Seite 4 Samstag, IN. Jänner 1935 Nr. 1« WWigkk WM MMtOtyl Anträge Roosevelts an den Kongreß Washington. (Havas.) In der nächsten Woche wird Präsident Roosevelt den Kongreß der Bereinigten Staaten um die Znstim» mimg zum Bau eines lenkbaren Luftschiffes befragen, das fsirdenregelmätzigenLuft- verkehr zwischen den Bereinigten Staaten und Europa bestimmt wäre. Tagesncuiglicltcn Skifahrerin von Wölfen angefalle« Belgrad . Eine Studentin, die sich beim Skilaufen auf dem Kopanik-Berge verirrt hatte, wurde von einer Meute von Wölfen angefallen und mußte sich vor den Raubtieren auf einen Baum flüchten, auf dem sie die ganze Nacht zubringen und das Heulen der lauernden Meute anhören mußte. Erst nach achtzehn- stündigem bangen Warten wurde die beherzte Skiläuferin von ihren Kameraden, die ihren Spuren nachgegangen waren, aufgefunden und gerettet. MMtärpilot verunglückt Prag . Am Donnerstag um 14 Uhr ereignete sich beim Olmützer Flugplatz ein Flugzeugunfall, der den Tod des Piloten, des 21jährigen Gefreiten Stanislaus I o r d ä n, vom Fliegerregiment Nr. 2 zur Folge hatte. Jordan übte auf einem Flugzeug. Typ A-11-95 einen Angriff auf ein Landziel, wobei er während des'Schießens in einem Winkel von 60 Grad mit dem Apparat i» den Boden stieß. Die wahrscheinliche Ursache des Unglücks dürfte schlechte Entfernungsschätzung gewesen sein, hervorgerufen durch das verschneite Terrain, welches Höhenschätzungen immer erschwert. Jordän war sofort tot. Er stammte aus Boskovice in Mähren . Bater vor» 82 Kinder«... Ratibor . Bot einigen Tagen ging durch die rcichsdeutsche Presse die Nachricht, daß Hitler bei dem 19. Kinde des Zuschneiders Langer in Ratibor die Ehrenpatenschaft übernommen habe. Wie nun der.Oberschlesische Anzeiger" hierzu berichtigend mitteilt, ist Langer nicht nur Vater von 19, sondern von 32 Kindern, die von drei Ehefrauen geboren wurden und von denen 29 am Leben sind. > Grdbebenpauik i« Fiume Fiume. Die Bevölkerung von Fiume wurde Donnerstag abends durch mehrere Erdstöße in große Erregung versetzt. Der erste Stoß um 20 Uhr 59 Minuten war nur schwach und wurde nicht allgemein bemerkt. Um 21 Uhr 2 Minuten und um,21 Uhr 12 Min. folgten jedoch weitere mehrere Sekunden andauernde Erdstöße. Die erschreckten Stadtbewohner verließen ihre Wohnungen und eilten auf die Straßen. Um 22 Uhr 55 Minuten ereignete sich dann noch ein weiteres Erdbeben von vier Sekunden Dauer, das allgemeine Panik verursachte, vor allem in dem dichtgefüllten„Theatro Fenice". Das Beben Ferner wird Roosevelt ersuchen, im künftigen Jahre zwei regelmäßige Flugverbindungen herzustellen, und zwar zwischen den Bereinigten Staaten und den H a w a i- Inseln sowie auch zwischen den Bereinigten Staaten und Europa über die Bermuda -Inseln und Azoren. Außerdem ersucht dje Regierung, die Zahl der Kriegs- und Marineflugzeuge auf 4000 zu erhöhen. hatte nur lokalen Charafter; Sachschäden sind nicht eingetreten. » Das Prager Staatliche Geophysische Institut teilt zu dem Erdbeben in Italien mit, daß die Apparate des Institutes diese