Nr. 82 Samstag, 8. April 1935 Seite 3 fudetendeutscfier Zeitspielet VITE 110 Und zu Ostern gibts Kuchen und Braten und sonst noch viele gute Leckereien. Da darf man natürlich auch Vitello nicht vergessen. Sie ist ja nicht nur so nahrhaft und gesund sie gibt auch allen Speisen ihren besonderen Wohlgeschmack. ments aufgeblasen wurden, sondern als schlichte Nixdorrrfer Ware auf den Markt kamen. Herr Rosche   warnt. Und. er beruft sich dabei auf die 400.000 sudetendeutschen Arbeitslosen, die ihre Hoffnung auf die SHF setzen. Demgegenüber muß denn doch festgestellt werden, daß die übergroße Mehrzahl der sudetendeutschen  Arbeitslosen keineswegs ihre Hoffnung in dir SHF setzen, sondern im Gegenteil fürchten, von ihr um das letzte geprellt zu werden, was sie an Unterstützung und was sie an Hoff­nung auf eine beffere Zukunft besitzen. Besonders der Beitritt Rosches zur SHF wird die Befürchtungen der Arbeits­losen steigern, daß die SHF ihnen an den Kra­gen will. Denn Dr. Rosche und seine nordböh- nahme anoder Kam Parkamemswahlen, protestiert habe. Der Protest der polnischen Regierung richtete aber auch gegen die revisionistische Rote in nationalsozialistischen Wahlpropaganda, ins- Warschau  . Di« Regierung gab Don­nerstag bekannt, daß der polnische Generalkom- miffär in Danzig   beim Danziger Senat gegen den Aufenthalt des preußischen MinLsterpräsidenten »General Göring  , und anderer Führer der deutschen   Nationalsozialisten in Danzig   zwecks Teilnahme an^der Kampagne für die sonntägi­gen er als einen»zerschmetterten Dreckhaufen" vorge­funden habe, ein Preußen wieder aufgebaut habe, auf das selbst der Alte'Fritz stolz sein könnte. Wenn die französischen   Staatsmänner den Frie­den an der Ostgrenze wollen, dann brauchte Herr Laval nicht bis nach Moskau   zu fahren, e r könnte in Berlin   aus st eigen und könnte seinen Frieden und seine Sicherheit hier besser bekommen. Dann rückte Göring   auch noch mit dem uralten Schlager heraus, daß es Deutsch­ land   war, welches die»Gefahr der Weltbolschewi- sierung" verhindert habe. Danzig   müffe ein Spie­gelbild Deutschlands   sein und wenn es deutsch  sein wolle, müffe es nationalsozialistisch sein. Auch HeB und Goebbels   kommen Am Freitag traf in Danzig   Reichsminister Rudolf Heß   ein, um in den Danziger Wahl­kampf einzugreifen. Samstag trifft dort Reichs­minister Dr. Goebbels   ein. Herr Fabrikant Rosche  , die SHF und die 400.000 deutschen   Arbeitslosen DaS politisch abnormale Denken des deut­ schen   Bürgertums ermöglicht immer wieder Vor­fälle, die in anderen Nationen schwer vorstellbar find. Wenn anderswo ein Parteiführer nach sieben Jahren fruchtloser Tätigkeit die letzten Getreuen sammelt und mit ihnen bei einer an­deren Gruppe Unterschlupf sucht, vorzüglich, um sein Mandat sicherzustellen, so wird man den betreffenden Führer als erledigt, seinen Ruhm jedenfalls nicht als vermehrt ansehen. An­ders bei den Deutschen  . Da Herr Dr. Rosche au s Nixdorf mit.derGruppe Rosche"' der DAWAG zu Henlein   übersiedelt, weil außer seinen Fabrikantenkollegen in der Gruppe Rosche   nichts mehr übrig ist, gewinnt er aufs neue Bedeutung. Die Liquidierung der Firma gibt dem Chef den Nimbus eines, großen Ge­schäftsmannes. An der Bahre der AWG wächst Rosches Führerpersönlichkeit von neuem ins Welthistorische. In derB o h e m i a" und anderen ehe­dem liberalen Blättern gibt Rosche   seine Privat­meinung über die SHF kund. Beachtenswert, daß er es nicht früher getan hat, son­dern daß er just in dem Moment erscheint, da ein allfälliger Berbruch her SHF auch ihn mit ins Verderben reißen würde. Er spricht also nicht so sehr als uneigennütziger Freund Henleins, nicht aus nachbarlicher Liebe, sondern aus dem Egoismus des Aftermieters, dem seine eige­nen sieben