Nr. 29 Sonntag, 8. Acker 1935 Sette 5 Der Kampf gegen den Diktator" von Louisiana  New Aork. Senator Long, derDiktator" von Louisiana  , traf, auS Washington kommend, uner­wartet in Baton Rouge   ein, um, wie eS heißt, die strafrechtliche Verfolgung einer Gruppe von Leuten in die Wege zu leiten, die angeblich seine Ermor­dung geplant hatten. Der Streit in Baton Rouge   geht um ein Ge­setz, das die Privatunternehmen zwingt, entlassenen Angestelt- t e n, wenn sie gewisse Bedingungen erfüllt haben, eine Pension zu zahlen. Die rücksichtslos« Durchführung dieses Gesetzes ließ sich nun Senator Lang so angelegen sein, daß eine äußerst heftige Opposition entstand, die dann schließlich zu Zusammenstößen zwischen Long-Anhängern und Gegnern führte. Zeitweise hielten sogar Feinde des Senators das Gerichtsgebäude von East-Baton Rouge besetzt. Die Lage wurde so kritisch, daß der Ausnahmezustand verhängt werden mußte und amerikanische   Bundestrup­pen eingesetzt wurden, denen es schließlich ge­lang, die Aufrührer, die sich auf dem dortigen Flugplatz verbarrikadiert hatten, unschädlich zu machen. Ein Teil von ihnen versuchte, über die nahe Mexikanische Grenze zu fliehen, und wird zur Zeit von Bundestruppen verfolgt. Senator Lang wurde Freitag am Bahnhof von einer Leibwache von 700 Soldaten abgeholt und durchsauste in unheimlichem Tempo, immer beglettet von seinen Leibwächtern, im Automobil die Straßen der Stadt. Die Lage in der Stadt ist äußerst gespannt. Es mußten elf Ausnahmegesetze erlassen werden, die unter anderem Straßen­ansammlungen von mehr als zwei Personen verbie­ten und es ferner der Preffe untersagt, die Staats­regierung herabsetzende Meldungen abzudrucken. Tie gereizt die Gemüter sind, geht daraus hervor, baß ein Zeitungsphotograph, der Long bei seiner Ankunft aüfnehmen wollte, von einem Soldaten mit einem Faustschlag zu Boden gestreckt wurde. Der Präsident derSquaredeal Association", einer er­bitterten Gegnerin der Long-Dittatur. wurde im Hauptquartier dieser Bereinigung vorübergehend derhaftet. Ei« ganz einzigartiger medizinischer Vorfall hält die Bevölkerung der kleinen Stadt Elmhurst  (USA  .) in Erregung. Das 19jährige Mädchen Elisabeth Warner wurde vor 17 Tagen von einem krampfhaften Auf stoßen befallen, das bisher ununterbrochen andauert. Das Mädchey fiel bereits mehrmals in Ohnmacht. Alle Hausmittel und die Bemühungen der Aerzte blieben erfolglos. SS besteht die Be­fürchtung, daß das Mädchen VorErschöp- fung sterbe» wird. Bei de« Ausschreitungen a« der Belgrader  Universität wurde ein Wachmann schwer verletzt. Die nationalistischen Studenten verletzten einen Studenten schwer, der seinen Verletzungen erlag. Die Polizei hat, laut HavaS-Meldung, keinen Gebrauch von der Waffe gemacht. Sind Sie Zude?" In der englischen Preffe wird ein Zwffchen- fall viel erörtert, der sich in einer Wähler- sammlung der Konservativen Par­tei des Bezirkes Woodgreen ereignet hat. Dort wurde, der Parlamentskandidat A. Beverley Baxter aus der Versammlung heraus gefragt, ob er Jud e sei.Meinen Sie", erwiderte Bax­ter,ick ich der glorreichen Raffe angehöre, die Benjamin Disraele und auch Jesus Christus   hervorgebracht hat? Nein, ich gehöre ihr leider nicht anl" Baxter   wurden daraufhin stürmische Ovatio­nen gebracht. Fast einmütig, gegen nur zwei Stimmen, nominierten ihn die Mitglieder der Konservativen Partei für ihren Bezirk als Wahlkandidaten. PRAGER ZEITUNG Im Rahmen einer VortragsreihePlanwirt­schaft bei«ns«nd im Ausland" findet am Donners­tag, dem 7. Feber, um halb 20 Uhr im Vortrags­saal des Fürsorgeministeriums(Prag II., Palackeho näm. 4) der vierte Vortragsabend statt. Vortra­gende: Min.