Sosialdemokrat

ZENTRALORGAN

DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI

IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK

ERSCHEINT MIT AUSNAHME DES MONTAG TÄGLICH FRUH. REDAKTION   UND VERWALTUNG PRAG   XII., FOCHOVA 62. TELEFON 53077. ADMINISTRATION TELEFON 53076, HERAUSGEBER: SIEGFRIED TAUB. CHEFREDAKTEUR  : WILHELM NIESSNER. VERANTWORTLICHER REDAKTEUR, DR. EMIL STRAUSS, PRAG  .

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( einschließlich 5 Heller Porto)

15. Jahrgang

Vollzugsausschuß der SASI

Vor Verhandlungen mit Moskau  

Sonntag, 24.

Feber 1935

Emma Adler   gestorben

In Zürich   ist am Samstag die Witwe Viktor Adlers und Mutter des Sekretärs der Sozialisti­schen Arbeiter- Internationale Friedrich Adler   ge­storben. Emma Adler   war von Geburt Wienerin Prag  . Unter dem Vorsiz des Präsidenten und hieß mit ihrem Mädchennamen Braun. Sie Deutsch   und in Anwesenheit des belgischen war die Schivester des bedeutenden Sozialpoliti Delegierten De vlieg, des Sekretärs Sisters Heinrich Braun  ( des Gatten der Lilli Braun) aba und des technischen Leiters Bühren und von Adolf Braun  , dem langjährigen Redat­vwie des Abgeordneten Müller tagte Samstag teur der Arbeiter Zeitung  " und späteren deut­nach sieben Uhr im Prager   Volkshause der Voll- schen Reichstagsabgeordneten. In jungen Jahren jugsausschuß der Sozialistischen Arbeiter- Sport- Heiratete sie Viktor Adler  , dessen Lebensschicksale Internationale. sie dann geteilt hat. Troß ihrer bedeutenden Jn telligenz war sie eine sehr bescheidene Frau, die nie gern hervortreten wollte. Sie hat insbesondere als Schriftstellerin viele Jahre fleißig gearbeitet, war Mitarbeiterin der Arbeiterinnen- Zeitung", deren Kinderblatt sie lange redigierte. Auch ful­turell hat sie sich in der Arbeiterbewegung immer eifrig betätigt. Von ihren größeren schriftstelleri­fchen Arbeiten erwähnen wir ihr schönes Buch über Die Frauen in der französischen   Revolution". Die Frauen in der französischen   Revolution". Emma Adler   war schon lange Jahre frant und lebte zuletzt bei ihrem Sohne in Zürich  .

Aus den Berichten der einzelnen Referenten ergab sich ein Bild reicher Tätigkeit der 20 Ver­bände, die in der Internationale vereint sind. Diese Verbände haben für das heurige Jahr eine Reihe großer Veranstaltungen und Feierlichkeiten angekündigt.

Dr. Deutsch erstattete Bericht über seine Amerikareise, auf der er politische Vorträge hielt und außerdem auch für eine Verbreitung des Ar­beitersports gearbeitet hat. Er betonte die Bereit­schaft der tschechoslowakischen Arbeiterturnvereine und des amerikanischen   Arbeiter- Sokol in der drage eines Zentralverbandes.

Für den 1. März wurde eine Zusammen­kunft mit den Delegierten der Roten Sportinternationale( kommuni­stisch) festgesetzt und die Richtlinien für die Verhandlungen ausgearbeitet, wobei betont wurde, daß für die sportliche Zusammenarbeit der beiden Internationalen das Gutachten und die Zustimmung der politischen Parteien in den einzelnen Ländern maßgebend sein wird. Für die Berhandlungen wurden delegiert: Doktor Deutsch  , Sila ba und Müller.

Schließlich wurde Bericht über die ausge­dehnten Vorbereitungsarbeiten für die im Jahre 1937 in Antwerpen   stattfindende 3. Arbeiterolym: piade erstattet. Zum Vorsitzenden des Erzie­hungsausschusses wurde Redakteur Vaverta ( Prag  ), zum Vorsitzenden des Schachausschusses Sita( Prag  ) gewählt.

