Sekte 2 Dienstag, 12. März 1935 irr. 60 Vie Arbeiterfrauen demonstrieren Gegen Barbarei, für Freiheit und Sozialismus! Machtvolle Frauentagskundgebungen In der Republik räumt sein. Der Rückzug der Aufständischen geht angeblich bereits auf Komotini und gegen Dedea« g a t s ch, den letzten Hafen, in dem sie sich einschiffen können, wenn bis dahin die Seewege noch von ihrer Flotte beherrscht sind. Diese hat einen erfindlichen Verlust erlitten. Im Hafen von Kavalla wurde Sonntag nachts der Kreuzer»Helli* von Schiffen der Regierung— anscheinend von schwach armierten Torpedobooten— überrascht und bombardiert. Er ergab sich der Regierungsflotte. Die Regierung hat auch einen alten Kreuzer wieder in Dienst gestellt, der angeblich dem»Aweroff" der. Aufständischen überlegen sein soll. Rach einer Meldung hat VeniZelos in Kreta die selbständige kretensische Republik ausgerufen. Amtlich wird das dementiert. Ebenso dementiert daS amtliche hellenische Preßbüro die Meuterei der Garnison von Larissa und den Rücktritt der Regierung TsaldariS. Eine große Rolle sollen in dem Aufstand die Machenschaften der Frau Ve n i z e l o S, einer reiche« Engländerin, spielen. Der General P l a st i- ras, der über Italien in aller Gemütlichkeit nach Kreta reisen wollte, mußte über Auftrag der italie nischen Behörden nach Frankreich zurückkehren. Es scheint, daßes Mussolini unangenehm ist, so offen die Karten zu zeigen. Es besteht aber kaum ein Zweifel darüber, daß in erster Linie Mussolini , inzwetter englische Kreise, vor allem der Oelkönig Sir Henry Deterding und gewisse Rüstungsfirmen die Urheber des Aufstandes! find, dessen außenpolitische- Ziel ein Bündnis Grie chenlands mit Ltalien gegen die Türkei und Jugo slawien ist. Es ist auffällig, daß die meisten, zum großen Teil falschen Nachrichten, die der Regierung ungünstig sind, über Sofia — das seit dem Sturz Georgiews mit Rom im Spiel ist— oder über LoNdon kommen. Die letzte Meldung dieser Art ist die von einem Angriff der Rebellen auf den linken Flügel der Regierungstruppen am oberen Strymon. Dort sollen 27.000 Aufständische den Fluß überschritten haben, während nach anderen Versionen insgesamt 27.000 bei Serres kämpfen. Die Hauptwaffe der Regierungstruppen sind die Flieger, deren 24 bis 30 eingesetzt worden sein DaS politische Geschehen der letzten zwei Jahre hat sich vor allem bei den Frauen ausge- wirkt. Sie, die politisch und wirtschaftlich noch soviel zu lernen haben, weil sie viel später als die Männer das Mitsprachrecht im öffentlichen Leben erobert haben, fielen den verlogenen Argumenten der politischen Charlataae, die in den vergangenen Jahren bei uns und in de« Nachbarstaaten aufgetaucht sind, viel leichter noch znm Opfer als die Männer, die sich trotz aller Erfahrungen von den Wrrbemethoden der Hitler und Goebbels , der Dollfuß und Starhemberg, nicht z« sichern vermochten«nd zu willenlosen Landsknechten herab- sanken. Die Agitation der Henlein uyd Konsorten hat sich hierzulande in erster Reihe an die Frauen gewandt mit abgedroschenen Phrasen zwar, aber dennoch zugkräftig wirken. Es ist deshalb sehr wichtig für uns einmal zu erproben, inwieweit unsere Arbeiterfrauen auf die Lockrufe der Fascisten hören, ob sie weiter mit«ns gehen oder ob in unsere Reihen Dresche geschlagen wurde. Die Gegner behaupten das alle Tage und man sollen. Sie haben in Kavalla , Serres und auf Kreta starke Zerstörung verursacht. Die Aufständischen dagegen stützen sich vorwiegend auf die Flotte, der es gelungen sein soll, erfolgreich gegen die Flugzeuge zu kämpfen und einen Flieger der Regierung abzuschießen. *• ♦ Selbstmord