Nr. 79

Mittwoch, 3. April 1935

Sette 5

Ausweis für de« Monat Marz Tie erste Zahl bedeutet Parteifonds, die einge- klammerte Wahlsonds. Bodenbach 3660(900) Ke, Karlsbad 6880(1720) KL, Laadskron 400(100) KL, Pilsen -Budweis 1210(250) KL, Prag 454(110) KL, Preßburg 104(26) KL, Rei­ch e n b e r g 1360(340) KL, Sternberg 1810 (400) KL, Te plitz. Saaz 2720(680) KL, Troppau 1400(350) KL.

Dimitrije Tutzowttsch Aus Anlatz eine» Buche» Bon HermannWendel. Alles das, was sich in Belgrad trotz des Ver­bots der sozialdemokratischen Partei zum Sozialis­mus bekennt, fand sich vor wenigen Wochen auf einer ernsten und würdigen Gedenkfeier für D i- mitrije Tutzowitsch zusammen; zwei Jahrzehnte waren am 20. November verstrichen, seit dieser große und geniale Führer der serbischen Sozialdemokratie auf dem Schlachtfeld die Todes­wunde empfangen hatte. Harren seine»Gesammel­ten Werke", deren erster Band schon 1024 erschien, immer noch der Fortsetzung, so tritt jetzt N i k o la M. Popowitsch mit einer umfangreichen Tutzowitsch-Biographie in serbischer Sprach« auf den Plan. Nichts könnte an sich willkommener sein als I ein solches Buch, aber leider weckt es nur das Be­dauern, daß ein anderer Popowitsch, Du­sch a n mit Vornamen, der den Beruf gehabt hätte, das Bild seines Freundes in unvergänglichen Far­ben festzuhalten, auch den Weltkrieg nicht über­lebte. Zwar ist das Werk Nikola M.Popo- w i t s ch s nicht ohne jeden Wert, namentlich mit den rein tatsächlichen Angaben über den Entwick­lungsgang Tutzowitsch s. Geboren am 1. Mai 1881 zu Gostilje in Westserbien als Sproß einer, Popenfamilie, fiel Dimitrije schon in der' Volksschule durch ungewöhnliche Begabung auf. Als Realgymnasiast erst in Uschitze, dann in Bel­ grad begann er die sozialistische Literatur zu ver­schlingen und gehörte noch als Umgling zu den eifrigsten Lesern der»Reuen Zeit", der wissen­schaftlichen Wochenschrift der deutschen Sozial­demokratie. Hinter der Stirn des Zwanzigjährigen schon war es fast unheimlich klar, denn seinem Ziel, I der Aufrüttelung der serbischen I Arbeiter zur sozialistischen Idee und Tat, un« I bcirrbar zustrebte. Als Student bereits spielte er eine politische Rolle und stand im März 1003 bei i den bewegten Kundgebungen, die dem verfaulten Regime der O b r e n o w i t sch das nahe Ende an­zeigten, in vorderster Reihe: ein Recke zwei Meter hoch, ein Turm in der Straßenschlacht, Da der ge­waltsame Dyuastiewechsel. des gleichen Jahres rüstige politische Arbeit gestattete, stürzte sich Tutzowitsch leidenschaftlich auf die Aufgabe, l der er sich mit Leib und Seele verschrieben hatte, j Als Sekretär der jungen sozialistischen Organisa- i tion, als ihr Vertreter im Internationalen Bureau, als Lehrer an der Belgrader Arbesterbil- dungsschule, als Redakteur des täglich erscheinen­den Parteiblatts, als Herausgeber der wissen- schastlichen Revue»Der Kampf", als Versamm­lungsredner, als Journalist, als Verfasser von Propagandabroschüren, als Kandidat bei den Skupschtinawahlen trug er titanische Arbeitslast l auf seinen breiten Schultern und fand bei allem I noch die Zeit, das sozialistische Frauenwerk zu be­treuen, den Gewerkschaften den Weg zu weisen und sich um das Genoffenschaftswesen zu kümmern: Herz und Hirn der sozialistische« ' Beweg unginSerbien dieser Dreiund­dreißigjährige, den eine dumme österreichische Ku­gel in die Brust traf, war es wirklich. Diese heroische Gestalt und diese beispielhafte Laufbahn für uns lebendig zu machen, ist P o p o- ! witsch nur in geringem Maße gelungen. Scho« daß das Buch nur den Organisator und Agitator, I stets den offiziellen und nie den privaten Men- j scheu zeigt, gibt dem Porträt«ine seltsame Starr­heit; es fehlen die belebenden kleinen Züge wie j der Umstand, daß Tutzowitsch statt des gan­zen Vornamens mit seinem frommen Beillang ! immer nur den Anfangsbuchstaben D. setzte I etwa, als wenn ein deutscher Revolutionär Fürch- I tegott hieße und sich deffen schämte. Aber auch auf dem Bild des Führers Tutzowitsch, der doch : auch die Fehler seiner Tugenden hatte, rinnen die ! Fanden ineinander, well der Pinsel zu begeistert drauflos wütete. Rur naive Heiligengeschichten sind sonst in diesem Stil vollkommen un­kritischer Bewunderung verfaßt. Popowitsch möchte zu hundert Teilen marxi- ! stisch sein, aber ist es Marxismus , wenn in dieser j Darstellung die sozialistische Bewegung so aus dem i Kopfe Tutzowitschs entspringt wie die Mi­nerva dem Haupte des Zeus ? Sicher leistete der junge Popensohn aus Gostilje Ungeheures, aber I doch nur unter kluger Ausnutzung der gegebenen i Umstände. Nicht weil Tutzowitsch kam, ent- I stand die moderne Arbeiterbewegung in Serbien , i sondern weil Serbien reif war für die Entstehung ! einer modernen Arbeiterbewegung, kam T u tz o- j witsch. Statt sich in diese Zeitbedingtheit der Rolle I TutzowithchSzu vertiefen, stellt Popowitsch ihn vor den dunllen Hintergrund nicht atwa der I bürgerlichen Gegner, sondern der eigenen Mitstrei» I ter. Weitschweifige, zum Gähnen reizende Polemik behandelt die zum Teil noch lebenden und wirken» , den Parteigenoffen, die an der Seite Tutzo­witschs wackere Geburtshelfer des serbischen Sozialismus waren, recht von oben herab, und j geges die Sozialdemolratic. vor-

