Sekte S
Mittwoch, 27. März 1935
«r. 73
Russland   soll abrüsten
Was Hitler   verlangt:
Zugeständnisse machen Könne, Rußland   würde seine Zustim- zu folgenden Maßnahmen ge-
vorbildlicher Weist Einrichttmge» in diese« Sinne geschaffen. Aussig   ist das gegeben« Sportzentrum. Tie dort geschaffenen Einrichtungen sollten endlich einmal auch»an Staats wegen nnterftützt werden! Wir werden dem Gesetz zustimmen, mit dem berechtigten Wunsche, das> dieses Institut für alle Bürger und Böller dieses Staates eine segensreiche Tätigkeit im Interesse der Körperkultur und der all­gemeinen Volksgesundheit ausüben möge.(Bei­fall.)
Berlin  . Rach einer Reutermel­dung erklärte, Hitler, al- er de« briti­schen Staatsmännern eine umfangrei­che Darlegung über die militäri- schenDorbereitungenSow- jetrußlands gab, wie er fie be­trachtet, daß Deutschland   in Angele- genheit der Rüstungen keine wesent­liche« außer mung ben: 1.
Vene! und Titulescu Prag  . Minister für auswärtige Angelegen­heiten Dr. Benes ist Dienstag nachmittag- in Begleitung der Beamten seines Kabinetts, Legationsrat Dr. K u L e r a und Dr. Hla- väLek nach Preßburg   abgereist, wo er mit dem rumänischen Außenminister Titulescu zusammentreffen wird.
Prag  . Im Parlament wurde am Dienstag der Initiativantrag Hnmmelhans und Be- aoffen aus Errichtung eines staatlichen Institutes für Körpererziehung angenommen, das»ach dem Begründer des DokolturnwesensTYt- I« sti- t u t" genannt werden soll. In dieser Anstalt sollen, wie Genosse Hmmnel- hans als Referent ausführte, Turnlehrer und Turn­warte herangebildet werden, mit deren Hilfe erst eine Ertüchtigung der Jugend auch im Sinne der Wehrhaftigkeit, freilich im Einvernehmen mit allen Turn« und Sportorganisationen möglich sein wird. Wenn heute die Körpererziehung als wichtiger Mittel zur Erhaltung der Gesundheit und zur He­bung des geistigen und sittlichen Niveau» des ganzen Volles anerkannt wird, dann muß man auch mittel­geeigneter Einrichtungen für die Förderung, Ver- tieferung und Ausbreitung der Körperkultur sorgen. In der Anstalt sollen die Hörer sowohl nach der wissenschaftlichen wie nach der fachlichen Seite hin geschult werden.
Neber die deutsch  -englischen Besprechungen, die DienStag abends nach zweitägiger Debatte
De« Hauptteil seiner aktiven Armee von der Westgrenze nach dem Fernen Osten zu verlegen. 2. Die Gesamtstärke seiner aktiven Armee zu vermindern. O
Tyrs-Institut für Körpererziehung Genosse Müller verlangt Berücksichtigung des deutschen Elements
Mißerfolge der SHF auf dem Lande Die.Zukunft" erhält aus dem Dachauer Ge« biet einen längeren Situationsbericht über Zer- setzungSerscheinungen in der SHF, aus dem wir einiges wiedergeben: An Tachau   selbst, wo ein schwerer Konflikt in der Ortsgruppe der SHF aus­gebrochen war wir haben darüber bereits zwei­mal berichtet hält die Austrittsbewegung an und es sollen nach verläßlichen Informationen be­reits über hundert Mitglieder aus der SHF ausgereten sein. Die Zug­kraft der SHF auf dem Lande läßt immer mehr stach. Die alten Nationalsozialisten find über die Verhandlungen Henleins mit den tschechischen Agrariern entrüstet und machen aus ihrer Unzu­friedenheit auch kein Hehl. Drei Versammlungen aus der letzten Zeit zeigen am besten, wie es um die Zugkraft der SHF bestellt ist. Am 17. März war eine Versammlung der SHF in Neulosimthal. Obzwar das ganze Waldviertel aufgeboten war, erschienen in der Versammlung ganze sechs Mann durchwegs ehemalige Kommunisten. Am glei­chen Tage fanden noch Versammlungen in Leier­winkel und Langendörflas statt. An Leierwinkel bliH der Redner allein, nicht einmal der Ein- berufer kam und in Langendörflas waren außer einigen unseres Genossen nur drei funge Leute, Anhänger der SHF, erschienen. Tags zuvor hatte die Sozialdemokratie eine Versammlung in Neu­losimthal, bei der nicht weniger als 150 Besucher anwesend waren.
