Seite 8 Sozialdemokrat* SamStag, 30. Marz 1935. Nr. 70 Neues Frühjahr- neue Schuhe! fest« Dullbox- Schöner Lack-Halbschuh mit Zierrdhmen. Gr. 31-34 Kc 25.- Für unsere Reissteufel: der Halbschuh. 35-38 Kc 19.- 443 Fester Boxcalf-Halbschuh mit starker Mädchen-Halbschuhe aus Lack mit Verzierung. ledersohle. Gr. 31-34 KL 29.- Maust and Wissen Das unbekannte Mädchen Daß FranzMolnä r es wie nur wenige in dieser Zeit versteht, eine Theater-Handlung zu erfinden, handfeste und rührsame Szenen zu schrei­ben und interessante Menschen auf die Bretter zu stellen, das läßt sich einigermaßen auch noch an die­sem seinem jüngstenDrama" nachweisen; aber vom Dichter Molüär ist da- kaum mehr eine Spur vorhanden. Mit Respekt sieht man zu, wie er das Gerüst aufführt und zunächst kann man es wirklich für Beton nehmen; aber allzu rasch hört man Pa­pier rascheln und fast zur Komödie wird die Tra­gödie. Der Vorwurf ist nicht uninteressant, wenn auch im Wesen nicht, sehr originell. Ein großzügig­leichtfertiger, warmherzig-kaltnäsiger Aristokrat läßt sich in einer Weinlaune dazu bestimmen, einem hübschen Ding, dem er in einer elenden Hafenkneipe begegnet, einen vierwöchigen Aufenthalt in einem Sanatorium für Reiche zu ermöglichen. Dort fühlt sich das Mädchen, dem die Natur allerhand äußere und innere Vorzüge mitgab, natürlich sehr wohl, er­träumt Aufstieg für immer aus den Niederungen. Findet Anschluß, Sympathie, Liebe. Da wird sie von einem Sanatoriumsgast als das erkannt, was sie. bisher war. Der Chefarzt wird eingeweiht. Große Auseinandersetzung. Bis hieher gut. Aber nun kommt der Bruch. Molnär hat sich vorgenommen, dramatisch zu beweisen, daß die Arme zugrundegehen muß. Und also gibt es unbezahlte." Rechnungen, doppelten Lie­bes- und einfachen Gesellschaftskonflikt,. weil das Mädchen einem Jungen aus der sogenannten feinen Gesellschaft unch zugleich einem armen Dorspostbeam- ren den Kopf verdreht hat, der für ste alle bedenk­lichen-Recherchen des Chefarztes unterschlägt. Er wird verhaftet, der reiche Bursch wendet sich von der Dirn« ab; das Lügengebäude, an dem sie bis zum Schluß festhielt, fällt zusammen, sie endet durch Selbstmord. Es ließe sich ein ganzer Essay darüber schrei­ben, w a r u m die ganz« Chose schließlich nur mehr die Tränendrüsen allzu Rührseliger in Bewegung setzt. Eine Anklage gegen die Gesellschaft ist dem Autor nicht im mindesten gelungen denn die be­nimmt sich durch die Bank höchst anständig. Und«ine Anklage gegen, das Leden? Auch, sie überzeugt nicht, weil man immer wieder Konstruktion zu spüren be­kommt. Im Anfang wirkt das Stück gut, auf die ineifien sogar sehr stark und es gibt sehr viel Vor­hänge. Aber dann, ungefähr von der Mitte ab, wird die Mehrheit des Publikums nüchtern und der große Erfolg bleibt aus. Möglich, daß daran nicht Molnär allein schuldig ist. Vielleicht liegt's zum guten Teil an der Dar­stellerin desunbekannten Mädchens", an Dolo­res Moncasi, deren unbestritten ungewöhnlich gxoße Theaterkraft diese Rolle nicht durchaus zu be- lvältigen scheint. Zwar hat sie ausgezeichnete Mo­mente und interessiert fast durchwegs. Aber es fehlt die ganz große Entladung, es fehlt diesmal ein Letztes gn Persönlichkeit, ja an Aktivität. Der'Kampf um das Glück Wird nicht sichtbar, die Blume zerknickt nicht im Sturm,' ja es fällt nicht einmal nach und nach Blatt auf Blatt; sie sinkt langsam dahin, lebensunwerter als sie Molnär gedacht haben mag. und darum Wohl bleiben Mitleid und Erschütterung aus. Und die Moncasi,- die, /das sei nochmals fest­gestellt, keineswegs