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Sonntag. 10. März 1935

Nr. 59

«mm neuen Mantel oder ein Complal

denn kommen Sie iu Bitsch I..

»*» wenn Sie ein neue« Kleid brauchen...

Jeden Nachmittag(euher Sonntag) führen reisende Mannequins in einem intimen Kaum, ungestört durch den Verkauf, die neuesten Modelle vor. Joderseil switchen vier fünf können Sie kommen, selbstverständlich i>l der Eintritt Ir'et und selbstverslandlich gibt es k e i n e n. IC u I z w n gl

täusch PRAG , PfilKOFY 27 Eingang nur innen ins Heute, Im l Steck

Zwei Geschichten . von Spielautomaten Von Arthur Fuld. Gegen die feine Mechanik der Geldspiel- automaten in den Gaststätten Prags sollen hier keine schweren Steine von Muckertum und Zelotismus geschleudert werden. Wer überflüssiges Geld hat, mags los werden in voller demokratischer Freiheit. Daß aber auch zahllose, keineswegs überflüssige Kronenstücke auf dem Altar derGeschicklichkeit und des Glückes" geopfert werden, möchte ich denen, die es angeht, mit zwei kleinen, aber leider wahren Geschichten beweisen. I. In einem Kaffeehause im zwölften Bezirk bereinigen sich alle Tage so zwei Dutzend Haus­frauen, um ihre WirtschastSsorgen beim Bridge abzureagieren. Geht Sie gar nicht- anl", werden diese zwei Dutzend Hausftauen entrüstet ausrufen. Bestimmt nichts, meine Damen. Ob Sie jeden Tag 80 XL verlieren oder 500 gewinnen, ist höch- ftens Ihrer Wirtschaftskasse nicht alles eins, mir schon. Ich will mich nicht davon sprechen, sondern von dem, was ich nebenbei sah. Meine Damen, man fiehtS Ihnen ja doch an, daß Sie von Ihren Gatten um einige Händevoll weniger Wirt- schastskasse bekommen, als, sagen wir, Frau Banderbilt. Und man siehtS Ihnen auch an, daß Ihre Gatten keine Oelmagnaten, sondern nur kleine und noch kleinere Kaufleute, Beamte oder Vertreter sind l Und aus diesem Gesichtswinkel betrachtet, spielen Sie, meine Damen, zu hoch! Nicht wahr. Sie beginnen Ihre Partie mit ungefähr 10 bis 20 KronenKapital". Daß Sie gerne mit 40 oder noch mehr Kronen aufhören , wollen, brauchen Sie nicht erst beschwören. Nun, wie eS manchmal so kommt, sind Sie bereits am Ende der ersten halben Stunde, wie man in Ihren Kreisen sagt,pleite". Was machen Sie dann? Sie wissen es ja und zum Nutz und From­men derer, die es noch nicht wissen, will ich es jetzt verraten. Sie borgen sich rasch von Ihren Partnerinnen ein paar Kronenstücke und versuchen Mr Glück bei dem metallenenMonte Carlo" nächst der Eingangstüre deS Kaffees. Hierzu­lande heißt esTriax" und auch anders. Manch­mal gelingt's ja und Sie kehren freudestrahlend an den Bridgetisch zurück, um dann in der näch­sten Viertelstunde auch Ihrerseits einer bedräng­ten Partnerin mit ein paar Kronenstücken aus­zuhelfen. Wenn aber weder die Karten, noch der Triax" wollen, dann spielen Sie eben zu Lasten Ihres Wirtschaftskontos weiter. Wie beteuert, ich bin keinMeckerer", aber wenn derTriax" nicht in gar so verlockender Näh« stünde, dann würden Sie, meine Damen, ihren Rubberstandesgemäß" zu 80 Hellern und nicht zu 5 Kronen spielen und Ihr Wirtschafts­buch und mein soziales Gewissen wären be­ruhigt. Denn immerhin, 8 Kronen sind ungefähr drei Liter Milch und in ein paar hundert Meter Entfernung von dem Geldspielautomaten zer­brechen sich sozial denkende Männer den Kopf, woher sie Milch für hungernde Arbeitslosenkin­der nehmen sollen. II. Jugend hat keine Tugend". Braucht sie auch nicht, nur ein bißchen weniger Gelegenheit» leichtsinnig zu werden. Sitzen da eines schönen wochentags drei junge Herren von zusammen höchstens funfundfünfzig Jahren beimSchwar­zen". Wir sind eben im achten Krisenwinter und draußen ist's kalt.

