.) Der kanadische Minister­präsident B e n e t t, ein Liberaler, kündigte in einer Wahlversammlung sein Programm gegen die Krise an. Benett will sich nach der Doktrin Roo­ sevelt   richten: Festsetzung der hochstzulässigen Ar- beitsdauer und der niedrigstzuläffigen Lohngrenze, Durchführung des staatlichen Eingreifens in pri­vate Angelegenheiten im höchstmöglichen Maße, Leitung und Kontrolle derselben.
Geständnisse im Memel  -Prozeß Kaunas  . In dem Prozeß gegen die Memeler Nationalsozialisten legte am Freitag der Ange­klagte Kubbutat ein sensationelles Geständ­nis ab. Er bekannte, der ihm von der Anklage zur Last gelegten Taten schuldig zu sein, und be­stätigte, daß die Memeler deutschen National­sozialisten eine umstürzlerische Aktion durchführ­ten, deren Ziel die Lostrennrng Memels von Litauen   und besten Angliederung an Deutschland  war. Kubbutat bestätigte, daß in Memel   national­sozialistische Sturmabteilungen gebildet und ge­heime Jugendorganisationen geschaffen wurden. Eine geheime Organisation erließ den Befehl, daß die militärischen Uebungen ihrer Abteilungen voll­kommen geheim zu halten seien. Wer dieses Ge­heimnis nicht wahren würde, würde als Ver­räter angesehen, der nicht wert sei, zu leben. Der Angeklagte G a w e h n gestand, die deutschen Behörden hätten ihn versprochen, daß er in Deutschland   eine Beschäftigung erhalten werde, wenn er aus politischen Gründen das Memelgebiet zu verlassen gezwungen würde. Gawehn bekannte weiter, daß die Lehrer aus Deutschland   Beträge bis zu 20.000 Mark erhielten und daß er natio­nalsozialistische Kurse in Rippen besucht habe. Folterung ohne Ende Ernst Heilmann   wieder nach Papenburg  ! Seit Monaten wußte man von dem ehema- ligen Führer der preußischen sozialdemokratischen Landtagsfraktion, dem 63jährigen Ernst H e i.l- mann, nur, daß er in Berlin   festgehalten, aber nicht freigelasten werde, weil sein Zustand so ernst ist, daß man ihn nicht offenkundig machen könne. Man erinnert sich, daß Hellmann seiner­zeit im Konzentrationslager Papenburg   zu­sammengeschossen wurde, als er bei der Außenarbeit angeblich einen Halteruf über­hört hatte und weitergrgangen war. Es ist viel wahrscheinlicher, daß man Hellmann, der körper­lich und geistig von den Beauftragten Hitlers  zum Krüppel geschlagen worden ist, aus der Welt schaffen wollte. Da er aber nur verwundet wurde, mußte man ihn wieder herstellen. Nun besagt eine Reuter-Meldung aus Ber­ lin  , daß Heibnann nach einem Aufenthalt im Berliner   Gefängnisspital wieder nach dem Kon­zentrationslager Papenburg   nahe der holländi­schen Grenze zurückgeschafft worden ist!
Gewerkschaftsfreiheit In Österreich  In Oesterreich   sieht ek mit dem vom Papst Leo XHI. verbürgten Recht, wonachweder der einzelne Mensch noch die Familie vom Staate absorbiert werden sollen", wie folgt aus: Die Ottakringer Brauerei  , die der Firma Kusner ge­hört, kündigte an, daß jene Arbeiter und Ange­stellten, die bis Ende des Monats den Beitritt zur Einheitsgewerkschaft und der Vaterländischen Front nicht vollzogen haben, alsStaatsfeinde" erklärt werden. Wie die öffentlichen Körperschaf­ten vorgehen, nur ein Beispiel von den Bundes­bahnen. Der Eisenbahner Flöckinger wurde sei­nerzeit zu einem Abteilungsleiter berufen, der verlangte, Flöckinger müffe der Vaterländischen Front beitreten. Rach Ablauf einer Bedenkzeit, die ihm der Abteilungsleiter einräumte, erklärte Flöckinger seinem Vorgesetzten, daß er nur Eisen­bahner und sonst nichts sein wolle. Er wurde dar­auf zum Chefarzt geschickt, in der offenbaren Ab­sicht, einen Grund zu seiner Pensionierung zu finden. Der Chefarzt mußte Flöckinger jedoch als gesund erklären. Um den Mann dennoch wegzu­bringen, wurde er nun bei der Polizei wegen an­geblicher illegaler kommunistischer Agitation denunziert. Die Polizei hat nun den Mann, gegen den gar nichts vorlag, ohne jede Untersuchung fünf Monate eingesperrt. Nach Entlastung aus dem Arrest wurde er von der Bundesbahn als vorbestraft fristlos und ohne jede Entschädigung entlasten. Auch die Unternehmer sind fortwährend un­ter Druck gestellt, um sie zu veranlassen, ihre Arbeiter in die Einheitsgewerkschaft und Vater­ ländische Front   hineinzupreffen. Fascistische Ar­beiterkammern gehen dabei so weit, in Zirkularen den widerstrebenden Firmen bekanntzugegen und ihnen mit der Entziehung öffentlicher Aufträge zu drohen. Ein Protest der Buchdruckereibesitzer in Tirol, der besagte, sie können sich nicht um die Zugehörigkeit ihrer Arbeiter zu einer Gewerkschaft kümmern, ist ohne Wirkung geblieben.
