Seite 2
Santa««, 30. März 1935
9b. 7«
Ordensritter in ihren baltischen Landen nicht mehr Wohl fühlten und dem Drange nach Größe folgend sich in den südlicheren Bezirken der germanischen Urwälder in der Mark Brandenburg heimisch.zu machen begannen. Die politische Tragödie der Deutschen beginnt hier ihren Lauf zu nehmen. Den baltischen Ordensrittern waren ihre Lande zu. klein. Als Borussen fühlten sie sich als Deutsche , mr deren Wesen die ganze Welt genesen müsse. Zwar war das Größenwahn. Immerhin aber hatte dieser Größenwahn Methode^ Deutsch land verfiel ihm. Und auf die Herrschenden hat sich vererbt, was deS Deutschtums Niedergang besiegelte. Dieses Urahnenerbe wird neudeutsch Blubo genannt. Woraus erhellt, daß es eine Angelegenheit der Pathologen ist, sofern man höflich ist, und es nicht als Hochstapelei bezeichnet. Die baltischen Ritter haben den Deutschen , besser den Preußen, deren Deutschtum auf den Korn- und Rübenfeldern Pommerns , Schlesiens, der Uckermark, Mecklenburgs usw. wächst, ein böses Gebe hinterlassen: Die Auffassung nämlich, daß wirkliches Deutschtum eigentlich nur eine Funktion der Teilbarkeit des Boden sei. Womit einigermaßen ihre Sehnsucht nach Größe und Herrlichkeit des Reiches erklärlich wird. Die Theologen-Revolution und Fürsten -Revolte im 16. Jahrhundert dürfen wir ruhig übergehen und 1866, dann 1870/71 und 1914 allein als Ausgangspunkte nehmen. Zwar hatte 1866 zur Folge, daß der österreichische Feudal-Absolu- tismuS entscheidend geschlagen wurde. In den Auswirkungen war 1866 aber der Grund für eine europäische Katastrophe. Denn 1866 schuf di« eigentlichen Voraussetzungen der Friedensverträge von Versailles , St. Germain und Trianon. Ohne 1866 gäbe es heute keine Südtiroler -, keine Memel -, Danzig - und Korridor- und auch keine Siebenbürger -Frage. 1866 bildete aber auch den logischen Auftakt zu 1870/71 und dem damaligen AnnexionSfrieden. Denn Königgrätz war eine Fe, stigung Bismarckscher Politik, die auf Zerschlagung alles dessen gerichtet war, was seiner Konzeption Klein-Deutschland—- Groß-Preußen hinderlich sein konnte. Die Bereinigung ungefähr mit dem heutigen Oesterreich war Bismarcks Ziel. Mit der Einbeziehung dieses Gebiets glaubte er, den Donauraum entscheidend wirtschaftlich beherrschen zu können. Die oberösterreichischen und steirischen Eisen- und Erzgruben sollten mit dem rheinischen Industriegebiet die Rüstkammer Euro pas werden. Deutschlands weltbeherrschende Stellung wäre somit Tatsache gewesen und die Sehnsucht der baltischen Ordensritter erfüllt worden. Mit böser Beharrlichkeit wurde der Weg zu diesem Ziel beschritten. Und aus der Atmosphäre der Gartenlaube-Kultur deS Vorkriegsdeutschland führte dieser Weg schnurgerade zu den Schädelstätten von 1914. Dieser Weg führte zu den Massengräbern derer, die gläubig auszogen als.des Glückes Unterpfand... von der Maas bis an die Memel, von der Etsch bis ast den Belt." Aus dem Wege aber zu dem Ziele sind den Deutschen mancherlei Unfälle zugestoßen. Das staatlicherseits veranstaltete Schützenfest von 1914 bis 1918 hat drei solcher Unfälle zu verzeichnen. Sie sind zu Denkwürdigkeiten, ja zu Fühlenstvür- digkeiten geworden. Es sind: Langemarck . Dina n, Marne . Sie stellen unter historischen Beweis: Den Einbruch in neutrales Land auf dem Weg von der Memel bis zur Maas . Das sinnlos« Hinopfern der jungen Akademiker vor Lange- m a r ck als Beweis zum Beruf des Tragöden. Das Verüben ziviler Scheußlichkeften in D i n a n als Zeugnis für jenes Wesen, an dem die ganze Well gestesen sollte. Der tödliche Schlag an der Marne , der dem eignen Volle betrügerisch in