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Senat contra Roosevelt

Washington. Im Augenblick herrscht zwischen dem Präsidenten Roosevelt   und dem Kongreß eine gewisse Konfliktsstimmung. Den Wünschen der Gewerkschaften entsprechend, nahm Freitag der Senat in einer hißigen Aussprache mit 44 gegen 43 Stimmen eine Klausel in die Arbeitshilfevor lage hinein, der zufolge ortsübliche Löhne gezahlt werden sollten, während die Regierung die Absicht hatte, etwas niedrigere Löhne zu zahlen, um nicht mit der Privatindustrie in Wett­bewerb zu treten.

Die Gerüchte, als ob Roosevelt   deshalb die ganze Arbeitslosenhilfevorlage in Höhe von vier Milliarden Dollars fallen lassen wollte, sind start übertrieben. hat Das Repräsentantenhaus jeinerzeit den Plan mit großer Mehrheit ange­nommen und der Senat wird auf den Druck der Wähler hin sich wohl zu einem Kompromiß bereit

Heftige Angriffe des B. d. L. gegen die SHF

Nr. 47

Bauerndemokratie und Fascismus

Erkenntnis oder Taktik im sudetendeutschen   Landstand? Nach der Herausforderung, die sich Henlein  [ Titel ,, VoIts gemeinfchaft; Wie fie gegen den B. d. 2. geleistet hat, indem er ihn küh- die Bauerndemokratie fiebt, will ner Weise zum Selbstmord aufforderte, um dann und erkämpfen wird", rückt das Blatt zu versuchen, mit der selbstverständlichen Ableh- Spina& der Totalitätslehre Henlein- Hitlers nung des Angebots nationalistische Stimmung ge- energisch zu Leibe. Es wiederholt zunächst, daß gen die Agrarier zu machen, beginnt sich die Deutsche Landpost" gründlicher und Volksgemeinschaft nur im freiwilligen heftiger als jemals von Henlein   zu distanzieren, Zusammenschluß der natürlichen Teile des Volfs= vor allem aber auch, ihrerseits Henlein   anzugrei förpers bestehen kann, daß Voltsgemeinschaft das fen. her nicht Totalität sein kann. Die Totalität sei künstlich, starr, sie müsse gleich fchalten. Unter unseren Verhältnissen sei die Schaffung einer Volksgemeinschaft durch den To­talitätsanspruch ein Versuch mit untauglichen Mit­teln. Man würde sich hinterdrein Verhältnissen anpassen müssen, die zu ändern man dann nicht mehr die Macht hätte.

Was die Deutsche Landpost" in ihrer Freis tag- Ausgabe über die SHF schreibt, steht in schärfstem Gegensatz zu allen Aeußerungen der aderez- Gruppe des B. d. 2. und es fönnte, wenn es ernst gemeint ist, wirklich der Anfang der geistigen und politischen Klärung uns ter den fudetendeutschen Bauern sein. Unter dem

Arbeit für 150.000 Menschen

Eine Aktion des Fürsorgeministers Genossen Dr. Meißner Das Právo Lidu" berichtet über eine At- I forgeminister bei der Regierung die Errichtung tion des Ministeriums für soziale Fürsorge, bon eines besonderen Fonds in der Höhe von 45 Mil­der man sich in der Tat etwas versprechen fann, lionen erwirti, aus welchem die Selbstverwal­wenn sie rasch und ohne alle bürokratischen Schivie- tungskörper Anleihen erhalten zu dem Zivecke, da­rigkeiten durchgeführt werden wird. Es handelt mit sie ihre Beiträge zu den öffentlichen Arbeiten sich hiebei um die produktive Fürsorge, für die von leisten können. Insgesamt wurden aus diesem 1930 bis zum März des heurigen Jahres Fonds bisher 40 Millionen für die Selbstver= 206,743.400 aufgewandt wurden und auf Grund waltungstörper bewilligt, wodurch Investitions­deren etiva 100.000 Arbeitslose direkt Arbeit be- arbeiten für 450 Millionen durchgeführt wer­tamen, während zehntausende von Arbeitern in ben können. Die meisten dieser Arbeiten werden direkt( bei der Herstellung des Materials und in der nächsten Zeit in Angriff genommen und die beim Transport) Arbeit erhielten. Bei dieser pro- ganze Attion wird ungefähr hunderttausend wei­duktiven Arbeitslosenfürsorge ist in der lezten Zeit teren Arbeitslosen Arbeit bringen. Das Ministe die größte Schwierigkeit jene gewesen, daß die rium für soziale Fürsorge will den erwähnten Selbstverwaltungskörper den auf sie entfallenden Fonds aber noch um 25 Millionen vergrößern, Anteil nicht aufbringen konnten. Es wurden zwar wodurch Investitionsarbeiten im weiteren Betrag öffentliche Arbeiten der Selbstverwaltungskörper von 250 Millionen zur Durchführung gelan­genehmigt, aber sie konnten nicht durchgeführt und gen könnten. Dadurch fönnten im heurigen Jahre die Landes- und die Staatssubvention konnte nicht insgesamt für 700 Millionen Investitionen ausgezahlt werden, weil eben die Gemeinden und borgenommen werden, wobei 150.000 Arbeitslose Bezirke die auf sie entfallenden Beiträge nicht auf- beschäftigt werden könnten. brachten. Durch Untersuchungen der Landesbehör- So schaut die reale Arbeit der Sozialdemo den wurde festgestellt, daß es solcher Arbeiten für fratie für die Arbeitslosen aus und damit verglei­ungefähr eine Viertelmilliarde gäbe. Um nun che man das Schwindelprogramm Konrad Hen­diese Arbeiten möglich zu machen, hat der Für- leins.

