Stift s Sonntag, 24. Mürz 1935 Nr. 71 iDle politische Wodic Roosevelts Milliardenprogramm Washington. Der Senat hat hie Ver­lage über die Rothitfcanfwendung im Betrage von 4488 Millionen Dollar angenommen. Brüssel.(Tsch. P. B.) Der Bizegonver- nenr der Belgischen Nationalbank Ban Zre« land ist vom König mit der Neubildung der Regierung deanstragt worden. Ban Zreland hat den Auftrag angenommen. Einige Mitglieder des Kabinetts Thennis werden auch dem Kabinett Ban Zeeland angrhören. Die neue Regierung wird sich aus Persönlichketten der drei großen Parteien des Landes, aus den Katholiken, Liberale« und Sozialisten zusam­mensetzen. heuren Munitionsvorräten und 7000 intakten Munitionsfabriken. In Deutschland   gibt es 15.000 chemische Fabriken, davon 500 wesentliche. 73 Prozent der gesamten deutschen   Kriegsproduktion wurden in gewöhnlichen chemischen Fabriken unter sehr geringer Abänderung der Anlage hergestellt. Schon damals schätzte Morgan, daß das Maximum für die gebrauchte Kriegsproduktion in Deutsch  » land nicht länger als drei Monat« dauern würde. Sicher ist» daß ein demokratisches Deutschland  keinen Krieg und auch nicht die Rüstungen wollte. Sicher ist, auch nach Ansicht General Morgans, daß der Vertrag von Versailles   so viel neuen Zündstoff angehäuft hatte, daß vieles aus der Vergangenheit sich daraus erklären läßt. Aber ebenso sicher ist, daß die Abrüstung der Köpfe fehlte, daß den Vertretern des preußischen Mili­tarismus eine zu große Macht eingeräumt war, die sie, auch unter Benutzung der innerpolittschen Ereignisse, geschickt euszumchen verstanden. Sie profitierten von allem und jedem und bereiteten so die SUuation systematisch vor. in der wir heute stehen. Die im Kriege fehlende allgemeine Dirt- schastspflicht ist längst vorhanden und jetzt durch Der vergangene TamStag brachte die große Ber­ liner   lleberraschung, die alle innerpolitischen Gescheh- niffe in den Schatten stellt. Die zynische Herausfor­derung, mit der der reichsdeutsche Fascismus den Versailler Verwog zerriß, überbot alle sein« bis­herigen Leistungen. Im ersten Augenblick sprach alle Welt von Krieg, der nach den allgemeinen Vor­stellungen in greifbare Röhe gerückt schien. Allmäh­lich ist aber doch wieder eine Beruhigung eingetreten, herbeigcsührt durch die Entschiedenheit, mit der die Großmächte und besonders Frankreich   auf den reichs- deulichen Schritt reagieren. Selbstverständlich bleibt die Lage nach wie vor ernst und die bevorstehenden Genfer   Beratungen werden die Auswirkung des reichsdeutschen Schrittes erst in seiner vollen Trag­weite ermejsen lassen. Jnnerpolitisch konzentriert sich das ganze Inter- esse auf den kommenden Wahlgang, der nach dem gegenwärttgen Stand der Dinge im Mai, spä» testens anfangs Juni vor sich gehen dürfte. Bis dahin sollen jedoch noch die im Parlament ein­gebrachten, bzw. für di« parlamentarische Verhand­lung bereitstehenden Vorlagen erledigt werden. Die Steuervorlagen, di« die Grundlage der Sanierung der Selbstverwaltung bilden sollen, vor allem die Vorlage über die Erwerbfteuer, dürften bereits dem neuen Parlament Vorbehalten bleiben. lieber die 40-Stuiwenwoche wurde bereits ein« Einigung erzielt. Augenblicklich wird an der endgül­tigen Formmierung der Verordnung gearbeitet, was im Rahmen des bereits im Gang befindlichen inter­ministeriellen Verfahren» geschieht. Bor der Entschei­dung steht auch das Biehsyndikat, da» wahr­scheinlich durch eine Rahmenverordnung auf Grund de» Ermächtigungsgesetzes gelöst werden wird, deren Ausführung dann durch Regierungsverordnung be­sorgt werden soll. Rach Verhandlungen, die viele Monate andauer­ten, konnten in der letzten Sitzung des Ministerrates wichtige Vorlagen erledigt werden. Darunter ist vor allem die vom Arbeitenministerium ausgearbeitete Verordnung über die Elektrifizierung