Freitag, g, März 1935 Fünfzehn Jahre rnffischer Film Bon Fritz Nosmfrlk. köpfe». Uniformen, reitenden Kosaken. Alle diese, scheinbar willkürlich aneinandergereihten Bilder und Bildchen standen aber in einer engen Beziehung; sie bildeten dramatische Kontraste, ergaben ein durchkomponierte», künstlerische» Ganze». Die.Handlung" im üblichen Sinn fehlte, ebenso der Schauspieler; die streikenden Arbeiter, der Fabrikant, die Polizisten wurden von Menschen de» Alltag» dargestellt, die eben dem Typ entsprachen, den der Regisseur brauchte. Und dann kam ein Fist», der nach denselben Prinzipien wie.Streik" gedreht war, aber von unvergleichlich gröberer Wucht und Durchschlagskraft; ein Film, der die Welt, nicht nur die Welt de» Film», in Aufruhr brachte, di« Fensoren sämtlicher Staaten beschäftigte, die Kino » aller Länder füllte und entflammt«:.Panzerkreuzer P o t e m k i n". Sine fast vergessene Episode au» dem Jahre 1808 wurde in den Mittelpunkt einer revolutionären Filmballade gestellt, di« auf alle» verzichtet«, was Filme sonst sehenswert macht, sogar auf die Liebesgeschichte und an die Stelle der früher für unentbehrlich gehaltenen Wirkungsmittel de» FilmgewerbeS ein Höheres und Gröbere» setzte: die Idee. Mit einem Mal erkannt« die Welt, dab man mit Filmen nicht nur Menschen zu Tränen rühren oder zum Lachen reizen, dab man in ihnen nicht nur Menschenschicksale schildern kann, di« mehr oder weniger wahrscheinlich sind; dab man in einem Film eine Idee au»sprechen, für eine Idee werben kann, und dab die revolutionierende Gewalt de» Ideenfilm» unwiderstehlicher ist al» die des gesprochenen und gedruckten Worte». Ein Panzerkreuzer, ein verfaultes Stück Fleisch, Offiziere, Matrosen, ein Arzt, eine Treppe, Frauen,«in Kinderwagen, Fahnen, Kanonen, ratternde Schiffsmaschinen— aus diesen Bildern, lebenden, atmenden, jagenden Bildern, schuf«in Künstler ein dramatisches Werk, da» der Welt zum ersten Mal- zeigte, w»s«iaentlich ein.Film" ist und wie ein Film zn wi«*-n vermag. Die Ide«, dir den Film erfüllte, batte sich di« neue Avsdrucksform geschaffen: di« Montag«, da» GegeneinanderauSspiel«» von Bildern, den dramatischen optischen Rhythmus, die sichtbare Musik, die an einer Stelle die trauernde Zartheit einer einsamen Flöte, an der andren den wuchtigen Doll- klang eine» dröhnenden Orchesters hatte. .Panzerkreuzer Potemkin " war der Durchbruch de» Russen film», Sieg de» Ideenfilm» und zugleich Sie« einer neuen Fffmform: und.Panzer kreuzer Potemkin " blieb bis heute für all«, die der glühend« Atem diese» wahrhaft revolutionären Werke» berührte, das gröbte Fklmersichni». Eisenstein ging seinen Weg weiter: er gab in.Fehn Tage, die die Welt erschütterten" eine grobartige dramatische historische Reportage,«ine neue Form der filmischen C h r o n i k; er zeigte in der«General- linie". die neuen. Probleme der AararvÄittk de», SrtzrffetstaatS. D. Pudowkin, weniger akademisch streng in der Form, leidenschaftlicher in der Gestaltung, formte<ni» Marn» Gorki» Roman .Die Mutter" ein« stammende Ballade der Revolution, gab in.Da» Ende von St. Petersburg" einen historischen Abrib der Kriegs- und Bürger- krieglszeit, rollte in.Sturm über Asien" di« Frage de» Kolonialimperialismus und der Befreiung der unterdrückten Völker Ostasien » auf. Richt alle Film«, die in dieser Feit gedreht wurden, erreichten di« künstlerische Vollkommenheit nnd ideologische