Die Unterhaltungen fanden in offenster und freundschaftlichster Farn« statt und habe» zu einer vollständigen Klarstel­lung der beiderseitigen Auf­fassungen geführt. Es wurde festgestellt, dass beide Regierungen mit ihrer Politik das Ziel verfolgen, den Frieden Europas   durch För­derung der internationalen Zusammenarbeit zu sichern und zu festige«. Die englischen und deut­schen Minister sind von der Nützlichkeit der di­rekten Aussprache, die soeben stattgefunden hat, durchdrungen." Sir John Simon wird Mittwoch auf dem Luftwege von Berlin   nach London   zurückkehren. Mr. Eden wird planmäßig nach Moskau  , War­ schau   und Prag   wetterreisen. Der Berliner   Reuterkorrespondent meldet, da» Ergebnis der zweitägigen Besprechungen könne man im großen und ganzen folgendermaßen aus- drücken: Sir John Simon und der Lordfiegelbewah- rer Eden sind beim Verlassen Berlins   viel mebr als früher überzeugt, daß sie vollkommen richtig gehandelt haben, als fie fich zu der Berliner   Reise entschlossen.
Theaterfonds vom Kulturausschuß des Senats genehmigt. Der Kulturausschuß des Senates befaßte sich am Dienstag'in Anwesenhett des Ministers Dr. Krkmäk mit dem Initiativantrag des Se­nators Dr. Witte und Genossen auf Errich­tung eines staatlichen Fonds zur Unterstützung der ständigen nichtstaatlichen Theater. In diesen Fonds sollen bekanntlich 10 Prozent des Brutto­ertrages der Rundfunkgebühren und 5 Prozent des Bruttoertrages der von ausländischen Filmen eingehobenen Gebühren stießen. Der Anttag wurde einmütig genehmigt. * Der Senat hielt Dienstag ein« Sitzung ab, in welcher die schon ziemlich lange in den Aus­schüssen ruhende Vorlage über gewisse Aenderun- gen der Disziplinarordnung für Militärgagisten beschlossen wurde. Sodann wurden die Vorlagen über die Meldepflicht und den Au f- enthalt von Ausländern geneh­migt, wozu u. a. Genosse Dr. Holitscher sprach.(Wir werden seine Rede im Auszug nach­tragen). Nächste Sitzung Donnerstag^11 Uhr.
Bon unserer Fraktton begrüßte Genosse M L l l e r die Vorlage. Wir sind in der Tschechoslowakei   wohl der letzte der Staaten, der eine derartige Einrichtung schafft. In der Tschechoflowakei ist bisher für Lei ­besübungen sehr wenig geschehen; was geschah, ist auf das Konw der Turn» und Sportverbände zu setzen. Wir verlangen, daß diese Anstatt nicht viel ­leicht nur eine Hochschule für Leibesübungen sein soll, an der Lehrer und Professoren ausgebildet werden, nehl, wir verlangen mehr: wir verlange», baß dieses Institut»ine Stätte ist, die dem ganzen Lotte zugänglich ist, daß au dieser Stätte die Kurse, SchuluugS- und Bildungsmög ­lichkeiten nicht nur für die Turnlehrer, sondern auch Vorturner, Uebungsleitern, vebungSleiterin- nen jener Verbände offen sind, die draußen im Lande die Arbett leiste». Diese Basis muß vor allem geschaffen werden. Es muß die Möglichkeit geschaffen werden, durch dieser Institut endlich staatliche Kurse in mo ­dernstem Stile und in weitestem Umfang auf Kosten deS Staates durchzuftihre», unter der Mitarbeit der Verbände und unter Verwertung der Erfahrungen des praktischen Turn- und Sportttbens. Wir glau ­ben, daß mit diesem Anfang gewiß ein guter Schrttt auf diesem Gebiete getan wird. Gerade in der Kris« ist diese Arbeit doppelt notwendig, weshalb wir die ­sem Institut«in gutes. Gedeihen wünschen. Wir setzen aber voraus, daß auch allen deut ­schen Sportverbänden, die ehrlich und fest ans dem Boden dieses Staates stehen, die Möglichkeit gege ­ben wird, an den Einrichtungen dieses Institutes teilzuuehmen, an der Mitverwaltung, am LurS- wesrn, au der allgemeine» Gestaltung. Wir finden es verständlich, wenn unsere tschechi ­sche» Mitbürger-diesem Ansrilut den Namen des großen tschechischen Turn- und Spörtfuhrers Tyk geben. Wir wünschen, daß in diesem Institut ein moderner Geist ei'» ziehen möge, nicht nur auf dem Gebiete des Fachlichen, sondern, daß