zu nennen. Ihre Bedeutung liegt in dem weiteren Aus­bau der systematischen Eleftrifizierung, ferner in den Normen betreffend die Strompreirrege- lung, durch welche der heute vielfach noch sehr teuere Bezug von elektrischem Sttom auch den brei­ten Konsumentenschichten zugänglich gemacht werden soll; ohne die Einführung von gesetzlichen Vorschrif­ten wäre das nicht Möglich. Die Verordnung enthält auch sehr wichtige soziale Bestimmungen zum Schutze der Angestelltenschaft. Im deutschen   Lager ist noch keine abschsießende Klärung eingetreten, wenn auch bereits feststeht, daß die Totalitäwabsichten der Heimatfront al» ge­scheitert zu betrachten sind. Wie weit sich der Landbund zu einer Kooperation mit der SHF bereit finden wird, werden die allernächsten Tage erweisen. Die scharfen Angriffe auf den Landbund in der letz­tenRundschau" deuten aber nicht gerade darauf hin, daß man sich auf Seite der SHF noch viel von den bi» Dienstag abzuschließenden Verhandlungen ver­spricht. Die sozialistischen   Parteien wessen umfassende Vorbereitungen zum Wahlkampf, der, wi« wir über­zeugt sind, unserer Bewegung alle Ehre machen wird. Unsere Gegner, die uns in diesem Kampf am liebsten ganz vernichten möchten, werden einen Widerstand und eine Schlagkraft zu spüren bekommen, die sie nicht ahnen. Es wird sich zeigen, daß selbst die gewalttgen Leistungen de» 4. November, die die Schlagkraft der Sozialdemokratte erwiesen und Freund und Feind in Erstaunen versetzten, noch über­boten werden können. Dir neu« Regierung wird den Charakter eines Konzentrationskabinetts haben, da­feine Aufgaben ausschließlich in der Erfüllung be­stimmter wirtschaftlicher Aufgaben sieht. Die Frage des Regierung-Programmes soll in den Lrr- handlungen des ehemaligen Ministerpräsidenten Theunis mit den Vertretern der drei Parteien ge­klärt worden sein. Ban Zreland ist 44 Jahre alt und gehörte dem letzte« Kabinett de Brocquille als Miniswr ohne Portefeuille und Sachverständiger für Wäh­rung-- und Finanzfragen an. die allgemeine Wehrpflicht ergänzt worden. Mor-, gan sagte 1925:.Was die Wehrpflicht selbst an­langt, so ist es fast sicher, daß sie in dieser oper jener Form wieder hergestellt sein wird, wenn Deutschland   e» erreicht, seinen Willen zu bekom­men."Der nächste Krieg wwd wi« ein Dieb über Nacht kommen, und der Angreifer kann ihn, wenn er ordentlich vorbereitet ist, bereits gewonnen haben, bevor dasBillet doux" des Generalsekre­tärs des Völkerbundes mit der Einladungdas Verfahren friedlicher Regelung anzunehmen" ihn erreicht hat." 1925 sagte Morgan, daß aus dtt Frage,für welche nähere Zeitspanne der europä­ ische   Friede beim heutigen Stand der Dinge ge­sichert sein würde", er antworten würde:für ein Jahr!" Das schrieb Morgan 1925, und wir, die wir nicht der Ansicht sind, in dem Vertrag von Versailles  , gegen dessen Abschluß wir uns gewandt haben, den Inbegriff aller Klugheit zu sehen, müssen erklären, daß die. Kabinette die Verpflich- tung haben, in diesem Augenblick alles für keine Aufrechterhaltung zu tun, wenn sich nicht die Morgansch« Frist noch verkürzen soll und dieses Europa   in einen furchtbaren Abgrund hineinreißt Kurt Großmann  . Polen   besinnt sieh? Paris  . Der Warschauer   Korrespondent des Daily Telegraph  " und desEcho de Paris" meldet: Man kann eine wesentliche B e s- serungindera m tlichen Hal­tung Polens   gegenüber Frank­ reich   seit der Verkündung des deutschen Wehr« gesetzes feststellen. Die wiederholten Warnungen im Parlament und in der opposttionellen Presse unterstrichen die Gefahr, in welche Polen   geraten würde, wenn es mit Deutschland   allein bliebe. Diese Warnungen hatten einen gewissen Einfluß auf die polnische Regiervckg, stichttzdestowenißet werde aber nirgends, auch nicht an den franco^ philsten Stellen, angedeutet, daß sich der ableh­nende