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Die Stadt Reichenbers verpachtet die Straßenreiniguns Bürgerlichere aktionäre Gemeindepolitik
Einem Prominenten der DWAG blieb es Vorbehalten in der Gemeindewirtschaftsführung einen neuen Weg zu gehen, der vom bürgerlichen Standpunkt gesehen, geradezu ideal für die Klas­senpolitik des Bürgertums erscheint. Man hat un­ter der Regie des Bürgermeisters Dr. Kostka die gesamte Straßenreinigung der Stadt Reichen­berg, für die man bisher an die 900.000 Kronen verwendete, an ein privates Unternehmen für den runden Betrag von 500.000 XL vergeben. Die Stadt Reichenberg will sich damit gegen 400.000 Kronen in ihren Finanzen verbeffern und ist noch so hochherzig der armen Straßenkehrer zu geden­ken, für die, well sie brotlos werden, ein Betrag von 100.000 XL von dem ersparten Betrag zu­rückgelegt werden soll. Der Beschluß zu dieser brutalen Maßnahme wurde vom Stadtrat gefaßt, dem Verlangen unserer Genossen nach sofortiger Einberufung einer Sitzung der Stadtvertretung hat Dr. Kostka gar keine Beachtung geschenkt, ob­zwar die der Geschäftsordnung der Stadt Rei­chenberg vorgesehene Anzahl von Unterschriften, die zur Einberufung einer außerordentlichen Sit­zung der Gemeindevertretung notwendig sind, nachgewiesen wurden. Man nahm auch nicht die geringste Rücksicht auf eine von den Gewerkschaf­ten einberufene Protestversammlung, sondern kündigte am 14. Dezember 79 Arbeitern zum 1. Jänner d. I.«nd hat sie auch tatsächlich z« diesem Termin weggeschickt.
Allerdings find nicht alle bürgerlichen Kreise von dieser Maßnahme des Herrn Dr. Kostka erfreut, sondern schon rührt sich an allen Ecken und Enden der Stadt der Widerstand. Die Empörung richtet sich vor allem ge­gen die deutschdemokratischen Spitzen der Stadtverwaltung, die diesen Mt gesetzt und dir ihn zu verantworten haben. Er entspricht durchaus den liberalen Wirtschaftsprinzipien, denen die AWG ja noch huldigt. Nach diesen Anschauungen sind öffentliche Einrichtungen nur dazu da, daß Privatfirmen aus ihnen Nutzen ziehen. Von sozialer Verant­wortung ist in diesen Wirtschaftsanschauungen nichts zu finden. Die Herren vergessen aber, daß dieser Liberalismus tot ist und in un­serem Jahrhundert keinen Raum mehr hat. Was das Vorgehen der Stadt Reichenberg gegen die 79 Arbeiter betrifft, so ist es auch das denkbar schlechteste Beispiel, das für den Schutz des deutschen Arbeitsplatzes gege­ben wird. ES beweist, wie man auf bürgerlicher Seite diesen Kampf versteht. Wenn sich die Bour­geoisie etwas ersparen und irgendeinem Unterneh­men ein Gewinn in die Hände gespielt werden kann, pfeift man auf den Schutz des Arbeits­platzes.
