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TamStag, 8. April 1933
Seife 5
»Wer bietet mehr?!" Ss war im Winter 1926 zu 27 in Ber lin ... Irgendwo fand ein kleines Atelierfest statt... Eine von jenen vielen kleinen, halbprivaten Veranstaltungen, die für den Berliner VorsaschiNg charakteristisch sind.— Auf diesem Atelierfest gerieten drei Gäste in ein längeres Gespräch—. Felix Fechenbach , der Unterzeichnete und— nun, jener Hans Wese- many, der früher als nicht ernst genommener» gewandter politischer Causeur durch die Salons von Berlin geisterte und heute als einercher übelsten Schurken der politischen Hintertreppe entlarvt ist. Wesemann hatte jene unangenehme mokante Art, über alles und jedes witzelnd zu spotten, die ernsthaften Menschen auf die Nerven geht. Fechenbach irritierte dies fadenscheinige Feuerwerk pseudo-eleganter Formulierungen und er sagte, ein wenig aus der Fassung gebracht: „Aber Sie nehmen ja nichts ernst!“ Wesemann kniff das rechte Auge zu, lächelte em wenig und sagte mit fühlbarem Hohn: „Was wollen Sie? Politik ist doch ein Geschäft.— Für mich ist sicher, daß hier nur die Parole gilt: Wer bietet mehr?!" Es ist sicher, datz ihm die Gestapo mehr geboten hat!—X—
Volkswirtschaft und Sozialpolitik Das provisorische Handelsabkommen zwischen der Tschechoslowakei und den Ver einigten Staaten ist in Washington unterzeichnet worden. Das Abkommen tritt am 1. Mai 1935 in Kraft und kann mit dreitzigtägiger Frist gekündigt werden. Handelspolitische Schwierigkeiten mit Jugo slawien find neuerdings entstanden, weil durch eine Verordnung des jugoslawischen Finanzmini- sterS der Weiterverkauf des in die Tschechoslowakei gelieferten jugoslawischen Getreides an dritte- Länder verhindert weiten soll. Bekanntlich hatte die Tschechoftowakei zur Belebung des Handelsverkehrs mit Jugoslawien mehrere tausend Waggons Weizen und Mais von Jugoslawien bezogen und versucht, einen Teil dieses Getreide- wieder in- Ausland zu verlaufen. Ein Kartell in der Lackindustrie» als dessen vordringliche Aufgabe die Sicherung guter Preise bezeichnet wird, ist im Entstehen begriffen. Für später ist auch die Kontingentierung der Produktion vorgesehen. Dem Kartell werden alle tschechoslowakischen Firmen der Lackindustrie angehören. 4,558.465 Kronen Reingewinn hat die Tschechoslowakische Agrarbank im Jahre 1934 erziell. Davon erhalten die Aktionäre 2,700.000 Kronen, 500.000 Kronen werden dem Reservefonds zugewiesen und nur 1 Million Kronen werden auf neue Rechnung vorgetragen. Argentinien als Absatzmarkt. Die südamerikanischen Länder sind von der tschechoslowakischen Exportindustrie bisher zu wenig als Absatzmarkt beachtet worden. Darauf hat eben wieder der ehemalige tschechoftowakische Gesandte in Argenti nien , Machaty, in einem Vortrag hingewiesen. Er betonte die Notwendigkeit direkter Handelsbeziehungen zwischen Argentinien und der Tschechofto« wakei. Argentinien ist der wichtigste südamerikanische Staat, der zwar seiner Grütze und De- völkerungSzatzl nach bloß 16 Prozent, handelspolitisch jedoch 50 Prozent von ganz Südamerika darstellt. Der argentinische Autzenhandel erreichte seinen Höchststand im Jahre 1928. Im Jahre 1934 ergab er ein AÜivum von 328 Millionen PesoS . Die tschechoftowakische Ausfuhr nach Ar gentinien ist im Jahr 1934 auf 103 Millionen Kronen gestiegen. Die Ausfuhrmöglichkeiten sind jedoch unverhältnismäßig größer und eS ist eine Aufcche unserer Eportindustrie, diese Möglichkeiten m anderer Weise auszunützen als bisher.
W Nt 166» Ult MklWM UW? Bon A. Rudolf.
