Sosialdemokrat

ZENTRALORGAN

DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK

ERSCHEINT MIT AUSNAHME DES MONTAG TÄGLICH FRUH. REDAKTION UND VERWALTUNG PRAG XII., FOCHOVA 62. TELEFON 53077. HERAUSGEBER: SIEGFRIED TAUB . CHEFREDAKTEUR : WILHELM NIESSNER. VERANTWORTLICHER REDAKTEUR: DR. EMIL STRAUSS, PRAG .

15. Jahrgang

Dienstag, 12. März 1935

SHF- Putsch im Bund der Landwirte!

Bezirk Mies zwingt den Kreis Westböhmen zu eigenmächtigem Vorgehen

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Zierhut im Spiel Terrorgruppen in Aktion

In Tuschtau fand Sonntag der Streispartei­tag des B. d. L. für Westböhmen statt. Seit Tagen sprach man in ganz Westböhmen davon, daß es auf diesem Parteitag eine Sensation geben werde. Es handelt sich bei dem Kreis West= böhmen um den Wahlkreis 3ierhut 3, das selbstverständlich am stärksten von der SHF Bersetzte Organisationsgebiet des B. d. L. Außer­dem haben Zierhuts Führerqualitäten dazu beige­tragen, daß die Bauern die bisherige Führung jatt betamen.

Die Sensation fonnte also nur in der Rich­tung eines Vorstoßes der SF liegen. Set ez nun, daß die Führung des B. d. 2. die Gefahr unterschäßte, sei es, daß sie nicht mehr gesonnen ist, Politik zu machen, sondern alle viere gerade sein läßt, jedenfalls gelang es den An= hängern Henleins unter Führung des Direktors Anton Pfrogner aus Mies, bie Tagung zu überrumpeln und geradezu unter Terror zu setzen.

Aktion Man will Prag diktieren

c) Analog sind auch in allen Bezirken ge- lich: Der Vorsitzende bin ich, denn ich meinsame paritätisch beschickte Bezirksleitungen habe sowohl das Vertrauen der ins Leben zu rufen. Landjugend als auch der SHF."

3. Im Zuge der gemeinsamen Aufbauarbeit im Dienste der Volksgemeinschaft und in der Ec­kenntnis der Notwendigkeit eines geschlossenen Bauerntums wird die SHF den derzeit bei der SHF organisierten Bauern die Rückgliederung in den B. d. 2. bzw. in den Sudetendeutschen Landstand empfehlen.

Er verglich die Partei mit einer Armee. Auch in der besten Armee gebe es Ueberläu fer, wenn die Führung nichts tauge und kein Vertrauen mehr habe. Auf diesen An­griff hin verließ der Senator Lippert die Tagung, nachdem er für das Vertrauen gedankt hatte, das er fünf Jahre genossen habe. Lip= pert wurde später zurückgeholt.

4. Der Kreistag erwartet, daß dieser An­trag den Anstoß zur raschen Klärung des Verhältnisses zwischen dem B. Auch gegen 3ierhut wandte sich d. 2. und der SF herbeiführt und die Reichs, frogner. Bierhut habe nicht energisch ge­parteileitung beranlaßt, dafür zu forn, daß nug den Zusammenschluß mit der EHF vertreten. in allen Gebieten der Partei die 3uierhut selbst versuchte zunächst zu beschwich sammenarbeit aufgenommen wird. tigen, machte dann aber eine Schwenkung, e In dieser Zusammenarbeit sieht der Kreispartei- Härte sich mit der Opposition solidarisch und tag die einzige Möglichkeit der Erhaltung der ge- bersprach, in ihrem Sinne zuber­schlossenen landwirtschaftlichen Organisationen handeln. und die Grundlage für eine erfolgreiche Volks­tumsarbeit.

Pfrogner erschien mit einem Der Reichsleitung des B. d. L. wur starken Aufgebot der Landjugend aus dem Mieser Bezirk, die in gefchlof: Form mitgeteilt in dem Sinne, daß sie den die Anträge in ultimativer sener Formation in Tuschkau einzog die Einigung in einer bestimmten Frist und den Saal so besetzte, daß die wich- zustandebringen müsse, widrigenfalls tigsten Positionen in ihrer Hand waren. ber Kreis Pilsen selbständig vorgehen Aufmarsch und Einzug der Leute Pfrogners wirkten wie ein SA- Auf- werde. Das würde natürlich die Spal. marsch. Im Stil der SA wurde die tung des B. d. L. bedeuten. Aktion auch durchgeführt. Raum hatte der Kreistag begonnen, so stellte Pfrog­ner folgenden Antrag:

1. Der B. d. L. und die SHF begin nen sofort die Zusammenarbeit, einstweilen als selbständige politische Organisa­tionen, unter gemeinsamer Führung im Kreise Böhmerwald- Nord. Der B. d. L. und die SHF werden ihre Organisationen mit gegenseitiger Unterstüßung auf- und ausbauen, miteinander um die gemeinsamen Belange des Sudetendeutsch­tums fämpfen und miteinander wählen. Diefer Schritt soll nach langen vergeblichen Ber Handlungen die erste Tat sein, um zu einer im­mer innigeren, auf gegenseitiges Vertrauen ge­gründeten Zusammenarbeit im Dienste der sudes tendeutschen Volksgemeinschaft zu kommen.

