Nr. 103 Frekkag, 3. Mai 1935 Seite 7 Vortrupp des Hakenkreuzes Die„Bereitschaft” und ihr„Weg”— Schlagworte und ihr Hintergrund In der Osternummer veröffentlichte« wir die Einleitung zu der Anklageschrift im Troppauer I Prozeß gegen Prof. Patscheider und Konsorten, welche beschuldigt sind, Anschläge gegen dir Republik begangen zu haben. Der heute folgende Abschnitt gibt eine Uebersicht der im I n l a n d entfalteten Tätigkeit. So absurd manchmal ihre Art zu sein scheint und so sehr sie romantischer Leveinsmeirrei ähnelt, so wenig ist ihre Wirkung und ihr Einfluß zu unterschätzen. Wenn man an den KamrradschaftSbund denkt, der ohne viel an die Oeffentlichkeit zu treten in der Geschichte der H e n l e i n b e w e g« n g ein so großes Kapitel einnimmt, so kann man ermessen» daß eine Gruppe von zirlbcwußt arbeitenden Drahtziehern unschwer die auf allgemeine Phrasen von Lolkstum, Bolksgemeinschaft u. ä. eingestellten Menschen«ach ihrem Willen lenken kann. Ueber die Organisation der Gruppe Patsch eider sagt die Anklageschrift: Die ganze Aktion der Angeklagten teilt« sich in eine inländische und eine Aktion in Deutsch land . Die inländisch« Aktion gliederte sich in eine administrative und eine propagand i* irisch«. Sie ging von der Ansicht aus. daß die deutschen politischen Parteien in der Tschechoslowakei dar größte Hindernis auf dem Wege zur Erreichung der gesetzten Ziele find, denn nicht nur, daß sie die Deutschen voneinander trennen, bearbeiten sie sie bis zu einem gewissen Grade in derRichtung zum tschechoslowakischen Staat, und zwar insbesondere, soweit es 'ich um die deutschen Regierungsparteien handelt. Von kampffähigen Parteien könnte man mit der n atio» «alsoziali st»scheu und der deutschnationalen Partei rechnen, da aber jede von ihnen ihr» darteiexistenziellen und Wahlintereffen hat, kann auch ihnen nicht die Führung des deutschen Abwehrkampfes aavertraut werden. Bedingung für sein Gelingen ist, daß die Aktion das ganze deutsche Volk in der Tsche choslowakei ohne Unterschied der Parteien durchdringen und zum gemeinschaftlichen antistaatlichen Kampf erziehen muß. Da aber ein Risiko einerseits von den staatlichen Faktoren, anderseits von den deut sche « Regierungsparteien her droht, muß die ganze Aktion vorsichtig und geheim durchgeführt werden, bzw. soweit sie die breiten Schichten des deutschen Volles betrifft, in besonders geschickter Form. z. B. durch »kulturelles Bewußtwerden", durch Entfachung von Differenzen unter de« Tschechen , durch Verhinderung aller Unternehmungen» welche von tschechischen und deutschen Faktoren gemeinsmu ver- «staltet werden, durch Verherrlichung Deutschlands und der dortigen Verhältnisse, durch herabsetzende Kritik unserer Verhältnisse«sw. Die administrative Tätigkeit war territorial geteilt in einen Ostraum, einen Westraum und «inen Südraum. Jeder dieser„Räume" hatte seinen „Generalstab", lbelcher aus sorgfältig gewählten Personen und bewährten'- Feinden der Tschechoslotvakischen Re- dublik bestand. Der Ostraum hatte seine Führung «Troppau und in Tschechisch-Teschen. Der Westraum in Reichenberg und Prag And der Südraum in Brünn . Wie aus den beschlagnahmten Dokumenten hervorgeht, wurden selbstverständlich außer den Sitzungen der Funk- sionäre eine- jeden»Raumes" von Zeit zu Zeit auch gemeinsame Sitzungen abgehalten, in welchen die Funktionäre aus den verschiedenen»Räumen" und außerdem auch reichsdeutsche Funktionäre zu- sammenkamen. An diesen Sitzungen wurden Be- tatungen abgehalten und Pläne für das weitere Borgehen gemacht sowie Varbindungen mit reichsdeutsche« Faktoren angeknüpft, durchwegs bedeutende und einflußreiche Persönlichkeiten, die dann zu Hause an den zu- ständigen Stellen Verständnis für die ganz» hoch» berräterische Aktion schaffen und ihr moralische und materielle Unterstützung sichern sollten. Die offizielle Form dieser Sitzungen waren die so- «nannten»Schlesischen Kulturwochen". Aus dem beschlagnahmten Material ist ersichtlich, daß ihrer ueun waren, und zwar 1925 in Reichenberg , 1926 tu Troppau , 1927 in Hohenclbe, 1928 in M.