Seite 2 Nr. 8 DonnerStag, 10. Jänner 1935 Ergebnisse des Jahres 1933, um 15 Millionen Tonnen gegenüber dem Ergebnisse des Jahres 1932 zurück, die Roggenernte, die in den Jahren 1932 und 1933 26 Millionen Tonnen betrug, ist 1934 auf 22 Millionen Tonnen zurückgegangen. Diese Entwicklung hat auch eine Abnahme der in den letzten Jahren gewaltig angewachsenen Vorräte zur Folge gehabt und daraus ergab sich notwendigerweise eine steigende Tendenz der Getreidepreise in aller Welt. Ole Getreidepreise anderswo Damit wird auch die Einwendung hinfällig, daß bei freiem Handel vielleicht im weiteren Verlaufe der Entwicklung eine Preissenkung eingetreten wäre, während die Monopolpreise beim Weizen um 1.8 KL und beim Roggen um 1.5 KL monatlich steigen. In Oesterreich kostete der Zentner Roggen im Juli 23 S, im Jänner 1934 aber 26 S, er ist also um 3 S oder etwa 14 KL teuerer geworden, während die Monopolzuschläge in der gleichen Zeit KL 7.50, also gerade die Hälfte ausmachen. In Budapest kostete der Roggen am 14. Juli 10.22 bis 10.24 Pengö» am 2. Jänner 13.49 bis 13.50 Pengö, er hat sich also um etwa 30% verteuert. Die Behauptung, daß das Monopol eine Getreideteuerung herbeigeführt hat, ist also ein leeres Schlagwort, das vor den wirtschaftlichen Tatsachen nicht bestehen kann. Und der Orotpreis? Und schließlich die für den Konsumenten eigentlich entscheidende Frage: der BrotpreiS. Vor einigen Tagen ist eine vergleichende Statistik durch die Blätter gegangen, aus der sich ergibt, daß die Tschechoslowakei unter 17 Industriestaaten in der Höhe des Brotpreises an vorletzter Stelle steht. Nach einer Statistik» die in der„Wirtschaft" am 13. Oktober veröffentlicht war, kostete ein Kilogramm Brot in der Tschechoflowakei KL 1.87» in Deutschland KL 6.90, in Italien KL 3.52. Selbst wenn wir uns auf die Industriegebiete beschränken, in denen der Brotpreis KL 2.—, bis 2.20 beträgt, können wir sagen, daß das Brot bei uns billiger ist als in fast allen anderen Industriestaaten. Oder nehmen wir das Gebiet, das unsere Kommunisten am meisten interessieren sollte: Reichenberg. Dort kostete das Brot im Jahre 1932 bis zum September KL 2.50 und wurde erst in diesem Monat auf KL 2.30 herabgesetzt. Fast während des ganzen Jahres 1933 hielt sich der Brotpreis auf der Höhe von KL 2.—, nur in der Zeit vom Oktober bis zum Dezember dieses Jahres ist er auf KL 1.80 gesunken, um schon im Jänner, also vor der Devalvation lmd Monopol, auf KL 2.— zu steigen. Im September wurde er, gegen den Willen der kommunistisch geleiteten Arbeiterbäckerei, die einen höheren BrotpreiS verlangte» auf KL 2.20 festgesetzt. Welche Brotteuerung hat also das Getreidemonopol verschuldet? Der Brotpreis ist nicht wesentlich höher als im Jahre 1933 mit seinen ganz ungewöhnlich niedrigen und auf keinen Fall auf die Tauer haltbaren Roggenpreiken und niedriger als int Jahre 1932. Diese Feststellungen sollten wohl genügen. Die Gegner der Sozialdemokratie haben nach der Devalvation eine Teuerungswelle prophezeit. Sie ist auSgeblieben. Oie haben nach der Einführung des Getreidemonopols die Sozialdemokratie mit der großen Schuld einer Brotverteuerung belasten wollen: Diese Beschuldigung geht, wie wir an Hand von Ziffern gezeigt