Rr. 60 Dienstag, 12. Mir, 1935 . Fünf Kinder ertrunken. In D ö m i tz(Meck» lenburg Schwerin) brachen auf der dünnen Eis« decke des alten Festungsgrabens am Sonntag nach« mittags sechs Kinder ein, von denen fünf er­tranken.. Spielhöllen in Berlin . Dem Spielerdezernat des Polizeipräsidiums in Berlin ist es gelungen, in den verschiedensten Stadtgegenden von Berlin ins­gesamt acht Spielhöllen auszuheben und über hundert Personen, zum großen Teil gewerbs­mäßige Spieler, die zum Teil schon vorbestraft sind, feftzunehmen. Die Festgenommenen sind sämtlich des Glücksspiels überführt und sehen ihrer Bestrafung entgegen. In den Spielhöllen, die sich in Schanklokalen und Wohnungen befanden, wurde vor allem»Meine Tante, deine Tante", Poker und das Würfelspielfetten eieben" gespielt. Die Spielveranstalter spielten in verschiedenen Fällen mtt gezinkten Karten und mit gefüll- ten Würfeln, um ihren Opfern das Geld sicherer abnehmen zu können. Wenn den Mitspie­lern das letzte Geld abgenommen war, ging man oft so weit, von ihnen als Spieleinsatz ihren Winterüberzieher entgegenzunehmen, so daß die Gerupften häufigmantellos" ihren Heimweg antreten mußten. Unter den Mitspielern befanden sich vielfach Erwerbslose, die auf diese Weise um ihre gesamte Arbeits­losenunterstützung gebrach t wurden. Di« Freimaurerei in Oesterreich . Die«Wie­ner Neuesten Nachrichten" berichten, daß das österreichische Freimaurertum, obwohl die Logen an sich unangetastet güblieben seien, durch Massen» austritt sehr geschwächt worden sei. Von den arischen Logenbrüdern sei fast nichts zurückgeblie­ben, und die Freimaurerei in Oesterreich sei jetzt eine rein jüdische Angelegenheit ge­worden. Die.Meichspost" wirft die Frage auf, ob die Fortdauer dieser Geheimbündelei sich mit dem Geiste der neuen österreichischen Ver« sastung vertrage. Der berühmte schwedisch« Forscher Sven Hedi« kehrt« am Montag früh al» letzter Mitglied seiner Expedition, di« im Auftrage der chinesischen Regie- öung nach Chinesisch-Turkestan unternom­men worden war, nach Peiping zurück. Der Zweck dieser Expedition war die Erforschung der alten Karawanenstraßen, die China mit dem Abendland verbanden und die in früheren Jahrhunderten für den Austausch von Kultur- und Wirtschaftsgütern zeitweilig eine bedeutende Rolle gespielt haben. Durch die Veränderungen in der Weltwirtschaft und im Verkehrswesen, durch Einbrüche kriegerischer Step» penvölker gerieten diese Straßen immer mehr und mehr in Vergessenheit. Die Expedition Sven HedinS war bei ihren Arbeiten durch die ungeklärten poli­tischen Verhältntffe und durch-die kriegerischen Lreig» uiste in Chinesisch-Turkestan stark behindert. Die Mit­glieder der Expedition wurden zweimal von den ört­lichen Machthabern gefangen gehalten und auf ihrem Marsch wiederholt beschaffen. Trotzdem hat Sven Hedin seine Forschungsreise glücklich zu Ende geführt. Jeder Falke gibt jede Woche eine Schnitte Brot(20 Heller) für hun­gernde Kinder Die Insel Kreta Die Insel Kreta , die Heimat des 71jährigen RevolutionSsührerS VenizeloS und das Zentrum des griechischen Aufstandes, steht momentan im Mittel­punkt des allgemeinen JntereffeS. Wechselvoll wie di« Geschicke von VenizeloS , den man kurz den Kreter nennt, waren auch die Schicksale dieser Insel. Mit« telmeerfahrer erlebten, daß an einer bestimmten Stelle bei klarem, Hellem Himmel plötzlich das Meer zu tosen anfängt. Kurz danach erblicken sie dann die hohen Felsenriffe der kretensischrn Küste. Mit 260 Kilometern Länge liegt, Kreta wie ein schmaler Schlußstrich unter den Hunderten von kleinen Inseln -wischen Griechenland