Das Schicksal der deutschen Emigranten!

Um den von gewisser Seite geflissentlich auf­gestellten und immer wiederholten falschen Be­hauptungen entgegenzuwirken, gab der Sekretär der Liga für Menschenrechte, Herr B a n i t, in einer Pressekonferenz umsaffende Auskunft über den Stand der reichsdeutschen Emigration. Es sind nach den Feststellungen des Hohen Flüchtlingskommiffärs insgesamt 65.000 Emigranten ans Deutsch­ land geflohen, und zioar 40.000 bis 45.000 Juden, 5000 bis 6000 Sozialdemokraten, 6000 bis 8000 Kommu­nisten; der Rest verteill sich auf Pazifisten, Demo­kraten, Katholiken und andere Flüchtlinge. Bon dieser Gesamtzahl' in der die etwa 4000 Saar- Flüchtlinge nicht inbegriffen sind, haben 28.000 Emigranten in Palästina.(20.000), in Amerika (7500), Südafrika (250) und in anderen Län­dern, darunter die Sowjetunion (500) eine neue Heimat gesunden. Die übrigen verteilen sich auf die europäischen Länder wie folgt: Frankreich 14.800, Großbritannien 2500, Tschechoflowakei 1500, Ballanstaaten 1500, Italien und Spanien je 1000, Oesterreich 900, Belgien 400, skandinavische Länder 300, die restlichen Länder zusammen 1000. Bon den in der Tschechoslowakei lebenden Emigranten sind 800 Juden, 800 Sozial­demokraten, 850 Kommunisten und 50 Pazifisten ustv. Sie werden von verschiedenen Komitees betreut, von denen das Jüdisch« HilfS- kcmitee bisher rund 2.7 Millionen KL für Wische Flüchtlinge verausgabte. Die Demokratische FlüchtlingSfürsorge hat 500.000 KL und 150.000 KL in Sachwerten aufgebracht. Das Hilfskomitee für deutsche Emigranten(Saida-Komitee) hat 450.000 KL aufgewendet. Die Sozialdemo- f r a tische FlüchtlingShilfe hat bis­her 1,070.000 KL, davon 900.000 KL in bar verbraucht. Von den rund 1500 deutschen Emigranten,