Ein Brief und eine Antwort Ein sicherer Petzina Karl aus Unter-Tanno- witz in Südmähren   hat im Drange der Gefühle welcher, wird bald klar einen Brief an den Sozialdemokrat" gerichtet, in dem es heißt: Sehr geehrte Schriftleitung. Der Sozialdemokratie, die Sie vertreten, bin ich innerlich fremd geworden, den» das ist nicht mehr die alte Sozialdemokratie eines Bikwr Adler und eines Pernersrorfer sondern(verzeihen Sie bitte) eine Sozialdemokratie^ die nicht mehr sich duüsch nennen sollte, foiü>evn den Sozialdemokrat richtig Blatt der deutschsbrechenden Und jüdischen Sozialdemokratie. Ich kann verstehen, daß die Sozialdemokratie einen Haß auf ihre jetzigen und künftigen Ueber- winder hat, daß aber mit solchen Waffen ge­kämpft wird, gegen einen Gegner, der seine Wi­dersacher auf völlig legalem Wege niedergekämpft hat, das kann ich nicht begreifen. Die Führer sind all« davongelausen und spielen sich als Emi­granten auf, wir können sie jetzt erhalten. War­um... sind sie nicht dort geblieben? Wenn sie sauber gewese.. wären, wäre ihnen bestimmt nichts geschehen. Man kann nicht an­ders annehmen, als... es muß etwas borliegen, was sie zwang Reißaus zu nehmen. Das ist nicht nur meine Meinung, sondern auch die Meinung vieler anderer Genossen. Noch etwas: als mein Bruder drüben, die rote Fahne wehen ließ... war ich Deutscher  , ich wäre«S, auch wenn er den Sowjetstern als sein Zeichen gewählt hätte. Weil er sich jetzt ein Hakenkreuz zugelegt hat, soll ich ihn hassen?? Nein, Genosse Redakteur, das magst Du tun, der Du nicht meines Stammes und Blutes bist. Wir sagen es hier ofien(Blut ist kein Wasser), wir können nicht anders, denn es binden uns Bande des Blutes mit unseren VollSstämmen. Gar garstige Sachen schreibst Du oft. Aber nie­mand kann sie Dir wiederlegen. Und wir wissen, warum Du das tust. Weil Du es nicht gerne sehst, daß wir achtgeben, was um uns vorgeht. Ich bin. schon viele Jahr« Schuhvereinsmit­glied und arbeite in der SVH mit. Du sagst, das hat etwas mit der SHF etwas zu tun. Du lügst bewußt, und weißt es ganz be­stimmt, aber, wahrscheinlich, weil Du Dich fürch­test, stellst Du das so dar, als ob man jemanden politisch zwingen wollte. Das bitte, Herr Redakteur zur Kenntnis zu nehmen. Gebe Gott  , daß unsere alte Sozialdemo­kratie bald wieder auf vernünftige Wege kommt, bevor es hier spät wird. Spät wird«S nicht, wenn sie, die deutsch  « Bewegung, nur von Deutschen   geleitet wird. Jedes Voll mag sich seine Gruppe bilden, jedes Volk sein« Ideale für sich vertreten, jedes Voll seine blntmäßigen Führer haben, aber keine fremden Führer sollen die Völker führen, denn bei ihnen ist wohl nur die Sprache gleich, nicht aber das Denken und nicht das Fühlen. Auf dieses Schreiben wurde dem Herrn Karl Petzina folgende Antwort zuteil: Sehr geehrter Herr! Ihr Brief würde eigenllich keinerlei Antwort verdienen, aber da Sie sich auf di«alte Sozial­demokratie eines Viktor Adler   und eines Perner- storfer" berufen und überhaupt so tun, als wären Sie ein alter Parteigenosse, der jetzt der Sozial­demokratie, weil sie. aufAbwegen" ist, den Rük- ken kehrt, so sei Ihnen einiges gesagt. Daß Sie jemals wirllicher Sozialdemokrat gewesen find, das bezweifle ich entschieden, dazu
