Nr. SS Mittwoch, 24. April 1935 Seite 7 Politisches Ortereier-Suchen Ueber das tradionelle Ostereiersuchcn liegen mis diese Berichre vor: Görmg: ' Herr Göring sucht in voller Rüstung, . Er jagt ein Schokoladenei, - Am Fenster liegt es, an der Brüstung, K»- Er klappt es auf. Ein wilder Schrei, Tas Ei war hohl und weiß beschriftet: »Wer hat den Lübbe wohl vergiftet? Goebbels  : Der Joseph Goebbels   flucht sehr kräftig. Die, Eier liegen gut versteckt, . In Schweiß gerät er, und zwar heftig, Ta, endlich hat er sie entdeckt I Stroh war die Füllung, drum lag Pappe Reichspropaganda-Lug-Attrappc I Europa: Auch Miß Europa suchte Eier, Im Gärtchen ihres Völkerbunds, Sie fand zwei Stück an einem Weiher, Und, frohgelaunt ob ihres Funds, Las sie, in Marzipan gegossen: Achtung! Demnächst wird scharf geschaffen l Gerhard Sommer. Zwei schwere Auto-Katastrophen D«i Budtveis und bei Brünn   am Ostersonntag Böhm.-Budweis. In den späten Abend­stunden des Sonntag ereignete sich in Südböhmer, rin Automobilunglück, das den Tod zweier Per­sonen und die Verletzung einer dritten zur Folge batte. Ein offenes Automobil, das auf der Staatsstraße nach Böhm.-Budweis fuhr, stieß aus bisher unbekannter Ursache unterhalb des ab- schüffigen Straßenabschnittes bei der Ortschaft llamennh Ujezd gegen die herabgelassenen Bahn­schranken, überquerte das Bahngeleise und durch­brach in schneller Fahrt auch den zweiten Bahn­schranken. Nach weiteren 70 Meter Fahrt blieb bas Auto wegen einer Motorstörung stehen. Der Aagen wurde von dem 33jährigen Heinrich V o l- Pr c ch t. Besitzer einer Großbäckerei in Strakonitz, gelenkt. Volprecht wurde durch den Zusammenstoß mit den Bahnschranken der Kopf fast vom Rumpfe getrennt. Neben dem Lenker des Wagens saß die 23jährige Milada Boökovä, eine ledige Tochter des Budweiser Bezirlshauptmannes Fal­ler, die durch eine gebrochene Bahnschranke schwer verletzt wurde. Tie auf dem rückwärtigen,Kitz bc- imdsiche Schwester B l a st a wurde gleichfalls der- letzt. Ein des Weges kommendes Automobil über­führte Bolprecht und Frl. Milada Boäkovä in das Aasaryk-Krankenhaus in Böhm.-Budweis  , wo konstatiert wurde, daß beide unterwegs gestorben waren. Unmittelbar darauf wurde Vlasta Bo 11 d b d mit einem Sanitätswagen ins Kran- k.mhaus eingeliefert; diese erlitt nach dem ärzt­lichen Befund eine schwere Gehirner­schütterung und verschiedene leichtere Ver­letzungen. Ihr Zustand wird für sehr ernst angesehen. * Brün«. Sonntag um 10 Uhr 40 Minuten bormittags erfaßte der Personenzug Nr. 470t bei dem ungesicherten Feldweg bei Kukiw im Kilo­meter 16.421 der Strecke BrünnTisnov ein La st a u t ö m o b i l, das durch den Anprall zer­trümmert wurde. Der Chauffeur und Besitzer Josef Nemec  , Kaufmann aus Krqlove Pole, wurde leichtverletzt, der Mitfahrer, der Häutehändler Franz Veselh, ebenfalls aus I. W. Speerger und Blank« Waleskä in dem heimischen FilmSpäte Liebe". Kralove Pole, wurde bei dem Zusammenstoß g e- tötet. Der Verletzte wurde ins Krankenhaus nach Brünn  , Vesely in die Totenkammer nach Kukim übergeführt. Die Ursache des Unfalles wurde sofort von der Gendarmeriefahndungs­station aus Brünn   uiid von einer Untersuchungs» kommission der Staatsbahndirektion in Brünn  untersucht. WenzelSdukatm. In Ruda bei Velkö Meziiöi wurde beim Abtragen einer alten Scheune eine eiserne Kassette mit ettva 200 Silberdukaten aus der Zeit Wenzels H. gefunden. Auf der einen Seite der Dukaten ist der böhmische Löwe, auf der anderen die St. Wenzels-Krone abgebildet. Ertrunken. Am Ostersonntag ereignete sich auf der Elbe   in der Nähe der Pillnitz  -Klein-Zschachwitzer Taurpffähre ein