„Können Sie mir nicht 16 Rubel bis zum Ersten leihen, Genosse Rudolf?", ftagt mich Katja. Stenotypistin eines Leningrader Verlags, bei dem ich öfters zu tun hatte. „Ich habe nämlich einige Kleidungsstücke verpfändet und die verfallen, wenn ich den Pfandschein nicht verlängere. Dazu brauche ich das Geld." Während ich schon nach der Brieftasche greife, geht es mir durch den Kopf: Katja verdient 170 Rubel monatlich, davon bekommt fie nach allen Abzügen, Anleihe, Einkommensteuer, Wohnbau- u. Kultursteuer faktisch nur 150 Rubel heraus. Damit kann man natürlich keinerlei Sprünge machen. Aber fie ist ja verheiratet, ihr Mann, soviel ich weitz, Mechaniker, ein in der Sowjetunion relativ gut bezahlter Beruf. Und ich Weitz auch, datz Katja sehr sparsam und wirtschaftlich ist. Wie ost hat fie mich auf diese und jene billige Einkaufsauelle hingewiesen. Es mutz also etwas Ungewöhnliches geschehen sein. Katja ist aber nicht nur wirtschaftlich, fie ist auch Gedankenleserin. „Ja, mein Mann bekommt erst am Fünfzehnten wftder nach langer Zeit Geld, nachdem er glücklich eine Stellung gefunden hat. Er war nämlich fast drei Monate ohne Arbeit?" Ohne Arbeit?? Es soll doch in der Sowjetunion keine Arbeitslosigkeit geben? Und da ein qualifizier- ier Mechaniker ein Vierteljahr arbeitslos? In einem Industriezentrum, wie Leningrad ist? Ich gab Katja die 15 Rubel und begaim, in meinem Bekanntenkreise mich schärfer umzusehen, nach- zustagen, Beobachtungen anzustellen. Und bekam zufällig drei Wochen später einen Brief von einem bei Moskau beschäftigten deutschen Schleifer. Der wollte nun auch einen anderen Winkel der UDSR sehen und bat mich, ihm in Leningrad eine Arbeit zu verschaffen. Ein gelernter deutscher Schlosser, meinte er, sei in der USSR doch überall gesucht. Ich fragte in Betrieben an, in denen ich Verbindungen hatte. Ich ging zur zentralen Vermittlungsstelle de? Gebietsgewerkschaftsrats, der eine eigene Ausländerabteilung hat. „Maschinenschlofler? Haben wir mehr als wir brauchen können! Schreib dem Genossen, er soll bleiben, wo er steckt. Wir schreiben nicht mehr 1931!" Nach und nach merkte ich auch an anderen Symptomen, datz die Zeiten von 1931 endgültig vorüber waren. Damals bekam jeder, Russe oder Ausländer,— und letzterer ganz besonder», soviel Arbeit angeboten, wieviel er nur wollte, mochte er Kumpel oder Arzt, Dreher oder Zeichner sein. „Bevorzugte AuSländerverpftegung? Aber selbstredend!— Einen Monat Auslandsurlaub pro Jahr, bezahlte Ein- und Rückreise? Bitte sehr! Etwas Valuta für die Angehörigen im Ausland? Auch da» läßt fich machen. Es gab sogar solche, di« da» unmöglich scheinende, eine Wohnung im überfüllten Mos kau , durchsetzten. Da» waren die Zeiten deS Fünfjahrplanrausches. Ein leichter Hauch von Inflation verbreitete sich auS den Büros der staatlichen Plankommission, über das ganze Land.. Man sah ProduktionSziffern schon für den ersten Fünftahrplan vor, die bestenfalls, und auch nicht restlos, im zweiten Jahrfünft erreicht werden dürften. Aber damals war es„rechter Opportunismus", an diesem Wachstumtempo zu zweifeln, eS für übersteigert zu halten. So engagierte man Unbedenklich Arbeitskräfte.„Die gesteigerte Produftion bringt e» schon wieder rein." Aber die Produktion stieg viel langsamer, als man gehofft, die Finanzen wurden trotz geheimer Inanspruchnahme der Rotenpresse, die nur-u Preiserhöhungen führte, immer angespannter.' Die Selbstkosten und die Lasten des rapid angewachsenen Apparates waren viel höher, als vorgesehen. Da kam Ende 193A der Blitz aus heiterem Himmel: ein Dekret, das den Abbau des Beamtenapparates um 80 bis 40 Prozerck anordnete. Selbst nach den amtlichen Ziffern der„Prawda" wurden in knappen 14 Tagen an 150.000 Menschen entlassen. Aber das find nur die offiziellen Zahlen über die grotzen Verwaltungsorgane. Neben dem administrativen Apparat wurde„offiziell" auch die Angestelltenschaft der Organisationen und Fabriken(Buchhaltung, Lohnverrechnung) sowie der Gewerkschaftsapparat erheblich verkleinert. Und zuletzt kamen, in der allergrötzten Stille, die Betriebsarbeiter selbst an die Reihe. Die Belegschaften der Großbetriebe wie