eine Fehlleistung schuf, sondern sich, nur nicht imstande zeigte, das Unzulängliche stark genüg mit eigenem Blute zu erfüllen-4- rings um die Moncasi also, von der wiederum etwas ins Breite geratenen, sonst aber wie immer absolut sauberen und künstlerisch ernsten Regie Gellners geführt, fast durchwegs gutes Theater. Vor allem Herr Rich- ter ein prachtvoll diftinguierter, Menschlicher Arzt und Herr V a l k aus einem Guß der Mann der erst turzsichttgen Korrektheit, dann der, inneren Noblesie. Lott« Stein mustergültig als alte Dame mit Herz und Mund auf. dem rechten Meck.- trefflich ä arakterisiert ein anständig-beschränkterk. k. Admi­ral in Pension durch Herrn V o l k e r. Herr S i e d- la.r durchaus echt als Grandseigneur, Fraulein M r n h o l tz als im wahren Sinne barmherzig« chwesier von sympathisch ansprechender Natürlich­keit und. Güte. Die Herren S ch tn erzenreich - als unglückliche Postbeamte) und Tauchen(als >er andere Liebhaber) verraten Anlagen und aner­kennenswerten Willen. ihre Rollen, zu bewältigen; och aber erscheinen sie mir zu wenig reif, Mn in 'olchen Aufgaben durchaus überzeugend das zu spie» !>.'n. was sie'mit Herz und Verstand begreifen. Das Dutzend der übrigen Darsteller sei. lobend anerkannt. L. G. ,Blut schreit nicht«ach Rache* Emil Vacheks Roman:Krev nevosii o pomstu" wurde in gemeinsamer Dramatisierung mit Frank Tetauer im Weinberger Theater erstauf- geführt. In den Tagesblättern wurde er als«in Spiel bezeichnet, dessen Handlung die Lösung des deutsch -tschechischen Problems im Ideal des Humanis­mus andeutet. Dieser Lösung, blieb das. Stück viel schuldig, wenn es auch eines der Probleme anschnitt, die uns als Erbe des Weltkrieges imme- wieder die Tiefen der entfesselten Barbarei zeigen, die ein Krieg mit sich bringt. Kann ein anständiger Mensch einen dreifachen, auch im, Krieg völlig sinnlosen Mord be­gehen. aus Patriotismus, weil er die Macht hat, anderen zu befehlen? Und kann er dann noch ein an­ständiger Mensch bleiben? Ein junger Offizier. Deutscher, läßt im Kriege in Galizien einen slowa­kischen Lehrer, dessen Frau und Sohn vor den Augen der Tochter, die wahnsinnig wird, erschießen,, ohne Verhör, ohne Verurteilung, weil sie ihn als spionage­verdächtig vorgeführt werden. Als die Frau vom ersten Schuß nur verwundet wird, läßt er einen jun­gen Freiwilligen, den feinfühligen Sohn eines Advo­katen, ihr den Todesschuß geben. Am Abend erschießt sich dieser junge Mensch, den Selbstmord als den ein­zigen Ausweg aus. der Erschütterung der Seele suchend. Die Handlung des Stückes beginnt in dem Augenbick, als der verkommen«, abgebaute deutsche Major Letz dem Vater des jungen Freiwilligen durch einen Antiquitätenhändler das Schachspiel seines toten Sohnes zum Kaufe anbietet und dadurch den immer wachen Durst nach der Erforschung der Ursache des Selbstmordes des jungen und der Rache gn den Kriegswerkzeugen des alten Caslavsky weckt.' Der Major sucht den Weg in die tschechoslowakische Armee, weil er ohne Kaserne und Anschnauzen nicht leben kann und sucht die Protektion des Advokaten, dem er den Urheber anzeigt und gleichzeifig auch die des Vaters des deutschem Leutnants Astenburg, dem er die Schuld des Sohnes verrät. Ter junge Astenburg sieht nun seine Schuld neu aufersteben, das Blut schreit nach Rache, die Rache nach Sühne. Er stellt sich dem tschechoslowakischen Militärgericht, vor dem als Zeugen neben Major Letz auch sein Adjutant, Knall, erscheinen soll, doch weder die Militärbehörde, noch der Sohn der erschossenen Frau, einzig nur der Vater