Mageres Ergebnis in Paris  

Ein ganz allgemein gehaltenes Kommuniquee

Paris  . Die offiziellen französisch- österreicht, ellen Fragen betraf, daß aber in Paris   fein finden, so daß ein Veto Roosevelts nicht erschen Beratungen wurden Samstag abends abge- Grundjak oder Zert irgendeines forderlich werden dürfte. fchloffen. Das offizielle Schlußkommuniqué ist sehr Abkommens oder eines bestimmten Vor­allgemein gehalten und sagt u. a.: gehens der französischen   und österreichischen Mini­Die französischen und österreichischen Minister in der Zukunft vereinbart wurde. ster erkannten einmütig die Vorteile, die alle interessierten Länder aus dem Abschluß

Sejm  - Vizemarschall

aus dem Regierungsblock ausgeschlossen Warschau  . Im Pilsudski  - Lager erregt der Ausschluß des bisherigen Vizemarschalls des Sejm  , Dr. Polatiewicz, aus dem Regierungsbloc nicht geringes Aufsehen. Der Ausschluß ist als Maßregelung dafür anzusehen, daß er den von ihm geleiteten Verband der Bauernjugend, den Dr. Bolatieivicz seinerzeit aus dem Lager der Volks­artei Piast   auf Seite des Regierungslagers ührte, entgegen dem Wunsche des Regierungs­blockes als eine selbständige Organisation, wirken ließ und ihre Fusion mit den anderen regierungsfreundlichen. Jugend- Organisationen nicht gestattete.. Dr. Polakiewicz gehört zu den den Mitbegründern des Regierungsblocks. ältesten Anhängern des Marschalls Pilsudski   und Japan  - China  

eines

Mitteleuropa  - Battes im Geifte vöt- Hitler will mit sich

eines

liger Gleichberechtigung ziehen würden, Baktes, dessen Grundsätze bei den französisch­italienischen Verhandlungen in Rom   festgelegt worden sind. Sie begrüßen das Einvernehmen zwischen der französischen   und englischen Regie­rung, die den Plan eines solchen Paktes als ein Sicherheitse l'ement ansehen, das mit den anderen Bakten regionalen Charakters ein unteilbares Ganzes von Friedens garantien bildet und das geeignet ist, die Lösung der noch offenstehenden allgemeinen Probleme zu erleichtern. Abgesehen von der glücklichen Rüd­wirkung, die eine solche Lösung unfehlbar auf die Wirtschaftslage der Welt haben wird, haben sie die bereits durch Verhandlungen auf diesem Gebiet zwischen Desterreich und verschiedenen europäi schen Staaten, darunter Frankreich  , erzielten Er­gebnisse zur Kenntnis genommen.

Tokio  . Der Sprecher des Außenministeriums erklärte, daß die Verhandlungen mit dem chines fischen Delegierten Wangtschunghui die unfreund Der Korrespondent des Tsch. P.-B. erfährt, liche Atmosphäre, die zwischen den beiden Ländern daß der Meinungsaustausch alle mit den römi­herrschte, beseitigt haben. schen Abkommen in Zusammenhang stehenden attu

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reden lassen...

