SekteSFreitag, 26. April 1935«r. 88Einwendungen DeutschlandsbeantwortetParis. Der römische Korrespondent derAgentur Havas meldet über die fünf deutschenEinwendungen gegen den Donaupakt und über dieErwiderung Italiens auf diese Einwendungen:1. Die Frage Deutschlands, warum nichtauch die Schweiz zu dieser Konferenz geladenwurde, beantwortet Italien mit dem Hinweis aufdie Neutralität der Schweiz. Die AbwesenheitEnglands erklärt Italien damit, daß Groß-Bri-tannien auf dem Kontinent keine über seine auödem Vertrag von Locarno hinausgehenden Verpflichtungen übernehmen wolle.2. Auf die Frage Deutschlands, ob derfranzösisch-italienische Konsultativpakt über dieUnabhängigkeit Oesterreichs, der in London abgeschlossen wurde, auch nach Abschluß deSDonau-paktes in Kraft bleiben werde, erwidert- Italien,daß dieser Konsultativpakt der drei Großmächteseine Geltung verlieren wird, bis alle interessierten Staaten der Konvention über die Nichteinmischung in die innere Politik beitreten werden.8. Die Frage Deutschlands, ob sich die Nichteinmischungskonvention auf die Definition undauf die daraus erfließenden Verpflichtungen be schränken, oder aber noch durch gegenseitige Hilfspakte ergänzt werden wird, antwortet Italien, daßder Abschluß derartiger Pakte der freien Entscheidung eines jeden der interessierten Staaten anheim gestellt werden wird.4. Zu dem Begriff der Nichteinmischung hatItalien eine dahingehende Aufklärung erteilt, daßsich die Signatarstaaten verpflichten werden, keineAgitation oder Propaganda zu dulden oder selbstzu betreiben, welche die territoriale Integritätund das politische, bzw. soziale Regime eines Vertragsstaates bedrohen würde.8. Auf die Frage Deutschlands, welche Rolleder Völkerbund bei der Anwendung des Donaupaktes spielen werde, erteilt Italien die Antwort,daß diese Rolle durch den Völkerbundpakt bestimmtund abgesteckt ist.Deutschland hat sich, wie es heißt, über dieBeantwortung der ersten drei Fragen befriedigendgeäußert, aber gegen die Beantwortung der beiden letzten Fragen neue Einwendungen erhoben.Diese Einwendungen überbrachte der deutsche Botschafter von Hassel dem Ministerpräsidenten Mussolini.Der Balkan In UnruheStemtsl.(AB.) Die türkische Presse fordertimmer Mrmischer die Militarisierungder Dardanellen. Dwbei wird erklärt,solange Bulgarien nur 20.000 Mann gehabt habe,seien die Dardanellen nicht in Gefahr gewesen. Beieiner Wiederaufrüstung aber sei Bulgarien imstande, 600.000 Mann aufzustellen. Dann aberverlören di« Bestimmungen deS Lausanner Vertrage» ihren Sinn. Die Blätter wenden sich sehrschm^ gege»England, von woher bekanntlich der schärfste Widerspruch gegen die türkischenForderungen kommt. Die Türkei sei gezwungen,unverzüglich die Militarisierung der Dardanellenund Ostthraziens vorzunehmen, falls Bulgarien«in« Aufrüstung zugestanden würde. Bedeutungsvoll ist, daß die g r i e ch i sch e Pressehier auf der Seite der Türkei steht. Es wird erklärt, daß durch eine AufrüMng Bulgariens auchgriechisches Gebiet(Mazedonien und West-Thrazien) bedroht sei und daß man der bulgarischenAufrüMng nur zustimmen, könne, wen» Bulgarien sich endlich dem Balkanbund anschließe unddamit den territorialen Status quo auf dem Balkan erneut feierlich anerkenn«.schließlich doch nur darauf an, einen möglichstgroßen Scherbenhaufen anzurichten. E» fälltun» nicht ein, ihnen dafür freie Hand zu gebenund nachher die Scherben wieder aufzuräumen.Darum konnte Genosse Dr. Czech, gestützt auf dieeindrucksvolle Solidaritätskundgebung der Koal.