Da plötzlich bekommt einer von den Dreien den Einfall, der arbeitslosenmäßig mageren Geldbörse beim Geldspielautomaten zu etwas mehr Rundung zu verhelfen. Der blonde Acht­zehnjährige ist nicht der Antonius von Padua , aber der verfluchte Geldspielautomat um so mehr dieVersuchung". Die anderen zwei konnten in die im Handumdrehen gegründete Interessen­gemeinschaft nur je eine Krone einzahlen. Drei Würfe, drei Nieten. Ja, die Frau Fortuna, so alt sie ist, läßt sich auch von einem blonden Achtzehnjährigen nicht erobern, wenn sie nicht will. Doch vielleicht gelingt der vierte Wurf. Um den zu ermöglichen, belehnt der Kellner eine silberne oder vielleicht nur versilberte Uhr rasch mit fünf Kronen. Um es kurz zu machen: Auch die 5 Kronen und drei weitere geliehene sind bald den Weg der früher verspielten gegangen. Und der Junge wird seine Uhr wieder wol­len und der Ober sein Geld. Das ist doch nur in Ordnung. Nicht, in Ordnung aber wäre, wenn der Junge, dem man die Stellenlosigkeit auf hundert Schritte ansieht, wegen des Geldes auf irgendeinen dummen Gedanken käme. Und wenn eine solcheAlltagstragödie", doch, wenn auch vielleicht erst in Pankraz, ein nicht sehr versöhnliches Ende fände, darüber lassen Sie, sehr verehrter Herr Geldspielauto­matenunternehmer, sich bestimmt kein graues Haar wachsen.

Vom Prager RnndiunK Selten sind di« Ereignisse, die all die hastenden und drängenden Strömungen des Lebens zum Ste­hen bringen für Augenblicke des Besinnens und der Einkehr. Ein solches Ereignis war der 85. Ge­burtstag des Staatspräsidenten Thomas G. M a s a- r h k. Wo immer noch der Wille geneigt ist, über Alltägliches und Vergängliches hinweg einen nicht nur im Augenblick erkennbaren Sinn des Lebens im sittlichen Gebrauch der Kräfte zu suchen... dort beugten sich Völker und Staaten vor der ehrfurcht­gebietenden Gestalt dieses wahrhaft großen Men­schen, der als wissenschaftlicher Forscher von Welt­ruf, als treuer Führer seines Volkes, als weiser Lenker eines Staatswesens, als unerschrockener Kämpfer für Wahrheft, vor allem aber als Heros eines ethischen Bekennermutes einmalig ist in einem weiten Raume der Geschichte aller Völker. Es ist nur selbstverständlich, daß auch der Rundfunk die schönste Aufgabe seines Wochenprogrammes darin sah, der würdigen Feier zu dienen. In einer Reihe von Vorträgen(Prof. Rauchberg:Autorität und Freiheit", Dr. Moucha:Literatur über den Präsi­denten",Lebens- und Staatsphilosophie deS Präsi­denten") wurde das gewaltige Lebensiverk Masaryks lebendig gestaltet und in der zuletzt genannten Zu­sammenstellung öffnete sich der kostbare Schatz der aus Reden und Schriften festgehaltenen Gedanken, sprach also der Mensch, der Gelehrte und der Poli­tiker Masaryk selbst zu den Hörern. Für die deutsche Sendung bedeutet« wohl den Höhepunkt die Ueber- tragung aus dem VolksbWu'ngshäuse Urania am 7. März. Di« vom Chore der deutschen LehrerbildungS- anstalt gesungene HymneDie Himmel rühmen" leitete die Feier ein, die einen Kranz musikalischer Borträge schlang um daS von Univ.-Prof. Dr. Oskar KrauS gefügte Bild des Philosophen Masaryk . Die solistischen, Mitwirkenden, Konzertsängerin Wally Horner und das Manzer-Quartett entledigten sich ihrer Aufgabe mit vornehmen künst­lerischem Geschmack. Die an den Herrn Präsidenten und die Republik gerichteten Wünsche verdolmetschte Direftor Dr. Oskar Frankl. Die wiederum vom Chor der Lehrerbildungsanstalt(Leitung Prof. KrauS) gesungene Staatshymne schloß die unge­mein eindrucksvolle Festfeier ab. Neben diesen besonders bedeutsamen Sendungen wahrte der Rundfunk sein übliches Programm. Dem Gablonzer Stadttheater verdankten die um einen heiteren Aus­klang der Fasching besorgten HörerEine Stunde ohne Krise", ein von dem Ober­spielleiter Ernst Seidl zusannnengestelltes und von den Mitgliedern des Gablonzer Stadttheaters durchgeführtes Funkpotpourri mit Orchester, Jazz, Chor und Soli. Vom.Land des Lächelns" bis zum Feldherrnhügel" gabs da ein buntes Durcheinander, in dem sich Chopins Polonaise in Cis-Moll wohl selbst sehr selffam vorgekommen sein mag. Dest Sonntag brachte ein poettsch sehr fein empfundenes Scherz- und Traumspiel" von Josef Mühlber- g e r, denG o Id e n e n K l a n in neuer Form