Standpunkt Polens   gegenüber dem Ost­pakt wesentlich ändern wird. Man hofft jedoch, daß die Reise Edens aus dieser Situation eine posttive Lösung bringen werde. Theatralische Geste Gandhis Bombay  . Gandhi   erklärt«, daß er sich für vier Wochen ein absolutes Schweige­gebot auferlegt habe. Er will diese Zeit dazu benützen, einen Plan zur Reorganisierung der Landwirtschaft vorzubereiten und durchzudenken. Konzentrationskabinett in Belgien  mit Einschluß der Sozialisten was dann?", die er nach der Nichträumung der! Waltiger Parks von schwerer Artillerie mit unge- ersten Kölner   Zone mit Wissen des englischen Kriegsamtes in derQuarterly Review  " erschei ­nen ließ. Im Lichte des soeben bekannt gewor ­denen Ereignisses gewinnt die Abhandlung Gene ­ral Morgans erneuten Wert. Sie zerstört die Behauptung, daß Deutschland   jemals so abge ­rüstet habe, daß den Interalliierten und Affociier- ten seitens Hitler   ein so weitgehender Vorwurf gi macht werden könnte, sie hätten einen so wich ­tigen Teil deS Vertrages von Versailles   nicht er ­füllt. Klar und deutlich wird der Teil V dieses Vertrages eingeleitet: Um den Anfang einer allgemeinen Beschrän ­kung der Rüstungen aller Rationen zu ermög ­lichen, verpflichtet sich Deutschland   zur genauen Befolgung nachstehender'Bestimmung über die Land-, See- und Luftstreitkräste." Was die Reichswehrkamarilla in den fünf Jahren nach Friedensschluß von diesen Verpflichtungen erfüllt hat, berilütet General Morgan auf Grund dtkumentarischer^lnterlagen, die durch die allge- mein bekannten Tatsachen Schwarze Reichs ­wehr, Zeitfreiwilligen-Formationen noch illu ­striert werden. Zum ersten Mal spricht Morgan in seiner Arbeit von dem gewaltigen Schatten, den Seeckt über das Antlitz   Europas wirft. Er ist einer der wenigen Militärs, dir entdecken, daß die Organi ­sation der   Reichswehr, die Beibehaltung der Gene ­ralkommandos, die sich in Versorgungsstellen tar ­nen, nichts weiter bedeutet als das Gerippe der kommenden Armee, als der Widerstand, die Wehr ­pflicht abzuschaffen. Fünfzehn Monate dauerte es, ehe Morgan in seiner Eigenschaft als Mit ­glied der Kontrollkommission auf die Frage, war­um die deutsche Regierung das Wehrpflichtgesetz von 1874 noch nicht aufgehoben habe, di« euphe­mistische Antwort erhielt, daß das nicht notwendig sei, weil der Vertrag   von Versailles inzwischen Reichsgesetz geworden sei. In der Demobil» machungSorganisation, deren Personal ganz eigen ­artig zusammengesetzt war, begründete man schon damals die neue Aushebungsorganisation. WaS sollte eS zu bedeuten haben, wenn bei dieser Be­hörde. 3579 Offiziere, 16.392 Unteroffiziere und nur 8517 Mannschaften tättg waren. Wie kam eS, daß in den Versorgungsstellen das alte Personal der Generalkommandos tätig war? In einem Armeebefehl entdeckte Morgan, daß die alte Heeresreserve auf den Leiter des Demobil- machungsamteS jedes der alten Armeekorps über ­tragen worden war, daß der Leiter immer ein ge- wesenerGeneral war, dem noch dazu dieAusübung der militärischen Disziplinargewalt oblag. Bereits für das Jahr 1920 schätzt Morgan dir Iststärke der deutschen Arme« auf gut über 500.000 Mann. Noch andere erstaunliche Tatsachen stellte Morgan fest. Je größer die Schreibarbeit in den Versor» gungSämtern wurde, je mehr nahmen die Echrei- brr ab und die Abteilungsleiter zu. Die Erklärung war einfach, diese AkteilungSchefS waren pensio ­niert« Offiziere,dis sich nicht zur Ruhe gesetzt hatten". Nicht anders war es mit den gemäß des Ver ­trages zu verschrottenden Waffen. Die Kontroll ­kommission hat während der Tätigkeit MorganS in 150 Fällen versteckte Waffenlager gefunden. Aber da man sieben bis zwölf Monate zum Ver ­stecken Zeit hatte, ist gar nicht abzusehen, wieviel Waffen versteckt waren. Nach der Ansicht eines her   ­vorragenden   französischen GeneralstabSoffizicrS fehlt« der Nachweis für 10.  