Geschlossenheit der Werke Eisenstein» und Pudowkins; aber jeder brachte ein wichtige» Thema in neuartiger Beleuchtung, jeder leistete fein Teil auf dem Gebiet der politischen Bolkserziehung. Vorzugsweise holten Me‘ russischen Regisseure ihre Stoffe aber au» dem Revolutionsjahr 1808 (^Maschinist Achtomsky",.Der bsirtiae Sonntag") und au» dem Bürgerkrieg l.Matrosenregiment", »Die Ducht de» Tode »"). Im Laufe der Jahre wurden die Filme historischen Charakter», wie. die .Dekabristeu",»der gesellschaftskritische Milieu- film«, wie.Der gelbe Patz"(Anna Stens erster Film) immer seltener; an ihre Stell« traten Gegenwartsfilme, Fustandschilderungen aus dem heutigen Kubland(.Moskau , wie r» weint und lacht",.Bett und Sofa",„Die von der Strabe leben"). Den östlichen und südöstlichen Völkern wurden eigne, folk- loristische Filme gewidmet(»Der Harem von Buchara",.Der Sohn der Berge"). Die zahllosen Film«, di« in der Feit der Hochblüte de» russischen Stmnmfilms gedreht wurden, find qualitativ sehr verschieden; aber keiner ist" schlecht, der innerhalb der.Grenzen Rublands, also in einer Wirklichkeit spielt, di« dem Regisseur vertraut war. Schiffbruch erlitten die russischen Regisseur« nur dann, wenn sie Filme in» Ausland verletzten(»Die drei Diebe",„Jimmie Higgins"), sich an di« Geschichte anderer Länder wagten(der Kommune-Film.DaS neu« Babylon") oder sich gar der Phantastik zuwandten(.Aelita"). Der Ruffenfilm blieb immer Wirklichkeitskunst, er erfüllte all« jenen Forderungen nach.Bodenständigkeit", .Dluthaftigkeit" und„Volksverbundenheit", die man in fasristischen Ländern heute vergeblich an einen nicht aus dem Volk, sondern aus dem Prosittnter- esse einer kapitalistischen Industrie wachsenden Film stellt. Um die Sowjetfilme in» Volk zu tragen, wurden tausende neuer Kino» errichtet; Wanderkinos durchziehen die Dörfer, Kinozüge fahren von Städtchen zu Städtchen, wie ehemals klein» Theatertrup- pen. Sie erfüllen eine polittsche Aufgabe, sie propagieren die Parolen de» herrschenden Regimes. Sie dienen darüber hinaus aber auch volksbildnerischen Fwecken. Die Fahl der längeren und kürzeren Lehrfilme, wirtschaftspolitischer AufkläruuqSftlme, volksgesundheitlicher Filme, industrieller Lehrfilme, ist unübersehbar; den russischen Bauern belehrt heute der Film über die Handhabung, Instandhaltung und Reparatur eines TraftorS, dem ruffifchen Arbeiter zeigt der Film di« Leistungsfähigkeit und di« Gefahren der Maschine, an der er steht. Dab auch aus nüchternen Themen ein grosses Kunstwerk keimen kann, bewies.Turksib",«in Film, der di« Notwendigkeit eines Eisenbahnbaus zwischen Tür kistan und Sibirien zeigt«, und di« Aufbau-Film« Dsiga Berthoffs. Der Tonfilm, die Aufteilung der Welt unter di« amerikanischen und europäischen Elektrokonzerne, hat den russischen Fist» in den Hintergrund gedrängt; die russischen Ingenieure mutzten in eigner Konstruktionsarbeit jene neuen Apparate zu schaffe» suchen, di« di« amerikanischen als Ergebnis jahrzehntelanger, kostspieliger Experimente in den Laborawrien reicher Elektrogesellschaften der Welt darboten. Roch ist die russische Tonfilmindustrie nicht auf doller Höhe, aber Filme wie.Der Weg inS Leben" und.Tstheljuffine" zeigen, dass sie im Begriff« ist, auch die tönend« Leinwand zu erobern. Bon den tausenden Kino» Russlands ist nur ein Bruchteil für den Tonfilm eingerichtet, und so werden noch viel« stumme Filme