„Elektrosawod" und„AMO" in Moskau , des Stalingrader Traktorenwerkes, des„Roten Putilowez" in Leningrad etc. verminderten fich um 15 bis 20 Prozent, was bedeutet, datz pro Großbetrieb 3000 bis 6000 Mann in kurzer Zeit entlassen wurden. Gleichzeitig wurde das Paßsystem, wie es unter dem Zarismus bestand, wieder«ingeführt. Das bedeutete, daß jeder, der sich in den gröberen Städten aufhalten will, einen Patz benötigt. Um diesen zu erhalten, waren erforderlich: ständige Wohnung, ständige Arbeit und politische Zuverlässigkeit. So bestand die Möglichkeit, die Abgebauten, die keine neue Arbeit finden konnten, kurzerhand auf administrativem Wege aufs Land abzuschieben. In den amtlichen Kommentaren hieß es, datz in den Sowjetwirtschasten und Kolchosen ein gewaltiger Mangel an administrativem Personal, besonders an Buchhaltern herrsche. Aber wenige Wochen darauf las ich eine ganz kurze Notiz in der„Leningradflaja Prawda", dab auch der Verwaltungsapparat in der Landwirtschaft abgebaut werden müsse. So verschwanden jedenfalls Anfang 1933 Hunderttausende von Menschen aus den Großstädten, und später auch aus den kleineren, denn das ursprünglich nur für Moskau , Leningrad und Charkow vorgesehene Paßsystem wurde langsam auf alle irgendwie nennenswerten Städte erweitert. Ich habe versucht, festzustellen, was mit den aufs Land Abgeschobenen geworden ist. Aber das russische Land ist weit. Keiner konnte mir Genaues sagen. Parteifunktionäre meinten, das Land hätte sie aufgesogen. Und damals begnügte ich mich mit der Version. Erst nach den beiden Fällen in Leningrad , als ich der Sache näher auf den Grund ging, sah ich, wie dieses.Aufsaugen" zu verstehen war. Manche schlüpften bei Angehörigen unter und vermehrten nur die Zahl derer, unter die dgS bißchen Brot, das nach der staatlichen„Getreideaufbringung" übrig blieb, verteilt werden mutzte. Manche, die dem Ruf der Industrialisierung folgend, in die Städte gezogen waren, sich dort unter Mühe und Entbehrungen eine Qualifizierung als Dreher, Werkzeugmacher erwarben, hantieren wieder mit der Mistgabel. Erfahrene BerwaltungSbeamte führen die Listen irgendeiner Holzfällerkolonie in Karelien — und Legion ist die Zahl derer, die, zum„llassenfeindlichen Spekulanten".wurden, weil sie sich, um leben zu können, auf den illegalen Privathandel verlegten. Kurz vor meiner Abreise traf ich im Beschwerdebüro des Leningrader Sowjets eine alte Ftau. „Ich habe Arbeit al» Reinemachefrau gefunden, und auch ein Eckchen in einer Obscheschitie(Gemeinschaftswohnung mft grotzen Schlafsälen für die, die kein eigenes Zimmer haben). Aber man will mir keinen Paß geben. Die Miliz hat gesagt, wenn ich morgen Abend noch hier bin, werde ich abgeschoben. Helfen Sie doch. Bürgerin!" Die Beamtin besieht die Papiere, schütteft den Kopf. „Da ist nichts zu helfen. Sie müssen zurück nach Pskow ." „Aber ich habe dort keine Arbeit und mein Sohn kann mich mit den 120 Rubeln, die er verdient, nicht miternähren. Er hat noch Frau und Kind. Seitdem eS die Pässe gibt, sind so viele Leute auS den Städten nach Pskow gekommen. Die Arbeit reicht nicht für alle." „Sie können nur einen Patz für Leningrad bekommen, wenn Sie von Ihrer Arbeitsstelle ausdrücklich angefordert werden. And das kann sie nur, wenn e» hier keine freien Kräfte in Ihrem Berufe gibt." Die Alte schüttelt verzweifelt die Hände:„Wer wird denn schon eine Reinemachefrau anfordern!" Die Beamtin:„Ja, so ist das Gesetz. Der Nächste, bitte!" Die diese Frau, kämpfen in der weiten Sowjet union Hunderttausende, ja Millionen für«in Plätzchen an der nur schwach wärmenden Sonne: für eine Stelle als Reinemachefrau, als Nachtwächter, als Lagerverwalter, für ein Eckchen in einem überfüllten Massenquartier. Die Perspekttven? Im Sommer 1934 wurde der Gewerkschaftsapparät erneut abgebaut, wieder um 30 bis 35 Prozent. Die vor einigen Jahren eigens aus dem Betrieb geholten Arbeiter, die„Wischdi- wenzi", die man boll Stolz den ausländischen Besuchern vorführte und die mit grotzen Kosten als Gewerkschaftsbeamte ausgebildet wurden, suchen zu