44 Roman von Fritz Rosenfeld
Cabrolle war liegen geblieben» den Kopf zwischen den Armen begraben, als das Getöse der Räder anhob, und der Zug war an ihm vorübergerollt. Nun lerhob er sich, der Kellner brachte ihm eine Bürste, er entfernte den Staub, die Papiersetzen aus seinen Kleidern, schloß das Hemd, den Kragen, wankte in den Wartesaal, zu seinem Koffer. Die Wechsel waren zerrissen, das Schlimste abgewendet, er konnte zufrieden fein, Haus und Hof und Vieh und Weiden gehörten wieder ihm. Er ließ sich ein Glas Branntwein geben, trank es in einem Zug auS, bat um einen Bogen Briefpapier, setzte sich an den Tisch und schrieb. Er schrieb einen langen Brief, einen Brief an seine Frau. Er schrieb, eS sei ihm etwas widerfahren, das er ihr heute noch nicht schildern könnte, das Zeit brauchte, um zu reifen und ganz in ihn überzugehen. Er würde einige Monate in einer fremden Stadt leben, sie sollte für die Kinder sorgen und es sich gut gehen lassen, sie wüßte ja Bescheid im HauS und in der Landwirtschaft, und die Knechte seien tüchtig, sie könnte sich auf sie verlaßen. Bares Geld habe er nicht, aber sie sollte ihm auch keines schicken, er werde schon durchkommen, und bis es wieder ruhiger geworden in ihm, zurückkehren zu ihr und den Kindern. Er sei gesund, und jede Besorgnis um ihn überftüssig. Und sie solle nicht schlecht von ihm denken, was geschehen, sei nicht auS seiner Schuld entstanden, und er fei machtlos gewesen, es zu verhindern. Den Brief gab er Marinka, er bat, sie möge ihn in den Postkasten werfen, bis er weggegangen; eS hätte ihn sonst reuen, er hätte ihn zerreißen kön- N«« und nachhause fahren, so wie er war, ein Bett-
■ einen Sieg umgelogen wurde als Beweis für den machthungerigen Größenwahn der potSdLnlichen Kamarilla. An diesen drei historischen Orten wurde der todschlagwörtliche Mythos geboren. Denn: Dinan hat man weggelogen, die Marne umgelogen und Langemarck glorifiziert. Angefangen von dieser Zeit haben gewissenlose Scharlatane die gewiß heldenmütige Hingabe der deutschen Jugend zum SpekulationSobjekt gemacht. Und jener Lange» marck-Mythos war es, mit dem die SA und SS nicht nur gleichgeschaltet, sondern auch totgeschlagen hat. Und wieder wie damals: Ein Sieg der Viertelgebildeten gegen den Geist wurde bejubelt, die verübten Scheußlichkeiten aber weggelogen. Und als der Lüge höchster Triumph wurde der Judenboykott vom 1. April 1938 inszeniert. Er sollte die große strategische Leistung der.nationalen Erhebung" sein— und ist kläglich zusammengebrochen. Der Nationalsozialismus hatte die Marneschlacht verloren! Und wieder ist e/ wie dainalS: Auf der ganzen Linie Sieg. Damals Hunger und Lüge» und heute Hunger und Lüge. Damals das Verlangen
ler, der das Kleid seiner Frau, der den Mantel feiner Tochter, der da» Brot seiner Kinder verspiell hat,in einer trunkenen Nacht. Er schloß seinen Koffer und schleppte ihn selbst auf die Straße. Dort stand er, und wußte nicht, ging sein Weg recht» oder links. Da eS aber ganz gleichgültig war, ob er seine Schritte rechts oder links wandte, schlug er den Weg ein, der im Schatten lag. Gr brauchte den Schatten in dieser Stunde, denn die Klarheit, in die da» Licht der Sonne Dinge, Menschen und Gedanken tauchte, ertrug er nicht. XVIII. .Es war meine Brücke", sagte der Mann im grauen Kittel und durchbohrte den Polizeikommis- fär mit seinen glasigen Blicken..Ich habe sie gebaut, ich konnte sie wieder zerstören." «Sie waren vor zehn Jahren als Ingenieur beim Bau der