-Rat. Jng. J bl:Die planmäßige Lösung des Verkehrsproblems der Republik  "; Archi­tekt Kump ost:Prakttsche Beispiele des Regio­nalplans und seine Zusammenhänge mit dem ge­samtstaatlichen Plan" und Dr. M a i w a l d:Plan­mäßige Regulierung der Kreditpolittk". Eintritt srei. Von der Bolks-Stefanik-Sternwarte. Im Monat Feber ist die Sternwarte täglich, außer Montag, um 18 Uhr, für Kollekttvbesuche der Schulen um 17 Uhr und für Vereinsbesuche um 19 Uhr zugänglich. Kollektivbesuche müssen vorher in der Kanzlei der Sternwarte(Telefon 46308) gemeldet werden. Das Beobachtungsprogramm: Vom 1. bis 5. Feber wird es möglich fein, bei klarem Himmel die Planeten VenuS, Merkur und Saturn, vom 5. bis 15. Feber den Mond und die Doppelgestirne, vom 16. bis 28. Feber abermals die Venus und einige Sterngruppen, und nach dem 20. Feber auch die Nebelflecken zu beobachten. So­weit es das Wetter zulätzt, wird auch der neue Stern im Sternbild des Herkules gezeigt werden. Bei Berdauungss chwäche, Blutarmut, Ab­magerung, Bleichsucht, Drüsenerkrankungen, Haut­ausschlägen, Furunkeln regelt das natürliche Franz-Josef"-Bitterwaffer vortrefflich die so wichtige Darmtätigkeit. Aerztlich bestens empfohlen. JoZa KubiLek, Konüpek, Dusa  , Karel Vik, Otakar Vaüäk, Rambausek, Hnilicka u. a. m.), man sieht auch einige Miniaturgraphiken von Svabinskh, der Technik nach sind alle graphischen Gebiete ver­treten von der Zeichnung bis zur Radierung. Un­ter den größeren Arbeiten fällt vor allem Z d. BrauneroväsAus dem Prager Ghetto" auf, unter den Miniaturen die farbigen Lithogra­phien V a ü ä L s aus Alt-Prag  . Da fast alle Är- beiten verkäuflich und die Preise mäßig sind, seien Interessenten an gediegener Kleinkunst auf sie ver­wiesen. f. Die nächste ArbeitervorstellungDer Kreide- kreiS" findet am 10. Feber im Neuen. Deutschen  Theater statt. Karten ab Dienstag im Vorverkauf für. Abonnenten und ab Mittwoch allgemeiner Verkauf Die Pfeffermühle  ", I., Annenska 5, täglich 20.18 Uhr. Wegen Unpäßlichkeit von Frau Erika Mann   fällt die heutige Nachmittagsvorstellung aus. Ab Montag, den 4. Feber, teilweise neues Pro­gramm. Wochenspielplan de» Neuen Deutschen Theaters. Heute Sonntag halb 8: Menschen in Weiß, volkstümliche Vorstellung, halb 8: Die füh­rende Marke, DI, Ensemblegastspiel Gisela Werbezirk.   Montag halb 8: Ball im Savov. volkstümliche Vorstellung. Dienstag halb 8: Land deSLächelnS, A 2. Mittwoch halb 8: Ein Sommernachtstraum, BI, neu­inszeniert. Donnerstag halb 8: Carm Gastspiel Kammersänger Richard Tauber  . C 1.-, Freitag halb 8: 18 bei Tisch, D 2. SamStag halb 8: Don Giovanni  , BI, Gastspiel Kam­mersänger Richard Tauber.   Sonntag halb 8: Der Kreidekreis, Arbeitervorstellung,}£8: Das Land des Lächelns, C 1. Wochenspielplan der Kleinen Bühne. Sonn­tag halb 4: Ehe m. b. H., halb 8: Ich Habs getan. Erstaufführung. Montag'8: 13 bei Tisch, Bankbeamte und freier Verkauf. Diens­tag 8: Fremdenverkehr, volkstümlich« Vorstellung. Mittwoch 8: I ch Habs getan. Donnerstag 8: Ich Habs getan.Freitag 8 Uhr: Schneider Wippl kontra Na­ poleon  , Kulturverbandsfreunde und freier Ver­kauf. Samstag 8: Ich Habs getan.