Seite 6„Sozialdemokrat"Donnerstag, 28. März 1933. Nr. 7£PRAGER ZEITUNGiit und daß dieKönner unter den deutschen Künstlern nichts vom Nationalsozialismuswissen wollen!GcrichtssaalUm die Frau loszuwerdenPrag. Ziemlich sonderbar mutete der Fall des80jährigen Josef R u n s a an, der vor dem Strafsenat Kaplan wegen versuchten Abschlusses einer Doppelehe angeklagt war. Runs« hat vor sieben Jahren eine Ehegeschlossen, die später ziemlich unglücklich verlief. Esgelang ihm nach langen Bemühungen, seine Frauzur einverständlichen Scheidung zu bewegen.Als er aber nach vollendeter Ehescheidung die vollständige T r e n n u n g- der Ehe durchführen wollte,setzte seine geschiedene Gattin hartnäckigsten Widerstand entgegen und war unter keinen Umständen dazuZu bringen, in die Trennung einzuwilligen.Josef Runsa lernte nun ein Mädchen kennen,das ihm gefiel und das auch bereit war, mit ihm«ineEhe einzugehen. Tatsächlich kam es zur Verlobungund kurz nachher bestellte der verheiratete Bräutigambeim Pfarrer des Dorfes P ch e r y, wo seine Brautlebte, das Eheaufgebot. Weder dem Pfarrer, nochseiner Braut hatte er von seiner ersten Ehe etwasmitgeteilt und tatsächlich wurde das Brautpaar andrei aufeinanderfolgenden Sonntagen ordnungsgemäß von der Kanzel herab aufgeboten. Die Hochzeitsvorbereitungen waren in vollem Gange, dieHochzeitsgäste geladen, der Trauungstermin festgesetzt.,Kurz vor der Hochzeit nunlam es aber zu einemgroßen Skandal im Dorfe Pchery. Die geschiedeneGattin Runsas hatte von der beabsichtigten Ehe ihresMannes erfahren und erschien nun selbst auf demPfarramt und erhob nachdrücklichst Einspruch. Tatsächlich wäre die neue Eheschließung Bigamie gewesen, denn die S ch e i d u n g löst das Ehebandnicht auf, sondern bloß das eheliche Zusammenleben.Erst durch die Ehetrennung wird die Eheals solche aufgehoben und erst nach dem Trennungsurteil find die Ehegatten wieder frei. Bis dahin gelten sie aber als verheiratet und die Eingehung einerneuen Ehe bedeutet die Begehung des Verbrechensder Bigamie.Nun sind Fälle, wo geschiedene Gatten in wirklicher oder vorgetäuschter Unkenntnis dieser Rechtsvorschrift eine zweite Ehe eingehen und sich strafbarmachen, zwar nicht häufig, aber sie kommen hie undda vor. Erscheinen dann solche„Sünder" vor Gericht, so bemühen sie sich natürlich nach Kräften darzutun, sie hätten in gutem Glauben gehandelt undangenommen, daß sie durch die bloße Scheidung ihrevöllige Freiheit wiedererlangt hätten. Um so tziehrüberraschte es, als der Angeklagte bereitwilligst zugab, er habe gewußt, daß er als bloß geschiedenerMann keine neue Ehe eingehen dürfe. Aber— unddiese Verteidigung ist das sonderbarste an dieserSache— er habe gar nicht ernstlich an die Eheschließung mit der ahnungslosen Braut gedacht. Erhabe das Aufgebot nur deshalb bestellt, damit seinegeschiedene Frau«inen ordentlichen Zorn auf ihnbekommen und dann aus lauter Wut in die ersehnteScheidung einwilligen sollte.Gewiß» eine sonderbare Verteidigung, die keinsonderlich gutes Licht auf den Charakter des Angeklagten wirft. Auch wenn es sich tatsächlich so verhalten sollt«, so wird man sich über das robuste Gewissen dieses merkwürdigen Bräutigams wundernmüssen, dem eS Nichts ausmachte, einem solchen Manöver zuliebe das Mädel dem öffentlichen Gespöttauszusetzen. Doch abgesehen davon, erschien dieseVerantwortung des Angeklagten den Richtern ganzunglaubwürdig. Josef Runsa tourfee s ch ulfe i g erkannt und zu vier Monaten Kerkersverurteilt, allerdings bedingt. rb.