haben, völlig daneben. Wir Sozialdemokraten brauchen also die gegnerische Agitation in keiner Weise zu fürchten. Denn die Macht der Tatsachen wird sich schließlich als stärker erweisen als aller Phrasenlärm. Keine Entspannung in Kladno Der Bergarbeiter-R'vierratin Kladno hat ein Kommunique« ausgegeben, in dem es heißt: Am Mittwoch nachmittag fand im Berg- arbesterheim in Kladno eine Beratung der Vertreter aller Bergarbeiter-Gewerkschaftsorganisa- tionen statt, in der sie zu der durch die Dienstag- Verhandlungen mit den Unternehmern geschaffenen Lage Stellung nahmen. Es wurde konsta- trert, daß die schwere Lage durch die Verhandlungen keine Entspannung erfahren habe. Die Bergarbeiter-Organisationen beschlossen einmütig, gegen die Bergarbeiter-Entlassungen alle zur Verfügung stehenden Mittel in Anwendung zu bringen. Für Sonntag, den 13. Jänner, werden gemeinsame Revierversammlungen der Bergarbeiter einberufen, in welchen über das Ergebnis der Verhandlungen Bericht erstattet werden wird. Die Bergarbeiter werden zur Be- reitschaftund zurAbwehrderEnt lassungen aufgefordert werden. Außerdem beschlossen die Bergarbeiter, eine staatliche Revision der Kladnoer Gruben zu verlangen Für Sonntag, den 20. Jänner, wurde eine Konferenz der Vertrauensmänner des ReviereS einberufen. Minister Dr. BeneS als Vortragender in Luzern Genf.(C. P. B.) Die Genfer Presse bringt die Nachricht, daß Minister Dr. Benes am 17. Jänner im neuen Kongreßpalais in Luzern einen Vortrag halten wird, der von der örtlichen Böl- kerbundvereinigung veranstaltet werden wird. Minister Dr. Benes wird über das Thema:„Befindet sich der Völkerbund wirklich in einer Krise?" sprechen. Außer dem Vortrag des Ministers Dr. Benes werden im Kongreßsaal in Luzern einige tschechoslowakische Musikwerke zur Vorführung gelangen. Der LandeSausschnfi für Böhmen behandelte in seiner Sitzung vom 9. Jänner l. I. außer zahlreichen laufenden Angelegenheiten noch 238 Gemeindebudgets und genehmigte 212 Gemeinden die Einhebung verschiedener Abgaben und Gebühren. Der Landesausschuß genehmigte ferner die Entschließung der Hauptstadt Prag über den Abschluß einer Kommunalanleihe von 10 Millionen KL zur teilweisen Deckung der mit dem Bau des Krankenhauses Bulovka und im Jahre 1934 durchgeführten Kommunikationsarbeiten verbundenen Aufwände. Schließlich wurde zur Kenntnis genommen, daß die Regierung den Haushalt des Landes Böhmen für 1935 genehmigt hat. Streicher anf tschechisch. Herr Streicher, Führer der fränkischen Nationalsozialisten, H-r- auSgeber des„Stürmer" und seinerzeit Führer des Judenboykotts, hat eine unerwartete Konkurrenz bekommen. Die„Obre fasistickä" gibt seit neuestem eine„Arische Korrespondenz"(„Arijskä Korrespondence") hermlS, die es sich zur Aufgabe gestellt hat, die Maßlosigkeit der antisemitischen Polemik Streichers in tschechischer Sprache zu verbreiten. Von gewissen Rücksichten auf die Zensur abgesehen, ist dieses neue Unternehmen inhaltlich vom Nürnberger „Stürmer" kaum zu unterscheiden. Die staunende Mitwelt erfährt, daß die Einwohner der Stadt Magnitogorsk sich regierungsprogrammäßig der Blutschande hingeben und untereinander keinerlei der in Europa frieden sein. Denn für die wahren und berechtigten