- Sonntag 8: Schule für Steuerzahler, 8 Uhr: Ich hab- getan. Volkswirtschaft and Sozialpolitik Kleine Wirtschaftsnachrichten Der Kapitalbedarf der tschechofiowakischen Wirtschaft wird von sachkundiger industrieller Seite für die nächsten Jahre normalerweise ge­schätzt: öffentliche Verbände 1500 Millionen XL, Industrie, Handel und Gewerbe 2500 Millionen XL, Bautätigkeit 2000 Millionen XL und son­stige Wirtschaftszweige 1100 Millionen XL jährlich. Die Holzausfuhr nach Deutschland   erreichte im Dezember 1934 mit 154.000 Tonnen den Rekordstand. Wertmäßig betrug sie in dem glei­chen Monat 40 Millionen XL. Die soziale Hllfe der Gewerkschaften. Der Einheitsverband der Privatangestellten hat in den Jahren 1933 und 1934 an seine Mitglieder an Unterstützungen zusammen mit den Staatsbeiträ­gen insgesamt fast 10 Millionen XL ausgezahlt. Zur Förderung des Außenhandels mit Süd­ amerika   ist von der Regierung die Errichtung einer neuen tschechofiowafischen Gesandtschaft für die südamerikanischen Republiken Columbia, Vene» zuela, Ecuador  , Panama   und Costa Rica   beschlos­sen worden. Einen neuen Russenauftrag im Werte von 5 Millionen XL haben die Witkowitzer Eisenwerke  erhalten. Sie sollen 2000 Räderpaare liefern. Verteuerung des Bauens. In Groß-Prag  sind die Ziegelpreise, die vorübergehend gesunken waren, wieder auf ihren früheren Stand gebracht worden. Der bevorstehende Abschluß eines Preis- und Kontingentkartells läßt eine erneuteErhöhung befürchten. Wir sehen darin keine Maßnahme, von der eine Förderung der Bautätigkeit auSgehen könnte. Eine um 50 Prozent höhere Dividende hat die Generalversammlung der Koliner Spiritus- A.-G. beschlossen. Es kommen in diesem Jahre 60 XL statt 40 XL im Vorjahr zur Auszahlung. Die Abwertung der rumänischen Währung, die in der letzten Zeit wiederholt als bevorstehend bezeichnet wurde, wird von den zuständigen Stel­len in Bukarest   entschieden bestritten. Sie ver­sichern, daß die 1929 festgelegte Stabilstät des rumänischen Leu völlig intatt bleibt. Kunst und Wissen HanS Ludwig gestorben. Gestern Nachmittag starb unmittelbar nach einem Schlaganfall im 61. Lebensjahre HanS Ludwig, der langjähriges Mit­glied des Prager   Deutschen   Theaters war. Han- Ludwig war im Vorjahre in Pension gegangen, war aber auch in der letzten Zeit immer wieder beschäfttgt worden, wenn Not am Mann war. Lud­wig, der in seiner Jugend ein bekannter Bariton war, gehörte unserem Theater durch viele Jahre als Opernregifleur und Opernsänger an. In den letzten Jahren wirfte er verdienstlich in Leinen Rol­len und Chargen. An Ludwig, der sich übrigens auch als talentvoller Maler betätigte, verlieren das Deutsche Theater in Prag   ein verläßliches, erprobtes Mitglied und alle, die ihn persönlich kannten, einen in seiner Schlichtheit und Geradheit überaus lie­benswerten Menschen.- Fritz Grünbaum   konferiert jetzt in derKleinen Bühne etwas verrückt" so brillant, daß man ihm nicht nur dieSchlacht bei Prag  " verzeiht, die er vor .einigen Jahren verlor, sondern sogar ein oder zwei Miniatur-Einakter in Kauf zu nehmen geneigt-ist. in denen«Grünbaum   Mitglieder unseres Ensemble» al» Sttchwortbringer strapaziert. Im weiteren Verlauf des Abends wird aber die Seichtigkeit doch unange­nehm. zumal das, was das Deutsche Theater sozu­sagen aus den Ersparnissen des Silvesterabend- bei­steuert. nicht sehr erauicklich ist. Und zeugt es schon von wenig Geschmack, die(wenn auch ausgezeichnetenl Witze Grünbaums mit demFrühlingsstimmen  "- Walzer garnieren zu wollen, so isi es schon gar pein­lich, die sonst sehr zu schätzend« Frau Bookin diesem Falle auf Vortragskunft. rhythmische und tonlich« Präzision weitgehend verzichten zu. sehen. Noch peinlicher aber ist es. der Degradatton unserer hei­mischen Komiker und Schauspieler beizuwohnen, die Herrn Grünbaum als Folie zu dienen haben. Mit einem Satze: Fritz Grünhaum hat