Bootsunglück, bei dem zwei Paddler den Tod sanden. Das Boot war durch die starke Strömung an den Bug des Fährbootes und sodann an einen eisernen Brückenponton gedrängt worden. Das Paddelboot kenterte und die beiden Jn- saffen stürzten ins Wasser, wo sie infolge der Strö­mung ertranken. In Neustrelitz   wurden seit einigen Tagen zwei ausländische Studenten, der 20 Jahre alte Schweizer   Felix Guillod aus Lausanne  und der 24 Jahre alte Türke Mehmet Samin Sür- reyya, die eine Paddelbootfahrt in die Hafengewässer unternommen hatten, vermißt. Das Boot war ange­trieben worden. Am Ostermontag konnten ihre Lei­chen aus dem Woblitz-See geborgen werden. Beim Spielen verschüttet. Auf dem Laarberg spielten Dienstag nachmittag zwei Knaben auf einem großen Sandberg. Sie hatten einen Gang gegraben L und wurden von nachsjürzcudcn Saudmasscn verschüt­tet. Tie beiden Knaben, der 12jährige Wilhelm'HanÄ- ner und der 11jährige Franz Pöchl, konnten nur noch als Leichen geborgen werden. TaS größte Schiff der Welt, die»Nor­ mandie  ", wird am 28. Mai den Expreßver- kchr zwischen La Havre   und New U or k er­öffnen. Das französische   Pöstministerium wird aus diesem Anlaß Marken mit dem Bilde des Dampfers ausgeben. Blutiger Bankraub. Eine Bank in Santa Cruz wurde von chilenischen Räubern überfallen. Es wurden hiebei zwei Perso­nen durch Schüffe getötet und drei schwer verletzt. Bei den Toten und Schwerverletzten handelt eS sich durchwegs um Engländer, Ange­stellte der überfallenen Bank. Es wurden 200.000 Piaster geraubt. sind geständig. Im Verlaufe der vorgenommenen Hausdurchsuchungen konnte eine vollständig einge­richtete Geheimdruckerei beschlagnahmt werden. Außer Propagandaschristen wurde auch eine Zeitschrift in der Druckerei hergestellt. Zu allem entschlossene Schmuggler. An der französisch  -belgischen Grenze bei der Stadt Lille  kam es in der Nacht auf Sonntag zu einem Zu- sammenswß zwischen Schmugglern und Zollbeam­ten. Während die Schmuggler das Zollhaus über­fielen, fuhren mit geschmuggelten Waren bela­dene Lastautos über die Grenze. Nach längeren Verfolgungen und Scharmützeln wurde ein Auto­mobil in Lille   beschlagnahmt. Die Schmuggler setzten ein anderes Auto in Brand und schleuderten auf das sie verfolgende Auto der Zollbeamten ein Gefäß mit brennendem Benzin. Zwei Zollbe­amte wurden verletzt. Im Laufe des Nach­mittags wurden drei Schmuggler verhaftet. Beim Bau einer Straße bei Rom   hat sich ein Erd- und Felsrutsch ereignet. DreiArbei- t e r wurden dabei getötet. Der leitende I n- g e n i e u r ist nach dem Unfall g eflüchtet. Das größte Luftschiff der Sowjetunion  , das den NamenOssoaviachimW 6" trägt, stieg Sonntag abend in Moskau   zu einem Flug Moskau  Leningrad  Moskau   ohne Zwischen­landung auf. In den Nachmittagsstunden des Montag traf das Luftschiff wieder auf dem Mos­ kauer   Flugplatz ein. Das Luftschiff, dessen höchste Fahrtgeschwindigkeit 122Stundenkilome- t e r betrug, war insgesamt 3 1 S t un d e n in der Luft. Vor Leningrad   wurde eine Stabilisierungs- unb Schiff war vorübergehend Manövrierunfähig; eS gelang jedoch, den Schaden in der Luft zu beheben. Bei der Verhaftung eines betrunkenen Regers in einem New Dorker Vorstadt-Restaurant kam es zu einem wilden Kampf zwischen über hundert Ärgern und der Polizei. Zwei Kriminal­beamte wurden mit Biergläsern und Stühlen niedergeschlagen und schwer mißhandelt. Die Ruhe wurde erst wieder hergestellt, nachdem ein starkes Polizeiaufgebot erschienen war und mehrere Verhaftungen vorgenommen hatte. Spjone. Ueber Anordnung des Untersuchungs­richtens in Marseille   wurden in Algier   drei Aus­länder deutscher Nationalität wegen Spionage verhaftet. ES wurden bei ihnen Schweizer   Pässe vorgefunde». Slawisch  « Skraßenkongreß. In der Zeit vom 20. bis 28. Juni 1835 tritt in Prag   zum ersten Mal« der Slawische Straßenkongreß zusammen, wobei Straßenfachleute über Straßenbau fragen in Der Kon­greß wird von der tschechoslowakischen Straßen­gesellschaft veranstaltet.