Interessen der Landwirtschaft haben wir uns immer eingesetzt. Oas Interesse des Konsumenten Auch der K o n s u m e n t hat grundsätzlich das größte Interesse an der Festsetzung stabiler Preise. Wenn aber der Sozialdemokratie heute mit einem wahren Trommelfeuer der Agitation die Rolle des Brotverteuerers angedichtet wird, was, soweit es überhaupt einen Sinn hat, nichts anderes bedeuten kann, als daß die Getreidepreise durch das Monopol zu hoch festgesetzt wurden, so wollen wir uns mit dieser, vom reinen Konsumentenstandpunkt sicherlich wichtigsten Frage sachlich und leidenschaftslos auseinandersetzen. Die Preisfestsetzung durch eine Monopolgesellschaft, deren Bescklüsse der staatlichen Genehmigung unterliegen, wird sehr wesentlich durch rein machtpolitische Verhältnisse bestimmt. Wir könnten uns also einfach darauf berufen, daß die Monopolpreise ein Kompromiß darstellen, dessen Ergebnis die politischen Machterhältnisse widerspiegelt und das unsere Gegner, die seft Jahren auf nichts anderes hinarbeiten, als auf die Schmälerung unseres politischen Einflusses, am allerwenigsten uns anlasten dürfen. Gegnern, die uns nicht genug herabsetzen und gleichzeitig nicht genug Leistungen von uns verlangen können, müßte diese Bemerkung genügen. Aber unsere eigene Arbeit würden wir sehr ungerecht einschätzen, wenn wir uns auf sie beschränkten. Denn wenn der geltende Getreidepreis ein Kompromiß ist, so doch keines- we's ein solches, dessen wir uns zu schämen hätten. Wir müssen hier nur den Artikel von Dr. Rudolf Lang zitieren, der in einer wirtschaftspolitischen Ilebersicht in der Weihnachtsnummer der„Bo- hemia" sagt:„Das Getreidemonopol, die zweite, gesetzliche Stütze der Preise, wird sich aber immer mehr auch als Sicherung des Konsumenten Herausstellen. Bereits um die Mitte des Jahres hat es übermäßige Preissteigerungen verhindert." Zur sachlichen Beurteilung der Frage genügt es, einfach die Preisberichte des Statistischen Staatsamtes nachzuschlagen. Aus ihnen ist zu ersehen, daß die Weizenpreise im Großhandel im Juli 1934 170 bis 180 KL betrugen, im August, nachdem mit der Verordnung vom 13. Juli das Monopol eingeführt worden war, aber auf 147 bis 167 KL sanken. Die Roggenpreise notierten im Juli 132 bis 135, im August 123 bis 126. Warum die Ootreideprelse gestiegen sind Das Monopol hat also die Preise niedriger festgesetzt, als sie der freie Handel gebildet hatte. Wenn die Getreidepreise Heuer höher sind als im vorigen Jahre, so ist das also keineswegs eine Folge des Getreidemonopols, sondern einfach eine Folge der um vieles geringeren Ernte. Nach den deftnttiven Ernteergebnissen war der Gesamtertrag an Winterweizen 12.5 Millionen q gegen 19 Millionen q im Jahre 1933 und 14.2 Millionen im fünfjährigen Durchschnitt. Die Ernte an Winterroggen erbrachte 15 Millionen q gegen 20.5 Millionen q im Vorjahre und 18.2 Millionen im fünfjährigen Durchschnitt. Die heurige Ernte ist also nicht nur wesentlich schwächer als im Vorjahre, sondern sie bleibt auch hinter dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre nicht unwesentlich zurück. Und diese Tatsache hat die Preisfestsetzung um so mehr beeinflußt, als der Ernteausfall in unserem Lande nicht etwa durch bessere