nehmlich di« österreichische und deutsche. Wie gegen die Zweite Internationale überhaupt spuckt dar Buch Gift und Galle eines uns nur zu gut bekann­ten Jargons. Daß Tutzowitsch gelegentlich Grund hatte, der österreichischen Partei mangelnde Kenntnis der einen oder andern Balkanfrage vor­zuhalten, liefert seinem Biographen den Anlaß zu unholdem Geschimpfe auf»die verräterische und schamlose Haltung der österreichischen Sozialdeaw- kratie", auf»di« schamlose und feige Verräterei der gesamte« Sozialdemokratie" und auf di« Zweite International e, die»bewußt den WeltkapitaliSmuS 4n seinen imperialistischen Bestrebungen unterstützt" hab« und, nämlich 1914, »im chauvinistisch-imperialistischen Sumps erstickt" sei. Da der»Bagage" der»Sozialpatrioten" der­art die faulen Eier um die Köpfe fliegen, enthüllt sich der unverhohlene Zweck des Buchs; e» will Tutzowitsch, der sich im Grab Nicht wehre« kann, für den Kommunismus retla- mierenl Dieses kühne Unterfangen Popowitfche ist freilich ein Versuch am durchaus u«« tauglichen Objekt. ES widerspricht der geschichtlichen Wahrheit, daß Tutzowitsch in der Internationale nur mst der winzigen Minder­heit harmoniert habe, die um Rosa Luxem­ burg , Trotzki und einig« andere eine Vor­frucht des Bolschewismus darstellte. Der Kautsky al» seinen großen Lehrer verehrte, lebte und webte ganz in den Gedankengängen der deutschen Sozialdemokrafie, und wie Spreu vor dem Winde zerstieben die Behauptungen Popo- w i t s ch s allein vor dem Artikel Tutzo­witschs zum sechzigsten Geburtstag Viktor Adler ». Dort bewies der Führer der serbischen Sozialdemokratie, wie mellenfern er jedem dürren Doktrinarismus stand, denn den Führer der Lster- teichischen Sozialdemokratie, der beim besten oder bösesten Dillen nicht al» unbewußter Bolschewist ««gesprochen werden kann, feierte er schwärmerisch al» einen Politiker, der vollkoaunen frei und un­abhängig sei von den»genialen Formeln" der marxistischen Wissenschaft:»Viktor A d l e r ist ein sozialdemokratischer Polftller, der die Kühnheit hat, frei die Wirtlichkeit zu betrachten, jede Lag« selbständig abzuschätzen und gemäß der Abschätzung des Tatbestandes die Haltung der Partei zu be­stimmen. In der prattischen Arbeit wendet er keine fertigen Maßft ä b e und fcho« formulierte Takttkregeln an; bei jeder prattischen Arbeit ist er der Mensch, der beobachtet, nachdenft, analysiert, schafft und eine originale geistige Lei­stung liefert" und deshalb da» leuchtende Vorbild Tutzowitschs. Noch gründlicher hat Tutzowitsch die salzlosen Schimpfereien seine» Biographen auf di« »Verräter" der Zweiten Internationale erledigt. Zweifellos traf den feurige« Idealisten das v e r« sagen der Internationale im August 1914 hart, aber er war historisch und so­ziologisch zu geschult, ummttden»be­quemen Geschrei: Verrat! seine Seele zu entlasten, sondern er dachte nach und trug am 17. November, drei Tage vor seinem Tod, das Ergebnis seines Nachdenkens in fein Kriegstagebuch ein, Betrach­tungen, die Popowitsch, weil sie nicht in sei­nen kommunistischen Kram paffen, allerdings un­terschlägt. Denn Tutzowitsch weist eS weit von sich, die sozialistischen Parteien der in den Krieg hineingerissenen Länder de» verrat» am Sozialismus zu zeihen. Vielmehr findet er di«

die gegenwärtig noch in der Tschechoslowakei leben, bedürfe« 970 noch der U«trrstütz«ns, von denen 220 auf die Sozialdemokratische Flücht­lingShilfe entfallen. Es wird jedoch immer schwie- riger, die Mittel für die ferner notwendige Hilfe aufzubringen. Und während die deutsche Emigra- tton ernsthaft nicht als ein politisches Problem bezeichnet werden kann und bisher es noch nie vorgekommen ist, daß ein politischer Emigrant sich in die innerpolitischen Verhältnisse des Gastlandes eingemischt hätte, wird da» Schicksal der deutsche» Emigranten immer «ehr zum soziale« Problem. Da» Memorandum schildert die außerordentlichen Schwierigkeiten, die die Unterbringung nicht­jüdischer Flüchtlinge in überseeischen Ländern be­reitet, weil sie auch da, tvo lie' möglich wäre, so oft am Fehlen der für die Uebersiedlung nötigen Mittel scheitert. Da aber die Rotunterstützung kein dauernder Zustand sein kann, wird die endgültige Unterbringung in dafür geeigneten Ländern im­mer wieder angestrebt werden müssen. Darum appelliert der Berichterstatter vor allem an die Sowjetunion und auch an die skandi­navische»Länder, mehr deutsche Flücht­linge aufzunehmen als bisher. Für einen Rest aber werde es auch dann noch nötig sein, daß der Staat sich bereit findet, 400 bis 500 Arbeits- bewillig ungen für deutsche Emigranten zu geben, für diebiSher noch nicht eine einzig«erteilt Word«« ist. Nicht auf dem Wege der bloßen Unterstützung, sondern nur durch tättge Hilfe, die in dieser oder jener Form eine wenn auch noch so bescheidene neue Existenz auf Grund eigener Leistung ermöglicht, sei eine Sicherstellung der deutschen Emigration denkbar. Herr Vanek ging dann noch auf die Frage der Ausweisungspraxis ein, für die er die Einrichtung einer Art Gerichtshof, an den in Ausweisungsfällen al» übergeordneter und ent­scheidender Behörde appelliert werden könne, al» dringend nötig bezeichnete.