General Kamenos' Athen. (Reuter.) Den letzten, auS Maze donien hier eingetrosfenen Meldungen zufolge hat der Kommandant der Aufständischenarmee General Kamenos Selbstmord verübt. hat dem 10. März, der unsere Verbundenheit mit den Arbeiterfrauen anfzeigen mußte» mit besonderem Interesse entgegengesehcn. Aber nicht nur die politische Unsicherheit unserer Zett läßt die Kare Ucbersicht der Fronten nicht mehr zu,«eit mehr bedrückt unsere Beweglichkeit die entsetzliche Rot unter der Arbeiterschaft, die schon bald sechs Jahre in ihren Ueberdimensio- nen zu verzeichnen ist. WaS nützt da der Wille und die Begeisterung für eine Idee, wenn man die Menschen nicht mehr auS ihren Wohnungen herausbringt, weil sie keinen Heller mehr besitzen, um die Bahnfahrt zu bezahlen, um sich die Schuhe für den Weg zu beschaffen, um die Schnitte Brot zu bezahlen, die sie während einer Kundgebung, die sie, wenn die Entfernung groß ist, essen müssen. Wie viele gibt es da, die gerne in unsere Veranstaltungen kämen, aber es aus Rot ganz einfach nicht mehr können, denn nicht überall vermag man allen, die der Hilfe bedürfen, durch die eigenen Fürsorgeorganisationen beizustehen. Umso ungeduldiger warteten wir auf den Erfolg des Frauentages, der nicht nur eine Kundgebung, sondern vor allem eine innere Kraftprobe war. Run, da der Frauentag hinter uns liegt und der weit die kühnsten Hoffnungen übersteigende Erfolg sichtbar ist, dürfen wir sagen; wir haben diese Kraftprobe glänzend bestanden! Roch liegen nicht aus allen Kreisen«nd allen Orten, in denen Sonntag eine Kundgebung der proletarischen Frauen stattfand, Berichte vor. Aber soweit wir bis jetzt eine Uebersicht haben, kann ohne Scheu und Ueberhebung festgestellt werden, daß die diesjährigen Kundgebungen am Interna tionalen Frauentag ein voller Erfolg waren. Ein Erfolg sowohl hinsichtlich deS Besuches, dem Inhalt und dem Charakter nach. AuS einigen Bezirken deS Kreises Teplitz , Bodenbach«. Karls bad meldet man überfüllte Säle, so daß ein Teil der Besucher deS Frauentages keinen Einlaß fand «nd vor den Versammlungslokalen oder in Neben- räumen Aufenthalt nehmen mußte. Man meldet aus einigen Orten, daß die Frauen, um an der Kundgebung ihres Bezirkes teilzunehmen, stundenlange Märsche zurücklegten, obzwar die Stta- ßen kaum zu passieren waren. Daraus schon kann man auf das außerordentlich rege Interesse schließen, welches man in diesem Fahre dem Frauentag entgegenbrachte. Aber auch die Form deS Frauentages wurde wesentlich gehoben. Es wirkten Bläsrrchöre, Gesangvereine, Turner, Falken und Musikorchester an den Fesern mit^ Gehaltvdlle Dichtungen wurstest vorgetragen, Sprechchöre entfachten Begeisterung, Gesang und Musik schufen die Stimmung, die man sich an einem Frauentage wünscht. Aber daS wichtigste an dem äußeren Bilde des Frauentages war die starke Teilnahme der tschechischen Genossinnen an den Veranstaltungen, die ohne besonderen Ein- fluß durch die Parteistellen zu verzeichnen war. Daß die Kundgebungen gemeinsam von den tschechischen«nd deutschen Arbeiterfrauen durchgeführt wurden, ist wohl mtt der größte Erfolg dieses TageS. Aber so feierlich auch der Rahmen der Veranstaltungen gewesen sein mag, die Kundgebungen trugen dennoch Kampfcharakter. DaS waren keine Unterhaltungen» aus denen man zufrieden karte zu der Verschärfung der Lage auf dem Balkan Im Zusammenhang mtt dem griechischen Aufstand f anden an der bulgarisch -türkischen Grenze große Truppenansammlungen statt, die Bulgarien jetzt zum Anlaß eines Schrittes beim Böllerbund genommen hat. nachhause geht. Das waren Stunden der Erbauung, Stunden der