Zwetschken miwerbrennen, wenn des Wohnungsinhabers Zeug in Flammen aufgeht. Rosche   wirst sich in die Brust, beschwört M a s a r y k und Sv ehla als Zeu­gen für Henlein, was mindestens eine grrche Taktlosigkeit ist, denn beide können sich nicht gut wehren, der«ine, weil es seine Stellung nicht erlaubt, daß er mit Rosche  in die Arena tritt, der andre, weil er tot ist. Ebenso kühn wie die Berufung auf Masaryk   und Svehla ist aber die auf die sudetendeutschen  Arbeitslosen. Herr Rosche   schreibt: Und wenn man heute leichtferti­gerweise mit dem Gedanken der Auflö­sung der SHF spricht, dann sollte man sich eines klar vor Augen halten: das verarmte und verelendete Sudeten­deutschtum mit seinen 400.000 /Arbeitslosen, daß trotz seinen Hunger und trotz seinem harten Ringen um di« nackte Existenz nach der Auflösung der zwei Parteien infolge von Henleins Auftreten so beispiellos po­litische Disziplin gehalten hat, hat seine große Hoffnung auf die SHF gesetzt. Was würde die Folge sein, wenn man diesen Menschen ihre Hoffnung zerschlägt? Es ist bis heute noch nicht auf tschechischer Seite klar er­nannt worden, welche ungeheure staatspolitisch« Bedeutung der Schritt Henleins vom 1. Oktober 1933 hatte, als er in einer Zeit größter Ver­wirrung einem großen Teile des Sudetendeutsch­tums neue Ziele und Wege gewiesen und da­durch ganz entscheidend zur Beruhigung der Oeflentlichkeit beigetragen hat. Und darum er­beb« ich in dieser ernsten Stunde warnend meine Stimme: Er, Herr Rosche   aus Nixdorf. Emiritierter Retter des Sudetendeutschtums, Glanzredner von Gnaden der Reichenberger Handelskammer und der Parlamentsberichterstattung derBohemia". L ob r ebner Hitlers, dies aber schon zu einer Zest, wo sein« Reden nicht mehr durch die journalistische Geschicklichkeit des Zionisten Dr. Mannheimer zu Sensationen des Parla- könnte man Leute ihres Schla­ges mit einem derben Rohrstock traktiere n". Dies sind nur einige wenige Kostproben der Polemik" des Herrn Sepp Kocab, die er in sei­ner gerichtlichen Verantwortung alsp o l i- tische Satire"(l) hinzustellen suchte. Zur Abrundung des Bildes sei noch hinzugefügt,"daß Kocab in diesem Artikel vorgab, verhindern zu wollen, daß»unser friedlicher Staat zum Tummelplatz politischer Perversitäten" gemacht werde eine Phrase, die bei Leuten seiner Denkungsart beson­ders gut klingt und daß er dem Leitmeritzer Ge­richt glaubhaft zu machen versuchte, es habe sich ihm nur um Abwehr des Mißbrauches des Asylrechtes(!) der deutschen Emi­granten gehandelt. Im Auftrag des Genoffen Sattler überreichte Genoffe Dr. Egon Schwelbdie Klage und Sepp Kocab hatte die Kühnheit, für seine rüden Aus- laffungen denW ahrheitsbeweis". an­zutreten. Dieser Antrag rief beim Leitmeritzer Pressegericht Kopfschütteln hervor. In erster Instanz endete der Prozeß damit, daß Sepp Kocab der Vergehen nach 88 1 und 2 Massenversammlung in Schluckenau  Henleinfront und Sozialdemokratie Unter diesem Titel berief unsere Bezirks­organisation für Mittwoch, den 3. April, eine öffentliche Versammlung für dieArbeiterschaft des Schluckenauer Tales ein, die zu einer imposanten Kundgebung für die Sozialdemokratie wurde. Glänzend wurde das Märchen vom sterbenden Marxismus an die ft r Massenversammlung wider­legt, denn der geräumige Saal des Gasthauses »Zum Adler" war überfüllt und auch im Vorraum stand eine Anzahl Menschen und immer kamen noch welche, als der Vorsitzende Gen. Anton Weber die Versammlung eröffnete. Als erster Redner sprach Genosse K ö g l e r, der in ausgezeichneter Form den Henleinfascismus geißelte. Wiederholt wurden seine trefflichen Ausführungen von Bei­fall unterbrochen und verstand er es vortrefflich, den Unsinn der sogenannten Volksgemeinschaft zu schildern.