Erderschütterungen nicht verzeichneten. Die Anstalt ist der Ansicht, daß es sich um ein Beben von Oberflächen- ch a r a k t e r handelte. Brennendes Schiff funkt SOS New Aork. Die Radio Marine Company fing einen Funkspruch des amerikanischen Dampfers„City of Norfolk" auf, der besagte, daß der dänische Dampfer„A st r a" ungefähr 1400 Meilen östlich von Neufundland nach einer aus unbekannter Ursache erfolgten Explosion in Brand geraten ist und SOS-Rufe aussandte. Der Cunard-Dampfer„Andania" ist dem brennenden Schiffe°zu Hilfe geeilt. Ziehung der Klassenlotterie (Ohne Gewähr.) Prag . Bei der Freitag-Ziehung wurden folgende Treffer gezogen: «0.000 Uö: 24824. 20.000 Uü: 43588. 10.000 Uör 48950, 58224, 18679, 21701. 5.000 Aö: 89644. 18718, 24152, 45882. 44229, 5282. 2.000 Kä: 77478, 101485, 35323, 100394, 101522, 86419, 119, 100971, 6474, 99445, 92865, 78834,15568, 86128, 18780, 87662,95019, 90444, 58809. Der Maa« mit den hundert Gesichtern. Der Bildhauer Joseph T h o r a k plaudert in der „Neuen Linie" über seine prominenten Modelle. Man liest da:„Mussolini ist affektreicher im Ausdruck, aber H i t l e r ist i n n e r- kicher. Beim Duce galt es, den fast überwäl- figenden Eindruck dieser wie aus Erz gegossenen ! Mässe zu üöerwinden; beim Führer fand ich eS vielmehr notwendig, die Vielfältigkeit der Eindrircke in ein geschlossenes Ganzes zu fassen, denn er hat hundert Gesichter... Einmal skizzierte ich ihn in Leipzig , als er an- läßlich der Grundsteinlegung deS Richard Wag- ner-Denkmals über Kunst sprach— wieder ein völlig neues Gesicht... Und wieder völlig anders erschien er mir, als er am Abend in der Oper fünf Stunden lang gebannt und scheinbar völlig selbst vergessen den M e i st e r- fingern lauschte..." Gewiß—, ungemein interessant. Aber noch viel interessanter scheint uns zu sein, was für ein Gesicht der so Wandlungsfähige am Tage der großen Abrech- nung machen wird! Gasvergiftung. In B r ü n n wurden Freitag mittags der 69jährige Privatier Anton Fliege! und seine 68jährige Frau Marie in ihrer Wohnung in Brünn -Königsfeld durch Leuchtgas vergiftet in bewußtlosem Zustand aufgefunden. Die beiden wurden von der Rettungsstation in das Krankenhaus überführt. Fliege! ist während des Transportes gestorben. Durch die Untersuchung wurde festgestellt, daß es sich um einen unglücklichen Zufall handelt. 10.000 Mark geraubt. Am Freitag nachmittag erschien in Hamburg in dem Kontor der Reismühle am Bullenhuser Damm ein etwa 28 Jahre alter Mann, der den Buchhalter und einen Boten, die beim Einpacken von Lohngeld-rn waren, mit der Pistole in Schach hiell. Er raffte das Geld, das auf den Tischen lag, zusammen und warf es in einen Packkarton. Dann forderte er den Buchhaller unter Bedrohung mit der Waffe auf, den Geldschrank zu öffnen. Der Räuber leerte den Schrank und verließ das Kontor. Ein Helfer des Räubers hielt sich während des Ueberfalles ebenfalls mit einer schußbereiten Pistole vor dem Kontor aiif und ließ niemand ins Haus. Er bedrohte durch das Schalterfenster den Buchhalter und den Angestellten