Begeisterung, Stunde* der Vorbereitung für den vor uns liegenden schweren, aber sicher erfolgreichen Kampf. Nichts Gemeinsames hatte« diese Feiern mit den bürgerlichen Kundgebungen am sogenannten Muttertag. Keine Gefühlsduselei wurde betrieben, keine Tränen vergossen, sondern die Frauen, die da arbeiten «nd leiden, Frauen, die sich nach der Erlösung aus endloser Oual sehnen, wurden aufgerufen, bereit zu sein für die kommenden Kämpfe. Die Arbeiterfrauen haben diesen Aufruf verstanden, sie waren mit den Herzen und dem Verstände Teile dieser gewaltigen Kundgebungen vom Sonntag. Sie wissen, derFrauentag ist nicht nur Ehrentag, er ist vorallemKamPftag! Ueber die Kundgebungen selbst wird uns berichtet: Aussig . Der große Volkshaussaal vermochte die Besucher des Frauentages nicht zu fassen. Der Feier selbst wurde ein äußerst schöner Rahmen gegeben. Fanfarensignale, Rezitationen und Chöre eröffneten die Feier, dann sprach die Genossin Schicht die einleitenden Worte, worauf Abg. Gen. K i r p a l deutsch und tschechisch die Festansprache hielt. In Karbitz war die Frauentagversammlung gleich gut besuckt und von glänzender Stimmuno getragen. Hier sprachen Genosse I e n t s ch und Genossin Schumann. Teplitz . Die Frauenkundgebung fand in der Turnhalle statt. Der Besuch war überaus stark, der Verlauf der Feier erhebend. Genossin D o i s ch e r eröffnete die Kundgebung, worauf Abg. Genosse Kremser zu Worte kam. In Eichwald mußten viele Arbeiter und Arbeiterinnen auf die Teilnahme am Frauentage verzichten, weil der VolkS- haussaal die Besucher nicht zu fassen vermochte. Die Rede hielt auch hier Abg. Kremser. Auch in Wisterschan war der Besuch sehr gut und die Stimmung vorzüglich. Rednerin war hier Genossin Steffi Hirsch. Dux. Die Kundgebung fand im Stadtkino statt, der überfüllt war. Ein Musikorchester und die Kulturorganisationen der Arbeiterschaft wirkten zur Verschönerung der Veranstaltung mit. Die Rede hielt Genossin K i r p a l. Brüx meldet ebenfalls einen überfüllten Saal, ein erstklassiges Programm und begeisterte Zustimmung zu den Ausführungen der Redner; die Genossin Sturkanovä tschechisch und Genosse Seidel deutsch. Im Bezirk Komotau war es ebenso. Sowohl in Komota« als auch in Görkau in Kal- lich und Neudorf, überall überfüllte Säle und begeisterte Stimmung für die Parolen des Frauentages. In diesen Kundgebungen sprachen die Genossen Leinsmer, Diez und Kern, ferner die Genossinnen Firaut und Edelmann. Tetschrtt. Gwss äüfssMAchk'ünk!^wirkungsvoll bis zum Schluß war der Frauentag für den Bezirk Bodenbach. Der Schützenhaussaal war bis auf das letzte Plätzchen gefüllt. Die Einleitung durch Arbeitersänger und Fallen gewaltig. Den Vorsitz führte Genossin K ö g l e r, die Referate erstatteten Genossin Riedl deutsch und R o u ä- l o v a tschechisch. In Kraschwitz war die Versammlung im Arbeiterheim. Die Besucher fanden auch hier bei weitem nicht alle Platz im Saal und den Rebenräu- men. Der Rahmen der Veranstaltung war sehr feierlich. Die Aussprache hiell Genossin Riedl, Prag . Der Frauentag für dasEulau- t a l fand in der Volkshalle in Eula« statt, sie war 28 Roman von Fritz Rosenfeld Ein halbes Dutzend lag noch im Gestell im Keller, er brachte drei herauf, aber bald mußte er auch die andren holen— denn Livia hatte sich auf Hollings Schoß gesetzt und Clarissa um ein GlaS gebettelt. Als Xenia den Champagner witterte, brachte sie Marcel wieder auf die Beine und schleppte ihn herbei; Frau Avory kam, der Kunstschütze hinter ihr her, wie ein Kind am Schürzenzipfel der Mutter, der Zeichner machte einen langen Hals und verdrehte neugierig die Augen, man