Sosialdemokrat
ZENTRALORGAN
DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK
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15. Jahrgang
Freitag, 18. Jänner 1935
an der Saar : Rachefeldzug der Sieger!
Gen f.( Č. P. B.) Der Völkerbundrat trat nach längerer Verhandlung über das Ansuchen der Schweiz betreffend Kriegsentschädigungen für die Schweizer Bürger an die endgültige Erledigung des Saarproblems heran. Nach längerer Debatte wurde auf Antrag des Vorsitzenden des Saarausschusses Baron Aloisi eine Resolution folgenden Wortlautes angenommen:
1. Im Hinblick auf die Artikel 49 und 50 Kapitel 3 des Versailler Vertrages und im Hinblick auf die Entscheidung des Rates vom 4. Juni 1934, auf das Uebereinkommen betreffend die Bolksabstimmung im Saargebiet vom 7. Juli 1934, auf den Bericht vom 15. Jänner 1935, erstattet von der Regierungskommission betreffend die Ergebnisse des Plebiszits vom 13. Jänner 1935, beschließt der Völkerbundrat die Vereinigung des ungeteilten Saargebietes mit Deutschland , so, wie dies in Artikel 48 des Versailler Vertrages festgelegt ist unter den Bedingungen, die aus diesem Vertrag hervorgehen und zugleich mit den besonderen Verpflichtungen, die im Zusammenhang mit der Volksabstimmung eingegangen worden sind.
2. Der Rat setzt den 1. März 1935 als Zeitpunkt der Wiedereinsehung Deutschlands in bie Regierungsrechte des Saargebietes fest.
3. Der Rat beauftragt den Saarausschuß, in Verbindung mit der deutschen Regierung und der französischen Regierung die obangeführten die Aenderung des Regimes betreffenden Bestim= mungen zur Geltung zu bringen. In dem Fall, daß diese Maßnahmen schon vom 15. Feber 1935 durchgeführt werden, wird der Ausschuß dem Völkerbundrat einen Bericht erstatten und Vorschläge zur Erledigung der speziellen Fragen unterbreiten.
Der Völkerbund hat sich, den vorliegenden Weldungen nach zu urteilen, die Erledigung des Saarproblems sehr vereinfacht, indem er die heikle Materie einfach diretten Verhandlungen zwischen Berlin und Paris zugewiesen hat. Das schafft aber für alle den Friedensvertrag, den Völker= bundspakt und den Locarnopatt berührenden Fragen ein gefährliches Präzedenz.
Im Mittelpunkt des Streites stand die Frage der Entmilitarisierung. Frankreich verlangt, daß die Saar den Entmilitarisierungsbe
Stimmungen des Friedensvertrages für das linke Rheinufer unterworfen und daß außerdem gewisse strategisch wichtige Anlagen, vor allem Verladerampen und einzelne Bahnlinien beseitigt werden.
Demgegenüber hat Berlin von Stunde zu Stunde drohender die sofortige bedingungslose Rückgabe des Saargebietes verlangt und lediglich in der Frage der Bezahlung der Gruben hat Frick erklärt, hier liege fein Hindernis vor, man werde sofort zahlen.
Der Terror wächst stündlich
Während man in Genf um Formalitäten ver-[ ten und Greise in den Händen einer handelte, hätte der Völkerbund an der Saar selbst Nazi- Truppe lag, daß vor den Abstimeine viel wichtigere Aufgabe zu lösen gehabt. Die mungslokalen Plakate hingen und daß die Ordner borliegenden Einzelmeldungen der Preßbüros und die Befolgung der ihnen erteilten Aufträge verder Sonderkorrespondenten bestätigen, daß an der weigerten. Saar der braune Terror von Stunde zu Stunde wächst und daß sich jetzt bereits, unter den Augen des internationalen Militärs, Szenen abspielen, die an das Treiben der braunen Banditen im Reich in den ersten Monaten der Hitlerdiktatur erinnern.