(Die Föderation vereinigt in ihren Reihen die Vertreter der.slawischen Staa­ten, die Tschechoslowakei  , Bulgarien  , Jugoflawien und Polen  .) Es wird sich dabei hauptsächlich um die Frage der Vereinheitlichung der Vorschriften und Bedingungen für die Durchführung von Straßen­bauten und um die Normung der Straßen handeln. Großfeuer. Aus bisher noch nicht völlig ge­klärter Ursache brach am Karfreitag morgens in dem sogenannten Basar-Viertel in Gotenburg ein Feuer aus, das schnell um sich griff. Erst nach dreistündi­gen Löscharbeiten gelang eS, die weitere Ausbreitung des Brandes zu verhindern. Fast ein Drittel des ganzen Viertels, etwa 20 Geschäftsbetriebe, sind von der Feuersbrunst vernichtet worden. Der Brand fand reiche Nahrung an den aufgestapelten Oel  - vorräten. Ein Feuerwehrmann trug durch Glas­splitter schwere Verletzungen davon. Von den Lösch­mannschaften mußten auch einige wegen Rauch­vergiftung ins Krankenhaus gebracht werden. ticrlchtssaal Faule Geschäfte mit fauler Ware Gauner berufen sich auf Zugehörigkeit zur Partei derNationalen Einigung" Prag  . Das achtköpfige Betrügerkonsortium, das Dienstag wieder einmal die Anklagebank vor dem Senat MareLek zierte, ist dem hiesigen Kreisge­richt von früher her trefflich bekannt. Die Angeklag­ten. zum Teil recht fragwürdige Existenzen, offe­rierten durch Inserate Rinds- und Schwein s- därme.prima Qualität" zu lächerlichen Preisen und legten den zahlreichen Interessenten wirklich erstklassige Warenproben vor. Es gelang denn auch, nicht weniger als neun Käufer zu s o f o r- tigern Abschluß und sofortiger Be­zahlung zu veranlassen, um so mehr, als die Gauner Lockvögel in Aktion treten ließen, die schein­bar um jeden Preis die kostbaren Därme erstehen wollten und durch Aufstachelung der Verdienerinstinkte der Kauflustigen diese zu dem.günstigen Abschluß" veranlaßten, um so mehr, als die biederen Verkäufer auch für Sachverständige sorgten, die der Ware ein glänzendes Zeugnis ausstellten. Als die Käufer die.prima Ware" aber weiter­verkauften, zeigte sich, daß die Fässer mit verfaul­tem, völlig wertlosem Material gefüllt waren, das nur ganz oberflächlich mit guter Ware verdeckt war. Der entstandene Schade belief sich auf 320.000 KL. Seinerzeit wurde das Konsortium mit schwe­ren Kerker st rasen belegt, gegen die die Ver­urteilten Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung ein­brachten, indem sie zugleich in mehreren Redaktionen vorsprachen und drohten, da ßsie jede Veröffentlichung über den Prozeß mit Presseklagen wegen ungerecht- fcrtigtcr Beschuldigungen beantworten würden. Sie wurden allenthalben hinausgewiesen und ihre Nich­tigkeitsbeschwerden endeten damit, daß daz Oberste Gericht den sämtlichen Unschuldsengeln die Strafen erhöhte.,, 4c In weiterem Verlauf kam aber noch ein« wei­tere Serie gleicher Betrügereien zutage und so saßen neuerlich diese sieben Betrüger auf der Anklagebank und wurden neuerlich, u. zw. zu diesen Zusatz- strasen verurteilt: Wenzel Napravnik, Ru­dolf Iosi fek und Karl Marouö zu je sechs Monaten. Josef Netkeba zu fünf, Josef Jirousek zu vier, Karl Smt§ek und Anton Posusta zu je drei und Matthias Solle zu zwei Monaten schweren und verschärf­ten Kerkers. Sämtliche Strafen sind unbe­dingt. Ein grotesker Zwischenfall ergab sich dadurch, daß einzelne Verurteilte an einen Gerichts­saalberichterstatter mit der Zumutung heran­traten, von dieser Sachenicht zu schreiben", da sie.a u ch" Mitglieder des .