-tionSparteien, erklären, daß die deutsche Sozialdemokratie ihre verantwortungsbewußte Arbeitunbeirrt fortsetzen wird. Sie ist und bleibt einfester Bestandteil des demokratisch-republikanische.iLagers. Wer sie ausschälten oder vernicht:»wollt«, müßte zuerst eine fascistische Gewaltherrschaft in der Tschechoslowakei aufrichten.Dazu haben die Herren Stkibrny undP r« i tz keine Aussichten, am allerivenigsten jedoch die Henlein und Sebekowsky. Die Heimar-frent hat weder einen Weg zur demokratischen, nochzur faseistischen Gewaltausübung vor sich. Nurein« einzige Funktion könnte sie erfüllen: eineKarte in der Kriegsvorbeteitung Hitlerdeutsck-lands zu sein. Ohne Krieg könnte Hitler seinensudetendeutschen Trabanten allerdings so wenighelfen, wie den Deutschen in Polen, Ungarn oderSüdtirol. Im Kriegsfälle schließlich bestündeseine Hilfe freilich in den sehr konkreten Wirkungen der deutschen Zerstörungswaffen aus demgrenzdeutschen Heimatboden.Keine ernste Erwägung kann daher die Feststellung Dr. Czech» entkräften, daß im innerpolitischen Kräftespiel jede deutsche Stimme für Henlein eine verlorene Stimme bedeutet.Solche Stjmmen wären ein leerer Protest,wie jene Million Stimmzettel, die seinerzeit fü"die KPC abgegeben wurden und von denen manvergeblich auch nur die Spur einer politischenWirkung suchen wird. Außenpolitisch sind dieStimmen für die SHI keineswegs verloren, sondern sie fallen verhängnisvoll für die Verschärfungder Kriegsgefahr ins Gewicht. Mag sein, daßdiese Aussicht die verblendete Razijugend nichtschreckt. Sie soll aber nicht mit dem Feuer spielen,sonst könnte sie einer Tages erfahren, wie einwirklicher Krieg aussieht.Dieser Mahlgang ist di« wahre Reifeprüfungd,es Sudetendeutschtums. Er ist mehr. Er istvielleicht die letzte Gelegenheit, die ihmdi« Geschichte darbietet, zwischen Ausstieg od-rUntergang zu wählen!Für weitere aktive Politikder DeutschenMahnwort eines bürgerlichen BlattesBemerkenswert ist der Kommentar, mit, welchem der.Prager Mittag" di« Rede begleitet, die Minister Dr. Czech auf der Konferenzder deutschen Sozialdemokratie am Dienstaggehalten hat. Das Blatt schreibt:Obwohl uns nur noch etwas mehr als dreiWochen von den bevorstehenden Parlamentswahlen trennen, herrscht im Lager der deutschbürgerlichen Parteien noch immer die gleiche Verwirrungund Unklarheit wie in der ganzen letzten Zeit. Niemand weiß, was mit den kleinen Parteien geschehen wird, die— bei selbständigem Vorgehen— keine Aussicht haben, mit Erfolg zu kandidieren. Verhandlungen zwischen Deutschdemokratrnund Bund der Landwirte haben sich, wie manheute hört, zerschlagen, ebenso Verhandlungenzwischen der deutschen Gewerbepartei und denUngarn. Aber— es wird weiterverhandelt, obwohl es doch eigentlich schon höchste Zeit wäre, anden Wähler heranzutreten.Angesichts dieser Verwirrung im bürgerlichen Lager und der fortdauerndes Ungxwißhcltdarüber,'öb es überhaupt eine bürgerliche Linkspartei, eine bedingungslos freiheitliche, demokratische, Henlein» Heimatfront ablehnende bürgerlichePartei geben wird, gewinnt der Wahlaufruf unddi« Wahlkampfrede des Ministers Czech auf derdeutsch-sozialdemokratischen Parteikonferenz erhöhte Bedeutung auch für die bürgerlichen Wähler. Denn fS ist vor allem ein Gesichtspunkt,den der Wahlaufruf und die Rede des Ministersin den Vordergrund stellen: Der Gesichtspunkt, daß eine aktive RegierungS-beteiligungderDeutschenauchnachden Wahlen möglich sein müsse unddaß eS darauf ankomme, so zu wählen, daß nichtin Zukunft die sogenannte deutsche Totalität di«von Kramak und Stkibrnh bereits ausgerufen».tschechisch-nationalistisch« Totalität und damit daSEnde der deutschen Regierungsbeteiligung zurFolge habe.Um den MittelstandsblockNoch keine EntscheidungPrag. In den letzten Tagen haben in Pragverschiedene Verhandlungen zwischen den kleinendeutschen. Parteien und Gruppen stattgefunden,deren Zusammenschluß zu einem Mittel-standsblock