«dfr S „Sozialdemokrat* Sonntag, 20. FLnner 19311 Nr. 17 PRAfiER Aufbruch der Flegel Ein Leser schreibt uns: Am Nachtschalter einer Prager Postanstalt kam es in der Freitagnacht zu einem höchftpeinlichenZwischen- fall. Bier deutsche Studenten erschienen gegen halb 8 Uhr in Damenbegleitung und begannen Lärm zu schlagen. Aus den laut ge- führten Reden der völlig alkoholisierten .Führer der Nation" in spe ergab sich, daß es sich um tatendurstige Jünglinge der Hitler- Henlein-Fakultät handelte. Als das Gebaren der famosen deutschen.Kultur"propagandisten immer abstoßender wurde(sie versuchten unter anderem durch lautes Rülpsen zu provozieren), griff der diensttuende Beamte, mit Recht erregt, sehr energisch ein und brachte die Burschen zur Ruhe. Der Deutsche , der Zeuge dieser unwürdigen Szene war, schämt sich für die Jünglinge, die ja das Deutschtum bekanntlich so gern renommierend im Munde führen, es aber durch derartige Lümmeleien nur in Mißkredit bringen. Wenn die alkoholfreu- digen Söhnchen wohlhabender Eltern gehört hätten, mit wieviel nur zu verständlicher Verachtung der Postbeamte von ihnen und ihresgleichen sprach, sie würden vielleicht in Zukunft vorsichtiger sein. Das Bedauerliche, ist jedoch nur, daß die Rüpeleien der einzelnen immer wieder sie Gesamtheit belasten. ■ Menschen mit unregelmäßiger Herztätigkeit können durch gewissenhaften Gebrauch des natürlichen „Franz-Josef"-Bitterwassers ausgiebigen Stuhlgang ohne Anstrengung erzielen. Aerztlich empfohlen.• Kunst und Wissen Erika Manns„Pfeffermühle" scheint anfangs manches zu zermahlen, was mit Gewürzen nicht allzuviel zu tun hat. Bal!^ aber dringt ihre Hauptsubstanz nach vorn, und leicht erkennbar wird dann, daß es nicht ihr Verschulden ist, wenn ihr Inhalt nicht mehr ungemischt(mit mildernden Bestandteilen) serviert wird. Aber auch in dieser Form kann noch immer eine überwältigende Zahl kostbarer Delikatessen vermittelt werden. Wie wäre es erst, wenn.... wenn nicht... Viel Romantik liegt dieser Satire zugrunde, und noch mehr Idealismus. Sie spotten, die jungen um Erika Manns„Pfeffermühle" gescharten Menschen, aber um zu bessern; sie zerstören Phantasien, aber um schönere Wirklichkeit an ihre Stelle zu setzen; sie dünken erbarmungslos, aber größerer Zukunft zuliebe. Nicht alles ist frei von Banalität, wie die(erwartete) Pointe der Piece vom.Hungerkünstler" zum Beispiel, nicht immer sind Längen vermieden, wie bei den„Jntervietos" etwa— immer aber ist Geist vorhanden, und ein Geist dazu, der nicht in Aktuellem verhaftet zu sein braucht, um stärkster Wirkung sicher zu sein. Scherz und Ernst wechseln ab, beide gleichermaßen ethisch fundiert. Ins absolut Geniale gerissen wird aber die dem Kabarett zugrundeliegende Idee durch die hinreißenden Tänze der Lotte G o s l a, r, die grandios aus Humor in Kämpferisches steigernde, selbst Komik zu beinahe gespenstiger Absonderlichkeit erweiternde Therese Gries e, durch Sybille Schloß , durch Nummern wie„Der Koch",„Die Krankenschwester", „Frau T", das einfach unübertreffliche Bild von der „Dummheit" und viele andere noch(komponiert und ausgezeichnet begleitet von Magnus Henning und Walter S ü ß k i n d). Kalt ist die Welt, sagt Erika Mann , von der viele der geistvollen Texte stammen— die Mehrzahl der übrigen von ihrem Bruder Claus— und die graziös, charmant, erfüllt von bezwingendem Esprit, konferiert, bald ist die Welt, sagt Erika Mann , nur lauter Eis und Schnee. Warum sind wir so kalt? Beteiligt euch, es geht um euer Leben, beteiligt euch und ihr habt die ganze Macht.... Das will die„Pfeffermühle".