-Seine Schlußausführungen gipfelten in dem Appell alles daranzusetzen, um den Henlein­fascismus in die Schranken zu weisen.; Hierauf sprach Senator Gen. R e y z l über den Schwindel der Sudetendeutschen   Volkshilfe und die Bedeu­tung der kommenden Wahlen und er konnte an Hand vieler Beispiele nachweisen, daß die Volks­hilfe ein aufgezogener Wählerfang für die Hüh­nerfarm sei. Den Ausführungen der beiden Referenten folgte stürmischer Beifall. Es blieb uns leider versagt, die so tapferenRedner der Hauptleitung" der SHF, die in ihren Versamm­lungen den Marxismus zerreißen und ihn schon zum Frühstück verspeisen möchten, nicht begrüßen zu können. Die SHF von Schluckenau, die den Mund sonst immer sehr voll nimmt, hatte der Tap­ferkeit besseren Tell gewählt, weil sie ja bei einer Diskussion doch unterlegen wäre. Sie begnügte sich ein paar Bürschchen als Horcher zu schicken, die mit saurem Gesichte die Ausführungen der Referenten verfolgten. Die Versammlung war jedenfalls ein voller Erfolg für die Sozialdemokratie unseres Gebietes und ein Beweis unserer Kraft. mischen Kollegen sind keineswegs dafür bekannt, daß sie f ü r die Arbeiter und Arbeitslosen ein­treten. Herr Rosche   täte besser daran, die deut­ schen   Unternehmer, seine engsten Stan­des- und Gesinnungsgenossen zu warnen. Sie mögen den Bogen nicht überspannen! Sie sollen lieber ihren Arbeitern anständige Löhne und die ihnen zukommenden Urlaubsgelder auszahlen, statt die SHF zu finanzieren. Sie»ollen lieber dem Voll sein Recht zukommen lassen, alsVolls- gemeknschaft" zu spielen, sie sollen lieber von dem Gesinnungsterror«blassen, den sie im In­teresse der SHF üben, als große Worte zu ma­chen, hinter denen nichts steckt als der nackte Egoismus bankrotter Wirtschaftsführer. Die 400.000 sudetendeuffchen Arbeitslosen erhoffen vom Scheitern der SHF günstigere Kampfbedingungen, diegroße Hoff­nung" ist die SHF für die deutschen F a- brikanten, denen Profit, Terror, Kon­traktbruch als Heiligtümer erscheinen, und für jenedeutschen,Politiker» die anderswo als bei Henlein kein Mandat mehr er­halten können! Der Kampf r internationale Revue« Prag Heft IV April hat folgenden Inhalt: Ott» Bauer: Das End« von Versailles  . Emil Franzel  : Preußen und Deutschland  . Karl Thormann(Bern  ): Sozialistische Neuorien­tierung in der Schweiz  . R. Garcia Sanchez(Madrid  ): Spanien   zwischen zwei Revolutionen. I. Stolz(Paris  ): Richtungen und Fraktionen in der französischen   Arbeiterbewegung und ihre Presse. F. B.  : Die Aktiengesellschast in der tschechoslowa­kischen Wirtschaft. Bemerkungen. Weltpolitik. Weltwirtschaft. Internationaler SezialiSmuS. - Internationale GewerkschaftS- b« w r g u n 8- A«S ver D»wjet»ui»»r. ch e r s ch a u. Preis des HefteS UL 5., Jahresbezugs- preis KC 50.. Redaktion und Verwaltung: Prag   II, Lützowova 37. sich der besondere gegen die Aeußerung:Danzig   muß zum Deutschen Reich zurückkehren." Göring   hatte in seiner Rede erllärt, daß Danzig   d e u t s ch bleiben müffe. Erersehne die Stunde und sei gewiß, die Stunde zu er­leben. Wir wissen aber auch, daß die Vor­sehung eines Tages entscheiden werde, was heute noch nicht entschieden werden kann. Weiter sagte Göring   in seinen ost recht dra­stischen Ausführungen, daß er aus Preußen, das Lodgman   als Henlein-Ersatz? Zu der unter diesem Titel veröffentlichten Information ersucht uns Herr Karl A n s o r g e, Vertreter des" Deut­schen Nachrichtenbüros, Berlin  , um die Aufnahme der folgenden Erklärung:Auf Grund meiner mit der sudetendeutschen   Politik gemachten Erfahrun­gen denke ich nicht daran, mich an ihr wieder aktiv zu beteiligen. Karl Ansorge." t k Wir haben seinerzeit eingehend über die vor dem Leitmeritzer Kreisgericht durch­geführte Verhandlung gegen den wenig rühmlich bekannten Schriftleiter derAussig-Schrek- ken