und Kleinasien . Es ist die bei weitem größte griechische Insel und hat 400.000 Einwohner. In der Antike, als man das Vermögen nach der Zahl der Oelwnnen schätzte, war Kreta einer der reichsten Länder. Auch heute stoch liefert eS Griechenland das meiste Oel. Nacheinander gehörte die Insel den Römern, den Byzantinern, Sarazenen, Ben-tianern, Türken. Sie kam nicht zusammen mit den Jonischen Inseln, sondern erst 60 Jahre später an Griechenland . Erst im November ISIS schlug Kreta offiziell der Tag der Freiheit. Sonst wäre wohl Griechenland im Weltkrieg sofort auf die Seite der Entente getreten. Fischer gibt er auf Kreta nicht. Das Meer ist so wild an den Küsten, daß dort keine Fische existieren Die Rationalisierung in der Tschechoslowakei Aus dem Bericht der Gewerbelnspektoren Es ist erfreulich, daß das Ministerium für Soziale Fürsorge im Bericht der Gewerbeinspek­toren die verschiedenen Rationalisierungsmaßnah­men festhält, da dieser eigentlich die einzige Quelle für die so notwendigen Beobachtungen darstellt. Die allgemeinen Wirkungen der Rationalisierung werden einleitend sehr knapp, aber gerade des­halb ausdrucksvoll gezeichnet: die tschechoslowaki­sche Industrie habe sich in ihrem schweren Exi« sienzkampf bemüht, die Produktion so wirtschaft­lich wie möglich zu gestalten,wenn auch damit eine weitere Verringerung des Bedarfes an menschlichen Arbeitskräften und damit eine Ver­mehrung der unglücklichen Arbeitslosenmassen her­beigeführt wurde." Die technischen Vervollkommnungen wurden nahezu in allen Industriezweigen durchgeführt. So baute ein großes Schotterwerk im Krem» sierer JnspektionSbezirk eine 412 Meter lange Drahtseilbahn, welche den bisher mittelst Fuhr­werk besorgten Transport der Steineübernahm. Der Betrieb erzielte damit eine erhebliche Er­sparnis, dagegen konnten die bisher beschäftigten Lohnkutscher nicht mehr beschäftigt werden. Eine Zementfabrik im Olmüher Bezirk erhöhte durch eine Modernisierung ihrer Ofenanlagen die Pro­duktion von 5000 auf 7500 Waggons jährlich, dabei verloren 30 Arbeiter ihte Beschäftigung. Ein großes Ziegelwerk im Kremsierer Bezirk er­setzte die Handarbeit von 24 Mann durch eine ma­schinelle Baggereinrichtung beim Ausstechen des Lehms. In der Glasindustrie werden trotz der schon weit vorgeschrittenen Rationalisierung und der dadurch bewirkten MaffenarbeitSlofigkeit immer neue vervollkommnete Maschinen ein­gestellt. So wurde in den Glasschleifereien des Jung­bunzlauer Jnspektionsbezirkes bereits im Jahre 1925 eine neue maschinelle Einrichtung in Form von Sandtrommeln eingeführt, in denen die indi­schen GlaSringe geschliffen wurden. Jede dieser Maschinen brachte 15 Heimarbeiter um ihre Be­schäftigung. Nunmehr hat man eine neue Maschine konstruiert, welche die sogenannten Lampenglas­ringe nicht nur schleift, sondern auch gleichzeitig schweißt. Die Maschine bearbeitet 3000 Dutzend Ringe in acht Stunden, was einer Tagesarbeit von 30 Heimarbeitern entspricht. Eine Glas» Hütte ersetzte das bisher mit der Hand erfolgte Pressen von Glasperlen durch ein« maschinelle Einrichtung°«nd steigerte-damitdieProduktions­leistung von 20 auf 100 Kilogramm'täglich.' Es wurden vier solcher Maschinen aufgestellt, die von insgesamt vier Mann bedient werden, 16 Arbei­ter wurden arbeitslos. Das Schleifen der Cha- tons wird immer mehr vervollkommnet, die Nach­frage nach billigeren Qualitäten erfordert auch kein so sorgfältiges Sortieren. Die Folge ist ein Rückgang der beschäftigten Sorfierinnen bis um 70 Prozent. Auch im Feuer polierte Glasperlen werden in besonderen maschinellen Einrichtungen