auch der Geist der Verträglichkeit der Völker Pflegeund Anerkennungfinde. Wir wollen dann gerne mitarbeiten und alle unsere Kräfte und Erfahrungen in den Dienst dieser Anstalt stellen. Wir finden es richtig, wenn ein derartiges Zentralinstitut in der Hauptstadt des Landes seinen Sitz hat, wiederholen jedoch, die alte Forderung, auch an die Provinz zu denken und endlich einmal staatliche Mittel auch nach Rord- böhme« in die Grenzgebiete zu lege«, um di« dort-.,-- befindlichen Institutionen der Körpererziehung und abgeschlossen wurden, heißt es in emem amtlichen Gesundheitspflege zu unterstützen  . Aussig hat in!   deutschen Kommniquc:
mer«ineS Tages ablehnen würden, die Bekämp­fung und Eroberung der sudetendeutschen   Wirt» schastSpositionen zu finanzieren. Deshalb seine plötzliche Begeisterung für ftiedliche nationale Zu­sammenarbeit. Preis; konnte zwar nicht die lei­seste Andeutung machen, wie diese Zusammen­arbeit nach der von ihm ersehnten Ausschaltung der Demokratie aussehen würde, oder wie inner­halb eines tschechisch-deutschen FascistenregimeS die Rechte der nationalen Minderheiten gesichett werden sollen. Aber Preiß verstand eS in   Teplitz, seine   deutschen Zuhörer bei ihrer schwächsten Stelle zu packen: bei ihren Sympa­thien für Hitler. Das Kompliment für diegroße Bewegung" im Reiche, abgelegt in  deutscher Sprach« von einem tschechischen Natio­naldemokraten, hat ihm sicher die Herzen der Mehrheit der Hauptverbandsmilglieder erobert. Wenn Httler gelobt wird, dann sind die Schläge vergessen, die gerade unter der Führung der Ziv- nobank den deutschen Unternehmungen nach dem Kriege zugefügt worden sind. Preiß erntete Bei­fall, den Beifall einer Zuhörergemeinde, die zu­meist an die Banken bis über den Hals verschuldet ist und im Alltag die hohen Dankzinsen als den Ruin der Industrie zu beklagen nicht müde wird. Die Rolle deS Herrn ZivnobankdireftorS ist klar. Er will die materielle und ideologische Hörig­keit des deutschen Unternehmertums für die Ziele der tschechischen FasciSmuS einspannen. Weniger klar erscheint die Rolle der deutschen Industrie. Die Ablehnung aller sozialen Forderungen der Arbeiterschaft ist doch schließlich kein Programm. Herr Liebig beklagte erneut, daß seine StandeS- genoffen im Parlament keine Vertretung haben. Wollen die deutschen Industriellen, nachdem sie die Schalmeien deS Herrn Preiß ohne ein Wott des Einwandes angehört haben, künftig die Herrn HodaL und Sttibrnh zu ihren politischen Sachwal­tern küren? Oder glauben sie fich ihrer ftaatspo- litischen Aufgabe entledige» zu können, in dem sie dieVolkshilfe" und die Agitation des Herrn Henlein nach Kräften unterstützen? Die Teplitzer Tagung war nur ein Akt in dem Trauerspiel der sudetendeutschen   Industrie­bourgeoisie. Ihre gewiß nicht rosige wirffchaftliche Lage hat fie durch konsequente Fehlorientierung zum ansehnlichen Teil, mitverschuldet. Politisch haben sich unsere Unternehmer um jeden Einfluß gebracht durch ihren sturen Arbeiterhatz, durch völligen Mangel an Modernität der Anschauun­gen, durch ihre traditionelleVer- sklavung an jede Form des Ra­tionalismus. DaS durch die Zivnobank repräsentierte Finanzkapital ist durch die Kampf­stellung der tschechischen Agrarpartei in Bedräng­nis geraten und sucht Bundesgenossen. Bei kom­menden planwirtschaftlichen Regelungen könnte die Abbürdung der unsozialen La st en der Industrie, nämlich der Bankzinsen, und über­haupt ihr ganzes Finanzierung-Problem, auf die Tagesordnung kommen. Herr Preiß will es ver­hindern. Werden ihm seine Schuldner dabei zu Hilfe eilen? Werden die deutschen Fabrikanten, die mit ihren Hofinungen auf   Henlein enttäuscht wurden, nun auf die Karte des tschechischen Fa- sciSmuS setzen? Und die Hauptfrage, die auch in den Berichten über die Teplitzer Tagung nicht be­antwortet wurde: We denn die   deut­sche Industrie überhaupt was sie will?