«aast aas WissenOskar Straus 65 Jahre altAm 6. April feiert feer aus Wien gebürtige Operettenkomponist Oskar Straus seinen 63. Geburtstag. Nachdem er zuerst unter dem Einflußvon Offenbach gestanden hatte, ging er später zurTanzoperette über. Bon seinen Operetten hatten„Die lustigen Nibelungen",„Ein Walzertraum",„Marietta",„Tanz um die Liebe" und ,Leresina"den größten ErfolgDeutschlands Künstlerboykottieren das Nazi-SystemDer„oberste Parteirichter" der NSDAPBuch, hat in einer geradezu sensationellen Erklärungden völligen Bankrott der nationalsozia-listischen Kunstgeschichte eingestanden. Buchgibt rundtoeg zu, daß es„in den zwei Jahren nichtgelungen sei. Kün stier nationalsozialistischer Prägung zu schaffen" und erklärtresigniert, daß die„Kreaturen des v« r g a n Jgen en Systems" kühner als je zuvor sich„Herborwägen" würden.^Schmackvollerlveise". bemerkt Buch,„gibt es viele wirkliche Künstler bei uns",die der„judäo-marxistischen.Entartung" dienen undso ihr« Kunst prostituieren."Büch erklärt, diesem„gemeingefährlichen(!)Treiben" gegenüber gebe es nur ein Mittel: jederkulturelle Organisationslejtcr. der die Entartungskunst und ihre Träger auch nur unmittelbar fördere,müsse sofort seines Postens enthobenwerden."Das heißt als», ins richtige Deutsch überseht:jeder, derwirkliche Kunst dem parteiamtlich anerkannten„Gesinnungskitsch" vorzieht. fliegt! Auchdieser Terror wird nichts nützen. Buchs Geständnisaber ist sehr wertvoll. Beweist es doch, daß der mitso viel Tam-Tam inszenierte„Kijnsterneuerungs"-Feldzug der Diktaturpartei völlig, gescheitert!Studio-Aufführung. Das Deutsche Theater veranstaltet eine Studio-Aufführung moderner Einakter-Opern/ und zwar„Saul" von Reutter,„ArmerMatrose" von Milhaud,„Reinecke" von Strawinsky,am 5. April in der Kleinen Bühne. Musikalische Leitung: Paul Aron. Preise: 12 bis 45 KL. Vorverkauftäglich.‘„Glorius, der Wunderkomödiant" von Werner,übersetzt und bearbeitet von Max Brod, geht MitteApril im Neuen deutschen Theater in Szene.Spielplan des Deutschen Theaters. Donnerstag halb 8: D i e I ü d i n, C 2.— Freitag halb 8:Erstaufführung: Das unbekannteMäd-chen, DI.— Samstag halb 8: Neueinstudiert:GräfinMariza, B 1.—Spielplan der Kleinen Bühne. Donnerstag%8:Neuinszeniert: Ein Glas Wasser.— Freitag 8j£: Kulturverbandsfreunde und freier Verkauf:Ein Glas Wasser.— Samstag 8 Uhr:Ein Glas Wasser.—Die Hauptdarsteller in feem Film„Die Rothschilds", der den Aufstieg dieser berühmten FamilieschildertSport• Spiel• KörperpflegeDie Bestleistungen derungarischen Arbeiter LeichtathletenIm Jahre 1834 waren die ungarischen Arbeiter-Leichtathleten besonders erfolgreich, denn esgelangen ihnen.nicht weniger als zahn neue Bestleistungen zü verbessern. Jin fökgenden oringen wirdie gesamten Bestleistungen:Sportler: 100 Meter: 11.3 Sek.; 200Meter: 23.5 Sek.; 400 Meter: 50.8 Sek.; 800Meter: 1:58.2 Min.; 1500 Meter: 4:68.8 Min.;3066 Meter: 9:02.4 Min.; 5000 Meter: 15:27.8Min.; 10.000 Meter: 31:50.4 Min.; 110 MeterHürden: 17.6 Sek.; Hochsprung: 1.70 Meter; Weitsprung: 6.87 Meter; Dreisprung: 13.51 Meter;Kugel: 11.25 Meter; Diskus: 37.25 Meter; Speer:54.24 Meter; 4X100 Meter: 45.8 Sek.; 4X400Meter: 3:42 Min.; 10X100 Meter: 1:56.9 Min.;Schwedenstasfel: 2:08.6 Min.; Olympische Stafette:3:41.4 Min.Sportlerinnen: 60 Meter: 