Brücke beschäftigt, das habe ich festgestellt", sagte der Kommissär.»Aber was hat das mit dem furchtbaren Verbrechen zu tun» das sie begingen?" »Die Brücke ist in meinem Kopf entstanden. Ich war der erste Mensch, der sie gesehen hat. In meinem Hirn war sie fertig, bi» in jede Riete, ehe der erste Spatenstich am Ufer getan war." Der Polizeikommissär sandte einen schnellen Blick zudem Arzt hinüber. »Wurde dcimalS Dynamit verwendet?" »Natürlich. Das Ufer ist felsig. Wir haben auf beiden Seiten Sprengungen vornehmen müs» fen." »Wer verfügte über das Dynamit— ich meine, wer beauffichttgte die Verteilung.der Patronen qn die Arbefter, wer bestimmte das Quantum, das zur Sprengung notwendig war?" .Ich." »Dann ist das Räffel ja gelost", sagt« der Kommiffär zu den beiden Beamten. Der Mann im grauen Kittel fchwieg. Er war von einer unerschütterlichen Ruhe, jetzt, da das
letzter Opfer, heute Zwang zum Opfer. Damals, Kriegsanleihe, heute»Spenden zum nationalen Wiederaufbau". Damals letzte Kraftanstrengung, heute wieder allgemeine Wehrpflicht. Wundert es wen? Der Weg der baltischen Ordensritter mit ihren Raubzügen führt über die Treiffchkes und BiSmärcker konsequent zu Hitler . Aus den Bezirken der Memel sind sie gekommen die Vorläufer derer, die das Deuffchtum geschändet. Ihr Reich sollte groß sein. DaS heutige Deutschland fühlt sich als Vollstrecker des Willens jener altvorderen Rauhbeine. Zu wiederhallen malen sind sie entscheidend geschlagen worden. Sie fühlen sich heute wieder stark, durch ihr Wesen die Welt genesen zu lasten. »Von der Maas bis an die Memel, von der Etsch , bis an den Belt", jubeln sie heute wieder. Die Welt aber sollte wiffen, daß Hitler und die Seinen aus den geistigen Bezirken jener baltischen Ritter gekommen sind, daß ihr Weg böse und beharrlich zu jenem Ziele führen fall... Um der Kultur und deS wirklichen Deutschtum» willen, wäre es sittliche Pflicht, den. Hitle- rismuS an die— letzte Marne zu führen R. D.*"
Werk getan und jeder Fluchtplan aussichtslos war. »Sie haben also damals Dynamit geswhlen und es irgendwo verborgen?" »Ich habe nicht» gestohlen und nichts verborgen. Ich habe in einem Brückenpfeiler einen kleinen Hohlraum aussparen lasten, den ich selber verschloß. In diesen steinernen Tresor legte ich die Dynamitpatronen." »Und die Züge fuhren darüberhin, zehn Jahre?" Der Mann nickte. »Zehn Jahre." »Die Brücke hätte tagtägllch in die Lust fliegen können?" »Tagtäglich." «Warum haben sie das getan? Um Himmels- willen, warum?" »Weil Gott mich vergessen hatte." Der Arzt sah den Polizeikommssär an, der Polizeikommisiär sah Olavsen an. Die Beamten blickten auf die weißen Blätter. Der Polizeikommssär wiederholte langsam, Wort um Wort: »Gott hatte sie vergessen?" »Ja. Schon als ich noch ein Kind war, rief er die andren und beschenkte sie, mich aber vergaß er. Als ich größer wurde, fiel den andren da» Geld in den Schoß und sie waren glücklich. Ich schuftete und gönnte mir kein bißchen Freude und wurde älter und wußte nicht, was Glück war. Gott hatte mich vergessen." Die Augen des Mannes im grauen Kittel brannten. Brannten lichterloh wie zwei Fackeln. »Dann kam di« Brücke. Ich baute sie. Ich entwarf die Pläne, ich stand von früh bis nachis an der Arbeitsstelle, ich sah sie wachsen, Traverse um Traverse, Schwelle um Schwelle, Schiene um Schiene. Sie wurde eröffnet, Minister kamen, und ein andrer stand da, wurde geehrt, bekam Kränz«, Diplome, bekam das Geld. Sein Bild stand in den Zeitungen, seinen Namen hörte man im Lautsprecher. Gott hatte mich vergessen."