eine Wiederkehr der Sagengestalt des Rübezahl. Am Rosenmontag vermittelte Prof. Simon eine Schau über das nordböhmisch« Faschingstteiben in alter Zeit, eine sehr lehrreiche und gern entgegengenom­mene Deutung so manchen heute nicht mehr ver­ständlichen Brauches. Dem endgülttg scheidenden Prinzen Karneval gab der Rundfunk das letzte Ge­leite mit einemBallgeflüster bei Jazz". Langers Orchester und die Solisten Mela Marschner-Preis, Doff Brandmeier und Maximilian Wolf unterstanden der Conference des wihigen Viktor Heinz Fuchs. Am Wochenende skizzierte Genosse Josef Hofbauer die polittsche Augenblickslage, in der sich der Aufruhr in Griechen­ land , die vorläufig friedliche Lösung im Stteiffalle Italien -Abessinien, die Auflösung des ungarischen Reichstages und die Wirkung des englischen Weiß­buches als besonders bedeutsame Ereignisse abheben. Die von Hofbauer ausgesprochene Hoffnung auf ftiedliche Entwicklung aller europolittschen Fragen steht mit besonderer Bedeutung am Ende der unse­rem Präsidenten gewidmeten Festwoche, denn nur die Demokratte im Sinne Masaryks kann die Gewähr geben für einen gerechten und vor der Geschichte auch moralisch gerechtfertigten Ausgleich aller Gegensätze. Mögen alle schönen Worte und Gedanken der Fest- akte ihre Erfüllung in diesem Sinne erfahren! Ernst T h ö n e r.

Drei Eifeubahnmarder. Drei mehr als blind« Passagiere des Zuges PragKolin wurden gestern verhaftet. Es handelt sich um den 28jährigen Anto­ni» Stiburek, den 44jährigen Josef Jirka und den 28jährigen Frantisek Studenh, sämtlich aus Hloubö- tin und überdies Nachbarn. Die Diebstähle wurden verübt, indem Stiburek sich im Zug versteckte und an vorher vereinbarten Stellen, an denen dann Jirka zu warten pflegte, Ballen mit Ware ab­warf. Meist wurden Pakete mit Leder, Häuten usw. erbeutet; einmal gelang es jedoch auch, einen Radioapparat(!) unversehrt zu landen, der sogar verkauft werden konnte. Studenh ist an der ganzen Sache weniger beteiligt und sozusagen der»Ver­führte". Der Schaden beträgt 12.000. Richt weniger als sechs Hehler sind der Polizei gemeldet. Anfall im Laboratorium. Gestern nachmittags arbeitete der Ingenieur und Dr. chem. Josef Tos- kät im Laboratorium der tschechischen Technik in Dej- witz. Als er eine Säure kochte, platzte plötzlich das Gefäß und Dr. DoZkar erlitt durch die heraus­spritzende Flüssigkeit Verbrennungen zweiten und dritten Grades im Gesicht. Er wurde auf di« Klinik Prof. Sanckerger gebrächt. Bei Magenbeschwerde«, Sodbrennen, vermin­dertem Hungergefühl, Darmverstopfung, Druck gegen die Leber, Beklemmungen bewirkt ein GlaS natürlichesFranz-Josef"-Bitterwasser prompte Belebung der darniederliegenden Verdauung und Entgiftung des Darmkanals. Aerztlich empfohlen.