8.2 Sek.;100 Meter: 13 Sek-; 200 Meter: 28.1 Sek.; Hochsprung: 1.83 Meter; Weitsprung: 5.12 Meter;Kugel: 10.32 Meter; Diskus: 81.17 Meter; Speer:28 Meter; 4X100 Meter: 54.2 Sek.; kleine Olympische: 56.2 Sek.Verregneter Sonntag im holländischen Arbeitersport. Die meisten Wettkämpfe konnten infolge starken Regens und der dadurch unspielbar gewordenenSpielplätze nicht äusgetragen werden. Vor allemim Handball war es besonders arg, es gelangten nursehr wenige zur Durchführung. Im Fußballwar es nicht anders.■ Im Kreis Utrecht gabs eineUeberraschung, indem es Bussum gelang, mit 3:1über Utrecht die Oberhand zu behalten. Boorwaartsim Kreis Limburg schlug Rood-Wit 7:0 und NASAverloren gegen Bohs-Treebeek. 0:5. Im KreisHoorn siegte Schagen mit 2:1 über Paulotona.—H a n ddall: Im südholländischen Kreis siegte-Rotterdam Wer THOR mit 7:6. Kreis Arnhem: Wa-tervrienden spielten bei den Männern mit Arnhem1:1, während sie bei dem Frauenspiel mit 3:0 gewannen.Karlsbader FK— Ausgleich. Die die Mütter melden, hat feer Karlsbader Fußballklub den gerichtlichen Ausgleich angemeldet. Die Aktiven betragen 57.912 KC, die Passiven 77.275 Kc. somitwäre eine Ueberlchuldung von 19.363 Kc vorhanden.Anlaß zu diesem Schrift gaben wiederholt durchgeführte Exekutionen. Hauptgläubigersollen der DFV und die Prager Sparta sein,letztere hat noch Forderungen bezüglich des von ihrverkauften Mittelläufers Kreuz. Das wird offiziell bekanntgegeben, während feie übrigen Geldgeber des KFK sich noch nicht als Gläubiger gemeldet haben, obzwar ihre Beträge ebenfalls eine schön«Summ« darstellen.— Den Gläubigern will man'vorerst 45 Prozent bieten und eventuell ein außergerichtliches Arrangement treffen. In den Passivensoll auch eine große Summe der Spieler mit inbegriffen sein, welche Rückstände an Gagen zu fordern haben.Auch schon eine„Hilfe"! Die Schiedsrichtergebühren im DFB tvurhen in einer Sitzung derVertreter des DFV und der Schiedsrichter„ermäßigt". Die Pfeifergilde war nicht für eine Herabsetzung, so daß bei Stimmengleichheit der Vorsitzende für diese dirnniert«. Während die Gebüh«reit für die Liga- und Oberklaffe unverändert blieben, wurden jene der ersten um fünf KL und diefeer zweiten Klaff« sogar nur um drei KL herabgesetzt. Also eine„Ermäßigmrg", wie sie lächerlicher' nicht sein kann.Der blamierte Schmeling. Nach dem„Siege"Wer Hamas, schrieben wir, daß Nazi-Max einmalWeltmeister gelvesen war..Trotzdem unterließen gewisse„Führer" im Dritten"Reich nichts, um ihrenSchützling wieder zu diesem Titel zu verhelfen. Mannahm es auch nicht wahr, daß Baer ein Jude fei,überlief und bot ihm eine schöne Stange Geld(inDollar natürlich). damit der Kampf zustande komme.Di« Nachrichten häuften sich von einem bevorstehenden Kampf im Sommer und nun kommt ar»s Amerikadie Nachricht, daß weder Schmeling noch Carnera einAnrecht auf den Weltmeistertitel haben, sondern eistAmerikaner. Zum Ueberfluß verbot der amerikanische Boxverband den geplanten Kampf Baer—Schmeling. Nun sind wohl endgültig die Hoffnungen derHerrschaften im Dritten Reiche zusammengebrochenund Schmeling der blamiert« Europäer...Aas der ParteiFreie Bereinigung sozialistischer Akademiker.Freitag, 20 Uhr, Ausschußsitzung, Parteiheim,Närodni 4.VercinsaadirlditcaO Volkssinggemeinde. Alle aktiven Sängergenossen werden ersucht, bei derVertrauensmänner-Versammlung amSamstag, dem 30. März,.die unserMännerchor mit einem BegrüßuNgs-chor eröffnen wird, bestimmt zu erscheinen. Zusammenkunft aller Sänger vor demUrania-Gebäude um halb 6 Uhr abends!