Die„ Prager Presse erstattet in ihrer Freitagausgabe einen sehr ausführlichen Bericht über die Terroratte, die sich nachweisbar in den legten Tagen ereignet haben. Das Blatt meldet, day
unter der sozialistisch gesinnten Bevölkerung eine Panikstimmung herrsche und Tausende vor den französischen Konsulaten Schlange stehen, um die Dokumente zur Reise nach Frankreich zu erhalten. Wie einst im Reich, so richtet sich auch jetzt im Saargebiet die But der Banden vor allem gegen die Volks bäuser, die fast sämtlich
ausgeplündert und demoliert
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wurden. Dabei werden, wie die Pr. Presse" betont, auch die Wohnungen französischer Staatsangehöriger nicht verschont. Vor den Häusern der Status- quo- Anhänger wurden in vielen Orten
Feuer angezündet und den Bewohnern gedroht, fie würden verbrannt werden.
Einzelpreis 70 Heffer
( einschließlich 5 Heller Rose
Nr. 15
Arbeiter, Bürger, Vaterland
Der erste Eindruck des Hitlersieges an der Von ihm wäre in der Welt bekannt, daß es einige Saar ist schon wieder im Abflingen. Die nächsten Zehntausende von Kapitalisten ins Konzentra Wochen werden zeigen, inwieweit die daran ge- tionslager geworfen, einige tausend Menschen er knüpften politischen Verallgemeinerungen berech- mordet hätte, darunter auch erste Führer der fa tigt oder übertrieben waren. Vorläufig liegen tholischen Organisationen. Ferner wäre nachge= keine Anzeichen vor, als ob das Resultat vom 13. wiesen, daß die führenden Männer dieses Regimes Jänner die europäische oder die innerdeutsche Si- bor organisierter Brandstiftung und Kameraden tuation grundlegend geändert hätte. Der Alltag mord nicht zurückschrecken. Und schließlich läge es der Krise, der Rüstungen, Intrigen und Konferen- im Streit mit den Kirchen, würde Geistliche einzen nimmt weiter seinen Gang. Die großen sperren, Sterilisierungen vornehmen und sonstiger europäischen Entscheidung liegen noch vor uns. unchristlicher Handlungen mehr begehen.
Ueber seine lokale Bedeutung hinaus sagt aber das Ergebnis der Saarabstimmung doch einiges über die Problemstellung dieser geschichtlichen Etappe aus.
Nehmen wir den umgekehrten Fall: ein sozialistisch- kommunistisches Rätedeutschland hätte um die Stimmen der Saarbewohner geworben.
Es verlautet, daß Laval in Genf auch die Frage aufwerfen will, wer die Kosten tragen wird, die aus der Versorgung der Emigranten erwachsen. In die Emigration
Wie hätte in solchem Falle das Saarbürgertum gestimmt?
Wäre z. B. der Großindustrielle Röch= ling auch so eifrig für die sofortige Rückgliede= rung eingetreten, wenn ihn dort Enteignung, Freiheitsberaubung, Lebensgefahr erwartet hätten? Wäre der Vatikan neutral geblieben? Und hätten deutsche Bischöfe ebenfalls Aufrufe erlassen, bedingungslos für Deutschland zu stimmen?