tiefere Schuld im widerspruchsvollen Gefüge dzr kapitalistischen Ord­nung.»Solange«ran an der Beseitigung der Kriegsgefahr arbeiten mutzte, offenbarte sich die Einmütigkeit der Internationale aufs Glän­zendste. Aber als man in den Strudel eines Kamp, feS hineingerissen war, der alle internationalen Verhältnisse von Grund auf«mzukrempeln droht, kamen viele Interessen aufs Tapct, denen gegen­über auch daS Proletariat nicht gleichgültig bleiben kann. Der Widerspruch dieser Interessen ist augen­scheinlich;.. aus ihm ergeben sich die Zusammen­stöße. Aber minder augenscheinlich und doch ebenso richtig ist, daß der kriegerische Zusammenstoß, der darau» entspringt, auch Interessen vernichtend treffen kann, die n i chtnurdiederBesit- z e n d e n, sondern auch die der Nation, der Kul­tur, dts Fortschritts und, wenn man will, des Proletariat» find. Und je mehr ein Land kapitalistisch entwickelt ist, je mehr es sich vom Kleinbesitz und Kleinbetrieb entfernt hat, je stärker die Gesamtheit den Einzelnen absorbiert hat, desto weniger kann das Proletariat gegenüber den Exi­stenzbedingungen dieser Gesamtheit, seines Lande» und seine» volles, gleichgültig bleiben". I« diesen überlegten und überlegenen Sätzen steckt mehr wahrer Marxismus und wirklicher So­zialismus al» in dem ganzen Buche Popo- witsch», das weder im Wollen noch im Kön­nen seinem Gegenstand gerecht wird. Die Biogra­phie, die Dimitrije T u tz o w i t s ch hundert- für eimnal verdient, ist noch zu schreiben.

Auch Deine Blumen

blühe« so schön, wenn Du sie mtt dem guten Blumen-Zauberdung pflegst! 1 Paket KL 5.60. durch die Verwaltung derFrauen­welt", Prag XII., Fochova tt. 62, und bei allen Kol­porteure« erhältlich.

Im ettrlstllctten Ständestaat I Wien. Der Bundestag»ahm kürz­lich den Gesetzentwurf über die Re­form der Sozialversicherung an. Auf Grund dieses Gesetzes, das teilweise am 1. April und teUweise am 1. Juni d. 3. in Kraft treten wird, werden die Pensionen der ehemalige« Angestellten um 4 bis 22Prozent gekürzt. Außer­dem müssen die Pensionisten den Bei­trag zur Krankenkasia selbst zahlen, was eine« weiteren Abzug von 4\\ Prozent bedeutet.

Rekordterror in Danzig Alle sozlalbtlichen Kandidaten verhaftet I DemDaily Herold" wird aus Warschau gemeldet, daß die Danziger Raziregierung alle sozialistischen Kandidaten zu der Bolksratswahl am 7. April verhaftet hat, was natürlich alsS ch« tz h a f t" gegen Angriffe auf unsere Genossen auSgegeben wird. Einige hrkannte Sozialisten konnten noch rechtzeitig nach dem pol­nischen Gdingen (Gdynia ) fluchten. Täglich wer­de« Genossen«nd Zentrumsleute verhaftet. Razi- danden üben ihren Terror nicht nur auf den Dtra - tzen und in öffentlichen Lokalen aus, sie brechen anch inWohnungenein«nd schlagen die Be­wohner nieder, um dann ungehindertauSzu- snchen", wobei natürlich allerhand mitgenommen oder verwüstet wird. Unser Dangiger Parteiblatt ist bekanntlich verboten. Dafür find in dieser Lol- kerdundstadt die Nazihäuptlinge Rist und Strei­cher eingefallen.