sich in dieser neuer­lichen Schlacht bei Prag   anständig geschlagen, da? Deutsche   Theater ist mit einem blauen Äuge davon­gekommen. l. g. Tschechisch, Klein-«nd Miniatur-Graphik aus der Zeit von 1910 bis 1925 sit in einer Kabinetts­ausstellung im Salon Mary Snoblovä(- rodni 82) zu sehen. Die Ausstellung bietet mit ihren mehr als 80 Bildchen einen guten Ueberblick über das graphische Kunstschaffen der Tschechen   in einer entscheidenden Periode ihrer politischen und kultu­rellen Geschichte. Merkwürdig, daß sich die Epoche mit ihren tiefen Wandlungen zwar in der Ent­wicklung der Formen, chber kaum in den Motiven spiegelt. Es sind viele Namen vertreten(KremliLka, Masarhkfeier an der Karls-Universität  . Der Akademische Senat der Karls-Universität faßte ben Beschluß, den 85. G e b u r t s t a g des Präsidenten der Republik, T. G. Masaryk  , durch eine Festversammlung der Universität zu feiern, in welcher er die Mitglieder der Regierung, die Repräsentanten der obersten Behörden sowie die Mitglieder des diplomatischen Korps in Prag  tiuladen wird. Ueber das Leben des Präsidenten ber Republik   werden Professor Dr. Pekar und Dr. Kral das Wort ergreifen. Die Feier selbst findet am 6. März, um 11 Uhr in der Großen Aula des Karolinums statt. Eingeleitet wird sie durch die KompositionAn Masaryk" von Vitezslav Novak  , dargebracht von der Chor- dereinigung Prager   Lehrer. Die Feier wird auf alle tschechoslowakischen Sender übertragen >nd auch im Tonfilm festgehalten, werten. Die deutsche Jugendfürsorge in Böhmen  (auch mähren  , Schlesien   und die Slowakei   haben dieselbe Organisation, die zusammen den staatSumfaffenden Aeichsverband für deutsche Jugendfürsorge bilden) scht sich zusammen aus der Deutschen Landeskommis­sion für Kinderschutz und Jugendfürsorge in Böhmen  alS Zentralstelle und 101 Bezirksjugendfürsorgen als «veigvereine. Diesen bei- und untergeordnet sind in Sanz Böhmen   298 OrtSfrauenausschüffe, 64 Berufs­beratungsstellen, 451 Mütterberatungsstellen mit 207 Beratungsärzten und 90 Fürsorgeschwestern. 70.000 Mitglieder gehören der Bereinigung an. Sie besitzt *8 Anstalten und Heime, darunter die 6 großen Er« Siehungsheime in Hohenelbe, Offek, Spiegelsberg, ?iboch, Schönlinde und Warnsdorf und 114 Kinder­horte und Heimstätten. Im vergangenen Jahre konnte sie mit 15 Millionen Kronen in% Million Äirsorgefällen dem Kinde Hilfe bringen. Drei Millionen Verführte. Aus Rom   wird berichtet: In der fascistischen Jugendorganisation V a l i l l a waren am 31. Jänner 1935 2.963,719 Knaben und Mädchen eingeschrieben, b>as eine- Zunahme von 484.862 Mitgliedern gegenüber dem Borjahre darstellt. Alles nnr Verbrecher.. Vom Berliner  Sondergericht wurde, wie derAngriff" mitteilt, ber jüdische Friseur Julius Rosenberg kvegen heimtückischer Angriffe gegen den Staat in Swei Fällen zu einem Jahr und drei M o n a t e n verurteilt. Der Friseur soll seiner kveiblichen Kundschaft aus demfeinsten Berliner  Allesten" während der Bedienung allerlei Histör­chen erzählt haben. So hat er ein Gespräch seiner Kunden, di« sich über den großen Eindruck der Feiern des nationalsozialisttschcn Parteitages und über den Beifall des Publikums unterhiel« ken, mit der Bemerkung unterbrochen:Was beißt Beifall, das ist alles nur bezahlte Älague". In einem anderen Falle hat Rosen­berg einer Kundin, die sich darüber beklagte, wäh­lend der Fahrt auf der Straßenbahn von anderen Passagieren grob behandelt worden zu sein, ge- fagt:Was wundert Sie das, es sind heute alles nurBerbrecher und Plebs". In der Verhandlung erklärte