besteht auf Strafe, bis zuletzt auch er kapi­tuliert. Die hauptsächlichsten Rersonen in der Handlung sind mit keinem festen Band an die Republik gebun- , den. sie fürchten deren Urteil und doch ist der Augenz blick oder soll es wenigstens sein in dem sich Astenburg dem Auditor eröffnet, jene Stelle, die die verschiedenartig« Anffasiung des Patriotismus zeigt: Den des mit rauschenden Phrasen erzogenen Sohnes eines deutschen und österreichisch fühlenden Beamten Buster Keaton auf Freiersfühen in seinem neuesten FilmFrigo, der Wohltäter der Menschheit" und denjenigen des vom Humanismus beseelten tsche­chischen Soldaten. Mord-bleibt Mord; Patriotismus allein genügt nicht, es gibt noch etwas Höheres. Major Letz in der Auffassung des Herrn Kreuzmann war«ine ergreifende, durchdachte Figur eines Nur-Soldaten, ,den ein Zapfenstreich zu Tränen rührt. Bernard Astenburg des Herrn Jiki P l a ch h war der grübelnde, innerlich zerrisiene Mensch, der zur dramafischen Höhe wächst an seiner Schuld und an der sühnebereiten Reue. Die Szene mit dem Auditor des Herrn Rozsida l, der einen jener durchgeistigten, menschlich-philosophierenden Professoren im Soldatenrvck verkörperte, wie ihn die erste Revolutionszeit mit sich brachte, gab Herrn Plachh Möglichkeit zu einem ergreifenden Moment seiner dramafischen Kunst. Eine echte Figur, auch im Zusammenbruch, des altösterreichischen Hofiates, lie­ferte Vater Astenburg des Herrn Strnad. Herr B o L e k im Daniel brachte die Wut des verzweifelten Menschen, der im bestem Freunde den Mörder der Eltern sieht, ebenso feinfühlend wie das Verstehen­wollen des Menschen in den Augenblicken der Irrun­gen. vor.- Der Korbeläk schuf im Dr. Eäslavskh die Figur des unerbittlichen Richters der Schwächen und Verbrechen anderer. Die Sabine Frau L h o t o- v a s still und bewegt suchte zu beweisen, daß der Krieg ein« Männersache ist, an der die Frauen zugrunde gehen dürfen. Die Regie hatte Herr Dr. Bor inne. Di« zehn I Bilder des Stückes kamen zwar in rascher Folge, doch hätte eine Zusammenfassung dem Stücke schr genützt. Herr Hoffmann schuf interessante Dekora­tionen, jede Szene veranschaulichte die Stimmung. Der Beifall war anfangs lebhaft. üC"tr~, Sonntag: Gesamtgastspiel des Theaters in dar Josefstadt in Benatzkys OperetteDie Prinzessin auf der Leiter" mit Liane Haid . Oskar Karl- weis. Felix Bressart . Preis«: nur KL 4.50 bis 48.. Wochenspielpla« des Neue« Deatsche» Theaters. Samstag halb 8 Uhr: Gräfin Maritza , Neu­einstudierung BI. Sonntag halb 3: I ch Habs getan,8:Di« Prinzessin auf der Leiter, Gesamtgastspiel des Theaters in der Jo­ sefstadt , Abonnement aufgehoben. Montag halb 7 z Der T r oubadour, Theatergemeinde der Ju­ gend. Dienstag halb 8: GräfinMariha, A 2.. Mittwoch halb 8: Das unbekannt« Mädchen, BI. Donnerstag halb 8: M ar- gar e t e, C 1. Freitag halb 8: Gräfin Maritza , D 2. Samstag halb 8: Das un­bekannte Mädchen, C 1. Sonntag halb 2: Polenblut, Arbeitervorstellong; halb 8: Marga­ret e, A 2. Wochenspielpla« der Kleine« Bühne. SamStag 8 Uhr: E i n G la s Wasser. Sonntag 3 Uhr:| Gentleman, 8: M ä d ch e n für alles. Montag 8: Gentleman,, Bankbeamte und freier Verkauf, Dienstag 8: Ein Glas Was­ser. Mittwoch 8^: Ein Glas Wasser. Donnerstag halb 8:F r äu le in Julie, Der Kammersänger, neuinszeniert. Frei­tag halb 9: O p e r n ft u i i e. Samstag 8%: F r e mdenverkeh r. Sonntag 3: Stra­ft e n m u s i k, 8 Uhr: Mädchen für alles. Macht uns froh Fast«b«nd 4er Atm-Kind«: Samstag, 6. April, 6 Uhr . abends, großer Radiosaal Gymnastik, Turnen, Singspiel, Bewegungschor