gedreht, viel Tonfilme auch in stummer Fassung herausgebracht. Zu den neuen technischen Aufgaben, die der russische Film zn lösen hat, kommen auch polittsche Fragen, die manche Schwierigkeiten bereiten; auch der russische Film ist Prrchukt> eines Diftaturlandes und daher Produknonsprinzipien unterworfen, die sich nicht immer zu seinem künstlerischen Vorteil auswirken. In der Mj^Festztzitztz sMPine<I^yäherunq^m^ den Geist und Geschmack Hols Y.W xro d» feststellen; die Feinde von gestern sind ungefährlich geworden, die GegenwartSstoffe erschöpft, die heroischen Themen der Vergangenheit, sollen den groben Standardfilmen Vorbehalten bleiben—- der Durchschnittsfilm ist also vor allem auf Unterhaltung bedacht, ohne dabei aber die polittsche.Generallinie", die der russischen Filmindustrie vorgezeichnet ist, zu verletzen. Fünfzehn Jahre russischer Film— das Fest ist eigentlich Anlass einer Rückschau auf«ine abgeschlossene ruhmvolle Epoche, die des russischen StummfilmS. Aber in diesen russischen Stummfilmen, die das Kinopublikum aus dem trügerischen Frieden der gefilmten Wunschträume emporriffen zur Kenntnis und Erkenntnis der sozialen Wirklichkeit, die di« Filmkunst der ganzen Welt befruchteten, lag ein« ungeheure schöpferische Kraft, die noch lange nicht erlahmt sein kann. Der Ruffenfilm braucht ein« Atempause, die schwächeren Filme, die heute gedreht werden, sind nur ein Zwischenspiel. Ein Land, dessen Filmkunst einst höchst« Erfüllung brachte, den.Panzerkreuzer Potemkin ",«Sturm über Asien" und„Turkfib", blecht für immer eine Hoffnung. B I Arbeiterelter« zögert ihr immer I«och? Ledes Arbeiterkind s«- | hört zu de««ote« Falke«. „Jeder Falke gibt jede Woche eine Schnitte Brot(20 Heller) für hungernde Kinder" Die japanische Napoleoniade Dieser Tage erschienen in den Zeitungen zwei Meldungen, die auf den ersten Blick nichts gemeinsames miteinander hatten: Der chinesische General Chiang-Kai-schek fuhr nach Tokio , wo er mit der japanischen Regierung über Chinas Zukunst verhandeln sollte. Die deutsche viel... nichtssagende Note wurde- an Frankreich und England überreicht und Hitler sprach endlich sein Bekenntnis aus— weder die Radfahrer noch die Juden, sondern Rußland allein ist an allem schuld. Und doch sind die beiden Tatsachen fest miteinander verknüst, indem sie die eine und dieselbe Politik verfolgen. Am 28. Juli 1927 hatte der verstorben« japanische Premierminister Tanaka seinem Kaiser ein Memorandum vorgelegt, in dem dieser zur Eroberung der Mandschurei und der Mon golei aufgesordert wurde. Die Sowjetunion , die Bereinigten Staaten und endlich auch ganz Europa sollten dann das Endziel des japanischen WeltexpansionsstrrbenS bilden. Dieses Memorandum wurde im Jahre 1930 von Japan öffentlich missbilligt. Nun, öffentlich missbilligen heisst aber noch nicht verzichten, und die japanische Politik bewies es am besten. Die Mandschurei und ein Teil Mongoliens sind bereits in japanischen Händen. Niemand ist doch durch das Bestehen des Kaisertums Dkandschuku» irregeführt. Sollten aber noch solche Leichtgläubige vorhanden sein, so werden six durch die Eroberung von Iehol sowie durch da» japanisch« Borrücken am Chacharufer und in das Innere der mongolischen Republik(120 Kilometer von der Sowjetgrenze) zur Wirklichkeit bekehrt. Bedeuten denn diese zwei japanischen Aufmärsche etwas anderes als Unterbrechung der sibirischen Route im Norden und Verhinderung der neuen Strategie der chinesischen roten Armee im Süden? Effektiv ist doch der letzte Vormarsch dieser Armee »ur durch die Sympathien der chinesischen Bauern zu Sowjet-China ennöglicht worden.