vcncimsssi Merkwürdige Dienstverhältnisse Dieunsittliche" Buchhalterin (Prager Arbeitsgericht.)' Prag . Vor dem hiesigen Arbeitsgericht fand Samstag unter Vorsitz deS GR. D o l e j S eine son­derbar anmutende Verhandlung statt.' In einer Weinberger Baumeisterkanzlei war eine gewisse Marie F. als Buchhalterin mit einem Monatsgehalt von 800 Kd monatlich angestellt. Von ihrer Oualifikatton ist weiter nichts bekannt. Vor Gericht betonte sie u. a. daß sie die B r a u t des Firmenteilhabers Jng. C ch p gewesen sei. Der an­gebliche Brautstand schützte sie allerdings nicht davor, daß sie eines schönen Tages fristlos entlas­sen wurde, wobei der Dienstgeber als Kündigungs- grund Vernachlässigung ihrer Dienstobliegenheiten und ärgerniserregendes Benehmen in den Geschäfts­räumen geltend machte. Die Entlassene klagte auf Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist und Be­zahlung der entfallenden Zeit. Die eingeklagte Summe betrug an 4000 KL Nach dem Verlauf der Verhandlung zu schlie­ßen, hat es mit diesem Dienstverhältnis fern beson­deres Bewandtnis. Die geklagte Partei wendete ne­benbei ein, es handle sich in diesem Fall keineswegs um einen regulären Brautstand, sondern, juristisch

iitabhöngigvon seinem körperlichen Gedeihen. Prächtig entwickeln sich Kinder jeden Alters* wenn Aufbau u. Wachs­tum durch die wohl­schmeckende vitamin­reiche Lebertran-Kraft­nahrung Maltosellol auf natürliche Weise ge­fördert werden. MALTOSELLOL (Sprich: Malto-sellol) In Apotheken zu haben.

ausgedrückt, um eineConjunctio earne- l i s", in schlichtem Deutsch gesagt: ein Ver­hältnis. In der Hauptsache aber wurde von der geklagten Firma eingewendet, daß die Klägerin ihre Dienstobliegenheiten auf- gröbste Art vernachlässigt habe, öfters bettunken ins Büro gekommen sei und sich einmal vor geschätzten Klienten höchst unanstän- stig benommen habe. Sie sei an einem Tage, wo vier Klienten der Kanzlei im Büro anwesend waren, im Kombinee durch das Büro getanzt, habe blaue Flecke an allerlei diskreten Körpertelle« der allgemeinen Bewunderung preisgegeben, kurz ärgsten Anstoß erregt. Demnach sei die fristlose Ent­lassung zu Recht erfolgt. Bemerkenswert, daß sämtliche Angestellten der Firma diese Aussage bestättgten und eine sechzehn­jährige Praktikantin vor Scham so außer sich geriet, daß sie davonlief. Immerhin bequemte sich die ge­klagte Firma zu einem Vergleich und verpflichtete sich der sonderbaren Buchhalterin 300 Ki als Ab- fertigung auszuzahlen. Jedenfalls illustriert dieser Fall die übrigens sattsam bekannte Taffache, daß in einer Zeit furcht­barster Arbeiisnot für weibliche Arbeitnehmer nicht nur die spottbillig verkaufte Arbeitskraft als Quali- fikatton gilt, sondern auch noch andereVerdienste", in die Waagschale fallen, die freilich dem Herrn Ar­beitgeber unter Umständen einige Unannehmlichkeiten bereiten. rb.

Einladung zur Generalversammlung des Bezirksvereines Arbeiterfür­sorge Prag am 29. März 1935,«m 8 Uhr abends im Verein deutscher Arbeiter, Emetika- gasse 27. Tagesordnung: 1. Protokollverlesung. 2. Berichte. 3. Wahlen. 4. Freie Anttäge. Einberufer: Maria Deutsch, Hilde Franzei, Vorsitzende. Kassierin.

