Sosialdemokrat

ZENTRALORGAN

DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK

ERSCHEINT MIT AUSNAHME DES MONTAG TAGLICH FRUH. REDAKTION   UND VERWALTUNG PRAG   XII., FOCHOVA 62. TELEFOR 53077, HERAUSGEBER: SIEGFRIED TAUB  . CHEFREDAKTEUR  : WILHELM NIESSNER. VERANTWORTLICHER REDAKTEUR: DR. EMIL STRAUSS, PRAG  ,

15. Jahrgang

Samstag, 16. März 1935

Steigen der Ausfuhr Rot- grüne Koalition

der ČSR

In den ersten zwei Monaten 1934: 846 Millionen, in den ersten zwei Monaten 1935: 995 Millionen

Das Statistische Staatsamt gibt so­eben eine Uebersicht über den Außen­handel der CSR   im Feber 1935 aus. Danach betrug die Einfuhr in dem ge­nannten Monat 415,020.000( im Feber 1934 506,051.000), die Ausfuhr 519,081.000( 450,237.000). Es ist also die Einfuhr im Feber 1935 geringer, die Ausfuhr jedoch größer als im selben Monat des vergangenen Jahres. Die Folge davon ist, daß im Feber 1935 die Handelsbilanz mit 104,061.000 aktiv ist, während sie im Feber 1934 mit 55,814.000 passiv war.

In den beiden ersten Monaten des Jahres 1935 betrug die Einfuhr 830,006.000( in derselben Zeit des Vor­jahres 881,830.000), die Ausfuhr 995,395.000( 845,891.000). Auch hier zeigt fich also, daß die Einfuhr zurück­gegangen, die Ausfuhr, und zwar in immerhin beachtlicher Weise, gestiegen ist.

Die Sieger

richten sich ein Kammerauflösung und Aufhebung des Senats

Athen  . Die Regierung hat eine Reihe ein­schneidender Maßnahmen beschlossen. Die Kammer foll aufgelöst werden, da die meisten Abge=

an dem Aufstand verhaftet wurden oder geflohen ordneten der Opposition wegen ihrer Teilnahme

find. Dem Senat wird verboten, sich zu versammeln, weil die Mehrheit der Se­

ben werden.

Ferner ist in Aussicht genommen, alle ,, reak­fionären", d. h. venizeliſtiſchen Beamten, beson­ders die höheren, aus den Miniſterien und den Banken, sowie aus Heer, Marine und Luftfahrt Bu entlaffen, kurzum alle Dienste von ungeeigne­ten Elementen zu reinigen.

Kabinett Mowinckel zurückgetreten

in Norwegen  

Oslo  . Die liberale Regierung Mowinckel in am Freitag zurückgetreten. Der Rücktritt erfolgte, nachdem das Storting eine Resolution angenommen hatte, in welcher erklärt wird, daß das Storting jede Budgeterhöhung ablehne, die zu einer Steuererhöhung führen würde. Diese gegen die Regierung gerichtete Resolution wurde mit 94 gegen 55 Stimmen angenommen. Die Mehrheit für die Resolution setzte sich aus der Arbeiterpartei und den Agrariern zusammen, deren Führer erklärten, daß sie zu der allgemeinen Politik der Re­gierung kein Vertrauen besitzen.

Die neue Regierung wird, wie bereits gemeldet, von der Arbeiterpartei gebildet werden. Ihr Vorsitzender wird der bisherige Storting- Präsident Nygaardsvold   sein.