mit seiner Pistole, bis der Geldräuber in dem vor dem Hause stehenden Kraftwagen saß. Dann sprang er schnell in den fahrbereiten Lastwagen. Nach den Ermittlungen sind Lohngelder in Höhe von 10.000 Mark geraubt worden. Der zur Tat benutzte Personenkraftwagen war kurz vorher gestohlen worden. Gefecht mit Seeräubern. Nördlich von der Mündung des Uangtsee fand, wie die Wasserpolizei in Husung mitteilt, ein Seegefecht zwischen Polizeiwachtbooten und 50 Seeräuberdschunken statt. Der Kampf dauerte einen ganzen Tag. Vier Dschunken wurden zusammengeschossen und gingen unter. Acht Dschunken wurden von der Polizei erbeutet, die übrigen Seeräuberschiffe entkamen. Ueber 50 Seeräuber wurden im Kampfe getötet und eine große Zahl ertrank. 20 Räuber wurden von der Polizei gefangengenommeri» Wie es heißt, soll die Flotte der Seeräuber 300 Dschunken stark sein. Die Seeräuber plündern seit etwa einem Monat viele aus Nordchina kommende Fahrzeuge, besonders Fischerfahrtzeuge, aus und schmuggeln Waren ans Land. Eine Lnstbarkeitsabgabe für Sportnnterneh- mungen wurde in Oesterreich festgesetzt. Alle Spiele bis zu einer Einnahme von 20.000 Schilling unterliegen in Hinkunft einer 10Prozentigen Abg abe. Höhere Einnahmen unterliegen Steuersätzen bis zu einem Höchstsatz von 25 Prozent. Den Amateuren wird an Stelle der prozentualen Agbage die Möglichkeit einer Pauschalierung eröffnet. Bei großen Wettspielen mit ausländischen Mannschaften können Sonderabmachungen mit de..r Finanzamte in Wien getroffen werden, wobei auch die finanziellen Interessen der Veranstalter berücksichtigt werden. Von der geplanten Einführung einer Steuerkarte wurde Abstand genommen. Reu, Züge auf der Strecke Friedland in Böh- men—Hermsdorf. Ab 1. Feber werden auf der genannten Strecke versuchsweise folgende neue Züge verkehren: 6661(Friedland ab 6.34, Hermsdorf an 7.08) und 6662(Hermsdorf ab 7.19, Friedland an 7.53). Der Zug Nr. 6661 wird in Friedland An» schluß von Heinersdorf a. d. Tafelfichte, von Rei- chenberg und von Seidenberg, Zug Nr. 6662 wird in Friedland gleichfalls Anschluß an alle drei Richtungen haben. Es liegt nun an der reisenden Be- völkerung, diese günstig verkehrenden Züge so viel wie möglich zu benützen, da diese Züge bei ungenügender Frequenz wiederum eingestellt werden würden. Schneeberichte Prager Umgebung: Rikan 2 bis 8 Ztm., Mni- chovice 5 Ztm., Senohrab 10, Smrcna an der Sa« zava 18 Ztm. Alt-, 4 Ztm. Neuschnee.— Riesen gebirge : Neuwelt -Harrachsdorf 87 Ztm. Alt-, 20 Ztm. Neuschnee, Woffeckerbaude 50 Ztm. Alt-, 30 Ztm. Neuschnee, Hofbauden 30 Ztm. Alt-, 40 Ztm Neuschnee, Starkenbach 35 Ztm. Alt-, 2 Ztm. Neuschnee, Schüffelbauden 75 Zmt. Alt-, 5 Ztm. Neu-' schnee, Elbfallbaude 45 Ztm. Alt-, 80 Ztm. Neuschnee, Peterbaude 65 Ztm., Spindlermühle 85 Ztm. All-, 2 Ztm. Neuschnee, Petzer 30 Ztm. Alt-,-20 Ztm. Neuschnee, Fuchsbergbaude 35 Ztm. Alt-, 20 Ztm. Neuschnee, Töpferbaude 80 Ztm. Alt-, 5 Ztm. Neuschnee, Schtvar-schlagbaude L0 Ztm. Alt», 15 Ztm. Neuschnee, Johannisbad 15 Alt-, 25 Ztm. Neuschnee.