erwogen wird« Dieser Blockkönnte nur dann in die Wahlen gehen, wenn dieWahlgemeiiischaft der ungarischen Nationalparteiund der ungarischen Christlichsozialen ihn aufeiner gemeinsamen Kandidatenliste mitnimmt undihm im zweiten Skrutinium die Mandate zuweist,die den in den historischen Ländern aufgebrachtenStimmen entsprechen. Als Teilhaber dieses Mittelstandsblocks kommen die Hanreichgruppe, dirGewerbepartei, die ihren Bestand immer noch auf80.000 Stimmen schätzt, die Reste der Deutschnationalen, soweit sie nicht schon bei der SHFsind, die Partei des Simon Stark und die Schuldnerpartei in Betracht, die sich kürzlich der Oeffent-lichkeit durch eine kostspielige Reklame im„PragerMontagsblatt" vorgestellt hat.Wie wir erfahren, haben die ungarischenChristlichsozialen bereits ihre grundsätzliche Zustimmung zu dem Wahlbündnis gegeben; sie stellen aber weiterhin die Bedingung, daß di«deutschdemokratische Freiheits-Partei aus diesem Block-aus-geschaltet bleibt.Die Verhandlungen sind jedoch noch nichtabgeschlossen, da man zunächst die Entscheidungder Regierung hinsichtlich der Wiederzulassnng derdeutschnationalen Paxtei abwarten will. AmFreitag findet vor dem Ministerrat u. a. eine Beratung der politischen Minister statt, die sich damitbefassen soll.Wichtige Fristenfür die Wahlen in die Bezirks- undLandesvertretunsen1. Am 28. April(vier Wochen vor demWahltag) werden die Wahlen im Landesverordnungsblatt oder Amtsblatt ausgeschrieben.2. Am 1. Mai wird die Verlautbarung überdie Wahlausschreibung in den Gemeinden ausgc-hangt und werden die ständigen Wählerverzeichnisse aufgelegt.3. Am 5. Mai um 12 Uhr mittag» endet dieFrist zur Einreichung der Kandidatenlisten. DerVorsitzende der Landes«, bezw. Bezirkswahlkom-mision beruft eine Sitzung wegen des Verfahren»zur Richtigstellung der Kandidatenlisten ein.4. Spätestens am 10. Mai ist die Sitzung derLandes-, bezw. Bezirkswahlkommiffionen abzuhalten.8. Längstens bis zum 11. Mai können dieParteien der politischen Behörde die Vertreterihrer Partei und die Ersatzmänner in der Distriktswahlkommission nominieren. Längstens um12 Uhr mittags des 11. Mai muß die Verhandlung der Landes-, bezw. der Bezirkswahlkommissionen beendet sein.6. Spätestens am 12. Mai ist die Koppelungder Kandidatenlisten aNzumelden, worauf sie derVorsitzende der Landes-, bezw. der Bezirkswahl«kommission verlautbart.7. Spätestens am 17. Mai ist die Vorkehrung nach 8 73 der Wahlordnung und 88 8 und 7der Regierungsverordnung 67/1827 zu treffen.8. Spätestens am 18. Mai hat die Wahlkundmachung zu erfolgen.9. Spätestens am 20. Mai find die Wählerlisten wieder. aufzulegen.10. Spätestens am 21. Mai kann eine Kandidatur mit Wirkung nach 8 28, Abs. 1, derWahlordnung widerrufen werden. Dieser Widerruf ist vom Vorsitzenden der Wahlkommiffion kundzumachen. Ein Widerruf einer Kandidatur nachdiesem Tage hat nur zur Folge, daß der Kandidat beim Skrutinium nicht berücksichtigt wird. 111. Bis zum 23. Mai sind den Wählern dieKandidatenlisten und die Legitimationen zuzustellen.12. Am 26. Mai erfolgen die Wahlen.13. Am 28. Mai treten die Landes, bezw.Bezirkswahlkommiffionen zur Vornahme de»Skrutiniums zusammen.Die Eisenbahn weiter«in Sorgenkind. AmDonnerstag fand in Prag eine Plenartagung desZentraleisenbahnrates statt, in der SektionschefDr. R j h a in Vertretung des verhinderten Eisenbahnministers ein Referat über die heutige Situation der Staatsbahnen erstattete. Dr. Riha betontehiÄei, daß die wirtschaftliche Situation der Bahnen ständig Gegen st a Md ernsterSorge ist. Die Entwicklung des Eisenbahnverkehrs verläuft keineswegs in einer gerade«Linie, sondern unter kleineren Schwankungen,welche zeigen, daß sich eine wesentliche Besserungder