Zweijährige Dienstzeit

in Frankreich   eingeführt

D

Deutschland wird nächstes Jahr 600.000 Soldaten haben Paris.  ( Havas.) Ministerpräsident rechtigten Rüstungen niemals anerkennen. Nach & landin verlas in der Kammer und der Ju- den allgemein bekannten deutschen   Plänen wird ftizminister im Senate die Regierungserklärung Deutschland   im Jahre 1936 we über die vorübergehende Verlängerung des Mili nigstens 660.000 Idaten, Frant­tärdienstes. In dieser Erklärung heißt es: Indem reich aber nur 208.000 haben. Auch wenn die Regierung den Schwierigkeiten in Verbindung zu diesen 208.000 Mann die 72.000 Mann der mit der Schwächung der Jahrgänge der Wehr- mobilen Wehrmacht, die die Reserve für die über­bflichtigen, die während des Krieges geboren wur feeischen Abteilungen bildet, hinzugerechnet wer­den, begegnen wollte, beschloß sie, auf Grund des den, ist der Unterschied doch noch sehr groß. Artikels 40 des Gesetzes vom 31. März 1928, das im April 1935 zum Dienst berufene Kontingent um sechs Monate und die Jahrgänge vom Oktober 1935 bis zum Jahre 1939 einschließlich um ein Jahr länger im Militärdienst zu belaffen, es sei denn, daß inzwischen Maßnahmen zur Organisie­rung der Sicherheit und zur Beschränkung der

Rüstungen getroffen würden.

sessung des Alters der Einberufung zum Militär bracht, der die Regierung zur futzessiven Herab­

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2 ilde nensi

Nr. 64

England und Indien  

Während sich die englische Bolitik bemüht zeigt, in Europa   die traditionelle Vermittlerrolle zur Aufrechterhaltung eines im gegenwärtigen Augenblick ebenso trügerischen wie gefährlichen fontinentalen Gleichgewichts weiterzuspielen, sieht sie sich weitab von Europa   vor ein Problem gea stellt, das ihr offensichtlich viel ernster und ent scheidender ist. Es geht um die Aufgabe, Indien  beim englischen Weltreich zu erhalten und die Un­ruhe zu beenden, die seit Jahren die englische Herrschaft über dieses von 300 Millionen Men schen bewohnte Gebiet erschüttert. Das Problem ist nicht nur wegen dieser riesenhaften zahlenmä Bigen Ueberlegenheit der Eingeborenen über die fremden Beherrscher unerhört schwierig, es fom­pliziert sich noch dadurch, daß die Opposition der indischen Bevölkerung aus sehr verschiedenen Rich tungen kommt und daß England bisher seine Borherrschaft in Indien   nur dank der Rivalität dieser Richtungen aufrecht erhalten konnte. Die von Gandhi   eingeleitete und vom Nationalfon greß unter Nehrus Führung fortgesette na a tionalrevolutionäre Bewegung der Hindus ist nicht nur gegen England, sondern auch gegen die indischen Mohamme daner gerichtet, die erbitterte Feinde der Hindus Religion sind. Die gemeinsamen Gegner jeder in dischen Freiheitsbewegung aber sind seit jeher die indischen Fürsten, jene hundert Schahs und Maharadschahs, die das Fortbestehen ihrer sagen haften Reichtümer und ihrer autokratischen Herr schermacht der englischen Unterstützung verdanker,

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Aber obgleich die englische Kolonialpolitik die Rivalität in Indien   immer sehr geschicht gegen= einander auszuspielen verstand, hat sich die Lage Frankreich   wird seiner Friedenspolitik tren in Indien   nach dem Kriege doch immer mehr als bleiben. Es hat vor kurzem die Staaten, von deren unhaltbar erwiesen. Daß Gandhi   eine Massenbe­Vorgehen zum größten Teil das allgemeine Gefühl wegung entfesseln konnte, zeigte, wie einflußreich der Sicherheit oder Unsicherheit in Europa   ab- die Schicht bereits geworden war, der er angehört: hängt, aufgefordert, sich im Rahmen des Bölker- die Schicht der europäisch gebildeten indischen In­bundes an der Organisierung von Regionalabkom- telligenz, die von Europa   nicht nur das nationale men über die gegenseitige Hilfeleistung gegen Bewußtsein, sondern auch die Organisation ge= einen Krieg zu beteiligen. Die französische   Regie- lernt hat und damit noch die religiös- fana­Außerdem wurde ein Gefeßentwurf einge- rung tonstatiert aber, wie dies die Regierung tische Leidensfähigkeit verbindet, die im Indien  ein weiter Weg ist, bevor man von einer vollkom- bien eine eigene Verfassung zu Großbritanniens   in ihrem dieser Tage veröffent- der Fatire und Buddhiſten zuhause ist. lichten amtlichen Dokument getan hat, daß noch Heute handelt es sich bereits darum, In menen Sicherheit wird sprechen können. Die Erklärung Flandins wurde von der geben. Der erste Schritt dazu wurde vor drei zeitweise von Beifall begleitet. Besonders der blieb, dann folgte der Simon Bericht, der Paffus über die großen Rüstungen Deutschlands   die Bedingungen für ein Verfassungsstatut flären wurde von den Worten ,, hört, hört" und von lau- sollte, das für die englische   Regierung ebenso an­tem Beifall begleitet. Gruppen, und nun hat Baldwin dem eng­nehmbar wäre wie für die verschiedenen indischen lischen Parlament einen indischen Verfassungsent wurf vorgelegt, der das Kaiserreich  " Indien   in einen unter englischer Patronanz stehenden Föderativstaat mit einem Buna desparlament in Delhi   umwandeln will.