Rosenberg die gegen ihn erhobenen Beschuldigungen als Gewäsch und Hirngespinste. Der DampferTantschau", auf den chinefische Piraten einen Raubüberfall unternommen hatten,' ist in Hongkong   eingelaufen. Die 70 Kinder befin» den sich unversehrt an Bord des Dampfers. Vorträge Geistesleben der Primitiven Der Professor der Sorbonne, Lucien Lsvy- B r u h l, ist einer der bedeutendsten französischen  Experten fiir das Studium der primitiven Völker. Seine fundamentalen Erkenntnisse, die der psycho­logischen Erschließung des Geisteslebens der Primi- tiven gelten, sind bahnbrechend für dieses wichtige wissenschaftlich^ Svxzialgelnei gewesen. Ist es nicht beschämend für da- kulturelle deutsche Prag  , daß der/ .-.Urania  "-Vortrag des berühmten Gelehrten am Freitag abends vor fast leerem Saale stattfand?! Jedes fade Reise-Bilderbogendutzendreferat kann eines dreimal so starken Interesses sicher sein als dieser Abend, dessen geistiger Gehalt sicherlich turm­hoch über fast allenUrania  "-Vortragsplaudereien stand. Um so mehr ist es zu schätzen, daß der Ge­lehrte sich nicht in den Schmollwinkel zurückzog, sondern, ohne eine Spur von Gekränkffein, in einem anderthalbstündigen Referat eine Fülle von Er­kenntnissen, fesselnden Formulierungen und Nach- denflichkeiten vor seinen Hörern ausbreitete. Nicht abstrakt und akademisch, sondern in kultiviertem Plauderton behandelte Professor Levy-Bruhl  , unter anderem die Relattvität aller Moral, den Einfluß des Primitiven auf unsere Zivilisatton und die Differenzierungen innerhalb des primitiven LebenS- kreiseS, die nicht minder beachtlich sind als der Gegensatz von Primittvität und Zivüisatton. Das Studium des Primitiven erscheint. dem Gelehrten auch für unseren KülturkreiS nicht nur aus wissen­schaftlichem Interesse, nützlich. Die Uebergänge sind nicht so kraß, Rudimente primitiv-naiver LebmS- auffaffung zeigen sich im Zivilisationsmilieu noch häufig(Aberglaube, Setten u. ä.) Dem Gelehrten, der die Erschienenen zuerst in gebrochenem Deuffch begrüßt hatte und dann fran­zösisch sprach, dankte respektvoller Beifall der allzu Wenigen. P. Vom Prager Rundfunk Di« abgelaufene BerichtSwob« hatte ihr Schwer­gewicht in den musikalischen Sendungen, an deren Beginn die dritte Folge der Borttagsreihe.Die be­deutendsten Komponisten der Cembalozeit" stand. Die ausgezeichnete Birtuosin Maria Heller spielte Werke von Eckmann, Benda. Händel und Telemann zum auserlesenen Genuß ihrer Hörer. Am Sonntag übernahm Prag   die Osrrauer Sendung eines Orche­sterkonzertes, das der junge Opernchef Leop. Lud» w i g dirigierte. Auf Haydns Londoner Symphonie in D-dur folgten Kompositionen von Johann Strauß  , mit Dr- Fellner vom Troppauer Theater als Tenor-Solisten. Für die Hörer von Teplitz   und Um­gebung war die.Begegnung, mit beiden Künstlern eine besonders freudige Ueberraschuna im Gedenken ihres verdienstvollen Wirkens am Stadttheater in Teplitz- Schönau  . Am Dienstag machte der Rundfunk seine Hörer mit sudetendeutschen Komponisten bekannt: mit durch­aus volkstümlichen, künstlerisch weniger anspruchs­vollen Werken kamen Anton Leo Schwan, Bern­hard Schneider, Heinrich Koch und Karl O. Schmitzer zu Worte. Der letzte dirigierte auch das Prager   Rundfunkorchester. Die Führung durch das musikalische Programm der Woche sprach Oskar Baum  , der sich besonders eingehend Mit der deut­schenJenufa  "-Uebrrtragung am Freitag beschäftigte. Das wirtschaftliche Relief entwarf Redafteur Wannenmacher, Er sieht die Besserung der Lage nur als eine in Zahlen sprechende statistische