— Da» Gelingen de» sowjetchinesischen Feldplanes muss um jeden Preis verhindert werden, da dies eine Festigung des Sowjetregimes in Zentral-China zur Folge haben muss. Daher die Reise Chiang- Kai-schekS nach Tokio , die eine Verständigung zwischen Japan und Kuomintang-China zustande bringen soll. Der Wolf soll die Schafherde gegen einen Uebecfall seitens anderer Schafe beschützen. Weitere Sätze de» Tanakaischen Memorandums lauteten:„Japan kann die Schwierigkeiten in Ostasien nur durch Blut- und Eisenpolittk überwinden... Die Ostchinesische Eisenbahn muss unser werden, genau wie die Mandschurische unser wurde." Die Sowjetpolitik, die den Verkauf der Ostchine fischen Bahn realisierte, verhinderte diesmal die Verwirklichung der„Blut- und Eisen- Politik". Tanaka sagt« ferner:„Wir müssen Kirin haben, genau wie wir Dairen haben". Das ist bereits geschehen.„Die Unvermeidlichkeit, das Scwvert mt Russland zu kreuzen...»ft«in Teil unseres Programms der nattoualen Entwicklung" und„um in China eine Kontrolle anSüben zu können, müssen wir die Vereinigten Staaten vertreiben", verkündete das Memorandum an einer anderen Stelle. Die am 25. Jänner am Chachar eroberten Punkte waren im Memorandum genannt. DaS Endziel dieses Tanaka-napoleonischen Programm» ist also ein Sturm gegen die Sowjet union . Japan hofft auf diese Weise seine Konkurrenten, England und die Vereinigten Staaten zu einem Bündnis zwingen zu können. Und wirklich schweigen die beiden Mächte, genau wie Nanking über die Chachar-Invasion kein Wort sagfe.: England, das von ven 140,000.000 Pfund in China investierten ausländischen Kapitals 10,000.000 Pfund innchat und 39 Filialen der Hongdong and Shanghai Banking Corporation besitzt, die eine jährliche durchschnittliche 80pro- zentige Dividend« auSzahlt, ist an Japans Hilf« gegen Sowjet-China genau wie Chiang-Kai-schek interessiert. Der Tag eines internationalen Zuges gegen bir Sowjeaunion nähert sich mit jedem Sprung des diplomatischen Barometers, unabhängig davon, wo er registriert wird— in Rom , Washing ton oder in Tokio . I. M l e S. Ja Moskau wird der fünfzehnte Iahrestag der Gründung der russischen Filmindustrie mit einer internattonalen Veranstaltung gefeiert, an der Prakttker und Theoretiker de» Filn »S au» allen Ländern teilnehmen. Die neuesten Tonfilme der russischen Produktton werde» im Rahmen dieser Festveranstaltung einer Jury vorgeführt, die beste» sollen mit Preisen bedacht werden. Di« Gäste d«S russischen Filmfeste» werden aber nicht nur Filme sehen; sie werden Modern« Atelieranlagen besuche» können, sie werden Rohfilmfabriken vorfinde», Laboratorien, in denen Filmtechniker experimentiere», ein« Film- hochschule, an der di« künstlerischen und politische», di« dramaturgischen und die technischen Problem« de» Film» studiert werden und die wannende» Filmkünstler RvtzlandS eine sachlich« AuSbiidung geniessen, di« sich die Regisseure, Autoren und Schauspieler anderer Länder nur durch mühsame eigene Erfahrung nach einer Fülle von Enttäuschungen aneignen könne»». Die nach den verschiedenen autonomen Republiken Sowjetrutzland» gegliederte, organisatorisch straff aufgebaitte Filmindustrie Sowjetrubland» ist