Ernteergebnisse in anderen Ländern ausgewogen wird, vielmehr bleibt die Weltweizenernte um 10 Millionen Tonnen gegenüber dem. Copyright by Pressedienst E. Prager-Verl eg, Wien „Ich arbeite jetzt sehr, sehr viel. Alles andere ist mir widerwärtig. Zwischen uns ist keine Liebe mehr. Liebe— sieh dir Germaine an und ihren verheirateten Lucien; dort ist Liebe. Ich schätze dich als Menschen, als Künstler— aber sonst— ist nichts." Felicien warf den Meißel weg. Eine ratlose Schwäche überkam ihn. Babiola verlieren? Nie! Seine Arbeitskraft wäre vernichtet gewesen, seine Lebenskraft ausgelöscht. Stoßweise, krampfhaft kamen Worte aus seinem Munde:„Du darfst nicht gehen— du darfst nicht. Ich liebe dich. Ick liebe dich, so wie ich kann— ich kann nicht anders. Und wenn du auch gehst— ich werde dich zu finden wissen, ich werde nickt von deiner Seite lveichen. Geh nicht, Babiola. Ich will ja nichts von dir— ich werde nichts von dir wollen, was du mir nicht freiwillig geben willst. Ick will versuchen, dich zu verstehen— ich verstehe dich." Ergriffen dachte Babiola: Er versteht mich; sie hatten einander in schweren Dingen eigentlich immer verstanden— von der ersten Stunde an. Sie preßte ihre kalten Handflächen an seine Wangen und lackte. „Beruhige dich, Felicien." Sie stteichelte ihn, wie eine Mutter ihr Kind. Etwas Häßliches zersprang in Stücke; ein klares, reines Gefühl— so selten zwischen zwei Menschen verschiedenen Geschlechts— beherrschte sie. Und Babiola sprach die Wahrheit, eine Wahrheit, die ihr Runen in die Sttrn und um den Mund grub: „Laß dir sagen, Felicien: Ich liebe dich ja; ich glaube, daß ich dich liebe. Aber— es gibt Rätsel auf Erden, Rätsel, die andere Frauen schon mit siebzehn Jahren gelöst haben. Ich rate noch immer. Männer? Sie sind mir gleichgültig. Ich suche das Geheimnis des Lebens..." Sie lächelte. „Was soll das bedeuten?" „Das bedeutet— daß ich dich betrügen werde— wie man das nennt. Ich will nicht» daß du die Rolle des betrogenen Dummkopfs spielst. Du sollst wissen, was ich tue. Wenn du nicht Abschied nehmen willst— muß du verzeihen können." Sie erschauerte ob der eigenen Verworfenheit. Felicien hob die Augen und sagte schwer: „Du hast bislang immer das getan, was du gerade wolltest. Jacques hat mir alles erzähü. Und doch habe ich geschwiegen. Ich glaubte dich zu verstehen..." Babiola sprang auf; sie brannte wie eine Fackel! „Felicien, nein, das ist nicht wahr, glaube mir, das ist nicht wahr. Jacques ist doch dein Freund, ein edler Mensch. Er lügt, begreiflt du nicht, er lügt." Sie lachte wild auf; sie ertrug es nicht, Feliciens schmerzverzehrtes Gesicht zu sehen. „Ja... und ich erinnere mich— jetzt entsinne ich mich— ich habe Jacques gebeten, dir so etwas zu erzählen. Als Strafe dafür, daß du dich zwei Monate lang nicht um mich gekümmert hast. Und du, du Armer, hast das wirklich geglaubt? Hast du dich gekränkt? Du bist doch sonst so klug?" „Ja" Sie sprach mit ihm wie mit einem lleinen Kinde. „Gekränkt hast du dich? Du Dummer! Und hast nicht einmal gefragt: ist das auch wirklich wahr? Felicien, das tut Weh. So etwas konntest du von mir glauben? Du konntest an mir zweifeln? Und Jacques hat dir so zugesetzt? Haha!" Er lächelte noch immer