Die Frage, ob das kapitalistische Bürgerjich jemals zur Preisgabe seiner Klassenintereffen tum Nation und Vaterland so sehr liebt, daß es entschlösse, ist schon längst durch geschichtliche Fatten beantwortet. Vor allem an der Saar selbst. Als Deutschland eine bürgerliche Republik mit Paris.( Tsch. P. B.) Die drei Hauptführer stärkerem sozialistischen Einfluß war, wollten die der Status- quo- Bewegung, der Sozialdemokrat größten heutigen Hitlerpatrioten von einer RüdMay Braun, der Kommunist P for dt und der gliederung nichts wissen. Ganze Gebiete bettelten Katholik Chefredakteur Hoffmann, haben die in Paris um Zuteilung an Frankreich . Tausende französische Grenze überschritten und weilen jetzt von Saarbürgern bewarben sich um die franzö in Frankreich . Mar Braun ist nach Genf abgereift, fische Staatsbürgerschaft. Viele dieser„ Spetfranum, wie er Journalisten sagte, dem Völkerbundrat zosen" waren nun Funktionäre der natiound dem Dreierausschuß für das Saarland die nalsozialistischen Deutschen Front. In langen Beschwerden und Proteste der Saar - Minderheit Kolonnen hat die tapfere Saarbrückener„ Voltsgegen Uebergriffe und einige bei dem Plebiszit stimme" in den letzten Wochen ihre Namen verfestgestellten Ungeseßlichkeiten vorzubringen. öffentlicht. Unter den Dokumenten, welche die Volksstimme" der Saarbevölkerung unterbreiten konnte, laffen wir eines sprechen:
Das französische Konsulat in Saarbrücken bat bereits mehr als zweitausend Personen Aufenthaltsbewilligung erteilt, viele Saarbewohner, insbesondere Kommunisten, überschreiten aber borwiegend nachts, samt ihren Familien die fran zösische Grenze ohne Bewilligung. Verschiebung der Zollgrenze
Die französischen Behörden sollen bisher 4000 Visa ausgestellt haben. Der Terror der Nazi erstreckt sich bis an die Grenze selbst, wo auf Forbach.( Havas.) Die französisch- saarlänFlüchtende wiederholt geschossen wurde. In Gu d= dische Zollunion wurde aufgehoben und die frandingen drangen Nazibanditen in ein Staffe e- zösischen Zollbeamten an die lothringische Grenze haus ein und bedrohten die Anwesenden, wobei zurückgezogen. Auf beiden Seiten der Grenze fie Schüsse über die Köpfe der Besucher in die wurde bereits die Ausfuhr einer Reihe von ErWand feuerten, um der Drohung Nachdruck zu zeugnisen abgelehnt. verleihen.
Die Pariser Presse erwacht langsam aus der Stimmung, in der sie sich kurz nach der Abstimmung befunden hat, da sie nur die endgültige Beilegung aller Konflitte mit Deutschland jah. Sie äußert ihre Empörung über den schamlosen Terror und fordert Einschreiten des
Völkerbundes.
Gegen Abend trafen an der Grenze 150 Flüchtlinge ein, von denen 100 zurückgewiesen wurden, da sie ihre Papiere nicht in Ordnung hatten. In Saargemünd wird die Kontrolle sehr streng gehandhabt. Flüchtlinge aus dem Saargebiet erzählten, daß auf sie geschossen wurde. In einer Saargemeinde hätten sogar mehrere Frauen auf sie geschossen.
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,, Herrn Ministerpräsidenten Georges Clemenceau Paris .
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident! Die bodenständige Einwohnerschaft des Cantons Oberesch für Niederaltdorf, Kerprich und Großhemmersdorf, Bieringen , Führweiler, Ober. esch und Guerlfangen, vereinigt sich, um im Anschluß an ihre Brüder des Cantons Ittersdorf Ihnen, Herrn Ministerpräsidenten, ihre Wünsche darzubringen.
94 Prozent der bodenständigen Bürgerschaft des Cantons find französischer Abstammung und hatte bis in die letzten Tage die fefte Zuversicht, nicht von seinem Mutterlande, das fiegreiche Frankreich , vergessen zu werden, fie hoffte auch, nicht von Lothringen getrennt zu werden.
Wir wollen nicht länger dem Lande angehören, das uns vor hundert Jahren gewaltsam annektierte und uns durch brutale Gewalt denaturalisierte.
Wir wollen keine Trennung von Lothringen , mit dem uns tiefe kulturelle, wirtschaftliche und familiäre Bande verknüpfen.
Wir wollen vor aller Welt bekennen, daß wir eingedenk unserer Vorfahren treue und loyale Franzosen werden wollen, geftüßt auf die Geschichte, unser Recht und die herkömmliche Volkswirtschaft unserer lieben engeren Heimat.