— Böhmerwald: Schwarzkoppe 64 Ztm. Alt-, 8 Ztm. Neuschnee, Eisenstein 35 bis 50 Ztm.» Spftzberg 52 Ztm. Alt-, 6 Ztm. Neuschnee, Banz.k 80 Ztm. All-, 10 Ztm. Neuschnee, Stubenbach 40 Ztm. Alt-, 12 Ztm. Neuschnee. Erzgebirge : Zinnwald 25 Ztm. Alt-, 5 Ztm. Neuschnee, Stürmer-Moldau 80 Ztm. Alt«, 8 Ztm. Neuschnee, Keilberg 45 Ztm. Alt-, 5 Ztm. Neuschnee, Bärringen 80 Ztm., Bleß« berg 34 Ztm. Alt-, 2 Ztm. Neuschnee.— Mähren- Schlesien: Ramsau 60 Ztm. Alt-, 10 Ztm. Neuschnee, Schwarzlchlo^aude 50 Ztm. Karissirun« 20 Ztm. Alt«, 5 Ztm. Neu'chnee, Goldenstein 20 Ztm All-, 5 Ztm. Neuschnee, Hochschar 60 Ztm. Alt- 10 Ztm. Neuschnee. Roter Berg 55 Ztm. Alt-, 10 Ztm. Neuschnee, Schäferei 55 Ztm. Alt-, 6 Ztm. Neuschnee, Svieglitzer Schneeberg 60 Ztm. Alt-, 10 Ztm. N-irlchnee. Grimmige Kälte herrscht in Nordgriechenland. Biele Dörfer sind von der Außenwelt vollkommen abgeschnitten. Der Orientexpreß hatte volle 15 Stunden Verspätung. Heftige Schneestürme verhindern das Auslaufen der Dampfer« Vom Rundfunk tapfehlMiwertM aus«en Prosramaui Sonntag Prag , Sender L.: 7.80 Konzett aus Karlsbad - 9.15 Biolirckonzert. 10.00 Tschechische Tanzmusik 12.15 Proben aus Lehars Operette: Giuditta . 17.45 Tanzmusik. 17.55 Deutsche Sendung: Dr. Kraus: Vorschau auf da? Musikprogramm der tschechoslowakischen Sender. 18.05 Genie des Herzens. Mat, thias Claudius Leben und Schaffen. 18.55 Deutsche Presse. 20.05 Uebertraguna aus dem Smetanasaal: Shmphoniekonzert. 22.20 Schallplatten. — Sender S-: 14.80: Deutsche Sendung: Landwirtschaft 14.45 Redafteur Hofbauer: Ein Forscher- und Kämpferleben. 15.30 Frauenstunde.— Brünn. 9.15 Neue Klaviermusik. 11.00 Orchesterkonzert. 17.45 Leichte Musik. 17.55 Deutsche Sendung: Das Konzert. Lustspiel. 19.10 Fis-Wettlauf in der Tatta.— Mährisch» Ostrau : 9.15 Kompositionen für zwei Klaviere. 19.25 Triumph der Wissenschaft. Komödie.— Preßburg : 16.00 Orchesterkonzert. 17.80 Tanzlieder. Ra-wm-Therapie in Palästina! Von Erich Gottgetre«. Radium. In per Schule lernte man, daß Radium ein Element sei, das Jahrhunderte hindurch unverändert leuchte und auch sonst die merkwürdigsten Eigenschaften haben soll. Man weiß ferner, daß Madame Eurie in Paris das Radium im Jahre 1898 im Uranerz entdeckt hat. I Ueberall finden sich Radiumstrahlen: in der Luft, in der Erde, im Wasser, selbst im lebenden Organismus Die Erkenntnis der physikalischen Eigenschaften des Radiums legte die Grundlagen zu völlig neuen Theorien über das Wesen der Materie und das Gesetz ihrer Erhaltung. Rutherford wies nach, daß das Radium unaufhörlich in eine lange Kette fester und gasförmiger Stoffe zerfällt, ohne im Lauf von rund 1700 Jahren mehr als die Hälfte der jeweiligen Substanzmenge einzubüßen. Das erste Zerfallsprodukt des Radiums ist ein nur 3.8 Tage lebendes Gas; man nennt es Radiumemanation oder auch Radon. Laboratoriumsversuche ließen die erstaunlichsten Einflüsse des Radiums und des Radons auf alles lebende Gewebe erkennen. Das berühmte Kaninchen wurde schon durch eine Einspritzung von einem Zehntelmilligramm getötet. Hingegen wirkte