geschliffen, die mit Sandsteinscheiben versehen find. Die Leistung ist zwölfmal größer als die eines Handschleifers. Da in dem in Betracht kom­menden Gebiet 150 solcher Einrichtungen aufge­stellt wurden, die von je zwei Mann bedient wer­den, leisten 300 Menschen so viel wie vorher 1300 Heimarbeiter. Die fast zur Gänze staatliche Munitionsfabrrk in Bratislava hat«ine automatische Füllung der zur Munitionserzeugung dienenden Maschinen eingeführt. Damit wurde eine erhebliche Be­schleunigung der Produktion herbeigeführt, aller­dings ist auch gleichzeitig die Zahl der beschäftig­ten Arbeiterinnen um zwei Drittel gesunken, nach­dem gegenwärtig eine Arbeiterin drei Maschinen bedient, während früher bei jeder Maschine eine Arbeiterin beschäftigt war. Die in Betracht kom­menden 24 Arbeiterinnen seien aber in anderen Abteilungen beschäftigt worden. können. Die Bevölkerung sind vorwiegend Bauern, die in größter Bedürfnislosigkeit leben. Diese Armut kontrastiert aufs höchste mit dem LuxuS, der hier vor viertausend Jahren herrschte. Damals war Kreta ein Staat mit einer großenFlotte, mit Palästen undTem- peln, di« alle in der griechischen Sage ihre Rolle spielen. Bei dem alten KnoffoS, in der Nähe des später von den Venezianern befestigten Hafens von Herakleion findet man den sagenumwobenen Palast deS Kreterkönigs MinoS<nt seinem Labyrinth, tine Fundgrube für die Archäologen. Diese stehen durch­wegs auf dem Standpunkt, daß man bei der Suche nach» den ursprünglichen Grundkulturen auf Kreta und nicht auf dem griechischen Festland anzufangen chabe. Dort stößt man auf die sogenannte minoische Kultur, die zwar gewiffe ägyptische Einflüsse zeigt, aber sonst europäischen Charakter trägt. Bon Knoffos führt der Weg an Granatbäumen und Oleander vorbei zu den Trümmerftädten im Süden der Insel. Dort erschließt sich einem eine Welt, die einstmals, 2000 Jahre vor unserer Zeitrechnung, existierte. Dort erhebt sich der Schneegipfel des Ida, den die griechi­schen Dichter mit Leidenschaft besangen. Diese Welt ist heute dahin. Man sieht dort heute Bauernhöfe oder schmutzige Hotels. Zwischen den orientalischen Basa­ren von Herafieion und RethhmnoS aber fahren ame­ rikanische Autos und ergeben jener eigenarttge Bild der Stilmischung, das heute für den entzauberten Orient charafteristisch ist. In den Email- und Metallwarenfabriken geht man immer mehr zum maschinellen Spritzen über; eine Metallmöbelfabrik im Trentschiner Be­zirk hat infolgedeffen acht Arbeiter entlassen. Eine groß« Maschinenfabrik in Brünn hat ihre Produktion stark modernisiert und ist besonders fast allgemein zur Elektroschwei­ßung Lbergegangen, welche immer mehr Gießer, Schmiede und Nieter aus der Arbeit ausschaltet. Eine Prager Fabrik, welche sich mit der Herstel­lung von Automobilbestandteilen beschäftigt, er­setzte die Arbeit von fünf bis sechs Hobelmaschinen durch einen modernen Fräsautomaten. Durch die Einführung einer besonderen automatischen Bear» beitung der Innenflächen von Glühlarnpen wür­den zehn Arbeiterinnen beschäftigungslos. Eine Fahrradfabrik im JnspektionSbezirk Tabor ersetzte die bisherige Handhärtung üeinerer Fahrradbe­standteile durch einen großen automatischen Härte­ofen; drei Arbeiter verloren dadurch ihre Beschäf­tigung. In den Sägewerken geht man allgemein zur Einführung von großen Transportanlagen über, ebenso wird daS Schichten der geschnittenen Bret­ter maschinell durchgeführt, wobei jede dieser Maß­nahmen viele menschliche Arbeitskräfte erspart und ausschaltet. Auch in den Möbelfabriken schreitet die Rationalisierung ständig fort. So ging eine Büromöbelfabrik