mutzte ihn einladen, Grit und Leonie wurden von Livia eingeladen, aus ihrem GlaS zu kosten und bekamen neue Gläser, Herr von Ebel meckerte und stolzierte um den Tisch, bis Halling ihm ein GlaS vor die Rase schob, MorviliuS zupfte an seiner Krawatte, fuhr mit dem Kamm durch die Haare und machte sich schön, als ginge er zu einem Ball; eine Weile saß er still, dann kam er, verneigte sich, fragte in seiner umständlichen, altväterlichen Art, ob es gestattet sei, und ob er nicht störe, und Halling sagte, es sei gestattet, und er störe keineswegs. Rur Cabrolle und Kilmek blieben abseits, Halling schickte ihnen ein Glas an ihren Tisch, sie tranken ihm zu, spielten weiter, fielen tiefer und tiefer in den bodenlosen Abgrund, dessen Wände mit bunten Blättern, Königen, Herzen, Damen, Zeichen und Zahlen tapeziert waren. Senta holte das Grammophon, und man begann zu tanzen; eS war ein andrer Rhythmus diesmal, ein stampfendes wirbelndes Chaos von Gliedern, Herr von Ebel führte Livia, Clarissa schmiegte sich an MorviliuS, Frau Avory schleppt«, ihren Ludwig, mit flatternder Masche und wehendem Haar, über die holprigen Bretter, Marcel versank mtt Xenia in den geheimen Traum eines Tangos, der Zeichner begnügte sich mit Grit, aber spähte aufmerksam zur Tür, ob nicht Carlotta endlich einträte. Halling sah den Arzt an, der still und regelmäßig in kleinen Zügen GlaS um Glas trank. Der Arzt ging zu Gregor hinüber, kam wieder, Halling ftagte mit den Blicken, die Blicke antworteten ihm. Wir werden den Wagen nicht mehr brauchen, und auch der Lärm stört jetzt nicht mehr. Die Musik, die Gregor hört, kann er nicht verdrängen, und die Sttlle, die um ihn sein wird, in Stunden, in Minuten» kann er nicht erfüllen. Marinka riß die Augen auf. Da bogen sie die Leiber und preßten sich aneinander und ihre Blicke wurden glasig und fern, da tappten sie und taumelten sie und das nannten sie Tanz; da tranken sie und da gröhlten sie und da riefen sie einander Worte zu, die in grellem Gelächter zerstoben, da wintten sie einander zu hinter dem Rük- ken des Mannes, den sie umschlangen und hinter dem Rücken der Frau, mtt der sie zu verwachsen schienen und das nannten sie Frohsein. Da fielen sie müde auf die Bänke und gossen Ströme von Wein durch die Kehlen und kämm wieder auf die Beine und wankten zu einem Tisch und rissen ein Mädchen hoch, und ehe es sah, wer.es faßte, wirbelte eS durch den Raum und sank irgendwo auf die Bank und goß Wein durch die Kehle, um wieder auf die Beine zu kommen, und daS nannten sie Leben. Ganz stumm sah Marinka zu, abermuch ihre Hände verstummten, sie ließen das Tuch sinke«, mit dem sie Gläser trocknete, sie ließen das Messer fahren, mit dem sie Brot schnitt. Sie brauchten kein Brot mehr, und nun fragten sie auch nicht mehr, ob ein Glas rein und llar war oder ob schon zehn oder fünfzehn vor ihnen daraus getrunken hatten; voll mußte es sein, so voll, daß der Wein überlief, auf ihr Kleid, aus die Schuhe, auf den Boden. So fließt dein Geld hin, dachte Halling; hast du noch genug, um sie alle bewirten zu können, eine ganze Nacht? Hast du ein schlechtes Gewissen das du in Wein ertränken willst, find sie deine Gläubiger, die du in Rausch versetzen muht, damit sie nicht sehen, wie du ihnen entfliehst? Das Geld mag zum Teufel gehen, dachte Halling, ich hab noch genug davon; und ein schlechtes Gewissen habe ich, denn ich habe gelogen: ich siirchte den Tod, ich habe Angst vor dem Sterben, ich hätte schon hundertmal Schluß gemacht, wenn ich nicht so jämmerlich feig wäre; dieses schlechte Gewissen will ich ertränken. Und sie sind meine Gläubiger, ich stürzte