nicht. Babiolas Aufflammen wurde zu Asche. Sie verlor die Geduld. „Ich muß jetzt gehen, Felicien. Hole mich nach dem Theater ab. Wir wollen dann allein nach Hause gehen. Und quäl dich nicht mehr mit dummen Gedanken. Alles ist in Ordnung. Ich war schlechter Laune. Das ist jetzt vorbei. Leb wohl." Sie kehrte nochmals zurück. „Felicien, zwischen uns muß alles klar sein, ich könnte sonst nicht spielen. Du darflt dich nicht quälen. Felicien, sieh mir in die Augen." „Ja." „Du schaust ja nicht; so sieh mich doch an." Sie hatte Augen, die den allwissenden Herrgott überzeugt hätten. „So, und jetzt sage mir, daß du mir glaubst." „Aber Babiola!" „Ist das ttaurig! Glaubst du mir?" „Ich glaube dir; du weißt ja, daß ich dir glaube." „Dann Adieu, du Dummerchen." Sie küßte ihn lang. Auf der Straße wartete Germaine volle zwei Stunden— müde, geduldig, freundlich. Sie schritten nun wottlos dahin. Babiola kam Felicien unerforschlich und sie selbst kam sich wie eine Wahnsinnige vor. „Germaine, so komm doch; man wird dich noch überfahren." Felicien ging nach Babiolas Abschied, ein schiefes Lächeln im Gesicht, im Atelier auf und ab. Wenn sie nur nicht gelogen hätte, dachte er. Er hätte sie höher geschätzt, wenn sie nicht versucht hätte, ihn auch mit Worten zu hintergehen. Es ist so: die wir lieben, können wir zuweilen nicht achten. Schließlich war er froh, daß sie seine Lüge— er glaube ihr— geglaubt hatte. Dann gedachte er seiner Mutter, die so eine Liebe bestimmt nicht verstünde; denn Mütter verstehen nicht einmal die, die sie selbst geboren haben. Er stolperte über den Meißel und bückte sich, um ihn aufzuheben. Linz.(Tsch. P.-B.) In Linz wurde eine nationalsozialistische Agitationszcntrale ausgeforscht, in deren Räumen Vervielfältigungsmaschinen und eine Menge Propagandamaterial beschlagnahmt wurden. Im Zusammenhang damit wurden einige Personen verhaftet. Wien . Am Dienstag wurden in einigen Bezirken Polizeirazzien auf Nationalsozialisten unternommen. Einige Personen, darunter zwei Gastwitte im 16. und 17. Bezirk, wurden verhaftet. Wien . Der Wiener Havas-Korrespondent zittert eine Meldung des»Linzer Bolksblatt", derzufolge sich die österreichische nationalsozialistische Partei reorganisiere, und zwar in Schutzabtellungen. Es wurde auch ein„Klub des Todes" namens„Pla- netta" gegründet. Der Träger dieses Namens war bekanntlich der Hingerichtete angebliche Mörder des Bundeskanzlers Dollfuß . Wien . Der ehemalige Landbündler, Abgeordneter Devaty, der infolge der Juliereigntffe mit anderen Landbundführern verhaftet und dem Wiener Landgericht eingeliefert wurde, wurde nunmehr aus der Hast entlassen. Das Untersuchungsvertahren gegen ihn läust aber Wetter. Paris . Das Amtsblatt veröffentlicht den Text des Gesetzes, welches besagt, daß sich„Außenminister Louis Barthou , welcher in Diensten des Friedens durch Ermordung starb, um das Vaterland vettnent gemacht hat". Dieser Text wird im Parlamente, in allen AmtSgebäuden und Schulen dauernd affi- chiert sein. Warschau . Die Textllarbeiterorganisationen in Lodz haben für den 17. ds. in der Lodzer Texttlindustrie einen eintägigen Demonstrations- streik zum Zeichen des Protestes gegen die Nichteinhalten der Lohnverträge durch die