beherrschen Sie den hakenkreuzlerischen, antisemi­tischen Jargon zu gut. Dagegen spricht auch Ihr Bedauern, daß nicht sämtliche der sozialdemokra­tischen Führer in den fascistisch gewordenen Län­dern in die Hände der blutbefleckten Henker ge­fallen sind, sondern sich retten konnten, wobei Sie sich die echt hakenkreuzlerische Unwahrheit leisten: ...... wir können sie jetzt erhalten". So nebenbei: waS haben Sie denn, lieber Herr, zur Erhaltung der aus den Klauen ihrer Marterer erretteten Emigranten schon beigetragen? Ich wette, nicht einen roten Helleri Daß Sie kein Recht haben, sich auf die alte Sozialdemokratie eines Viktor Adler  und Pernerstorfer zu berufen, geht auch daraus hervor, daß Sie die Partei, falls Sie ihr über­haupt jemals angehört haben, gerade zur Zett ihres schwersten Kampfes schmählich im Stich« las­sen und in kühnem Schwünge zu jenen, hinüber­voltigiert find, welche in den Ländern, wo der FasciSmuS triumphiert, tausende Angehörige der Sozialdemokratie zu Tode gequält, den furchtbar­sten Folterungen ausgesetzt, in die Gefängnisse und Konzentrationslager geworfen haben. Das hat noch kein wirllicher Sozialdemokrat getan, son­dern nur Leute, die es innerlich nie waren und die ich nicht näher charakterisieren will. Nach ihrem Briefe könnte man glauben, die alte Sozialdemokratie eines Adler und Perner- storfer hätte Ihnen gefallen, nur die jetzige Sozial­demokratie mißfalle Ihnen. Gründ« dafür geben Sie nicht an. Es fällt mir natürlich nicht ein. Ihnen irgendwie zuzureden, um Sie bei der Par­tei zu erhalten, denn erstens glaube ich wie ge­sagt nicht, daß Sie jemals zu uns gehört haben und zweitens bin ich der Auffassung, daß es nur gesund ist, wenn Menschen von einer Gesinnung, wie sie aus Ihrem Briefe spricht, reinlich von uns getrennt bleiben. Ich will nur Sie selber kennzeichnen. Von den Emigranten, von denen jeder ein­zelne ein armer, seiner Existenz und Heimat be­raubter Mensch ist, schreiben Sie:Wenn sie sau­ber gewesen wären, wäre ihnen bestimmt nichts geschehen. Man kann nicht anders annehmen, als... es mutz etwas, vorliegen, was sie zwang Reißaus zu nehmen." Jemand, der so etwas nie­derschreibt, hat entweder kein« Ahnung, was in den letzften zwei Jahren in Deutschland   und Oesterreich geschehen ist oder ist«in infamer Lump, der grundlos, nur wegen ihrer politischen Gesin­nung aus der Heimat Vertriebene ohne den ge­ringsten Anhaltspunft verdächtigt. Ich will anneh­men, daß Sie zu der ersten Kategorie gehören, denn nur so kann ich mir erllären, daß Sie arm«, verfolgte Menschen verdächtigen. Also unsere Partei gefällt ihnen nicht mehr. Sie wissen selhstverständlich nichts davon, daß diese Partei die alt« geblieben ist, daß sich nichts an ihr geändert hat und daß eben nur die Zeitver- hältniffe, unter denen sie zu wirken und zu kämp­fen gezwungen ist, ander« geworden sind. Daß wir gegenwärtig nicht wie früher mit wehenden Fahnen kämpfen können, sondern einen harten zähen Kampf mit den bürgerlichen Parteien, zu denen» Sie übergelaufen find, führen müssen, um das nackte Leben der hunderttausende von Arbeits­losen zu sichern, ist sicher nicht so romantisch, wie es Ihnen gefallen mag, aber eiserne Notwendig­keit. Daß Sie uns nicht als Deutsche, sondern nur als Deutschsprechende gelten lassen wollen, nehme ich mit Gleichmut hin, möchte Ihnen aber raten, ehe Sie die Berufung zur Ausschließung anderer aus der deutschen Nation in sich entdecken, vorher selber Deutsch   zu lernen, von dem Ihr Brief recht weit enffernt ist. Im übrigen hab« ich wahrhaftig nichts dagegen, wenn Sie dauernd bei Ihren blutmäßigen Führern", den Hitler, Henlein  , Goering   und Goebbels   verbleiben. Wilhelm Nießner, Chefredakteur desSozialdemokrat" und Senator.