sie in den Rausch, denn sie kommen sonst zu mir, der Reihe nach, und wollen mir danken, für das Glas Wein, das ich ihnen angeboten, und für das Brot, das sie gegessen, und ich entfliehe ihnen, weil ich weiß, daß Dank immer Heuchelei und jede Verneigung eine Lüge ist. Marcel hat wieder Haltung; er ist wieder Maurice Chevalier , der umschwärmte Liebling, er muß das Ansehen zurückgewinnen, das er verloren hat; sie sollen ihn für einen guten Schauspieler halten, der eine Eifersuchtsszene so glaubhaft spielt, daß seine eignen Kollegen wähnen, sie wäre erlebt; und der einen Augenblick später, jeder Zoll ein Gentleman, mit überlegener Grazie in den sanft hinströmenden Traum eines Tangos versinkt. Xenia flüstert und fragt mit tausend Stimmen, die den gleichen Klang haben: Liebst du mich? Du mußt mich lieben, du mußt mich heißer lieben als Carlotta, sie ist ein Stück Stein, sie wollte nur neben dir auf der Bühne stehen, ich will dich, Marcel, ich will dich, ich vergehe nach dir... Nun ist Marcel froh, nun fiebert wieder eine Frau in seiner Hand, nun ist wieder eine da, die sich unterwirft, und alles, w«rS vor einer Stunde geschah, ist vergessen. Morvilius gibt sich mit einem Schauer, der von einem unendlich fernen Stern auf ihn niederstrahlt, mit geschlossenen Augen dem langsamen Schweben hin. Er fühlt den Weichen, warmen Körper Clarissas, und er denkt an den dürren Leib seiner Frau und an die mageren Freuden seiner Nächte. Wenn diese Nacht die letzte sein soll, und der Morgen unter Kanonendonner graut, dann soll es eine Nacht sein, in der er, auf den Raum weniger Stunden zusammengedrängt, die Lust der Leiber nacherlebt aus Babylon und Aegypten , eine Nacht, in der das alte Rom aufrauscht mtt dem Strom seiner Feste und Paris in den dunklen Himmel greift mit der hocherhobenen Faust seiner Flammenschriften; Zeiten und Länder, die Mysterien der Heiden und der Atem der Hafenbordelle, Kleopatra und die Filmsterne von Holly wood , Katharina und die Tingeltangeltänzerinnen aller Städte der Welt sollen in den schmalen Raum dieser Nacht stürzen und sich mit ihm vermählen in einem Rausch, der so unendlich sein wird, daß das Erwachen nichts Geringeres sein kann als der Tod. Die Augen Clarissas sind geschlossen, darum hat sie die braunen Augen einer griechischen Sklavin und die blauen einer Fee, ihre Stirn'ist fahl und faltig, aber hinter ihr wohnen die Gedanken aller Königinnen und aller Dirnen, ihre Schultern sind schmal, aber sie kann ein Weltreich tragen, ihre Finger zart, aber sie wird es mtt ihnen zerpflücken wie eine Blume, die ihr keine Freude mehr macht. Clarissa ahnt nicht, durch wieviele Gestallen sie in dieser Stunde hindurchgeht, durch wieviele Zeitalter sie wandelt, wieviele Kostüme sie trägt; sie weiß nur, daß sie unsäglich müde ist, daß Morvflius unsäglich schlecht tanzt und daß keine andere auS Mitleid mit dem allen, grauen Männlein halübetrunken über den Bretterboden stampfen würde, anstatt sich in den Winkel zu setzen und weiterzutrinken, solange der Wein fließt. Sie hat MorviliuS um eine Pause gebeten, er hat sie an einen Tisch geführt, aber kaum surrte eine neue Ptatre an, sprang er wieder auf und stand vor ihr und verneigte sich, wie sein Großvater sich auf einem Familienball vor den Mädchen mit den langen Zöpfen und den blau' seidenen, bauscyigen Kleidern verneigt haben mochte, und ehe sie wußte, was geschah, war sie wieder in dem rüttelnden, ziehenden, betäubenden Wirbel versunken. (Fortsetzung folgt.)
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15 (12.3.1935) 60
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