125.000 Eiei bestanden die Prüfung mit»sehr gut< Großversuche mit sol chen Mengen bewiesen, daß Wasserglas das verläßlichste eierkon servierungsmittel ist. Wasserglas ist außerdem billig: man braucht ja auf neun Teile Wasser nur einen Teil Wasserglas. Wasserglas
hält dife Eier frisch/
Tausenden wieder einen Platz an der lange nicht mehr gesehenen Werkbank. Der vor zwei Jahren noch so leichte Zutritt zu den Hochschulen und Techniken ist wesentlich erschwert, die Zahl der Semester vermehrt worden. Man fürchtet sogar schon in den qualifizierten Berufen die Ueberproduktion. Den 1931/32 noch auf Händen getragenen ausländischen Ingenieur und Techniker versucht man schon langsam abzuwimmeln. Er hat seine Schuldigkeit getan, über die ärgsten Jahre hinweggeholsen. Jetzt wird seine Stelle eingenommen vom jungen Nachwuchs, den er selbst ausgebildet hat. Wo liegen die Ursachen des Umschwungs? In der bereits erwähnten Ueberschätzung de» Wachstumstempos. Richt, daß es in der USSR nichts zu tun gäbe. Es mützte noch unendlich viel gebaut werden, um das zivilisatorisch«, technische Niveau Mitteloder gar Westeuropas zu erreichen. In Moskau entfallen lätrt amtlicher Sowjetstatistik viereinhalb Quadratmeter Wohnraum auf den Kopf der Bevölkerung, in Leningrad ein wenig mehr. In den anderen Städten ist es nicht besser. In den Krankenhäusern werden die Leute, kaum daß sie gehen können, entlassen. ES mangelt an Betten. Die Schulen(trotz der Neubauten) arbeiten in zwei und drei Schichten. Doch mangelt es an Mitteln für den Weiteraufbau. Auf dem kürzlich geschlossenen Sotyjetkon- gretz der RSFSR erwähnte Komarow in seinem Referat über die Kommunalwirtschaft(Jswestija vom 20. Jänner), daß von den 9.7 Millionen Quadratmetern Wohnraum, der 1934 in der RSFSR gebaut werden sollte, nur fünf Millionen tatsächlich fertig gebaut wurden. Aehnlich liegen.die Verhältnisse bei anderen Bauvorhaben. Ueberall kann man begonnene Neubauten sehen, aber auf den Gerüsten laufen kaum ein halbes Dutzend Arbeiter hin und her. Die Kredite für den Weiterbau fehlen. Gerade Bauarbeiter, die 1931 ganz zur. proletarischen Aristokratie zählten, werden massenhaft entlassen, bestenfalls an verlassene Grenzorte, an den Baikalsee, nach dem Fernen Osten abgeschoben, dort gibt eS noch Arbeit an den. Grenzbefestigungen. Und inzwischen schreitet die Rationalisierung in der Industrie fort. Bon Jahr zu Jahr werden für den gleichen Produktionsumfang, ganz wie in den kapitalistischen Ländern, immer weniger und weniger Arbeiter gebraucht. Dabei strömt aus den Betriebsschulen, au» den Lehranstalten trotz der Drosselung «in zahlreicher Nachschub, der beschäftigt werden will. Die USSR verzeichnet«inen jährlichen Bevölkerungszuwachs von 3.6 Millionen Köpfen! So ist denn die russisch «„Arbeitsschlacht" noch keineswegs geschlagen. Erst die Zukunft wird zeigen können, ob die USSR fähig ist, den durch Ratio- nalisierung freiwerdenden Kräften und dem jungen industriellen Nachwuchs genügend neue Arbeitsgelegenheiten zu schaffen, was bei der gegenwärttgen Finanzlage des Landes ftaglich erscheint. Und so ist es doch möglich, daß in absehbarer Zeis zu der latenten,„versteiften" Arbeitslosigkeit auf dem Lande auch die„sichtbare" Arbeitslosigkeit der ftädttschen ProlewriatS tritt.