treten soll« und darauf hingewiesen, daß die finanzielle Belastung für den Staat erst ab 1936 fühlbar werde. Die gesetzgebenden Körperschafien könne» also die beabsichtigten Zuweisungen aus der Einkommensteuer und die sonsttgen Bedeckungsvorlagen noch rechtzeittg im Rahmen des Budgets für 1986 verwirklichen.'Die Vertretungen haben jetzt noch dreiviertel Jahre Zeit, ihre Voranschläge für 1986 auf der neuen Basis in Ruhe vorzubereiten. Angenommen wurde noch eine KoalitionSreso- lutton, daß das mährische Landesgesetz vom Jahre 1914, wonach die Gemeinden zur Bedeckung des Personalaufwandes für das Volksschulwesen mit 23 Prozent von den umlagepflichttgen Steuern betragen müssen, aufgehoben werde. Eine Reihe von Immunitäten beschloß die Sitzung. Nächste Sitzung Dienstag, den 2. April „Freiheit ist ihnen Vaterland“ Ein tschechischer Journalist Uber die sndetendeutscbe Sozialdemokratie Unter diesem Titel veröffentlicht in der letzten Nummer der»Ptitomnost" Zdenkk S m e t ä- k e k einen interessanten Artikel, in welchem er vom Standpunkt eines tschechischen fortschrittlichen Intellektuellen die Politik der deutschen Sozialdemokraten in der Tschechoflowakei würdigt. Er geht dabei von den Ereignissen des Jahres 1918 aus, da ffchechische und deutsche Sozialdemokraten gegeneinanderstanden. Er sagt, daß di« deutschen Sozialdemokraten in den Sudetenländern nach dem Welttriege von starkem Pessimismus ob des Schicksals ihrer Partei erfüllt waren, daß ihnen aber gemessen an dem Schicksal der Sozialdemokratte in Deutschland und Oesterreich, das beste Los zuteil geworden ist. Aus dieser Erkenntnis hat sich bei den deutschen Sozialdemokraten eine posttivere Wertung des tschechoslowakischen Staates entwickelt. Die Teilnahme der deutschen Sozialdemokratie an den Feiern des 28. Oktober ist nicht auf eine Weisung von oben erfolgt,-sondern entspringt dem Willen der sozialdemokratischen Organisationen in der Provinz selbst.»Mitglieder und Führer haben in gleicher Weise begriffen, daß diese Republik die große historische Sendung hat, das Ideal der Demokratie in Mitteleuropa zu schützen und den benachbarten Nationen ein lebendiges Beispiel und ein Antrieb in der Hoffnung nach Wiedererlangung der Freiheit zu sein." Die praktische Politik der Partei ist nicht hinter diesen theoretischen Erkenntnissen geblieben. Seit dem Smichover Kongreß und insbesondere sett dem Eintritt der deutschen Sozialdemokratie in die Regierung»hat die Republik unter der deutschen Bevölkerung keine verläßlicheren und ergebeneren Anhänger als diese' Der Verfasser schildert sodann den schweren Kampf, den die deutsche Sozialdemokratie gegen Wirtschaftselend und gegen den Nationalismus der Heimatftont führt. Er legt auch dar, daß die Behörden der Republik vielfach kein Verständnis für die positive Arbeit der deutschen Sozialdemokratie haben.»Es scheint uns", so schließt der Artikel, »daß diejenigen Politiker, welche auf die Schwächung»der Marxisten" mit Hilfe der Heimatftont spekuliert haben, für die Chimäre eines parteimäßigen Gewinnes völlig daran vergessen haben, wo das tatsächliche Staatsintereffe liegt. Erkennen die Polttiker, erkennen wir alle, daß dort im Nür» den für unsere Demokratie, für unsere Freiheit, für unseren Staat der, deutsche Arbeiter kämpft? Haben wir alles getan, damit er weiß, daß wir im Innern des Landes wie eine Mauer hinter ihm stehen? Ich fürchte nicht. Wir haben es im Gegenteil zugelaffen, daß ihm in seinem Kampfe einige polittsche Spekulanten in den Rücken gefallen sind."