Radium in geringer Dosts verabreicht ungemein regenerierend. Ein Froschherz, das in kaliumfreier Lösung zum Stillstand gebracht worden war, sing wieder an zu schlagen. Trübselig schwarzblau gefärbte Molche erhielten innerhalb weniger Stunden ein leuchtend buntes Kleid. Bäume u. Blumen konnten künstlich zum Blühen gebracht werden. Beim Menschen zeigte sich nach Zufuhr geringer Radium« oder Emanationsquantitäten gleichfalls eine äußerst günstige Beeinflussung der inneren Sekretion und aller biologischen Abwehr kräfte des Körpers, während Radium, strahlen« therapeuthisch verabreicht, also in besonders starker Konzentration, ebenso wie das Röntgenlicht, eine ttefgreifende gewebezerstörende Wirkung ausübte, so daß man die Radium-Strahlentherapie erfolgreich in den Dienst der Bekämpfung von KrebS- und schweren Hautleiden stellen konnte. Auch das Rätsel der»Jungbrunnen" von Kreuznach und Landeck , Ober-Schlehma und Gastein fand nun seine Lösung: Wenn Quellwasser radiumhaltiges Urgestein passiert, wird es durch die beim dauernden Radiumzerfall entstehende Emanation radiö- aüiv.* In den Radiumfabriken werden die Uranerze mit Soda aufgeschlossen und mtt Schwefelsäure behandelt. Im Rückstand bleiben Radiumsulfat und Bariumsulfat. Ein äußerst umständlicher, fraktionierter Kristallisationsprozeß trennt sie von einander. Die ersten Radiumfabriken entstanden zu Beginn des Jahrhunderts in Oesterreich , Deutschland , England und Frankreich . Die größte war die in Joachimsthal (Böhmen), denn dort lagert das bedeutendste europäische Vorkommen an Uranerz . Joachimstal hatte schpn vor der technischen Radiumgewinnung seine RadiuMtradition. Wenn die Joachimsthaler Silberbergleute an Rheuma litten, legten sie sich Säckchen mit pulverisiertem Erz auf die schmerzenden Stellen und wunderten sich über die lindernde Wirkung. Im Jabre 1922 lieferte Nordamerika mit Hilfe der vor Kriegsbeginn entdeckten Karnotitlager in Utah und Colorado vier Fünftel der Welterzeugung an Radium«- Zur Zeit ist die bedeutendste Radiumfabrik die»Union Miniöre du Haut— Katanga" in Oolen in Belgien . Die Fabrik, die ihr Rohmaterial aus Belgisch-Kongo bezieht, ist auf eine Monatserzeugüng von drei Gramm Radium eingerichtet, lang aber, wie versichert wird, noch um hundert Prozent'mehr leisten... Auch die Regierung von Kanada macht heute in den Radium -Verbrauchszentren der Welt Offerte. Das jüngste Berbrauchszentrum ist Jeru salem . Im Sommer 1933 stiftete Professor Iran Kaplan, der Leiter des NewDorkerKrebsinstituteS, im Andenken an seine verstorbene Mutter dem von der amerikanisch - jüdischen Frauen-Organi- sation»Hadassah " unterhaltenen Jerusalemer Ha- dassah-Hospital 100 Milligramm Radium— einen Schatz, der einen Wert von etwa 5000 Dollar repräsentiert. Mit der Führung der damit ermöglichten Krebsabteilung des Hospitals— dessen Radiumvorrat sich seitdem noch vermehrte— beauftragte die Hadassah Professor Max Halberstädter, den früheren Leiter des Krebsinstitutes Berlin , einen der ersten Radiologen der Welt. Die Arbeit geht gut