700.000 Schafe produzieren den Roquefort (PS.) Zwei französische Dörfer verdanken ihren Weltruf einzig und allein dem Käs«, den man dort seit langen Jahren herstellt. Camembert im Depar tement Orne in der Normandie , und Roquefort im südlichen Teil von Aveyron . Eine Frau, namens Mm«. Harel, die in dem Weiler Camembert wohnte, erfand den Käs«, dem man diesen Namen gegeben hat und die dankbaren Normanen haben ihr in VimoutierS, einem alten Keinen Dörfchen in der Nähe von Camembert ein Denkmal errichtet. Die Fachleute aus Roquefort dagegen, aus diesem Dorf, das fest dem achten Jahrhundert seinen berühmten Käse bis nach Italien sendet, wären in großer Verlegenheit, wenn man fie fragte, wer diesen Käse mft der blaugrünen Marmorierung erfunden hat. Sehr wahrscheinlich datiert der Roquefort sogar noch au» einer früheren Zeft: denn schon im 1. Jahrhundert nach Christi Geburt schmausten die Römer schon diese.Leckerei" mit stmckem Geschmack. Man macht den Roquefort-Käse aus Schafsmilch;
das fft indessen nicht der einzige, Grund für das besonder«, das ihn von jedem anderen Käse unterscheidet. Man hat versucht Roquefort an. anderen Orten herzustellen, auch mit Schafmilch und unter Anwendung ganz des gleichen Verfahrens wie auf dem Plateau Central, aber diese Versuche sind bis heute ohne den geringsten Erfolg geblieben. Es scheint also sicher zu sein, datz dieser Käse nirgendwo anders gelingen kann, als in den natürlichen Kellern mit starkem Luftzug, mit der gewissen Feuchtigkeit deS Landes durchtränkt. Nur unter dem Einfluß dieser flltrierten und gemischten Luftzufuhr kann sich der Champignon in dem Käselaib, der für diesen Vorgang entsprechend präpariert ist, bis. zu einem gewissen Grade entwickeln. Dieser Laib wird dann in den Satzraum getragen, einem dunklen Loch, daS in den Felsen gebohrt ist und dort von allen Seiten mit Salz eingerieben. Dann wird er in die Werkstatt der Bür- sterei und Bohrerei gebracht, wo er gereinigt und so durchlöchert wird, daß die Kellerluft in daS Innere jede» Laibes dringt und dort eine spezielle Gärung hervorbringt. Dieser Produftionsprozeß dauert mehrere Wochen, ebenso wie eS nötig ist, die Cham - pagnerflaschen regelmäßig zu bewegen, ist es auch
notwendig, den Käse zu überwachen, ihn zu pflegen, den Platz zu wechseln, ihn zu wenden und abzukratzen. Die jährliche Produktion von ungefähr 12 Ril- lionen Kilogramm Käse verbraucht die Milch von 700.000 Schafen. Besonders die großen Ebenen, „Causses" genannt, arm an Wald und Wasser, südlich vom Zentralgebirge, die sich nicht für den Ackerbau eignen, dienen al» Weideland für diese Schaf«. Die Produftion vonSchafSmilch erstreckt sich jetzt über 10 französische Provinzen bi» nach Korsika. Schafmilch gibt es nur während sechs Monaten, man mutz also Kühlgefäße bauen, in denen der Käse bei einer Temperatur von 0 Grad lange aufgehoben werden kann. Folgende Ziffern geben eine ungefähre Vor- ftellung von der Wichtigkeit der eigentlichen Käseindustrie und der anschließenden Erwerbszweige. 200.000 Personen arbeiten auf 25.000 Farmen, leben von der Verarbeitung der Produkte, die die Hammel liefern: von der Milch, der Wolle, dem Fell, dem Fleisch. 10.000 Schäfer, von denen die meisten älter als 50 Jahre alt sind, hüten die Herden; 80.000 Männer oder Frauen find erforderlich für die Versorgung der 700.000 Schafe, von denen sie die kostbare Milch erhalten.