Aus der Partei Deutsche Hausgehilfinnen, Achtung! Zusammenkunft Sonntag um 4 Uh* im Parteiheim, Prag II, Rärodni tr. 4, 3. Stock. Bezirksorganisatton Prag . Donnerstag, den 14.^lärz, um 8 Uhr abends im Parteiheim, Rärodni 4. wichtige Sitzung der Bezirks» er- tretung. Sozialistische Jugend, Kreis Prag . Mittwoch, den 18. März, 8 Uhr abends: Gruppenabentze: S. I. Zentrum: Lebende Zeitung: S. I. Holleschowitz: Geschichte der Arbeiterbewegung in der Tsche- choslowakischen Republik. S. I. Weinberge: Zwei Jahre Hitlerdiftatur. Frei­tag, den 18. März, betelligen wir uns alle am Internationalen Frauentag .

Mitteilungen der»Urania « Heute halb 11 Uhr:An der schöne« blau « Adria". Der schönste Reisefilm durch die italienischen und jugoflawischen Seebäder. Für Jugendliche ge­eignet.> Unvergeßliche Filme:Liebesparade". Regie: Lubitsch . In den Haupttollen: Chevalier und Janette Mac Donald. Der schönste Film aus der ersten Zeit des Tonfilms. Montag%9 Uhr. Viktor Wittner :Vernünftiges Bettagen". Lu­stige Plauderei. Mittwoch 8 Uhr. Univ-Prof. Dr. Gustav Becking :Die deutsche Musik des Mittelalters und die Kultur des Westens" (mit musikalischen Beispielen). Donnerstag 8 Uhr. Masaryk Bottshochschnle Erperimentalvortrag über GedächtniSauSbll- dung Dr. B. Fürst. Einleitung zu einem neuen Kurs. Neuartige Experimente unter Mitwirkung früherer Hörer. Donnerstag 8 Uhr. Führung zu DürersRosenkranzfest". Sonn­tag, 17. d. M. 11 Ubr. Treffpunkt: Marienvlatz.

Das Martyrium einer Matter Ei« unmenschlicher Trunkenbold

Prag . Der 43jährige Maschinenschlosser Josef Z i z k a aus Altbunzlau ist in seiner Heimat bekannt als hemmungsloser Trun­kenbold, der durch seine Trunksucht bereits auf eine kaum mehr menschlich zu nennende Stufe der Verkommenheit herabgesunken ist. Josef ZiZka war Samstag vor dem Senat N o s e k angeklagt der gefährlichen Drohung und der schweren Körperverletzung, begangen an der eigenen Mutter. Der Ange­klagte, der verheiratet ist und dessen alte Mutter gleichfalls in dem Haushalt des Ehepaares lebte, Josef ZiZka, arbeitete seit langen Jahren nicht mehr, dafür ttank er um so mehr. Da ihn' sein vernachlässigter Beruf schon lange vor Einbruch der Krise keinen Erwerb mehr abwarf, erpreßte er von seiner alten Mutter in der rabiatesten Weise Geldzuwendungen. Denn diese besaß noch ein kleines Kapital. In welcher Art der Trunkenbold seiner Mutter Geld erpreßte, davon zeugt die durch Zeugenaussagen festgestellte Taffache, daß er ihr bereits im Jahre 1931 anläßlich einer solchen Auseinandersetzung einen F a u st h i e b ins Gesicht versetzte, in dessen Folge ihr das untere Augenlid und die Tränensäcke entzünde­ten und sie sich einer langen Behandlung unter ­

ziehen mußte. Die Mutter verzieh dem mißratenen Sohn. Sie verzieh ihm auch alle weiteren Miß­handlungen und Quälereien der folgenden Jahre und gab ihm von ihren Effparnissen ab, soweit es nur irgendwie anging. Bis sie eines Tages doch gezwungen war, die Hilfe der Gendarmerie in Anspruch zu neh­men. Sie erstattete auch diesmal keine Anzeige gegen ihren Sohn. Sie bat nur um Schutz vor dem eigenen Kind. Die Gendarmen gingen aber pflichtgemäß dem Fall nach und die Folge war die samstägige Strafverhandlung. Mutterliebe kennt kein Ende. Die alte Mut­ter entschlug sich alsHaupt- zeugin bei der Verhandlung der Aussage. Dafür aber sagten die Nach­barn aus und bestätigten nicht nur die schwere Mißhandlung der Greisin durch den eigenen Sohn, sondern auch dessen unmenschliche Dro­hung, er werde seiner MutterdieGedärme aus dem Leib trete n." Der Gerichts­hof verurteilte den Angeklagten zu vier Monaten schweren und ver­schärften Kerkers, und zwar unbe­dingt. rb.

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