ÄärodniSjedocenl" seien, der.Rationalen Einigung" der Herren Stiibrnh und Kramäk! Sie hatten das Pech, irrtümlicherweise an einen Redak­teur der Linkspresse geraten zu sein, der ihne» natürlich die entsprechende Abfuhr in kräfsigster Art zuteil werden ließ. rb. Kommunisten-Hetze in Budapest  . Die Buda ­pester Polizei hat eine weitverzlveigie kommuni- stischeBerschwörung aufgedeckt. Insgesamt wurden 7 0 P e r s o n e n v e r h a f t e t. Die Verhafteten| den slawischen Staaten beraten werden. Zur SexualGcsd/üeöunö Sowjet Rußlands  Von JuliuS Epstein  Im Strafgesetzbuch des russischen Reichs Niko­ laus I  ., prolongiert im Jahre 1845, lautet der Pa­ragraph 1298:Wer sich des naturwidrigen Verge­hens der Päderastie schuldig macht, wird zur pein­lichen Strafe dritter Klaffe zweiten Grades verur­teilt und muß sich überdem, falls er den christlichen Glauben bekennt, einer Kirchenbuße unterziehen." Diepeinliche Strafe dritter Klaffe, zweiten Gra­des" bestand aus derVerbannung auf Ansiedlung in minder entfernt« Gegenden Sibiriens  " und aus der vorherigen Verabreichung vonzehn bis zwan­zig Peitschenhieben". So bestrafte das unhumane, schon der dama­ligen Zeit gemäß gewesenen wissenschaftlichen Argu­menten nicht zugängliche russische Strafrecht des Za­ren Nikolaus I  . homosexuellen Verkehr, zumindest soweu er sich die Form der Päderastie gab. Achtundfünfzig Jahre nach der Prolongation dieses alten Strafrechts durch den Zaren Niko- üuls I., also im Jahre 1903(am 22. März) gab sich das Rußland Nikolaus II  . ein neues Straf­recht, denUgolnoje Ulojenge". Dieses neue Strafgesetzbuch enthielt den§ 516 folgenden Wort­lauts:Wer Päderastie verübt, wird bestraft: mit Gefängnis nicht unter drei Monaren. Wird Päde­rastie verübt: 1) mit einem Minderjährigen von dierzehn bis sechzehn Jahren ohne seinen Willen, oder mft seinem Dillen, aber unter Mißbrauch seiner Unschuld; 2) mit einem infolge krankhafter Störung der Seelentätigkeit, oder infolge von Be­wußtlosigkeit, oder der von einem körperlichen Ge­breche« ob« einer Krankheit herrührenden, man ­gelhaften geistigen Entwicklung notorisch der Mög­lichkeit die Natur und die Bedeutung des mit ihm vorgenommenen zu verstehen, oder seiner Hand­lung Herr zu sein beraubten; 3) mit einem der Widerstandsmöglichkeit beraubten ohne deffen Wil­len zur Päderastie, so wird der Schuldige bestraft: mit KorrektionShauS   nicht unter drei Jahren. Wer jedoch Päderastie verübt: 1) mit einem Kind un­ter vierzehn Jahren; 2) mit einer in seiner Ge­walt der Pflege befindlichen Person,; 3) mit einer Person, die dazu genötigt wurde, durch Gewalt gegen die Person oder durch Androhung des To­des, einer sehr schweren oder einer schweren Kör­perverletzung dem Bedrohten oder einem Mitglied seiner Familie,'falls solche Drohung beim Bedroh­ten die- Befürchtung, der Möglichkeit.ihrer Verwirk­lichung Hervorrufen konnte; 4) mit einem, den der Gewalttäter zu diesem Zweck in bewußtlosen Zustand versetzt oder zu versetzen beiträgt, wird be­straft: mit Zwangsarbeit nicht über acht Jahren. Der Versuch ist strafbar.". Die russische Strafrechtsreform konnte sich also des Erfolges rühmen, das Strafminimum von lebenslänglicher oder mindestens langjähriger Verbannung und Züchtigung, auf drei Monate, in erschwerenden Fällen auf drei Jahre Korrektions­haus, herabgesetzt zu haben und das Maximum in ganz besonders erschwerenden Fällen auf Zwangs­arbeit von acht Jahren! Es ist bei Betrachtung