—z. VII. Arbeiter-Borstellung Sonntag, den 87. Jänner. Um halb 8 Uhr nachmittags-.Schneider Wippe! kontra Na poleon " von Müller-Schlösser. Regie: Walter Taub. — Der allgemeine Vorverkauf beginnt Montag, den 21. Jänner, bei Optiker' Deutsch , Graben, Koruna. Telephon 26820. ZEITUNG Das Unterrichtsministerium hat in der Ausstellung des Verbandes deutscher Graphiker im Kunstverein für Böhmen (II. Pstrossova 12) je drei Arbeiten von R. Jakubek, Norbert Hochfieder und Leo Fitz, zwei Arbeiten von Inge Thiele-Peschke und je eine Arbeit von Leo Haas , Robert Stubner. Fritz Meinhard und der Bildhauerin Ilse Pompe zum. Ankauf vorgemerkt.— Die Moderne Galerie kaufte von Hochsieder vier, von Stuber sechs, von Fitz, Jakubek. Meinhard und Ilse Pompe je ein Werk. Die Ausstellung schließt unwiderruflich heute, Sonntag, den 20. Jänner. Nächste Woche Eröffnung der Sonderausstellung Frieda Salvend y-Wien und Theo Fried-Paris. Das literarische Kabarett„Die Pfeffennühle" Prag I., Annenska ul. 5, Kleiner Unitaria -Saal. Heute Sonntag nachmittags halb 4 Uhr Vorstellung zu Preisen von 5 bis 16 Kd. Abendvorstellung 8.15 Uhr. Restliche Karten eine Stunde vor Beginn an der Kassa. Wochenspielplan des Neuen Deutschen Theaters. Sonntag%3: Gesellschaft, volkstüml. Vorstellung, Gastspiel Ernst Deutsch , halb 8: Dieschön« Helena, Abonn. aufgehoben.— Montag halb 7: Juarez und Maximilian, Gastspiel Ernst Deutsch , Theatergemeinde.er Jugend.— Dienstag halb o: Don G i o v a n n i, A 2.— Mittwoch halb 8: M e n s ch e n"i n W e i ß. B 1. — Donnerstag halb 8: 13 bei Tisch, Erstaufführung, CI.— Freitag halb 8: Stille Musik, Ensemblegastspiel von Mitgliedern des Wiener Burgtheaters, D 2.— Samstag halb 8: Di« schöne Helena, Abonn. aufgehoben.— Sonntag halb 8: Schneider Wippl kontra Napoleon , Ar- beitervorstellung, halb 8: I e n u f a, neueinstudiert und neuinszeniert, A 2.— Wochenspielplan der Kleinen Bühne. Heute Sonntag 3:Mädels imNgchtbetrieb, 8: E h e m. b. H.— Montag 8: Ehe m. b. H., Bankbeamte und freier Verkauf.— Dienstag 8: Schneider Wippl.— Mittwoch hallb 9: Schule für Steuerzahler, volkstümliche Vorstellung.— Donnerstag 8: Schneider Wippl.— Freitag 8:Fremdenverkehr, volkstümliche Vorstellung.— Samstag 8; 13 bei Tisch. — Sonntag 8%: Nacht vor dem Ultimo, 8: Schneider Wippl. Vorträge Vortrag des Prof. Nejedly Donnerstag, den 24. Jänner im großen Saal der städtischen Bibliothek über„Das Schicksal der europäischen Emigranten" um halb 8 Uhr. Der film Der letzte Diktator Es ist überflüssig, die Frage zu stellen, ob dieser neueste Rene Claire-Film(der eigentlich „Der letzte Milliardär" heißt) zu den besseren oder schwächeren Werken des Meisters zu zählen ist.. Es genügt, daß er ein Werk des Meisters ist: mit dem witzigen Geist, der filmischen Treffsicherheit, dem bildhaften Können und der mutig-übermütigen Angriffslust, die Rend Clair zu dem gemacht haben, was er ist. Er geht auch hier wieder von der Operettenparodie aus, und das Thema so vieler Singspiele: die Sanierung eines Äönigsreichs durch die reiche Heitat der Prinzessin(die aber einen armen schönen Jüngling liebt), setzt bie- Handlung-in Bewegung. Aber was Rene Clair daraus hat werden lassen, das ist eine solche Fülle karikierter Gestalten, grotesker Begebenheiten, satirischer Hiebe und witziger Phantasien, daß es niemand nacherzählen kann, zumal sich das Witzigste nicht in Reden, sondern im Bereich des Sichtbaren abspielt, wo der Schwerpunkt aller guten Filme liegt. Eine Fülle von Gestalten erscheint: die geschäftstüchtige Königin, der geohrfeigte König und der schwachsinnige Kronprinz, die unschuldig-holde