zur automatischen Herstellung von Schubladen übeic, wobei ein einziger Arbei­ter täglich 300 Schubladen mit unerhörter Prä­zision einzusetzen in der Lage ist. Bei Handarbeit lvürde dazu fast ein ganzer Monat gebraucht. Eine Schademaschine zur Bearbeitung der Seitenwände von Möbelstücken ersetzt 50 Arbeitskräfte, «ine Schleifmaschine 15 manuelle Kräfte. Zum Bemalen der zusammenlegbaren Meter-Maßstäbe wurde eine besondere Maschine angeschafft, welche mit zwei Mann Bedienung so viel leistet wie vor­her 24 Arbeiter. Im zweiten Brünner Jnspek« tionSbezirk würde eine Politiermaschine eingesetzt, welche drei Arbeiter um ihr? Beschäftigung brachte. Zwei Brauereien ersetzten die bisher manuell betriebene Reinigung der Flaschen durch eine Dtaschinr, welche in einer Stund« 4000 Flaschen reinigt und abfüllt. Acht Mann leisten so viel wie vorher 40. Eine großy. Molkerei führte ebenfalls die maschinelle Meinigung der Kannen ein; zwei von den drei bisher beschäftigtest Arbeiterinnen wurden damit überflüffig. Die Bäckerei der Bakawerke hat einen dreiteiligen Dampfofen aufgestellt, in dem 19 Arbetter in acht Stunden 30.000 Stück Weißgebäck»der 2000 Laib Brot backen können. Eine Königgrätzer Großbäckerei führte ein« Semmelbackmaschine ein, welche von zwei Arbeitern bedient wird und 4000 Semmeln pro Stunde erzeugt- Acht Arbeiter sind damit über­flüssig geworden. Durch die Einführung des lau­fenden Bandes wurde in einer Schokoladenfabrik die Leistung bei Füllung der'Kartons um das Doppelte erhöht. Die Einführung von Packauto­maten in einer karpathoruffischen Tabakfabrik brachte an jeder der drei in Betracht kommenden Maschinen sechs Arbeiterinnen um ihre Beschäfti­gung. Die fortschreitende Automatisierung wirkt sich auch in allen übrigen Produktionszweigen aus, so besonders in der Textilindustrie, der wir ein be« solideres Kapitel widmen wollen, aber auch in den Elektrizitätswerken, im Handel usw. Die Technik hilft den Menschen bei ihrer Arbeit in weitgehend­stem Maße, doch leider kommt sie in der heute herrschenden Gesellschaftsordnung nicht«IS Freund, sondern als Feind. Statt die Lage der Menschen zu verbessern, stürzt die' fortschreitende Rationa­lisierung immer neue Massen Arbeitsloser ins Elend. So ist der Bericht der Gewerbeinspektoren für uns auch eine Mahnung, alle Kräfte für eine Umwandlung der kapitalistischen Wirtschaft in eine sozialisfische Gemeinwirtschaft einzusetzen. I. B. IUrM M Sozialpolitik Der Welthandel Der Weltaußenhandel hat nach den bisher vorliegenden Statistiken im Jahre 1934 wert­mäßig einen weiteren, allerdings nur geringen Rückgang gegenüber 1933 erfahren, während er mengenmäßig ganz unbedeutend gestiegen ist. Setzt man die Welthandelsumsätze im Jahre 1928 mit 100 an, so betrugen sie Jahr Wert Preis Volumen 1931 59 72 82 1932 39 57 69 1933 35 51 69 1934 34 48 70 Das Jahr 1934 hat demnach bestenfalls ein Stagnieren des Welthandels, keinesfalls aber schon Ansätze zu einem neuen Aufschwung gebracht. Die­ser Umbruch in der Entwicklung wird nicht zuletzt verhindert durch die zahllosen Abschließüngsmaß- nahmen, die vorläufig von den Ländern immer noch vermehrt werden.' Lupe Belez und der bekannte Tenor Lawrence Tibbett spielen die Hauptrollen in dem MGM »Film Kubanisches Liebeslied", ticrlchtssaal Alter schützt»or Torheit nicht Im sechsten LedenSjahrzehntverführt". Präs. Der Berufungssenat des hiesigen Kreis- geeichtes(Bors. GR. Fidrmuc) befaßte sich am Montag mit zwei Berufungen gegen Urteile deS Prager Bezirksgerichtes, die beide die Uebertretung der Verführung unter Zusage de? Ehe betrafen. Die beiden