Neuwahlen in Griechenland Da- griechische Abgeordnetenhaus soll in kür­zester Zeit aufgelöst werden. Die Neuwahlen wer­den wahrscheinlich am letzten Sonntag im Monat April stattfinden. Da» neue Abgeordnetenhaus wird den Charakter einer verfassunggebenden National­versammlung tragen. Die Mehrheit werden di» Abgeordneten der Volkspartei Tsaldaris' und der radikalen Partei Kondylis' besitzen, die miteinander ei.'- enge Koalition eingehen werden. Man nimmt au, daß eine neue Oppositionspartei ge­gründet weichen wird, welche die Anhänger der bis­herigen Partei Veniz.'los' umfassen wird. An die Spitze dieser neuen Partei soll der Abgeordnete Pa- pändreu treten, welcher einer der Führer der Beni- zelisten im heutigen griechischen Abgeordneten­haus ist.

Fristlose Entlasfmtg eines kranken Angestellten nach 34 Dienstjahren Josef R. war durch 34 Jahr« Angestellter der Firma Brüder Sattler. Schamottewarenfabrik in Böhm.-Budweis un- leitete deren Prager Niederlassung., Am 11. November 1934 ist er schwer erkrankt. Am 12. Feber 1988 schickte die Firma ihrem schwer kranken Angestellten einen Brief, in. welchem sie ihm für seine langjährige Tätigkeit dankt, in welchem sie ihm aber gleichzeitig mitteilt, daß sie ibn wegen seiner Krankheit fristlos entläßt. An diesem Falle zeigte eS sich nun. daß das im Vorjahre beschlossene neue Privatangestelltengesttz, insbesondere für alte Angestellte, sehr,wert­volle Schutzbestimmungen enthält, an die sich die Firma allerdings nicht gehalten hat. Nach 8 19 des Privatangeftelltengesetzes behält ein Angestellter, wenn er seine Arbeiten wegen Krankheit oder Unfall Nicht leisten kann, seinen Anspruch auf volle Gehalts­zahlung bis zu sechs Wochen. Bei einem Dienstver- HAtnis. das schon zehn Jahre gedauert hat verlän­gert sich diese Frist um vierzehn Tage und bei jeden folgenden fünf Jahren um eine Woche. IM vorliegenden Falle hatte der Angestellte sohin Anspruch auf Gehaltszahlung durch zwölf Wochen. Diesem gesetzlichen Ansprüche ist die Firma nachge­kommen und glaubte dadurch aller Verbindlichkeiten gegen den Mann ledig zu sein, der dreieinhalb Jahr-, zehnte in ihren Diensten gestanden war. Sie ließ sogar die Gehaltsbezüge mitten im Monate enden. Die Firma übersah jedoch, daß das Privatange­stelltengesetz noch eine weitere Schubbestimmung ent- hätt.«ämsich im 21, wo gesagt wird, daß wegen einer Arbeitsverhinderung, die durch Krankheit, Nie­derkunft oder unverschuldeiem Unfall verursacht wird, der Angestellte nicht vorzeitig entlassen werden darf, es sei denn, daß die Verhinderung noch um 14 Tage langer dauert, als die Frist bettägt. für welch« dem Angestellten der Anspruch auf Gehaltszahlung ge­währt ist. Da sich nun im vorliegenden Falle die Firma mit der ftistlosen Entlassung so sehr beeilt hat, daß sie nicht einmal diese weiteren 14 Tage abgewartet hat, klagte der Beamte durch Dr. S chweI b beim Prager Arbeitsgerichte wegen unberechtigter, fristloser Ent­lassung auf Zahlung der vollen Gehaltsbezüge bis zur Beendigung des Dienstverhältnisses im Falle einer ordnungsmäßigen Kündigung. Da nun für Ange­stellte mit mehr als 20 Dienstjahren die Kündigungs­frist fünf Monate bettägt, hätte Josef R. daher nur am 1. März 1935 mtt Ende Juli 1985 gekündigt werden können. Er klagte daher seine Dienftbezüge für fünfeinhalb Monate ein. Dar Arbeitsgericht in Prag hat bei der am Dienstag unter Vorsitz des GR. Dr. D o l e j i äbge- haltenen Verhandlung der Klage stattgegeben und die Firma Brüder Sattler zur Zahlung der Dienftbezüge für fünfeinhalb Monate und zum Ersatz« der Pro- zeßkoiten verurteilt. Der Bertteter der Firma, der Industriellen- Sekretär Weber, wendete ein, daß dem Kläger der Anspruch nur dann zustünde, wenn er gesund wäre. Da» Gericht ist jedoch auf eine derartige Auslegung einer sozialpolitischen Bestimmung nicht eingegangen.