mit rasender Geschwindigkeit im Saufe ganz weniger Jahre au» allerprimitivsten Anfängen emporgewachsen. An dem Tag, der al» Gründungsdatum de» Ruffenfilm» bewachtet Wird, gab e» weder Filmfabriken noch Atelier», weder geschulte Regisseure noch gar Schriftsteller, die ein brauchbare» Drehbuch verfassen konnten. Gewiss hatte auch da» alte zaristische Russland eine Filmindusti«, die sogar einige erfolgreiche Ausstattungsfilme hervorbracht«; aber dies« Filmproduftion war in den Händen von Ausländern, arbeitet« mit französischem Kapital, französischen Technikern, musste jeden Meter Rohfilm einfilhren und unterschied sich in ihrer geistigen und künstlerischen Struktur kaum von den Filmprodukttonen der tvesteuropäischen Länder. In de» Um- fturzjahren brach die alt« russische Filmindustrie zu- sauunen; sie hinterliess kein Erb«, nicht einmal«in eingerichtete» Atelier hätte an den verschwundenen Glanz der zaristischen Filmepoch« erinnern können. Die Jahr« knapp nach dem Weltkrieg brachten dem Film, in Amerika , in Frankreich , in Deutsch land , in Skandinavien ein«» ungeheuren Aufschwung; in Hollywood beginnt D. W. Griffith, in Berlin Ernst L u b i t s ch, in Pari» Abel G a n e e, in. Stockholm Rauritz Stiller aus dem verachteten Pöbelvergnügen.Kino", das fast»och auf dem Niveau der Jahrmarktbude stand,«irre neue», eignen künstlerischen Gesetzen unterworfenes Ausdruck- mittel zu sonnen. Die Breitenwirkung de» Filrn» wuchs rapid; neu« Kino » schossen aus dem Boden wie Pilze nach dem Regen. DaS Theater verlor seine Bedeutung als VolkSunterhaltunsSurirtel, die Massen wanderten ins Kino ab. Wer ihr Denken, ihr Fühlen Htnfiusse» wollte, musste das Kino in sein« Hand bekomme»». Au» der Erkenntnis der gesinnungSbildenden, tewusstfeinsformenden Macht deS Films wuchs in R-itzlans der Antrieb zur Schaffung einer eignen Filmindustrie. Der Sowjetfila», der vor fünfzehn Jahren ins Leben trat, sollte weder dazu diene»», einen» Filmindustriellen fette Profit« zu tragen, noch dazu, den Weltrichm einet einzelnen Star» zu fördern; au« andere« Bedürfnissen keimend als die bürgerliche Filmindustrie, hatte« von Ansang an ein andere» Gesicht. So»«»geheuer war der Schöpserdrang der ersten russischen Filmkünstler, dass sie auf alle jene Hilfsmittel verzichten kormten, die da» Um»md Auf de» filmischen Amüsiergewerbes ausmachen: auf die grossen Dekorationen, die bekannten Darsteller, die prunkvollen Kostiw«, di« technischen Trick». Selbst die einfachste« technischen Voraussetzungen der Filmproduktton, Lichtanlagen, Edern« Aufnahmeapparate, fehlten. In leerstehenden Magazine» und Scheune», mit Scheinwerfern. die von Theatern au»g«borgt waren, entstanden die ersten russischen Filme. Di« Schauspieler hatten nicht» zu essen und froren jämmerlich; nicht Geld und Ruhm lockten sie zur Arbeit, sondern der Ehrgeich einer neuen Feit auch de« neue« Film zu geben, der industrialisierten Ateliertunst West europas und Amerika »«ine wirklichkeitsnahe, leben» dige Volkskunst entgegenzustellen. So entstand der erste grosse russische Film, der mit seiner reinlini- gen Primitivität die Welt eroberte:.Pöli- k u s ch k a", der Film vom betrunkenen»md diebischen Ruschik, der ein gute» Herz und«in««infache Seele hat, durch die Macht de» Gelbe» aber schuldig wird und sein Leben verliert. DaS bisher nur Mauritz Stiller in seine« unvergesslichen Selma« Lagerlöf-Filme« gelungen