000 Geschütze. Deutsch ­lands Waffenarsenal war ansehnlich genug. Es verfügte über 35.000 Geschütze einschließlich ge- I Zwei Juli-Putschisten lebenslänglich Wi«n. Das   Militärgericht in Wien fällte am Samstag das Urteil im Prozeß gegen den ehe­maligen Major deS Bundesheeres Rudolf Sei- linger, Jnstrutteur der sogenanntenAärm- abteilung der Wiener Polizei" und gegen die drei früheren Polizeioffiziere der gleichen Formation, Leo Gotzmann, Josef Heistchmann und Dr. Paul H ö n i g l. All« vier Angeklagten wur­den des Verbrechen- des Hochverrates nach 8 58/59 für schuldig erkannt. Sellinger und Gotz- mann wurwen zu l eh en- länglichem schwe­ren Kerker, Heischmann zu 15 Jahren und Hönigl zu zwölf Jahren schwerer Kerkerhaft verurteilt. Das Grazer Schwurgericht verurteilte den 24jährigen Hochschüler Robert Scharnagel zu 15 Jahren schwerem Kerker und seinen Mitange­klagten Ignaz Marku» zu 12 Jahren schweren Kerker. Di« beiden hatten zwischen den Grazer Nationalsozialisten   und den Münchener Stellen Kurierdienste geleistet. 39 Roman   von Fritz Rosenfeld Der Arzt ging. Carlotta beugte sich über Gregor, hob die Decke auf, die sein Antlitz ver­hüllte. Seine Augen waren geschlossen, wächserner Friede lag über ihm, als schliefe er. Da peitschte draußen ein Schuß auf. Ein Schrei gellte, der in ein langgezogenes Weinen ausklang. Olavsen stürzte ans Fenster, die Musik nebenan brach ab, der Stationsvorstand, der Hei­zer, die Schaffner liefen den Zug entlang, Gen­darmen jagten vorüber, ein Mann tappte auf das Haus zu, die Hand an die Schulter gepreßt, aus der Blut floß. Er trug einen grauen Kittel, wie ihn Kranke in den Spitälern tragen. Er lief um das Haus, er stand still, überlegte, die Gen­darmen waren hinter ihm her» der eine hielt den rauchenden Revolver in der Hand, der andere fuchtelte mit dem Säbel in der Luft herum und schrie, daß seine Sttrnadern anschwollen.Stehen bleiben, oder sie werden niedergeknallt wie ein toller Hundl" Der Mann im grauen Kittel sah für einen Augenblick stumpf ins Leere, dann stürzte er auf die Tür zu, riß sie auf, schlug st« hinter sich zu, stemmte sich mit seinem ganzen Gewicht gegen sie und schrie in den Raum, mit einer schrillen Stim­me, die messerscharf ins Mark schnitt: Rettet mich, rettet mich, sie sind hinter mir her, laßt sie nicht herein, sie erschießen mich". Er stand da, die Arme gespreizt, die Hand­flächen an die Tür gepreßt, die Knie schlotternd, da» Gesicht kreideweiß, und über die rechte Brust­hälfte sickerte dunkel das Blut. Die Gendarmen sahen durch» Fenster, dann steckten sie die Säbel und Revolver ein, der Mann im grauen Kittel hatte keine Waffe, er war im Haus, er war in der Falle, er entging ihnen nicht. Er stand allein an der Tür und stemmte sein Gewicht gegen sie. Di« anderen wichen zurück, die Girls verbargen sich kreischend hinter Frau Avory, Kilmek preßte beide Hände gegen die Brusttasche, in der das Geld steckte, al» blutete auch in seinem Leib eine Wunde. Eabrolle sackte in einem Winkel zusammen, Herr von Ebel war leichenblaß, das Monokel lag zerschellt zu   seinen Füßen, Georgia und Raymonde hockten auf der Bank, schwiegen, schwiegen, versanken in diesem Schweigen als könnte es sie schützen. Die Gendarmen rüttelten an der Tür, der Mann im grauen Kittel spannte alle Sehnen, seine Augen waren riesengroß und flackerten über alle Gesichter hin und riefen um Hilfe aber nicht eine Hand half ihm den Widerstand gegen den Druck von draußen verstärken. Da biß er die Zähne zusammen, das Blut schoß hervor, seine Hände fuhren ausgestreckt, die Finger gespreizt, in gro­ßem Bogen durch die Luft, dann brach er zusam­men, ein graues Häuflein, wimmernd, kläglich wimmernd wie ein verwundetes Tier. Der Weg für die Gendarmen war frei. Sie traten