»Damals legten sie die Dynamitpatronen in den Pfeiler?" »Damals. Ich dachte: fliegt die Brücke in die Lust, hat Gott sich deiner erinnert, ann weißt du. daß er alles Unrecht sühnen wird, da» an dir begangen worden ist. Er hat die Brücke weggefegt, weil sie dir ein andrer gestohlen hat. Er wird alle wcgfegen, die dir dein Glück stehlen wollen." «Aber die Briicke flog nicht in die Luft." »Zehn Jahre wartete ich. Jeden Tag schlug ich stebernd die Zeitung auf. Ich lief zu den Bahnhöfen und fragte, ob nicht auf der Strecke nach Epsilon ein Unglück geschehen sei. Man sah mich erstaunt an und hiell mich für irr. Sie begannen alle, mich für irrsinnig zu halten, und schließlich steckten sie mich in das Haus mtt den Irrsinnigen, und sagten» ich sei wie sie, mein Verstand sei verloirrt, und sie wollten mich heilen." »Sie waren ein halbes Jahr im Irrenhaus?" »Ein halbe» Jahr. Ich war verraten und begraben. Gott hatte mich vergessen." »Im Irrenhaus lernten sie die andren kennen — die drei, die mtt ihnen ausgebrochcn sind?" »Ulrich war Schauspieler. Ich hab« ihn gesehen, ehe sie mich einsperrten. Er war der beste Hamlet. Er lebte in seinen Rollen. Er hat einmal in der letzten Szene seinen Partner mit dem Degen so schwer verletzt, daß man ihn ins Spital bringen mußte. Sie haben ihn von der Bühn« weggeschleppt, eines Abends, und zu uns gebracht, in den steinernen Sarg, in dem wir verfaulten." »Wer waren die andren?" »Der eine war Mechaniker. Seine Frau war ihm durchgegangen, er sollte für das Kind sorgen, «t haßte das Kind, eines Tagest er war betrunken, erwürgte er das"Kind. Man sperrte ihn zu uns. Auch ihn hatte Gott vergessen. Der vierte— ich weiß nicht, wie er hieß— war ein Bankier. Eine halbe Stadt gehörte ihm, und eine Billa am Meer, und vier Automobile. Eines Tages fielen die Kurse, und er war ein Bettler. .(Fortsetzung folgt.)!