Roman von Fritz   Rosenfeld
Der Zeichner saß in feinem Abteil, den Block auf den Kniens und strichelte daS Gesicht deS ManneS im Kittel hin, ein graues Gesicht, flackernden Wahnsinn in den Augen. Der Taschen­spieler hockte ihm gegenüber, sah seit zehn Mi­nuten unablässig auf einen Fleck Erde neben den Schienen, auf dem GraS keimte, blaßgrünes, kur­zes, spärliches GraS. Herr von Ebel lehnte an seinem Fensterplatz und schlief  . Georgia und Ray­monde, steif und stumm, schwarz und einsam, hü­teten ihre Koffer und warteten. Den Begriff Zeit kannten sie nicht mehr. Wenn der Zug erst in drei Tagen abgefahren wäre sie wären in ihrem Abteil geblieben, hätten auf ihre Hände gesehen, zerfaltete, ledrige Greisenhände, und hätten ge­schwiegen. Ludovica, Leonie, Xenia balgten um die Plätze; jede wollte am Fenster scheu, vielleicht sah man Gendarmen hinter Verbrechern herjagen, vielleicht lagen umgestürzte Lichtmaste neben den Gleisen, kam man an zerschossenen Häusern, zer­stampften Fabriken vorüber. Frau Avory mußte Frieden stiften, aber kaum hatte sie daS Abteil verlassen, begann der Zank von neuem. Sie ging zu Tarlotta und sprach nochmals mit ihr. Nicht als Brotgeberin und Partnerin eines Vertrags, als Frau zur Frau. Sie sind eine Künstlerin, Tarlotta, und wer einmal die Lust der Bühne in seiner Lunge ge­spürt hat, kann nicht mehr ohne Rampenlicht le­ben. Ich kenne das. Ich hab zwei Jahre, als ich krank war, nicht auftreten dürfen. Jeden Abend blickte ich auf die Uhr, und ich bekam Herzklopfen, Venn die Stunde da war, in der im Theater der
Vorhang aufgeht. Da sitzen sie nun und sehen auf die Bühne, und du könntest dort stehen, und sie würden dich bewundern und dir Beifall klaffchen. Aber es steht eine andere dort, und sie haben doch vergessen. In den ersten Tagen wartet man, der Theaterdiener würde kommen und bitten: man sollte doch auftreten, eS ginge nicht mit der ande­ren, die Leute lachten sie aus, das Theater stünde vor dem Ruin. Dann wartet man nicht mehr, man weiß, es geht auch mit der anderen, die Leute verstehen ja nichts von Kunst, aber gerade daß es mit der anderen geht, drückt einem daö Herz ab. Wir dürfen nicht ersetzbar sein, Tarlotta, sonst haben wir keine Lebensberechtigung mehr. Wir mögen an unserer Kunst zweifeln, aber niemals daran, daß die Well uns braucht. Ich weiß nicht, ob Marcel mit Xenia so gut tanzen wird wie er mit ihnen getanzt hat, ich glaube eS nicht; aber selbst wenn es so wärees tut mir leid um fie. Sie haben eine große Karriere vor sich, mit oder ohne Marcel. WaS wollen sie denn anfangen, wenn sie von der Bühne abgehen? Wollen sie als brave Gattin eines Philisters in einer Provinz­stadt versauern und vor Gram vorzeittg altern und eines schönen Tages unbekannt und unbeweint und ungefeiert irgendwo verscharrt werden?" B Tarlotta schwieg, die Tränen saßen ihr im Hals und erstickten ihre Stimme. Sie war nicht nahe am Weinen, weil Frau Avorys umständ­liche Ausführungen sie etwa gerührt hätten, sie wollte losheulen, weil sie trotz alledem emen Ab­schnitt ihres Lebens beschloß und jeder Abschied, auch der froheste, traurig stimmt. Es ist lieb von ihnen, Frau Avory", sagte Tarlotta,mich vor all dem Grauen und Bösen bewahren zu wollen, das sie in meiner Zukunst sehen. Wer ich sehe meine Zukunft anders. Es gibt Menschen, Frau Avory, die find dafür geboren, auf der Bühne für Hunderte und Tausend« zu leben, sie werden niemals satt, neue Menschen zu gewinnen und an sich zu fesseln und zu beherr­schen. Und eS gibt Menschen, denen gar nichts an