ein, sie hoben den Mann im grauen Kittel hoch, betteten ihn auf einer Bank. Dann nahmen sie die Helme ab und wischten sich den Schweiß von der Stirn. Dann gingen sie zu Ma« rinka und ließen sich jeder   ein große» GlaS Bier geben. Dann setzten sie sich neben den Mann im Kittel, der eine zu seinen Füßen, der andere zu Häupten, und tranken. Niemand wagte es, mit ihnen zu sprechen. Scheu schlichen die Passagiere um die Männer in den dunkelblauen Uniformen herum und suchten i in ih^en Mienen, auf ihren Kleidern, an ihren Schuhen Anzeichen aufzuspüren. Spuren von Blut oder Riffe oder Schußlöcher oder irgend etwas, das ihrer Neugier Nahrung bieten könnte. Aber sie fanden nichts; die Uniform der Gen­darmen war in tadellosem Zustand, weder ein Schmutzfleck noch eine Bluffpur war zu erspähen. Da saßen sie wieder nieder, schwiegen und starteten. Der Stationsvorstand kam, besah sich den Mann im grauen Kittel, schüttelte den Kopf. Al» der eine Gendarm das Glas geleert hatte, sagte er: Wir kamen gerade vorüber, als er aus dem letzten Wagen dr» Zuge» klettern wollte. Wahr­scheinlich hat er im Zug geschlafen. Un» hat man die ganze Nacht herumgehetzt, von einem Dorf zum anderen, und er schlief ruhig, in der nächsten Nähe, in einem leeren Waggon. Wir riefen ihn an, aber er lief weiter. Er hoffte noch, un» zu entkommen. Er hatte einen Vorsprung. Wir mußten ihn anschießen. Wenn er da» Gehölz er­reicht hätte, wäre er un» wieder durchgegangen, wie gestern abend»." Ist es schlimm?" Wird nicht so schlimm sein. Fleischwunde am rechten Arm, wir zielen sicher." Der Gendarm tat, als hätte er die Wunde längst untersucht und vernäht und verbunden; er ging an» Büfett zurück, stellte das Glas auf den Schanktisch und bezahve. Dann fragte er nach dem Telephon. Der StattonSvorstand ging mit ihm. Er rief das Amt an, es meldet« sich. Er verlangte eine Verbindung mtt dem Gen­darmeriekommando, er bekam sie. Er erstattete Meldung und nahm, stramm stehend, einen Befehl entgegen. Dann ging er zu dem Gefangenen zurück. Das Telephon ist wieder in Ordnung", sagte der StattonSvorstand zu Olavsen. Und zu dem Gendarmen: Soll ich den Arzt verständigen?" Ist nicht notwendig. Der Kommiflär kommt herauf und bringt den Doktor mit." Olavsen flagte: Sollen wir dem Mann nicht einen Rot­verband anlegen, er kann ja verbluten, ehe der Doktor kommt." Er verblutet nicht. Der Kommiffär wird gleich hier sein. Bevor der Kommissär hier ist, darf niemand den Gefangenen anrühren." Olavsen ging zu Carlotta hinüber. Sie saß in dem großen, grüngraugestreisten Lehnstuhl am Fenster, wie heute nachts. Sie haben.ihn", sagte er. Wer ist es?" Ein Mann in einem grauen Spitalskittel, ein armer Teufel. Sie haben ihn angeschoffen, nun liegt er ohnmächtig drüben im Wartesaal auf einer Bank, und sie erlauben nicht, daß man ihn verbindet." Ein Verbrecher?" Er sieht nicht nach einem Verbrecher aus." Carlotta wollte sich aufrichten, ihre Knie schlotterten, sie war, nach der durchwachten Nacht, am Ende ihrer Kräfte. Bleib hier. Niemand kann ihm helfen. Der Polizeikommiffär ist unterwegs. Man wird ihn verhören, und dann schaffen sie ihn vielleicht ins Spital. Ins Zuchthaus kommt er früh genug." Was hat er mit dieser irrsinnigen Tat be­zwecken wollen?" Das wird sich schon Herausstellen. Vielleicht hat er mit der Brückensprengung und der Stö­rung des Sender» und all dem andren gar nichts zu tun. Vielleicht ging er einen andren Weg und lief zufällig hier den Gendarmen in die Arme." Ist er alt?" Ich schätze ihn auf vierzig." Wie sieht er aus?" Angegraut, das Gesicht wächsern, wie bei einem Menschen, der selten in die freie Luft kommt. Er ist groß und schlank. Ich habe seine Hände gesehen. ES sind nicht die Hände eines Verbrechers." Geh hinein, zu den andren, Olav. Ich bleibe hier, bis sie Gregor holen." (Forffetzung folgt.)