Prinzessin, die zwei heimliche Kinder hat, die streberisch-feigen Minister, der dreiste Kammerdiener und der scharfsinnig-ratlose Detektiv. Aus den Einfällen, die Rene Clair beim Spiel mit diesen Figuren entwickelt hat, hätten andere vermutlich ein Dutzend Filme gemacht: aus dem verliebten Hofkapellmeister zum Beispiel, dessen Herzensnöte immer auf Tempo und Takt der Nationalhymne abfärben— oder aus der Naturalwirtschaft im geldentblößten Königreich, die Geflügel und Schuhe und Revolver zu Zahlungsmitteln werden läßt:— oder mis dem Streik der Telephonfräuleins und der Polizisten. Der Kern des skurillen Spiels jedoch ist die phantasievoll verkleidete, Zeitsatire: der Hohn auf ein die Krise beschwatzendes' Parlament, auf ein Königshaus, das vom reichen Schwiegersohn leben will, auf die patriotische Begeisterung, die nur gegen Barzahlung funktioniert— und auf den Diktator(der«in pleitegehender Milliardär ist): er beginnt zu diktieren, als ihn ein Unfall idiotisch gemacht hat, er veMetet das Reden(und läßt sogar den«insperren, der dazu„Sehr richtig!" sagt), er läßt das Volk im Kreise marschieren wie auf dem Gefängnishof, er läßt die Minister auf allen Vieren kriechen und bellen,— aber als er infolge eines Attentats wieder zu Verstand kommt, hält seine Umgebung an den Narrheiten fest, die er im Wahnsinn befohlen hat. Bezeichnend genug, daß Rene Clairs Film überall Anstoß erregt hat: in Frankreich des Parlaments, in England des Königshauses und anderswo deS Diktawrs wegen. Ein Film also, wie wir ihn von Rene Clair erwarten- durften. Auch was die Auswahl der Darsteller betrifft— di« vom Diktator Max Dear» l a h S bis zum letzten Minister zu loben find, —eis— Rene Saint-Cyr in dem Rend Clair-Film„Der letzte Diktator". Lus der Partei Drei Woche« in der Sowjetunion lieber dieses Thema spricht Donnerstag, den 24. Jänner, um 8 Uhr abends im Parteiheim. Nä- rodni tr. 4., im Rahmen der Deutschen sozialdemokratischen Bezirksorganisation Prag , Genosse Dr. Emil Strauß, der soeben von einem dreiwöchigen Aufenthalt in der Sowjetunion zurückgekehrt ist. Sozialistische Jugend, Kreis Prag . Heute, 8 Uhr nachmittags im Gewerkschaftshaus Unterhaltung s n a ch m i t t a g der Kampfgemeinschaft. Tschechische Rezitationen und Sprechchöre, nachher Tanz. Regie beitrag 1 Kd-— Mittwoch, den 23. Jänner, 8 Uhr abends Gruppenabende: S. I. Zentrum: Gemeinsamer Abend mit den tschechischen Genossen.— S. I. Holleschowitz: Die bürgerlichen Parteien in der Tschechoflowakischen Republik. — S. I. Wein berge: Generalversammlung. Sport• Spiel» Körperpflege Die Welt- und Europameisterschaften im Eis». Hockey wurden Samstag in Davos unter Teil«^ nehme von 15 Ländern eröffnet. Es wird in vier Gruppen gespielt. Der ersten Gruppe gehören an: Schweiz , Ungarn , Holland und Schweden ; in der zweiten spielen: Deutschland , Italien , Polen und Frankreich ; die dritte bilden: Tschechoslowakei , Rumänien, Oesterreich und Belgien ; die vierte: Kanada England und Lettland .'Die in den Vorrunden auS» scheidenden Mannschaften absolvieren ein Trostturnier nach Cupsystem. Die er st en Spiele brachten folgende Ergebnisse: Tschechoslowakei gegen Oesterreich 2:1(0:0, 1:1, 1:0), Schweiz gegen Schweden 3:1(4:0, 1:1, 1:0), Ungarn gegen Hol land 6:0(3:0, 3:0, 0:0), Rumänien gegen Belgien 2:1(1:0, 0:0, 1:1), Italien gegen Deutschland 2:0 (1:0, 1:0, 0:0), Frankreich gegen Polen 3:2(1:0, 2:1, 0:1), Kanada gegen England 4:2(0:1. 2:1, 2:0).