dienst bis zum zwanzigsten Lebensjahr ermächtigt. Der Ministerpräsident führte in seiner Rede

Als erster Interpellant ergriff der Depu­tierte Leon B I um das Wort, der jedwede Er­höhung des Militärdienstes a blehnte. Insgesamt sind zehn Redner angemeldet.

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natoren Anhänger, von Venizelos   ist. Später soll hiezu aus, daß infolge des Rückganges der Ge- Rammer unter vollkommener Stille angehört und Jahren mit der Round Table  - Konferenz in Lon der Senat durch einen Beschluß der Nationalver- burten in den Jahren 1914 bis 1918 die Zahl jammlung, die zwecks Abänderung der Verfassung der zu den Affentierungen Berufenen von der Nor­einberufen werden soll, überhaupt aufgeho- malzahl von 230.000 auf 118.000 gefunken ist. Die neue Regierungsmaßnahme, erklärte der Mi­nisterpräsident, zielt auf die Erhöhung des Effek­tivstandes ab und hat bloß ein Ziel, nämlich den Rückgang der Kontingente auszugleichen. Als das Gesetz vom 31. März 1928 verkündet wurde, das die Grundlage der französischen   Militärorganisa­tion bildet, bestand die Hoffnung, daß, noch bevor die Periode der an Wehrpflichtigen armen Jahr­gänge eintreten würde, die internationale Sicher­heit und die Rüstungen beschränkt und herabge­fetzt werden. Diese Hoffnung hat sich aber nicht verwirklicht, ja mehr als das, Deutschland  hat den Völkerbund verlassen und rüstet unter Mißachtung seiner Verpflichtungen aus dem Ver­failler Friedensvertrage in großem Maßstabe. Frankreich   und Großbritannien   werden diese unbe­

Die Kriegsgerichte beginnen am Montag ihre Verhandlungen gegen die Aufrührer.

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Das griechische Presbüro erklärt die Nach­richten, welche besagen, das in Griechenland   eine monarchistische Bewegung im Gange sei, als un­Autreffend.

Kriegsminister General Kondylis erklärte in einer Unterredung dem Sondervertreter des ,, Eve­ning Standard" in Athen  : Solange ich hier size, tann niemand daran denken, daß König Georg von Griechenland zurückkommt."

Auf die Frage, ob Aufständische erschossen würden, antwortete Kondylis: Ich bin kein Sultan mit Gewalt über Leben und Tod. Sie werden bestraft werden. Aber die Regierung hat nicht den Wunsch, Blut zu vergießen."

Absolutismus   in Polen  

Um 22 Uhr trat die Kammer zu einer Nachtsibung zusammen, in der sie den Regierungsentwurf zu Ende beraten wird. besteht kein Zweifel darüber, daß die Regierung eine große Mehrheit erhalten wird. Der Radikale Klub, der am Abend neuerlich zusam­mentrat, beschloß mit 27 gegen 11 Stimmen bei 15 Stimmenthaltungen, für den Regierungs­entwurf zu stimmen. Daladier  , der gegen die Dienstzeiterhöhung ist, geriet neuerlich mit Herriot  sehr scharf aneinander, unterlag aber schließlich.