Ange­legenheit; es ist ein Wirtschastsgesetz, daß die Er­holung viel langsamer fortschreitet.als der Absturz erfolgte; wir würden demnach noch ungefähr zehn Jahre brauchen, um den status-nio zu erreichen, wenn die Wirtschaft den eigenen Gesundungskräften über­lassen bliebe. Neue und«nergische Zugriffe sind nötig, um Ordnung in die Wirtschaft zu bringen; alle Existenzen hängen von ihrem Erfolg ab- Die Deval­vation der Krone war eine erste Hilfeleistung. Die nächste und unerläßliche Neuorientierung der Wirt­schaft muß in der Erkenntnis bestehen, daß sie nicht mehr auf Gewinne gerichtet sein darf, sondern wach­ten muß, den Bedarf aller zu decken. Diese Umstellung muß unter Aufficht des Staates erfolgen. In gleicher Richtung verlangte in der fteitägigen Sozialinformatton" der Sprecher zumBetriebs­stillegungsgesetz in der Praxis" außerordentliche Maßnahmen in außerordentlichen Zeiten. Durch die Verordnung des Ministers für. soziale. Fürsorge, Zahl 78/34, welche vorschreibt, daß vor Stillegung eines Betriebes die Gründe zu prüfen sind und daß bei nicht genügender Stichhaltigkeit derselben der Be­trieb weiter geführt werden muß., konnten mehr als 16.000 Arbeiter vor dem Schicksal der Arbeitslosig­keit bewahrt weredn. Aus dem Arbeitsleben der Bettiebe kam der Stoff zu dem Biergespräch zwischen drei Arbeitern und einem Beamten der Arbeiter-Unfallversicherung, das unter dem Titel..Wie ich meinen Unfall erlitt" (verfaßt von Jng. Peter Otäsek) eine Reihe wert­voller Erfahrungen und Ratschläge mitteilte, ins­besondere aber dem Schutze der Augen gewidmet war. DenAktuellen Bericht" erstattete Genosse Karl Kern. Zwei bedeutungsvolle Vorträge standen im Programm. Ludwig G. Huhn sprach über Abessinien und zur Frage, was es uns Europäern be­deute. Der Vortragende erzählte aus eigener Erfah­rung von den eigenartigen Gegensätzen diese- Landes. von seinen Menschen, seinem Klima, seiner Wirtschaft. AlS Exportland ist Abessinien an Japan   verloren gegangen, woran vor allem der hohe Zoll des Suez­kanals schuld ist. Dadurch ist s^ie^inien das Einfalls­tor für eine große Gefahr geworden und leider auch die Möglichkeit verloren gegangen, ein Auswan­derungsgebiet zu erfassen. Im zweiten Vortrag beschäftigte sich Unw-Prof. Dr. Kar. Walka mit demGesundheitlichen Wert der körverlichen Arbeit". Er gipfelte in dem Satze des Aristoteles  Alles Leben ist Bewegung" und betonte den wachstumfördernden Einfluß der Leibesübungen auf alle Organe. Im Wesentlichen kann den Ausführungen nur zugestimmt werden, weil heute wohl niemand den gesundheitlichen Wert des Turnens und des Sportes leugnen wird. Daß aber Leibesübungenohne Wettkämpfe nicht zu denken" seien, leugn« ich ebenso enffchieden, wie die Behauptung, daß der Turnunterricht in der Schule so überaus gesundheitsfördernd, ist! Solange die Schulen (und es ist leider in den meisten Fällen so!) keine hygienisch einwandfteien Turnsäle haben und nur ganz selten über Freiplätze verfügen, solange also die Kinder in staubigen und ganz unzureichenden Räumen bei erhöhter Atmung um so mehr Dreck einatmen müssen, spreche ich als Lehrer dem Turnunterricht in der Schule den gesundheitlichen Wert ebenso ab wie allen ähnlichen Unternehmungen der verschiedenen Turnvereine, die ja meist auch nur in den Turnsälen der Schule ihre Arbeitsstätte haben. Kleinere Borttäge füllten das Programm und umrahmten Arnold Hahns spiritistisches Hörspiel Ein Besuch bei Generaldirektor t'elzebub". das mit kräftigen Akzenten der Donnerstag-Sendung ein dra­matisches Gepräge einhämmerte. E r n st T h ö n e r«