2. Zu einem von beiden Parteileitungen noch zu bestimmenden Zeitpunkt nach den Wah= len hat die Verschmelzung der bei den Gruppen auf Grund eines gemeinsamen Programms und auf Grund eines Organisa­tionsstatuts bei vollkommen autonomer Gliede­rung des sudetendeutschen Landstands zu er­folgen.

Gegen die Verhandlung des Antrags und die Umstellung der Tagesordnung wandte sich der Senator Lippert. Da sette ein organis fierter Lärm der Leute Pfrogners ein, die den ganzen Parteitag unter Terror ſetzten und die Beratung des Antrages erzivangen, der unter Lärmszenen mit Mehrheit angenommen wurde. Es wurden dann dazu noch folgende Beschlüsse gefaßt:

a) Die gemeinsame Kreisbertre. tung besteht aus den Mitgliedern der Kreisver­tretung des B. d. 2. und aus der Kreisleitung und den Bezirksleitern der SH.

Pfrogner erklärte, er sei fein Mandatsjäger,

Spize der Bewegung zu stellen. Er sagte wört­

er sei aber gezwungen worden, sich an die

Sehr. radikal sprach der Dr. Ziegler aus Mies. Er polemisierte

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Nr. 60

Da die Anträge mit starker Mehrheit ana genommen wurden, fann man wohl sagen, daß der Vorstoß des nazistischen Flügels des B. d. 2. geglückt ist. Die Situation Spinas wird von Tag zu Tag schwieriger. Die Paceleien mit dem Henlein- Nazismus rächen sich aufs schwerste am B. d. 2., der zum Spielball in den Händen einer Partei wird, deren Geist aus dem terroristi­schen Vorgehen Pfrogners und aus den Reden des Dr. Ziegler offenbar wird.

Die Deutsche Landpost" sucht die Sache zu bagatellifieren. Sie schreibt:

Die Prager Abendzeitung" bringt in gro­ßer Aufmachung eine Nachricht über die Kreis­parteitagung des Bundes der Landwirte Böhmer­wald- Nord vom Sonntag, dem 10. März, in Tuschkau . Zu diesem Berichte bemerken wir, daß uns noch keinerlei offizieller Bea richt der Kreisleitung vorliegt. Nach den übrigen Nachrichten, die eingelaufen find und die wir eingeholt haben, handelte es sich bei diesem Parteitag, der zur überwiegenden Mehrheit von Parteimitgliedern des Bezirks Mies besucht war, um die Durchsehung des vom Bezirk Mies eingebrachten und durch den Direktor Pfrogner begründeten Antrag auf Zusammen arbeit und eventuelle Verschmelzung des B. d. 2. mit der SH . Mit dieser Mehrheit ist der An­trag angenommen worden, mit dessen Einzelheiten sich die Reichsparteileitung be schäftigen wird. Ueber den Verlauf dieses Kreisparteitags wird von uns noch berichte: werden."

gegen die Roalitionspoli­tik und warf der Führung des B. d. L. vor, daß auf nationalem Ge Ob die Nebellion dadurch harmloser wird, biet nichts erreicht wurde. Man müsse eine große deutsche daß der Reichsleitung Montag abends noch kein Partei schaffen, die sich nicht Presse bereits ausführliche Berichte hatte, bleibe Bericht zugegangen war, während die übrige von Prag kommandieren laffe, son dahingestellt. Der objektive Beobachter wird sich dern die selbst den Herren des Eindrucks nicht erwehren, daß die Tage in Prag diktieren werde, wel- des B. d. L. gezählt sind, wenn er sidj che Politik in der Republik gemacht nichtraschundenergisch zu handeln werde.

Der thrazische Aufstand zusammengebrochen

Die Führer der Insurgenten auf bulgarischem Gebiet verhaftet- Die Häfen von Regierungstruppen besetzt

Sofia . DNB) Der gesamte Generalstab der griechischen Aufständi­schen in Thrazien - Mazedonien mit General Kamenos an der Spitze hat sich heute Nachmittag um halb drei Uhr beim bulgarischen Grenzposten Magasa im Abschnitt Mastanly den bulgarischen Grenzbehörden ergeben. Zusammen mit General Kamenos ergaben sich zwei Obersten, vier Oberst leutnants, sechs Hauptleute, sechs Leutnants und der Gouverneur von Grie­chisch- Thrazien.

Athen . Montag abend wurde gemeldet: General Gialistras hat De­ deagatsch und Komotini eingenommen und verfolgt die flüch­tenden Aufständischen. Der Kreuzer Helli" ist in Kassandhra( füdlichste Halbinsel von Chalkidike ) eingetroffen und wartet die Befehle der griechi­schen Regierung ab.