Betriebsergebnisse nur sehr langsameinstellt und daß namentlich die verschiedenen Anläufe zu einer Verstärkung des Verkehrs nicht dieerforderliche Beständigkeit haben. Im Jahre 1834wurden auf den Staatsbahnen im Vergleich zumVorjahre um 3.3 Prozent mehr Reisende und um8.8 Prozent mehr Güter befördert. Die Zahl derbeigestellten Waggons war jedoch schon im Feber1938 wieder unbefriedigend und im März 1838wurden sogar weniger Waggons geladen als imMärz deS Vorjahres.4Roman mEmil Varhrk.Deutsch vonAnna AurednltekDas zweite Kapitelist der Generalstochter gewidmet,.SchlumperteLoisiS" genannt, und führt uns auf die berühmteHühnersteig«, auf der Ferdinand Beinsteller Vorbereitungen für sein Jubiläum trifft.Kaum hatte Beinsteller zu Ende gesprochen,stieß der Cherub Karl einen Jubelschrei au»..Darauf hab' ich gewartet, jetzt geht eS wiederan, Gott lohn's Ihnen, Herr Beinsteller. Ichhab' schon rechte Angst gehabt, daß Sie schon ganzverdorben sind, weil gar so lange nichts los war.".Na siehst du, Karl, du bist eben ein Tepp.Ich hab' mir das Unternehmen für mein Jubiläum aufgehoben. Wenn man wartet, bekommtman einen größeren Appetit, besonders, wenn eSsich um«in so festliche» Jubiläum handelt."Der Cherub Karl tat ungewöhnlich verschmitzt und begrüßte diesen Entschluß mit neuemJubel. Er sprang wie ein Füllen, das am Morgen auf eine sonnig« Wiese geführt wird..Aberdie Geschichte hat einen Haken, Herr BeinstelleriSie erklären un», daß wir die Unternehmungennicht durcheinander bringen sollen, aber selbst tunSie'S! DaS ist ein schlechtes Beispiel!"Beinsteller konnte seine Verlegenheit nichtverbergen..Da» ist ein ganz besonderer Fall, Karli,"sagte er ausweichend..Ich muß es tun, damit sichmein Gewissen beruhigt. Morgen werde ich mirsschon richten. Wir machen ein Bankett, Jungens,fürs Geld vom Herrn Landesgerichtsrat; das wirddie beste Jubiläumsfeier."«Jubiläum, Herr Beinsteller," sagte derCherub Karl.«Sie erzählen immer von einemJubiläum. WaS heißt das eigentlich?"«Das heißt," erwiderte Beinsteller mit'grenzenlosem Stolz,„das heißt, daß ich Sonntagfrüh um drei Uhr fünfzig Jahre alt werde."Ttotzdem Cherub Karl keinen blaffen Dunsthatte, warum man deswegen stolz sein müsse, sagteer einschmeichelnd:.Da schau her, Herr Beinstiller, für die Jahre sind Sie aber noch ein strammer Kerl!".Das glaub' ich, ich spür' die fünfzig Jahreüberhaupt nicht, bin wie ein Junger— wahrscheinlich, weil ich Junggeselle geblieben bin."Nach dieser Erklärung trat der berüchtigteDieb,Beinsteller zu dem blinden Spiegel. Er sahdarin ein Männchen, etwa hundertfünfzig Zentimeter hoch und auffallend wie ein frischgetünchtesHaus. Drei Merünale waren besonders hervorstechend: die kleine Gestalt, fuchsrote, zerzausteKraushaare und graueAeuglein, die durchdringendwie ein Reflektor leuchteten. Obwohl Augen undGesicht eine ansehnlich« Intelligenz ausdrückten,machte Beinsteller in Anbetracht seines BildeS einfinsteres Gesicht und kehrte ihm den Rücken zu, so,daß ein viertes auffallendes Merkmal sichtbarwurde. Ein großer Buckel, der neben der linken! Schulter saß, den ganzen Oberkörper aus dernatürlichen Achse hob und die rechte Schulter zuBoden drückt«. ES war das nicht daS erstemal, daßBeinsteller seinem Bilde den Rücken kehrte. Erhatte eS sein Leben lang ohne jeden Erfolg getan.Er konnte seinem Schicksal nicht den Rücken kehren,das in der Form eines Buckel- ihm anhaftete. ESwar ein AuSrufungSzeichen, das mit dem einenEnde gegen den Himmel, mit dem anderen zu seinem Herzen wieS. Unglücklicherweise war derBuckel bereit, mit ihm zy. jubilieren.Beinsteller ging einige Mal« elastisch in derStube auf und ab, wiegte sich in den Knien undvergaß völlig an sein Lebensunglück. Er