war, gelang den Schöpfern diese» Tolstoi -Films und dem wunderbaren Charakterspieler Mollkwin: im Spiel der tanzenden Schatte« auf der Leinwand Wesen und Herz, Sehnsucht, Wirklichkeit eine» Volkes darzustellen. In diesem ersten grossen R»rffenfilm war bereit» jener Sttl entwickelt, der fast allen folgenden russischen Filmen da» Gepräge verleihen sollte: ein voll- saftiger, unsentimentaler Realismus. Wirklichkeit wiedergeben— di«» war von allem Anfang an das Bestreben russischer Regisseure. Aber man ka«n im Film die Wirklichkeit auf verschiedene Weise datstel- lcn; und die jungen Filmkünstler begnügten sich nicht atü der vom Naturalismus übernommenen Wirklichkeitsphotographie. Da schuf ein bisher vollkommen' unbekannter, vom Film besessener Regisseur» Sergej Michaelowitsch Eisenstein, einen souder- baren Experimentfilm:.Streik". Er wirkte auf den ersten Blick fremd, vielleicht sogar unverständlich. Hier wurden nicht Spielszenen, wie sie da» Theater bietet, mit der Filmkamera photographiert; hier bot sich ein verwirrende» Mosaik von Einzelaufnahmen, Menschengefichtern, Maschinenteile«, Wolken, Tier- Das semitische Hakenkreuz Gunnar Sommerfeld, ein grosser dänischer Archäologe, ist der Führer eir»er dänischen Palästina-ForschungS-Expedition, die eben dort ausgräbt. Da fand vor ganz kurzem Gunnar Sommerfeld selber in Kapernaum die Ruinen einer Synagoge aus der Zeit Christi. In den Ruinen ist lcker auf einer Mauer als Bandmottv (vielleicht so ähnlich, wie Panskä Rr. 9) das Hakenkreuz verwendet: in einem Bandmottv vier Hakenkreuze. Das Vorkommen deS»nordischen" Hakenkreuzes just auf einem Synagogenfries er- klärt der dänische Forscher und Gelehrte so: Seit uralter Zeit findet sich das Hakenkreuz auf hettittsch-babylonischen Denkmälern, ebenso auf solchen des vorderasiatischen(semitischen) Kulturkreises. Der schwedische Archäologe Oscar Montelius führt seine Entstehung auf den vorgeschichtlichen Sonnenkult zurück. Das Hakenkreuz ist nach ihm das Sonnenrad mit vier Speichen— die Sonne als Rad gedacht— und durch bestimmte Umbildung genau so entstanden, wie alle anderen Kreuzformen, als abgekürzte Son« nensymbole auf dieselbe Weise... Die Sonne wurde ja allgemein verehrt. Zu bemerken wäre noch: das österreichisch-steirische Geschlecht der Lcmfer(von Läufer) führt im Wappen zwei Schenkel-Fusspaare, in Hakenkreuzform gestellt. Begründet wird dieser Wappenteil mit der.offensichtlich später dazugemachten Legende: Einer des Geschlechts habe vor Zeiten einem König als Läufer mit einer wichttgen Botschaft einen grossen Dienst geleistet und dafür den Namen Läufer und die Füsse ins Wappen bekommen. Nun, eher ist die Sache so: das Hakenkreuz ist das Zeichen urtümlichen Geschlechtskultes, der, neber»bei gesagt, vernünftigerweise das Wichtigste innerhalb der alten Religionen war. Deutlich sind im Lau- fer-Wappen die männlichen und weiblichen Schenkel unterschieden. Möglicherweise waren die. Vorfahren der Läufers mal irgendwelche Priester im alten germanischen, kelttschen oder rhätischen Ritual. DaS Hakenkreuz ist als Lebenssymbol bewegt gedacht» im Sinne der Zeiger einer Uhr. Das Hakenkreuz kommt— wie Sonnensymbole — bei allen Völkern vor, die einen Mythos bildeten, weil zum mindesten über Fortpflanzung und Sonnelicht die Meinungen ungeteilt wären. St. B.
Ausgabe
15 (8.3.1935) 57
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