Nicht nur über den Luftpakt

London  . Zu den geplanten englisch  deutschen   Besprechungen in Berlin   melden die Time 3", der deutsche   Außenminister von Neu­ rath   habe Freitag dem englischen Botschafter in Berlin   Sir Eric Phipps   mitgeteilt, daß Adolf Hitler   dem Umfang der Besprechungen über die europäische Lage keine Grenzen im voraus fcht.

daß Anfang März ein britischer Besuch in Berlin  Das Blatt bestätigt, es sei jest wahrscheinlich, stattfinden werde, es sei jedoch in allererster Linie notwendig, daß sich beide Parteien über die Natur der Besprechungen im Klaren sind. Für einen er­folgreichen Ausgang sei eine sorgfältige diploma­tische Vorbereitung notwendig. Ein formelles Ab­kommen als unmittelbares Ergebnis des Berliner  Besuches sei nicht zu erwarten.

Die Idee der Volksgemeinschaft durch Tota­lität stehe in schärfstem Widerspruch zu den Ideen der Bauerndemokratie. Den Unters schied zwischen beiden Jdealen, dem Henleins und dem der Bauerndemokratie, erklärt die Vandpost wie folgt:

Wer ein De motrat sein will( und wer beteuert in diesem Lande heute nicht, es zu sein?) muß den Menschen in den Mittel. punkt des politischen, wirtschafts lichen und gesellschaftlichen Ges fchehens fte II e n. Tut er das nicht, geht er in der politischen und gesellschaftlichen Gestal tung und Willensbildung nicht vom Menschen, sondern von einer Vielheit, der Ganzheit oder, um ein heute oft gebrauchtes Wort zu gebrauchen, von der Totalität aus, strebt also eine politische Gruppe die Willensbildung in der Weise an, daß sie von oben nach unten, von außen nach innen, vom Ganzen zu den Teilen vordringen will, dann ist eine solche politische Arbeitsmethode nicht nur un organisch, sondern auch durch und durch un demokratisch.

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Sie ist reiner, waschechter Fascismus. Sie ist es auch, wenn die Propagatoren einer sola chen politischen Zielgebung hundertmal beteuern, daß sie Demokraten seien. Sie sind es innerlich nicht. Sie find es nur, solange sie die Demokratie brauchen, um ihr fascistisches Ziel zu erreichen. Ebenso wenig wie politische Gruppen dieser Art demokratisch sind, ist es von ihnen total falsch, wenn sie vorgeben, sich von einer organischen Ges sellschaftsauffassung leiten zu lassen. Sie sind in ihrer Gesellschaftsauffassung anorganisch wie fie undemokratisch sind. Das gilt auch von der Spann Heinrich's chen Ges fellschaftsauffaffung.

V

Zum ersten Male findet sich in der Land­bundpresse die Erkenntnis, daß die Ideologie der Sd fascistisch ist, zum ersten Male wird die volle Wahrheit rundheraus ge= sagt. Was die Ablehnung der Spann- Hein richschen Lehren betrifft, so hat leider der B. d. 2. allzulange geduldet, daß fascistisch infia zierte und geistig unreife Leute in seinen Reihen diese Tollheiten und Torheiten verbreitet haben. Brachten doch landbündlerische Blätter vor weni­Aussprache zwischen unserem Genossen I afsch gen Tagen erst einen Bericht über die sachliche

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und dem Landstand- Theoretiker He unter dem in jeder Weise irreführenden Titel: Spann überwindet Marr". Das Kolleg, das die Landpost" mit Recht Henlein   liest, wäre also auch den Hacker, Hez und Köhler zu eifrigstem Studium zu empfehlen!

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bon

können ihr hier nur vollauf zustimmen Die Landpost" fordert dann und wir einer wahren Voltsgemeinschaft folgende Zielsetzung:

1. Eine konkrete Regelung, das heißt Vera. besserung der Beziehungen der Menschen zu den Menschen, sowohl innerhalb des eigenen Voltes wie zur Nachbars nation und

2. eine konkrete Auseinanderseta zung mit dem liberalen Kapitaa Liamua