wurdeelegisch und sagte nachdenklich:»Fünfzig Jahre.Wißt ihr. Jungens, was das heißt? Wer es solange aushält, der ist schon etwas wert, Kinder...Fünfzig Jahre schweren Lebens..."Jetzt trat, ohne anzuklopfen, ein schlankesWeib herein. Die Frau war im Unterrock undHemd, hatte einen bunten Schal um den Hals geschlungen und tat, als sei sie hier zu Hause. Mi»der heiseren Stimme der alten Prostituierten sagtesie:„Ferdl, hast was für mich? Oder ein Ziga-rettl?"Ohne eine Antwort abzuwarten, trat sie andas Schränkchen und untersuchte eifrig alle Flaschen und Fläschchen, die sich darin befanden. Dasie nichts finden konnte, setzte sie sich ärgerlich aufBeinstellers Bett. Ihr Gesicht, ihr ganzes Aussehen erinnerte an— eine alte Fahne. Einst schön,farbenprächtig, lustig im Winde flatternd, jetztschlapp, mit verblaßten Farben, voller Löcher, aberdoch noch außergewöhnlich und auffallend.Beinsteller, durch ihr Kommen in heitersteStimmung versetzt, erwiderte:„Ich habe wederein Schluckerl noch eine Sport, dafür ein« Kurze."„Her damit," sagte Loisis lässig und zündetesich die Zigarre an. Sie war heute verstimmt undmißlaunig. Diese Frau, die schon verblüht war,den schönen Körper und das lebhafte Temperamentaber bewahrt hatte, war interessant. Sie rauchteflott und leidenschaftlich wie ein Mann, und ihrelüsternen Lippen verrieten, daß sie das Zeug hatte,sich gierig auf alles zu Mrzen, was das Lebenbrachte. Der scharfe Rauch und ihre Gedankenschienen sie zu reizen, sie wurde immer erregter.Beinsteller, der sie gut kannte, wußte denGrund dieser Aufregung. Einmal im Monatwenigsten» betrat Loisis höchst erregt und verlegendas Vorderhaus, um die alte, schwarze Katy zu besuchen, deren Kartenkunst bekannt, unfehlbar undweit und breit berühmt war. Dort erfuhr sie, daßder sehnlichst erwartete Umschwung in ihrem Geschick, da» strahlende Wunder im Leben der altem-den Prostituierten sich noch in keiner Weise angekündigt hatte. Dann wurde sie böse, und so«inTag endete entweder mit einer Rauferei auf derHühnersteige vor dem Haus oder auf demFußsteig vor der alten„Hundshütte", demwichtigsten Ort ihres Rayons.„Du bist ein alter Narr, Loisis," sagte Beinsteller mitleidsvoll.Die Sphinx rührte sich, warf den Zigarrenstummel auf Beinsteller und krächzte:„Laß da»gefälligst sein, hat dich jemand gefragt?"„Wir unglücklichen Leut' sind Dummköpfe,"meinte Beinsteller.„Heul', wenn dir leichter wird,Loisis, aber verdirb mir nicht meine Freude."„Ich pfeif' auf deine Freude," verkündeteLoisis. Als sie den weggeworsenen Zigarrenstummel fand, machte sie einige tüchtige Züge, bi»er brannte, und setzte sich mit blitzenden Auge»wieder nieder.«Freude? Mensch, bist du blöd?"■„Blöd oder nicht blöd, Loisis! Ich hab' ein«Mordsfreud'." Dann setzte er noch boshaft hinzu:„Und ich hab' eine Idee! Du könntest dabei eigentlich— Hausdame spielen?..."Loisis paffte nur drohend und die Bubenwaren starr vor Staunen. Niemand in der Nahbarschaft wagte einen Scherz mit Loisis, wenn fi«von der schwarzen Katy kam.Beinsteller aber fuhr in seiner Rede unerschrocken fort:„Ich will nämlich morgen ein kleine» Fest arrangieren. Ich braue schon einen Eierkognak dazu. So einen Rout kann man ob««Frauenzimmer nicht machen. Das weißt du cb.Wenn ich zum Beispiel einen guten Bissen sehe,vergeß' ich alles um mich und friß und, friß. DenGästen möchte dann keiner zureden, daß sie auchfressen."Lolsi», die bei dem Worte Eierkognak denKopf wie ein« witternde Wachtel erhoben hatte,fragte die Buben:„Hat der Quatsch, den er vonsich gibt, überhaupt Hand und Fuß?"„Ja, Fräulein Loisis," rief Karl,„ich kockstwirklich den Schnaps und Herr Beknsteller wirdübermorgen fünfzig Jahre alt; das will erfeiern."(Fortsetzung folgt.?