Die Kämpfe vom Sonntag:

Sieg der Regierungstruppen bei Serres

Athen.( Tsch. P.-B.) Das Griechische unter der Führung des Brigadegenerals Joan Breffebüro hat über den Verlauf der Offensive der ni des stehende Abteilungen rückten gegen die Regierungstruppen in Mazedonien am Sonntag Brücke von Gum ariani vor. Ein dritter Teil mehrere amtliche Mitteilungen, die erſte um acht ist im Vormarsch gegen die Brücke von Nigrito. Uhr morgens und die letzte um 21.30 Uhr abends Die Rebellen ergriffen die Flucht, ohne Widerstand ausgegeben. zu leisten. Die Regierungstruppen besetzten das vier Kilometer östlich von der Brücke von Orliafe liegende Städtchen Provatas.

entschließt.

brigade Joannides ist bereits über Guma­riani hinaus vorgerückt.

Die am Sonntag um 21.30 Uhr ausgege= bene amtliche Mitteilung besagt: In der vergan­genen Nacht sind unsere Infantericabteilungen auf das linke Struma- Ufer übergetreten. Bis heute mittags haben wir unter dem Feuer der gegneri=

fchen Artillerie die zerstörte Brücke von Orliako

wiederhergestellt. Unmittelbar darauf hat der

lebergang unserer Kavallerie-, Artillerie- und

Infanterieabteilungen und damit die Offensive be= gonnen. Die Aufständischen haben sich in befestig­ten, mit Stacheldraht umgebenen Stellungen verteidigt, aber dem Ansturm unserer Truppen nicht standhalten können. Wir haben sie aus allen ihren Stellungen geworfen. Ueber 200 Ge­fangene und fünf Geschütze sind in unsere Hand gefallen. Wir mußten den Uebergang über die Brücke zweimal unterbrechen. In Serres haben wir heute abends noch nicht einrücken können, weil uns die Nacht etwa zehn Kilometer vor der Stadt, wo wir am Belika- Damm bei Digue auf Wider­stand stießen. Montag früh werden wir in die Stadt einrücken und unsere Streitkräfte gegen Drama und Kavalla vorrücken lassen. Die Flieger haben durch ihr heldenhaftes Vorgehen alle bis­her bekannten Vorbilder übertroffen. Unsere Vera luste sind gering: zwei Tote und vier Verletzte. Biele Aufständische wurden verwundet. Die Moral der Regierungstruppen ist vorzüglich. Das Vater­land kann Vertrauen zu seinen Kindern haben.

Gez. Kondylis.

Aus diesen amtlichen Berichten ist herauszu lesen, daß die Regierungstruppen bei ihrem ersten Versuch, den Strymon( Struma) zu überschrei­ten, eine Schlappe erlitten haben. Denn wenn sie früh die Brücke bei Orlia o unbeschädigt vorfan­Laut einer weiteren um elf Uhr vormittags den und überschreiten konnten, aber am Abend melden ausgegebenen amtlichen Mitteilung wurden Trup- müssen, daß sie unter feindlichem Feuer dieselbe penbewegungen der Aufständischen von Nechorion. Brüde wieder hergestellt und( neuerlich) über­fünf Kilometer südöstlich von Serres , nach Norden schritten haben, so muß dazwischen wohl ein Rückzug zu beobachtet. Die Infanterie und die Artillerie über die Struma liegen. Am Abend scheint aber die der Auſſtändischen haben sich von Opolov, 15 Kilo- Armee des Generals Kondylis auf der ganzen meter westlich von Serres , in der Richtung auf Front gesiegt zu haben. Montag früh wird die Ein­Serres zurückgezogen. Die Regierungstruppen nahme von Serres und das Vorrücken auf haben die Brücke von Gu mariani überschrit- tavalla gemeldet. Demir Hassan soll von Regie­den Widerstand der Aufständischen brachen. Andere ten, ohne auf Widerstand zu stoßen. Die Süd- rungstruppen besett, Dram a von den Rebellen gea

b) Der gemeinsame Kreisvor Die erste Sonntag früh ausgegebene Mittei­st and besteht aus acht Mitgliedern, von welchen lung befagt: General Kondylis hat mit sei­je vier vom B. d. L. und der S& ent nem Generalstab und mit dem Stabe des dritten jandt werden, welche der gemeinsamen Kreisver- Armeekorps Saloniki um fünf Uhr früh verlas tretung zu entnehmen sind. Der Vorsitzende fen. Eine Stunde später starteten in Saloniki des gemeinsamen Kreisvorstandes und der ge- Kriegsflugzeuge unter der Leitung des Chefs des meinsamen Kreisvertretung ist Anton Pfrog Flugwesens Rep pas. Die Truppen überschrit­ner. Dem Vorsitzenden des gemeinsamen Kreis- ten die Brücke von Orli ako( füdlich von Ser­vorstandes unterstehen im Einvernehmen mit dem res), die bis auf Drahthindernisse vollkommen in Kreisvertrauensmann des B. d. 2. und dem takt war. Mit Hilfe eines Angriffes der Armee Kreisleiter des SHF alle Oraanisations- und und der Flieger rückten die Kräfte vor, indem sie Pressestellen des Kreisgebietes,