Zerfall der Aussiser kommunistischen Partei Die kommunistischeRote Fahne" bestätigt die Meldung von dem Ausschluß des Aussiger Stadtrates Berger aus der kommunistischen  Partei. In ihrer Nummer vom 5. Jänner meldet' das Blatt, daß Stadtrat Berger wegen partei­schädigenden Verhaltens aus der kommunistischen  Partei ausgeschlossen und von allen seinen Funk-' tionen enthoben wurde. Worin das parteischädi­gende Verhalten Bergers besteht, wird nicht ge-' sagt. Ein Versagen im Kampf gegen die Sozial- demokratte kann nicht vorliegen, denn hierin hat Berger Meisterhaftes geleistet. Wenn auch über seine lommunalpolitische Tätigkeit so gut wie nichts zu berichten ist, die wütenden Attacken gegen die sozialdemokratische Gemeindefraktion und die Beschimpfung der Sozialdemokratie im allgemei­nen verdienen Anerkennung. So ist der Lauf der Welt. Eine gute Tat findet niemals ihre gerechte Wertung. In der gleichen Nummer derRoten Fahne" wird nocheine Erklärung gegen Herrn Günter" veröffentlicht, die der kommunistische Stadtver­treter V o b e tz k i in der letzten Sitzung der Aus­siger Stadtvertrctung abgab. Auch dieRote Fahne" gesteht also zu, daß Günther jahrelang den»proletarischen Vertreter" mimen durste, weil sich Günter in der Arbeiterbewegung be­tätigte und für die Interessen der Arbeiter wirkte"., Sehr spär hat man gemerft, daß Günter nun diesen Weg'verlassen hat"... Für die Zustände in der KPTsch ist diese Er­klärung bemerkenswert; sie läßt erkennen, daß jeder, der den Mund genügend nufreißt,«nd was noch wichtiger ist, wer gehörig auf die Sozialfascisten schimpfen kann der rechte Mann ist, nm Kandidaturen und Funktionen für die KPTsch auszuüben. Aus gut informierter Quelle erfahren wir, daß überhaupt die Zustände in der Ortsgruppe Aussig   der KPTsch geradezu katastrophal sind. Funktionäre legen ihre Aemter nieder und die noch wenigen Mitglieder verlassen flucht­artig die Organisation. Der größte Teil der bisherigenKommunisten" geht anschei­nend zur Henleinftont. Das sind die Früchte kommunistischer Vernebelungstaktik!
Die unpolitische SVH , Ein Keser unseres Martes übrigens kein organisierter Sozialdemokrat teilt uns zur Illustration desunpolitischen" Charakters der SVH folgenden Vorfall mit: In Böhmisch-Le ipa hat man alle bürger­lichen Parteien zur gründenden Sitzung der SVH eingeladen. Nun hat aber die liberale AWG in Leipa zum Unglück einen jüdischen Ob­mann. Man sollte meinen, daß dieser Umstand zwar die nazistische SHF, aber nicht dieneu­trale" SVH frören sollte. Es scheint den Herren der SVH aber doch unangenehm gewesen zu sein, denn sie luden nicht den Obmann, sondern einen anderen Funktionär der AWG ein. Man muß also eine arische Großmutter haben, um über die SVH, dieunpolitische und neutrale" Hilfsorga­nisation, mitberaten zu können. Ueberflüssig zu sagen, daß die wie immer würdelose AWG den arischen Vertreter unter Umgehung des Obmanns entsandte. Bei den Sammlungen allerdings hat man die Juden nicht ausgelassen. Geld riecht nicht, eine 50-Kroncn-Note hat weder eine arische noch eine jüdische Großmutter, man sammelt alfo bei den Juden wie bei den Christen. Und die Ju­den von Leipa, denen man so deutlich gezeigt hat, daß sie in der SVH nichts zu suchen haben, spen­den, wie man uns schreibt, doch, dennman könne sich nicht ausschließen". Henlein   wird es ihnen kaum danken.
Der Regierungskommissär der Stadt Görka« Viktor Kostetzky hat seine Funktion niedergelegt. Von der Bezirksbehörde in Komotau   wurde an seine Stelle der pensionierte Rat der politischen Verwaltung Richard Schreiter aus Komotau  berufen, der am Montag die Leitung der städti­schen Geschäfte übernehmen wird. Lebende Fackel. Im Orte Wallach an der Be­zirksgrenze Dauba-Wegstädtl bewohnt der ver­krüppelte Ziehharmonitaspieler Römisch mit seiner Frau und einem zweijährigen Kind ein Häuschen. Der Mann war den ganzen Tag über unterwegs, um den Lebensunterhalt für die Familie zu ver­dienen. Frau und Kind waren daheim. Als abends das Licht in der Petroleumlampe verlöschen wollte, wollte die Frau nachfüllen. Dabei explodierte die brennende Lampe und der Inhalt ergoß sich über die Frau, die sofort in Flammen stand. Als lebende Fackel lief die Unglückliche nach dem Nachbarhaus, um dort Hilfe zu holen. Nachbarn konnten zwar durch Ueberwerfen von Decken das Feuer ersticken, doch hatte üje Frau so gefäbrliche Brandwunden erlitten, daß sie im Krankenhaus starb. Das in der Wohnung entstandene Feuer konnte rasch gelöscht werden. Das zweijährige Kind, das allein in der Stube war, blieb un­verletzt.