Härten der Ernährungsaktion sollen beseitigt werden Ein Antrag unserer Parlamentsfraktlon
Prag . Die Genossen Roscher, Kremser» Ktrpal und de Witte haben im Parlament folgenden Antrag auf Abänderung der Richtlinien für die staatliche Ernährungsaftion eingebracht: Der Regierung wird aufgetragen» die Richtlinie« für die staatlich« ErnährungSaktio« abzuändern und dabei insbesondere folgende Maßnahmen zu treffe«: Von dem Erfordernis des Nachweises der ununterbrochenen dreimonatigen Beschäftigung ist abzusehen oder doch die Frist zu verkürzen, auf jeden Fall sind jugendliche Arbeitslose von diesem Nachweis zu befreien. Witwen oder Familienangehörige von Per, sonen, welche vor ihrem Tode oder ihrer Aufnahme in rin Krankenhaus oder ein« Fürsorgeanstalt die Unterstützung bezogen haben, sind in die Aktion einzubeziehen. Der Bezug einer Sozialvrrsicherungsrente, sofern sie ein gewisses Ausmaß nicht übersteigt, schlletzt die Einbeziehung in die Ernährungaktion nicht grundsätzlich aus. In der Begründung heißt es: Je länger die Krise dauert, desto schwierig« wird es den Bewerbern um die Unterstützung, die vorgeschriebenen Belege darüber beizubringen, daß sie in einem ununterbrochen drei Monate dauernden Ar- beitsveöhältni» gestanden sind. Biele Personen, dit bei sachlicher Beurteilung zweifellos als Arbeitslose anzusehen sind, gehen so aus rein formalen Gründen der Unterstützung verlustig. ES ist daher notwendig, daß di« Entscheidung darüber, ob«in Bewerber in di« Aktion einzubeziehen ist, von allen formalen Merkmalen losgelöst oder doch die Erbringung der formalen Nachweise wenigsten»«r- leichtert wttd. was am besten durch Verkürzung der Dauer des erforderten Arbeitsverhältniffes geschehen kann. Auf jeden Fall ist eS ab« notwendig, daß di« jugendlichen Arbeitslosen von dem NachwerS deS dreimonatigen ArbeitsvechältniffeS befreit werden, da tausende Jugendliche infolge des Mangels an Arbeitsplätzen überhaupt nicht in die Lag« kommen, ein dreimonatige» Arbeitsverhältnis nachzuweisen und daher von vornherein von d« Unterstützung auSg»- schlossen find.
Die Einbeziehung der Witwen und Familienangehörigen ist auS sozialen Gründen durchaus gerechtfertigt. Wenn ein arbeitsloser Familienerhalter stirbt oder in eine Anstalt ausgenommen werden muß, bleiben seine Familienangehörigen, die von der Unterstützung abhängig waren, in um so größerem Elend zurück. Der vorliegende Antrag soll ihnen wenigstens die Unterstützung au» der Ernährungsaktion sich«n. Auch die grundsätzliche Ausschließung aller So- zialrentner ist nicht gerechtfertigt. Wenn di« Bezieh« der staatlichen AlterSunterstützung. sofern sie nach dem Jahre 1929 noch gearbeitet haben, nicht unter allen Umständen ausgeschlossen sind, so nmv dies ebenso für Sozialrentner gelten, wenn sie in der Zeit seit dem 1. Jänner 1929 noch in einem Arbeitsverhältnis standen. Die Renten dieser Personen sind gerade wegen der Arbeitslosigkeit, die ihre Versicherungsdauer verkürzt hat. ungewöhnlich niedrig, so daß da» Bedürfnis nach Unterstützung in vollem Umfang« besteht. Sanierungsvorlage angenommen Dariehen für produktive Arbeitslosenfürsorge schon Jetzt zulässig Prag . Im Abgeordnetenhaus wurde am Freitag, nachdem noch sünf Debatteredner gesprochen hatten, die Vorlage über die Sanierung der SelbstverwaltnngSkörper in beiden Lesungen angenommen, und zwar auf Grund eine» Koali- tionsantrages, mit der wetteren Aenderung, daß die Gemeinden und Bezirke nicht erst ab 1. Jänner 1936» mtt welchem Tage die meisten Bestimmungen der Vorlage in Kraft treten, sondern bereits mit dem Tage der Verlautbarung des Gesetze» Darlehen für Investitionen aufnehmen können, die im Rahmen der produftiven Arbeits- lofenfürsorge notwendig sind. Der Berichterstatter Bekäk hatte sich im Schlußwort gegen die Borwürfe gewendet, daß die Vorlage ohne entsprechende Bedeckung ins Leben