Italienisch  - jugoslawische Annäherung?

Bedeutsame Erklärungen des neuen italienischen   Gesandten

vernehmen auf politischem und wirtschaftlichem Gebiete zu erreichen.

Um diesen Verfassungsentwurf ist in Eng land und in Indien   ein heftiger Streit entbrannt, der die an sich schon auf schwachen Füßen stehende englische   Regierung noch mehr ins Gedränge ge­bracht hat. Auf der einen Seite lehnt der indische Nationalrat den Baldwin- Entwurf als Halbheit

ab, weil er mit seinen Einigungstendenzen die Absicht verbindet, die Macht der indischen Fürsten aufrechtzuerhalten und die englische Zentralregie­rung als entscheidende letzte Instanz noch stärker als bisher zu machen, und auf der anderen Seite haben die indischen Fürsten einen Protest gegen den Berfassungsplan beschlossen, weil sie von ihm eine Unterminierung ihrer bisherigen Stellung befürchten. Sie erklären es für unannehmbar, daß die Zentralregierung das Recht haben soll, einen von ihnen abzusehen, aber darüber hinaus er Belgrad  . Der neue italienische   Gesandte di scheint ihnen der gesamte Entwurf mit seinen par­Cambalo hat Freitag seine Beglaubigungsschrei­lamentarischen und föderalistischen Neuerungen ben überreicht. Bei dieser Gelegenheit erklärte er: Prinzregent Paul antwortete: Die Miffion, offenbar verdächtig und überflüssig. Ganz auf mit der Sie betraut wurden und die ausdrück- denselben Standpunkt hat sich auch ein Teil der Meine Tätigkeit ist auf die Stärkung der liche Erklärung des Minister- jenglischen Konservativen gestellt. Es sind die soge= italienisch- jugoslawischen Annäherung gerichtet. präsidenten Mussolini  , daß Sie in nannten Diehards", die Erzreaktionäre der Bar­Warschau. Der Rechtsausschuß des Sejm hat Ich bin berechtigt, zu wiederholen, daß Italien   Ihrer Eigenschaft als Belgrader   Gesandter um tei, die unter Churchills und Balfours Führung die Debatte über das von der Regierung einges gegenüber Jugoslawien nur freund eine Annäherung zwischen unseren beiden dem Parteichef Baldwin den offenen Kampf an brachte Ermächtigungsgesetz durchgeführt. Auf Grund dieses Gesetzes wird dem Präsidenten der fchaftliche Gefühle hegt und Ländern bemüht sein werden, um eine herzliche gesagt haben, worauf sich Baldwin entſchloſſen Republik   für die Dauer der parlamentslosen Zeit nicht im Sinne hat, die Ent- uſammenarbeit und ein Einvernehmen auf hat, die indischen Fürſten zu einer Aussprache nach wirtschaftlichem und politischem Gebiete zu errei Condon einzuladen, um die Mißverständnisse" das Recht zuerkannt, Verordnungen und Detrete widlung Jugoslawiens   zu tanchen, entspricht allzu sehr unseren Gefühlen, als aus dem Wege zu räumen. mit sofortiger gesetzgeberischer Straft zu erlassen. sieren oder beffen territoriale daß Sie nicht versichert sein könnten, daß Sie bei Es ist vorauszusehen, daß die Verhandlung Die Vertreter der gesamten oppositionellen Par- Integrität anzugreifen. Italien   Ihrer Mission unsere Sympathien hier begleiten mit den indischen Fürsten zu einer Rückwärts leien sprachen sich scharf gegen das Gesetz aus. strebt danach, eine Zusammenarbeit und ein Ein- werden. revidierung des Verfassungsentwurfs führen

Weitreichendes Ermächtigungsgesetz

für den Präsidenten

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