st einer.Zeitung" HerrnS epp" Ha ns Kocab berichtet, der in seinem Blättchen am 11. August 1934 eine von unflätigsten Aus­fällen strotzendePolemik" eigenen Fabrikates gegen den Herausgeber des KarlsbaderNeuen Vorwärts", Genossen Sattler veröffent­licht hat. Dieser teutonische Recke mit dem ger  - manisch-volkstümlich zugeschnittenen.Vor- und dem unverfälscht tschechischen Familiennamen hatte an einer imNeuen Vorwärts" unter dem Titel Hindeburg-Nekrolog" erschienenen durchaus sachlich-krittschen Betrachtung über die Persönlichkeit und die politische Bedeutung des da­mals eben- verswrbenen Reichspräsidenten und Feldmarschalls Hindenburg Anstoß genom­men. Der Artikel, der die Schule der nazistischen Journalfftik in jeder Zeile verrät, war betitelt: »W irgreifenan!" und der Untertitel lau­tet«:H ergestelltHerrSattler." Herr Sepp Kocab ließ seine zweifellos ur­germanische Seele in Wallung geraten, well er sich durch den erwähnten kritischen Artikel, der mit kei­nem Wort eine pe r s ö n l i ch e Verunglimpfung enthielt, in seineninnersten Gefühlen" verletzt gefühü habe, wie er bei seiner Einvernahme be­tonte. Dieser treffliche, nach eigener gerichtlicher Aussage heimatfrontlichgesinnte Zei­tungsmann(der vor nicht allzulanger Zeit ein Unterkommen bei den heute von ihm besudelten Sozialdemokraten suchte) hat steilich seinerzeit kein AergerniS an den wüsten Beschimpfungen Hindenburgs  'durch die Nazis'genommen, als die Hitlerleute dessen Kandidatur zum Reichspräsiden­tenamt in ihrer bekannten Art bekämpften^Dafür sprach er in der eingeklagtenPolemik" von Verl  >ogenheit, Volksverdum- mung und Volksverhetzung" als charakteristischen Merkmalen des jüdischen Wesens, aus welchem heraus der Artikel desNeuen Vor­wärts" geschrieben sei. Genoffe Sattler wurde (»Pfui Teufel, Herr Sattler..'."!) aufgefordertseinem Jehova dankbar zusein, daß ernoch nicht ein ver­dientes und weitaus klägliche­res Ende genommen habe". Da ist von jüdischen Plattfutzsohlen" die Rede, denen der Boden zu heiß geworden sei. Und in den Schlußsätzen dieser nazistischen Polemik heißt es:»Es wäre eine Wohltat... Kocab, Hindenburg   und dieEmisrantenpresse Das Urteil gegen den Schreckenstelner Schimpfbold bestätigt Ostern kommt... MAR GAR I N E f des Gesetzes zum Schutz der Ehre schuldig erkannt und zu vierzehn Tagen strengen und mit einer Faste verschärften Arrestes verurteilt wurde und zwar unbedingt. Sepp Kocab fühlte sich bemüßigt, gegen die­ses Urteil Nichtigkeitsbeschwerde und gleichzeitig Berufungwegende r un­bedingten Verurteilung einzulegen, so daß das Oberste Gericht in dieser Sache zu ent­scheiden hatte. Das Oberste Gericht wies b e i d e Rechtsmittel ab, so daß das U r t e i l des Leitmeritzer Pressegerichtes rechtskräftig geworden ist. Die oberste In­stanz zog, ohne auf Details einzugehen, die Tat­sache in Betracht, daß Genosse Sattler von Kocab einfach in seiner Eigenschaft als Herausgeber des »Neuen Vorwärts" angefallen wurde, ohne daß eine direkte Verbindung des Angegriffenen mit demHindenburg-Nekrolog" auch nur behauptet wurde. Der Inhalt dieses Artikels brauche also überhaupt nicht geprüft zu werden. Was die Berufung gegen die unbe­dingte Verurteilung betrifft, spricht das Oberste Gericht aus, daß der bedingte Strafauf­schub dem Angeklagten mit Recht verwei­gert wurde, well sowohl die vorhergegangenen Verurteilungen des Angeklagten, als auch die Art der Begehung und endlich auch die Art seiner Verteidigung dar­auf Hinweisen, daß der Strafvoll­zug notwendig sei. Sekbswerständlich muß Sepp Kocab die ge­samten Gerichtskosten bezahlen und außerdem das Urteil auf seine Kosten in derAussig- Sch recken st einer Zeitung", sowie im KarlsbaderVolkswille" und im Aussiger »V o l k s r e ch t" veröffentlichen laffen. rb.