Fälle haben ein Moment gemeinsam, und zwar ein ziemlich außergewöhn­liches. Es handelt sich nämlich um Verführung von Frauen einer Altersklasse, der man eigentlich hin­länglich Vernunft und Besonnenheit zutrauen sollte, um gegen solcherlei Anschläge gesichert zu sein. Beide haben das fünfzigste Lebensjahr über­schritten. In dem einen Fall hatte eine 51jährige Witwe, die nach 2Sjähriger Ehe verwitwet war, gegen einen gleichaltrigen öffentlichen Angestellten die ZsnzeiSL erftatftt,.wÄei sie betonte- daß sie nach/ dem Tode ihreS Gatten durch drei-Jahre keinerletne intimen Verkehr unterhalten hab«, bis sie dem An­geklagten begegnete, der sie unter HeiratSverspre« chungen ins Hotel gelockt habe. Dann habe er sie verlassen.Ich bin nicht so«ine, hohe- Gericht! Ohne Eheversprechen hätte ich mich mit ihm nicht eingelassen." Später mußte sie freilich zu ihrer größten Enttäuschung vernehmen, daß der Freund verheiratet sei und gar nicht daran denke, sich schei­den zu lassen, um sein« Versprechungen zu erfül­len. Sie verzieh ihm nicht und vor dem Bezirks­gericht wurde der Angeklagte zu einer Woche Arrest bedingt verurteilt. Er legte Berufung ein, aber anch di« zweite Instanz fand nach durch­geführter BerufungSverharwlung fein Verschulden als erwiesen und bestätigt« daS erste Ur< teil. * Mehr Erfolg hatte die Berufung eines Loko- mofivführers, der vor dem Bezirksgericht wegen deS gleichen Deliktes zu drei Tagen Arrest ver­urteilt worden war.. In diesem Fall zählt dieVer­führte" gar 56 Lenze und war durch einige Jahr« die Haushälterin de» Angeklagten gewesen. Sie berief sich im Zuge des Verfahrens darauf, daß sie bis zu ihrem 49. Lebensjahr unberührt gewesen sei« d H. eben bis zu dem Zeitpunkt, al» sie sich mtt dem Angeklagten zusammentat. Es habe sich nicht um' em Dienstverhältnis gehandelt, sondern um eine Lebensgemeinschaft, die angeblich nach den Verspre- chungen deS Angeklagten später durch Eheschließung legalisiert werden sollte. Deshalb habe er sie auch nicht zur Krankenversicherung angemeldet und dies» Anmeldung erst später nachgeholt, al-»r sich ihrer entledigen wollte, um eine andere zu heiraten. Auch in diesem Fall revanchierte sich die Enttäuschte dmch eine' Strafanzeige und beteuert«, sie habe sich nur durch da» Eheversprechen zu dem intimen Verkehr mit dem Angeklagten bewegen lassen. Der Prozess endet« in erster Instanz mit der Verurteilung des Angeklagten zu dreitägiger Arreststrafe.., Das Berufungsgericht sah sich indessen veran­laßt, der Sache gründlicher nachzugehen. Der Ver­urteilt« bestritt nämlich in seiner Berufung energisch daS Vorbringen der Hauptzeugin. Insbesondere verwahrte er sich gegen die Behauptung der Ange­klagten. er habe siezu Fall" gebracht und stellte unter Beweis, daß die Anzeigerin freiwillig und ohne alle weiteren Versprechungen mit ihm lebte« außerdem aber eine reiche und bunte Vergangenheit bade- Sie habe sich selbst verschiedener vergnüg«" kicher Erlebnisse und Abenteuer gerühmt. Auch die Gerichtsärzte bestättgten, daß es mit der behaup­teten Keuschheit der Kronzeugin allen Anzeichen nach nicht weit her war und einige vom BerufungSsenat einvernommene neue Zeugen bestättgten'die Vertei­digung des Angeklagten. Die BerukungSverhand-' lnng endete damit, daß der Gerichtshof daS erst« Urteil aushob und den Angeklagten freisprach. In der Begründung heißt e». daß die Zeugin nicht restlose Glaubwürdigkeit beanspruchen könne und im übrigen mässe ihr mit Rücksicht auf ihr Alter so viel Einsicht zugetraut werden, daß sie sich Wer die Natur ihre- Verhältnisses zu dem Angeklagten im klaren war. rb.