der Beben u. Madel unter Mitwirkung der"Roten Falken*. Karten bei Optiker Deutsch Vcrcinsnadiriditcn Allgemeiner Angeftellten-Berband, Prag Narodni tf. 4/3. Amtsstunden Mittwoch 68 Uhr. Monat s v ers ammlung am 3. April, Mittwoch, 8 Uhr abends, im Gewerkschaftshaus, Persthn:Die neue Wirtschaftsform in SSR". Vortragender Dr.. Strauß. Sond e r-Abon­nement für die Montagsfilme in derUrania " gegen Vorweis des-Mitgliedsbuches. Nur im Vor­verkauf. Zweitägige Osterwande- rungen mit den Naturfreunden: 1. Kokorin Bösig Dauba Geltschberg. Fahrspesen 30 KL. .2. Lany Pürglitz Beraun. Fahrspesen 20 XL Anmeldungen bis 12. April. Meldet uns telephonisch 51351 jede freie Stelle! Kreditanstalt der Deutschen r. g. m. b. H., Prag . Durchführung aller Geldgeschäfte. Verwaltungs-Kapital 800 Millionen XL. Haftungs-Kapital 80 Millionen XL. 81 Niederlassungen. © Ortsgruppe Prag . Sonntag, den 31. Map;: Treffpunkt 9 Uhr vormittags Endstation der Fünfer-Elektrischen in HlupoLep. Wanderung: Pro- kopi- und Zigeunertal. Radotin, Zbraslav. Führt: Schal. Der Film Warum lügt Fraulein Käthe? Ein reichsdeuficher Film, dessen Absicht es oftenbar ist, für die Hamburg-Amerika-Linie Rekla­me zu machen und ein paar hübsche Bilder von Ma­ deira zu Werbezwecken vorzuführen. Das ist im­merhin etwas; denn künstlerische Absichten ist man von den Filmen des Dritten Reiches ohnehin nichi gewöhnt.. Die Handlung, mit der hier der Hamburg - Amerika -Dampfer und die Ansichten von Madeira garniert sind, basiert gcistvollerweise auf einer ver­tauschten Rendezvous-Einladung und einer erloge­nen Verlobung, aus der am Ende eine echte wird. Die Glückliche, die sich zum happy end durchschwin- delt, ist D o l l y Haas. Aber sie tut es nich: mehr mit jener grotesken Drolligkeit, die sie einst beliebt gemacht hat, sondern mit jenen seelenvollen Blicken, die ihr durchaus nicht stehen. Da man von de« männlichen Mitwirkenden am besten schweigt, bleibt als einzige schauspielerische Leistung die be­währte, wenn auch reichlich übertriebene Komik der Ida Wüst zu erwähnen. Die Regie Georg Ja­cobys ist dem Niveau des Ganzen angemessen. -eis Marlene Dietrich als Lilh in.Lied der Lieder" Filme in Prager Lichtspielhäusern Adria:D i e R o t h s chi ld s."(A. Georg Arlift.) Alfa:Das Lied der Lieder."(A. Marlene Dietrich .) Avion:Skandal in Rom."(A) Beranek:Menschen im Hotel". (A). Fenix:Kuß im Schnee."(Tsch.) Flora:Nana".(A. Anna Sten .) Hvezda: Der Graf von Monte Christo"(A.) Kinema: Journale, Groteske, Reportage(halb 2 bis 7 Uhr). Koruna:Der Graf von Monte Christo."(A.) Sowa:Der unsichtbare Mann."(A.) Lacerna: Der unsichtbare Mann."(A.) Metro:Jäger­blut."(Tsch.) Olympie:Der Sturm."(Ruff.) Praha:Mein Freund, der König."(A.) Radio:Menschen im Hotel."(A.)Skaut:Die Tschrljuskin-Leute."(Ruff.)-- Bajkal:Der Schat­ten in der Tür."(D.) Beseda:Die Dreigro­schen-Oper".(D.) Carlton.Nana".(A. Anna Sten .) Lido:Der Sohn des King Äjong." (A.) Louvre:Menschen im Hotel."(A.) Roxy:Nana."(A. Anna Sten .) Valdek: Nana."(A.- Anna Sten.) OPTIK u. FOTO DEUTSCH PNkopy Bezugsbedingungen: Bei Zustellung inS HauS oder bei Bezug durch die Post monatlich Xi 16.. vierteljährig XL 48., halbjährig XL 86.. ganzjährig XL 192.. Inserate werden laut Tarik billigst berechnet. Bei öfteren Einschaltungen Preisnachlaß. Rückstellung von Manuskripten erfolgt nur bei Einsendung der Retourmarken. Die Zeitungsfrankatur wurde von der Post- und Tele- aravüendirektion mit Erlab Nr. 13.8Ü0/VH/1S30 bewilligt. Druckerei:^OrbiS". Druck-, Verlags« und ZeitungS-A.-G Prag .