der Bewunderung der Tausend und an der Macht über die Zehntausend liegt, sie suchen einen Men­schen, für den sie leben, dem sie ihr ganzes Sein, ihre Seele und ihr Blut, ihr Herz und ihr Hirn hinopfern, um glücklich zu werden. Ich bin ja gar keine Künstlerin, ich tanze vielleicht ganz gut, aber was will das schon heißen, eS gibt hundert, die ebenso gut tanzen, und ein ganzes Leben darauf aufbauen, daß man einmal bei einer Tanzkonkur­renz, weil kein besseres Paar an ihr teilnahm, den ersten Preis gewann nein, Frau Avory, das kann ich nicht und das will ich nicht. Ich habe dieses Spiel gespielt, solange nichts da war, das mich auSgefüllt, das mich gehalten, das mich bis in alle Tropfen meines Blutes und alle Fa­sern meiner Seele durchdrungen hat. Jetzt ist diese Stunde gekommen, und was gestern noch möglich und gut schien, erscheint mir heute un­säglich albern und lächerlich. Ich werde nicht mit bitterer Erinnerung daran zurückdenken, daß ich vor tausend Menschen getanzt habe und Blu­men bekam und» lange Rezensionen in den Zei­tungen und mein Bild in den Blättern stand ich werde nur denken, wie läppisch es war, daß ich in einem Flttterfleid über staubige Bretter gehüpft bin zu einem verrückten Lärm und mich von heißen Scheinwerfern anleuchten ließ und mich verneigte, weil unten ein paar dicke Spießer in die Hände llaffchten. ES war ein Irrtum, Frau Avory; nicht, daß ich von der Bühne weggehe, !ist der Fehler, sondern daß ich jemals aus den Gedanken kam, auf der Bühne mein Brot zu ver­dienen. Xenia wird es besser machen. Sie hat Theatcrblut; Marcel hat es ja übrigens auch nicht, er wäre lieber ein reicher Mann in einem Schloß und läge den ganzen Tag auf dem Sofa und läse Romane und ginge abends in den Klub, um Karten zu spielen." Wenn die Dinge so liegen, Tarlotta, darf ich natürlich nicht mehr versuchen, ihre Entschlüsse zu beeinflussen. Ich habe er gut gemeint".
Ich weiß eS, Frau Avory, und ich bin ihnen dankbar". Fahren sie mit uns?" Ich werde wohl hier bleiben, mit Herrn Olavsen, bis man Gregor geholt hat." Er hat sie sehr gern gehabt, Tarlotta. Wir, alle haben sie sehr gern gehabt" Frau Avory zog ihr Taschentuch hervor, trock­nete eine Träne. Ich fahre ja nicht nach Hinterindien,  " sagte Tarlotta lächelnd.Wenn das Gastspiel in Upsi- lon vorüber ist, kommen sie zu mir, in meine kleine Wohnung, und wir machen es uns recht gemüt­lich. Ich habe eine Sorte Likör, die sich sehen lassen kann." Also dann auf Wiedersehen, und viel Glück." Auf Wiedersehen und Hals» und Bein­bruch in Upsilon." Frau Avory watschelte hinaus, das Herz durchträntt mit ungeweinten Tränen, und kam sich weise und gütig und viel besser vor, als alle an­deren Menschen, die auf dieser Erde lebten. Marinka und der Kellner steckten die Köpfe zusammen und addierten lange Ziffernreiyen. Auf einem kleinen Zettel stand die Anzahl der Bier­flaschen, der Brote, der Teetassen, und nun hieß es rechnen. Jakob Halling sah Marinka zu, er sah über ihre Schütter auf das Blatt. Er zahlte alles, die paar Hunderter es war billig in Marinka- Büfett, und die Summe» die sie errech­nete, war nicht hoch, obgleich sie ihr ungeheuer­lich erschien und sie nicht fassen konnte, daß ein ein einzelner Mensch soviel Geld in seiner Tasche tragen konnte, ohne zu befürchten, daß Räuber ihn überfielen. (Forffetzung folgt.)