— Das Spiel Tschechosiowakei—Oesterreich wurde sehr offen durchgeführt und nur das Glück entschied. Die Mannschaft der Sieger wies ebe' sehr viel« Schwäch".', auf, besonders der erste Sturm war schwach. Zuschauer gab es herzlich wenig, da zugleich di« Schweizer mit den Schweden tyieUe’i und demnach die Heimischen den Vorzug hatten. Verclnsnadiriditcn Bolkssiuggemeindc! Sämtliche Sangesgenoffen werden ersucht, die Proben jetzt regelmäßig zu besuchen; ia f Vorbereitung: Neueinstudierung von Chören zur Jahresversammlung unserer Parjci und zur großen Festakademie im Monat März.— Nächst« Probe Dienstag, den 22. Jänner, um 8 Uhr abend imP robelokal.— Die Generalver sammlung der Volkssinggemeinde findet Freitag, den 25. Jänner, um 8 Uhr abend im Parteiheim. Narodni tr. 4. statt, z» welcher auch alle Freunde der Volkssinggemeinde herzlichst willkommen sind. Mitteilungen der»Urania « Heute halb 11 Ahr:„Die weiße Welt". Kulturtonfilm. Für Jugendliche geeignet. Unvergeßliche Filme:„Die letzte Kompanie". Conrad Veidt . Montag%9 Uhr. Thomas Mann spricht über:„Leiden und Gröhe Richard WagnerS". Dienstag 8 Uhr. „Die Biene Maja" und der letzte Kinderwett-' bewerb ist das Programm des Kindernachmittages. Mittwoch 3 Uhr. „Die wirtschaftliche Entwicklung Palästinas". Regierungsrat Dr. A. Sattler-Dorniacher.(Wien ). Donnerstag 8 Uhr. Massryk-Bolkstzschschnle Dienst am Knuden— Moderne Derkaufskunde. Dr. E. Goder-Herniann. Montag 8 Uhr. „Dein««verstandener Lebensstil" Individualpsychologe Paul Fischl. Dienstag 8 Uhr. Literatur Thomas G. Masaryk :„A nemzetisegi kerdes" (Dm Nationalitätenfrage). ins Ungarische überseht von Dr. Ferdinand Szerenhi. Herausgegeben voM E. Prager-Verlag, Preßburg - Wien-Leipzig . Für dü ungarische Minderheit hat die NafionalitätenfraN eine besondere Bedeutung. Der E. Prager -Verlaß bat es unternommen, im Rahmen des Sammelwerkes .A magyar Masaryk"(Masaryk ungarisch) aR Aeußerungen und Schriften des Präsidenten, die siä auf die Nationalitätenfrage beziehen, in einem Bands zu sammeln. Die Uebertragung besorgte Dr. Ferdinand Szerdnyi mit philologischer Genauigkeit, i> leicht lesbarer Form. Dr. Walter Feuereisen gew. Assistent der Medizinischen Klinik(Prof. Nonnenbruch), hat seine Ordination in Prag II« Washingtonova(früher Stadtpark, Brchliekkh« fad»' Rr. 8, eröffn«. Sprechstunde 15—17 Uhr- Telefon 321—80. 2831 Verlangen Sie in Jeder Verkaufsstelle des Konsumvereines SELCHWAREN der Firma HEGNER« Cie., PILSEN Selchwaren der Fa.HE<3NER* Cie.. PILSEN SIND DIE ALLERBESTEN I BÖHMISCHE UNION-BANK (VEREINIGT MIT DEM ALLGEMEINEN BÖHMISCHEN BANK-VEREIN) Zentrale In Prag Aktienkapital K 200,000.000'— Ftstnefnnds« 201,550.000- FILI ALEN; Aach , Aussig , Bodenbach , Böhmisch-Bud weis. Bratislava , Braunau i. B, Brünn , Brüx « Freiwaldau , Frt dek, Gablonz a. N., ürulitz, Hohenelbe, Iglau , Jägerndorf « Karlsbad , Königinhof a. E. Leitmentz, Manenbad. Mähr• Ostrau, Mähr.-Schönberg, Neu-Titachein. Olmütz . Pardu* bitz, Pilsen , ProstÖjov, Reichenberg, Rumburg , Saas, Top" litz Schönau, Trautenau , Troppao, Warnadorf, Zwittau. EXPOSITUREN; Piag Lieben und Prag -Weinberge. Zucker- Abteilungen: Prag , Bratislava , OfmOta, Troppau . s» Bezugsbedingungen: Bei Zustellung in? Haus oder bei Bezug durch die Post monatlich Kd 16.—. vierteljährig Kd 48.—, halbjährig Kd SS— ganzjährig Kd 102.—.— Inserate werden laut Tarif billigst berechnet. Bei öfteren Einschaltungen; Preisnachlaß.— Rückstellung von Manuskripten erfolgt nur bei Einsendung der Retourmarken— Die Zeitungsfrankatur wurde von der Poft, und Tele- i grapheudirektien nÄ«rl-P Äs. bre-^ wi.— Druckerei:^Orbis'. Druck-, Verlags- und ZeitungS-L.-G.. Prag .
Ausgabe
15 (20.1.1935) 17
Einzelbild herunterladen
verfügbare Breiten