Nur so können wir Vertrauen hegen, daß wir endlich und für alle Zeiten von der preußischen Bedrückung befreit werden, nur dann haben wir eine unser heimischer Herd und unsere Scholle auf immer Gewährleistung, daß unsere religiösen Institutionen, gegen den Furor Teutonicus geschikt werden sein."
Eine andere von den Griesborner
Der Berner Bund" veröffentlicht den Spiele stand. Ein Detachement SS versuchte folgenden aufsehenerregenden Bericht aus darauf, in das Reichswehrministerium einzudrinBerlin, der die vor kurzem hier veröffentlichte gen, um die belastenden Aften zurückzuholen. Das Darstellung des Pariser Figaro" über die war der versuchte Dokumentendiebstahl, dem man Abhängigkeit Hitlers von der Reichswehr eine ganz andere Auslegung gegeben hat. Der Anergänzt. schlag schlug fehl. 18 SS - Leute kamen dabei ums Die Landespolizei sieht, wie das ,, Wir sind nunmehr in der Lage, die end- Leben. Göring und Himmler hatten eine vernichBlatt meldet, den Terrorakten zu, ohne das ge- gültige Aufklärung über die geheimnisvollen Vor- tende Niederlage erlitten und der ersten Komringste zum Schuße der Bevölkerung zu untergänge in der Nacht vom 20. Dezember 1934 in promittierung noch eine zweite hinzugefügt." nehmen. Es scheint uns freilich, daß auch die der Bendlerstraße( Reichswehrministerium) und„ Das war", so fährt das Blatt fort ,,, dic internationalen Truppen und die über die Bedeutung der überraschenden Zusam- Ursache, weshalb Hitler eiligst nach Neujahr alle Beamten des Herrn en or nichts gegen die Ver- menkunft in der Oper zu geben. Die Gruppe maßgebenden Persönlichkeiten zusammenrief. Bürgern unterzeichnete Bittschrift an Clemengewaltigung tun und daß sich leider herausstellt, Fritsch beschloß, in der zweiten Dezemberhälfte Denn er fürchtete, durch die Dokumente gleichfalls ceau konnte das besiegte Vaterland nicht genug dag die 70-100 Millionen Franken, die das zu einem entscheidenden Schlage auszuholen, um diskreditiert zu werden und auf diese Weise seine schmähen. Sie sagte u. a.: internationale Militär im Saargebiet fosten wird, die Kandidatur Görings als Reichswehrmini- Schlüsselstellung zu verlieren. Daher die außerhinausgeworfenes Geld sind. Denn auch am Ab- ster unmöglich zu machen. Durch einen Handstreich ordentlichen Konzessionen an die Reichswehr , die stimmungstag selbst hat, wie jetzt durchsickert, der gelang es Fritsch, sich am 20. Dezember über dieser eine Weiterverfolgung der Angelegenheit Terror der Hitlerleute doch eine größere Rolle ge- raschend bei der Berliner Gestapo in den Besitz fürs erste unmöglich machen sollten: ihre zahlenspielt, als der Bericht der Kommission zunächst zu- von Dokumenten zu setzen, die die Ermordung des mäßige Berücksichtigung, die Proklamierung ihrer geben wollte. Generals Schleicher betrafen. Himmler geriet Gleichberechtigung neben der Partei, die Absage in äußerste Bestürzung und alarmierte sofort an SA und SS und die in der Tat erfolgte Göring , denn beide wußten, was für sie auf dem Rehabilitierung des Generals von Schleicher."
,, Die preußische Verwaltung hat uns nach allen Regeln der Kunst get ne chtet und ganz besonders in diesem Kriege. Sie hat die ostpreußischen Junker hier in die Verwaltung gefekt, um unsere innersten Gefühle mit allen Mitteln zu dämmen und ans. #rotten. Indem wir überzeugt find, daß