— Sangesgenoffen und-genossinnen! Wir ersuchen euch alle,bei der Probe amDienstag, dem 2. April, imProbelokal. SmeLkygaffe, pünktlich zu erscheinen, zumal dies die letzte Probe vor der Generalprobe zurAufführung der Atus-Akademie ist. F r a u e n ch o r:dreiviertel 7 Uhr, Männerchor: dreiviertel 8Uhr.Die Vereinsleitung.S.P.D.- Flüchtlinge. Arbeitsgemeinschaft Mittelstandsfragen." Donnerstag, den 28. d. M.,17 Uhr, im Parteiheim Närodni tk. Rr. 4. Vortrag„Plan der Arbeit in Belgien".(Hendrik feeMan). Alle interessierten S.P.D.-Emigrantensind hiermit eingeladen.Aw-MM,Fest-Akademieam 6. April 1935. 8 Uhr'abends, großer RadiosaalGymnastik« Turnen. Gesang. Orchester• Nachher TanzEinladung zurGeneralversammlungdes Bezirksvereines Arlciterfür»sorge Prag am 29. März 1935, um 8 Uhrabends im Verein deutscher Arbeiter, SmeLka-gasse 27.Tagesordnung:1. Protokollverlesung.2. Berichte.3. Wahlen.4. Freie Anträge.Einberufer:Maria Deutsch, Hilde F r a n z e l,Vorsitzende. Kassierin.vei» FilmDas Lied der LiederDer Regie-Könner Ruben Mamoulian hat, wieman hört, mit der Verfilmung von Werfels„MusaDagh" begonnen, dem von Geschehnissen, Gleichnissenund Gestalten erfüllten Prosa-Epos von der Vertreibung und vom Berzweiflungskampf der Armenier,Er hat sich also ein höheres Ziel gesteckt als mitdiesem älteren Film, bei dem es sich nur um einenSudermann-Roman handelt, der wie alle Erzählungen des Ostpreußen(mit Ausnahme der„FranSorge" und der.Litauischen Geschichten") eine Kon-struktjon von Knalleffekten ist.Das.Lied der Lieder" ist der Name einerSkulptur, zu der ein frisch nach Berlin gekommenesLandmädchen Modell steht, das der Bildbauer einemreichen Husarenobersten überläßt. Ass nach einigerZeit der Oberst den Bildhauer auf sein Schloß einlädt. wird es natürlich schrecklich dramatisch, denndas Modell hat feen Bildhauer(wie üblich) geliebt— und den Obersten mit einem jungen Reitlehrer betrügen wollen. Sie muß das Schloß verlassen undsinkt in die Halbwelt, hinab, wo sie schließlich derBildhauer wiederfindet.Was aus dieser Geschichte zu machen ist. hatMamoulian mit Feinheiten. Stimmungen und Akzenten gemacht. Aber die Unwahrscheinlichkeiten undPlumpheiten der Handlung hat er nicht verdeckenkönnen. Und auch Marlene Dietrich in derHauptrolle vermag feie Gestalt des LandmädchenS, daszum Modell und zur Baronin wird, nicht glaubhaftzu machen. Nur gegen Ende erinnert sie an ihre besteFilmrolle: die Lola im„Blauen Engel". Und wennsie ihren Schlager..Jonny, wenn du Geburtstag haft"(auf englisch) anstimmt, ist sie so, wie ihre Verehrersie wünschen.—eis—Eddie Cantor und Gloria Stuartin feem^amerikanischen Film-Lustspiel„Skandal in Rom".Verlanget überallVolkszünderAbonnements- Bestellschein.Abonniere ab 1935 dastäglich erscheinende Zentralorgcm der deutschensozialdemokratischen Arbeiterpartei„Gofttal&emotvat"Verwaltung Prag XII., Fochova ti. 62,zum Preise von 16 KL monatlich, und sende diesenBetrag nach Erhalt des Erlagscheines em.Name:Genaue Adresse:».Letzte Post:-Unterschrift:Bezugsbedingungen: Bei Zustellung ms Haus oder bei Bezug durch die Post monatlich KL 16.—, vierteljährig KL 48.—, halbjährig KL 96—. ganziährtg KC 192.—.— Inserate werden lautTarif billigst berechnet. 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