dieses Gesetzes festzu­halten, daß, auch mit den Normen einer modernen Strafrechtstheorie gemessen, all« Strafen außer jener von mindestens drei Monaten Gefängnis für Päderastie zwischen voll rechtsfähigen Erwachsenen, gerecht, mindestens diskutierbar erscheinen, treffen sie doch vor allem n i ch t den Täfer wegen seiner homojexuellut Veranlagung, sondern we- | gen des MißbrauchS seiner Gewalt über Min­derjährige und Kranke, sie entsprechen also ana­logen Strafen, die in allen Kulturstaaten auf hete­rosexuellem Geschlechtsverkehr unter analogen Um­ständen stehen. Es blieb im Sinne- moderner psychologischer Strafrechtstheorie nur der erste Sah des 8 516 zu bekämpfen, der SatzWer Päderastie verübt, wird bestraft mit Gefängnis nicht unter drei Monaten." Dieser Satz verstößt freilich gegen das Prinzip vom Rechte über sich selbst und schützt in Wirk­lichkeit keinerlei Rechtsgut. Es erübrigt sich an dieser Stelle, die Argumentation gegen diese- Ge­setz weiter auszuführen. Es war daher ein selbstverständlicher und kei­nes.besonderen Rühmens werter Akt sowjetrussi­scher Rechtschöpfung, daß homosexueller Verkehr jeglicher Form an sich ebenso unverfolgt blieb, wie der heterosexuelle. Niemand hatte etwas ande­res vom bolschewistischen Strafrecht erwartet. Es warf neben vielem anderem auch den 8 516 des zaristischen Strafgesetzbuches auf den Scheiterhau­fen, bestimmt zur Verbrennung mittelalterlichen Plunders. Der fortschrittliche Zustand völliger Straf­losigkeit Honrosexuellen Geschlechtsverkehrs dauerte bis zum 7. März 1934. An diesem Tage wurde ein neuesGesetz über die strafrechtliche Verant­wortung für Päderastie" erlassen, ein Gesetz, das zwar humaner als das Gesetz Nikolaus   I. aus dem Jahre 1845 und früher, das aber, weit stren­ger als das des letzten Zaren, Päderastie zwischen voll rechtsfähigen Erwachsenen zum Objekt der Strafjustiz macht. Dieses Gesetz, veröffentlicht in derSamm­lung von Gesetzesbestimmungen und Verordnungen I der Arbeiter- und Baucrnregierung der RSFSR  " vom 25. April 1934 hat folgenden Wortlaut: Man ergänze 8 164 des Strafgesetzes der RSFSR   folgendermaßen: Geschlechtlicher Verkehr einer Mannes mit einem Mann(Päderastie) wird mit Freiheitsent­ziehung von drei bis fünf I a h r e n be­straft. Päderastie, di« unter Anwendung von Gewalt vollzogen wurde, oder unter Ausnutzung eines Ab­hängigkeitsverhältnisses des Geschädigten, wird mit Freiheitsentziehung von drei bis a ch t Jahren bestraft." Seit dem Tage des Inkrafttretens dieses ebenso unmodernen wie ungerechten, ja mittelalter­lichen Gesetzes witt> also ün Sowjetrußland der erwachsene Homosexuelle, der mit einem erwachsenen Partner geschlechtlich verkehrt, der also keinerle' Interessensphäre der Sozialität verletzt, der aber der Möglichkeit homosexuellen Verkehrs beraubt, nur unglücklicher, keinesfalls aber zu heterosexuel­lem Geschlechsverkehr tauglicher wird, mit drei- bi­achtjähriger Gefängnishast bestraft! Dieses Gesetz, das nur für das Gebiet de RSFSR  " gilt, nicht für die übrigen autonome Sowjetrepubliken, soll im Hinblick auf zunehmend Männerbünde innerhalb der Roten Armee, nick ohne Billigung, ja Förderung durch Maxim Gott zustandegekommen sein. iDeser habe angeblich in einer Rede Front gegen die Homosexuellen ge­macht, habe die Homosexualität als typisches Shmp tom fascisrischcr Staaten dargestellt und dergesta einen Rückschritt ins Reich mittelalterlicher Behänd lung sexueller Minderheiten vollzogen. Sei dem wie ihm wolle! Der neue 8 164a d- sowjetruffischen Strafgesetzbuches stellt einen tief be­dauerlichen Atavismus inmitten des Fortschritts in der Sowjet-Union dar.