Industriellen und gegen die Herabsetzung der Lohnsätze pro- klamiert. üblichen Berwandffchastsbezeichnungen verwenden dürfen. Von Ritualmorden und ähnlichem wird vorläufig noch nicht berichtet, dafür verschiedene unkontrollierbare Erzählungen aus der Zeit der russischen Bürgerkriege wiedergegeben. So etwa: „Ein anderer Kokainist, Tschernowfly, Chef der Tscheka , Pflegte in schlechter Laune zu sein, wenn er nicht jeden Tag eine gewisse Anzahl von Leuten erschlagen hatte..." Leider äußert sich dieses Unternehmen für die Verbreitung antisemitischer Greuelmeldungen reicksdeutscher Provenienz in tschechischer Sprache nicht über andere in Europa hinreichend bekannte Persönlichkeiten, die in den letzten zwei Jahren Tortur und Menschenmord sozusagen als Sport betrieben haben; worüber sich wett stichhaltigere Unterlagen beibringen ließen als etwa über die amtlich befohlene Blük- schande in Magnitogorsk . Sttibrnh prophezeit. Der„Poledni List" hat in das Saargebiet einen eigenen Sonderberichterstatter geschickt, dessen Bericht Mittwoch mit dem verheißungsvollen vierspalttgen Titel„Die Deut schen werden die Saar gewinnen" erschienen ist. Sttibrnhs Informator hat, man könnte sagen selbstverständlich, nur mit Leuten von der„Deutschen Front" gesprochen und demgemäß gibt er nur eine Prognose für die Absttmmung wieder: 80 bis 98 Prozent für das Dritte Reich. Diese Sttmmungsmache der tschechischen Fascisten für die deuffchcn ist bezeichnend. Da» zwölfte Kapitel Nach dem Engagement am«Theater Tra- gique" kam ein solches ans„Theater des Arts". Babiola nahm eS an, denn die Gage war groß. Sie trat in die Sphäre erhöhten Wohlstandes und unerhörter Reflame. Sie spielte all« Fächer und überraschte das Publikum täglich vom neuen. Sie ging ins Theater» an dessen Kassen sich ab fünf Uhr die Menschen stauten. Die Größe ihres Namens und die Armut ihres Lebens standen in bösem Gegensatz zueinander. Sie berechnete im voraus, was ihr jeder llstann bieten könne und das Resultat war derart niederschmetternd, daß sie allen aus dem Wege ging.„Die Liebe ist wie der Kommunismus", sagte sie:„anteilloses Tellen". Ihr Name verhalf Germaine zu einem Engagement an derselben Bühne. Der Name Babiola Cloture war stark genug; es konnten sich einige solcher Hundertfrankengagen an ihn lehnen. Lucien verfiel auch Babiola, wie jeder, der mit ihr in Berührung kam. Er ging jetzt neben Germain« wie eine mechanische Puppe. Germaine glaubte, er habe Sorgen. Sie fürchtete sich, zu fragen und streichelle nur seine Hände» um ihm ihre Teilnahme begreiflich zu machen. Wenn er sie küßte, sahen seine Augen irgendwohin in die Ferne. Sie wollte sich Babiola nicht anverttauen, der sie eine größere Gage und bessere Rollen verdanfte. Sie seufzte leise:„Offenbar ist eines der Kinder krank, oder— was Gott verhüten möge— sie selbst—' erzählte sie dann doch einmal Babiola und drängte die Tränen mühselig zurück. Babiola hätte ihr gerne gesagt:„Nein, nein, meine Liebe; aber meine Wißbegier ist ei« Moloch." Babiola hatte Lucien gestattet, ihr zu schreiben, llnd er schrieb, obwohl sie die Feder sicherlich besser zu führen verstand. tFortsetzung folgt.)
Ausgabe
15 (10.1.1935) 8
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