vorwärts. Da die Radiumabteilung der Hadassah , ebenso wie die Röntgenabteilung, mü allen Krankenhäusern des Landes zusammenwirtt, erhält Professor Halberstädter praftisch alle vorkommenden» für die Radiumtherapie geeigneten Krebsfälle zugewiesen. Die ursprüngliche Meinung, daß der Krebs im Orient nicht so bösartig auftrete wie in Europa oder Amerika , hat sich als irrig erwiesen. Es kamen vordem nur nicht so viele Fälle zur Untersuchung und Behandlung. Von Juli 1933 bis September 1984 erschien im Radiuminstitut der Hadassah immerhin schon 209 Pattenten mit bösartigen Krebsgeschwüren; von ihnen waren 147 Juden und 62 Araber. Die Zahl der arabischen Patienten steigt aber von Monat zu Monat und dürfte bald die der jüdischen überschritten haben, denn an sich gibt eS bei den Arabern prozentual mehr Krebsfälle als bei den Juden, da bei der jüdischen Bevölkerung infolge der Dauerimmigration der Altersdurchschnitt niedriger ist. Zuerst kamen von arabischer Seite nur unheilbare Fäfle; jetzt melden sich, erfreulicherweise, schon frühzeitige. In Jerusalem hat ferner der aus Hamburg stammende frühere Chefchemiker der»Allgemeinen Radium-A.-G.", Berlin , Dr. Erich Karfiol, eint vom Physikalischen Laboratorium des Hassadah- Hospitals kontrollierte»Orient-Radium-Station" eingerichtet. Dr. Karfiol stellt im„Emanator" seines Laboratoriums Radon -Präparate her. Die Emanation(Radongas) entwickelt sich aus Radiumpräparaten, die in einem kleinen Glaskölbchen verschlossen gehalten werden und durch Unterdrück in einen angeschlossenen coakutierten Glaszylinder gelangen. Hier wird die Emanatwn von einer zunächst indifferenten, in verflüssigter Form eingeführten Salbe oder von Olivenöl ausgenommen. Das fertige Radon-Präparat wird dann in Tuben oder Kapseln überführt und an den Arzt abgegeben. Radon-Präparate dienen in Form von Salben zur Bestrahlung bei Erkrankungen der Haut und der fleinen Gelenke, in Form von Oel » kapseln als Radiumtrinkkuren bei allgemein rheumatischen Erkrankungen, wie sie in Palästina sehr häufig auftreten. Der Patient muß die Präparate verhältnismäßig schnell verbrauchen, denn infolge der dauernden Ausstrahlung verlieren sie mit jedem Tag 16 Prozent ihres Gehaltes. Deshalb kann man auch kein Radongas aus Europa importieren; eS käme wirkungslos an. Autarkie als Gebot medizinischer Notwendigkeit. t. • »Einige hundert Milligramm Radium"—' auch dies ist also ein Kapitel aus der Geschichte des jüdischen Palästinaaufbaus. Es ist ein besonders schöner Abschnitt. Denn durch die Einführung der Radium- Therapie in Palästina sind hier für eine ganze Reihe von Krankheiten ebenso hochwertige Heilungsmöglichkeiten geschaffen, wie sie in den besten europäischen und amerikanischen Kliniken gegeben sind. Bon dieser Modernisierung der medizinischen Technik, wie von der Arbeit der jüngst ins Land gekommenen bedeutenden ärztlichen und wissenschaftlichen Kräfte überhaupt, wird der gesamte Vordere Orient seinen Bortell haben.
Ausgabe
15 (19.1.1935) 16
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