- Schönberg, 1929 in Gablonz , 1930 in Neu-- titschein. 1931 in Braunau , 1932 in Ratibor , *933 in Aägerndorf. Aus den Ortsnamen ist bereits ersichtlich, was alles als»Schlesien " im deutschen Sinne betrachtet wurde... Nach außen hin gaben sich diese -»Kulturwochen" als Versammlungen, welche der Geschichte und Kultur Schlesiens gewinnet waren, in Wirklichkeit wurden dort Beratungen darüber abgehalten, wie die einzelnen Teile Schlesiens ohne Rücksicht auf ihre staatliche Zugehörigkeit vereinigt und unter die Herrschaft Deutschlands gebracht werden könnten. Der häufigste Redner war Prof. Patscheider, Jug. Fulda u. a. Am gewagtesten sprach man auf der„Kulturwoche" im Jahre 1932 in Rati bor . an welcher sehr viele Vertreter reichsdeut- schrr Korporationen und Institutionen teilnahmen» welche die ausländische Propaganda und das Deutschtum im Ausland überhaupt sich zur Sorge wachten. Der in den Breslauer»Schlesischen Jahrbüchern" veröffentlichte Bericht über diese Sitzung «ibt den klaren Beweis, daß es nicht um kulturelle, sondern um rein politisch« Interessen ging, und äwar um die Angliederung der deutschen Teile unserer Republik an Deutschland . Jeder Raum war allerdings in kleinere Ver- ivaltungs- und Agitationssprengel eingeteilt und w jedem Sprengel war die Leitung einer oder wehreren besonders energischen und vertrauens- würdigen Personen anvertraut. Das Rückgrat sollte die„Bereitschaft" sei«, die mllitLrisch organisiert sein sollte bzw. war. Die„Bereitschaft" wurde von dem Reutitscheiner Lehrer Max Kudera, dem Lehrer Walter Tinkel und Zug. Rud. Staffen gegründet. Auf der Versammlung in Olmütz im Jahre 1930 wurde die oberste Leitung der»Bereitschaft" unter dem Namen „Der oberste Führnngsring" konstituiert, dessen Vorsitzender Jng. Rudolf Staffen wurde, und dem die einzelnen „Landes führungsringe" unterstanden, und zwar für Böhmen (welchen Jng. Staffen selbst behielt) und für Mähren und Schlesien , welche Max Kudera und Erwin Wittek anvertraut wurden. Diese Landesführungsringe waren jeder gegliedert in fünf„Gilden", und zwar: 1. Gilde der Aerzte, 2. GUde der Techniker, 3. Gilde der Lehrer, 4. Gilde der Schutzarbekter und 5. die allgemeine Gilde. Diese militärisch organisierte Korporation war die Avantgarde des S.A.-Rings(Sudetendeutscher Arbeitsring) resp. des S.O.-Rings(Sudetendeutscher Ordnungsring), bestand hauptsächlich aus jüngeren und agilen Menschen und hatte u.a. die Aufgabe, den Gedanken des Widerstandes in die breitesten Schichten der deutschen Bevölle- rung zu tragen. Ihre Hauptfunktionäre(In,. Staffen, Kudera, Wittek ufw.) beteiligen sich an den erwähnten„Schlesischen Kulturwochen" und waren in ständiger Verbindung mit dem Generalstab des S.A.R und D.O.R.. von welchem sie Weisungen»sw entgegennahmen. Anderseits nahmen Funktionäre des S.A.R. und S.O.R. an de« Sitzungen der„Bereitschaft" teil. Die„Bereitschaft" nahm vor allem die Jugend aufS Korn, deshalb stand sie in Verbindung mit den deutschen Lehrerorganisationen, mit Gesangsvereinen und anderen Korporationen auf dem Land, in welche sie iy Sitzungen, bei Unterhaltungen, und ähnlichen Gelegenheiten hochverräterische Ideen hineintrug, so wie die Hauptleitung cs angab. Die Hauptleitung des S.A.R. und S.O.R. benützte freilich auch jede andere unpolitische deutsche Korporation und Institution, die auf der Basis des deutschen Volkstums aufgebaut war, um mit ihrer Hilfe leichter die gestellten Aufgaben erfüllen zu können. So war sie z. B. in ständiger Verbindung mit dem deutschen Verband„Finke n st e i n e r Bund", mit dem»Bund der Deutschen in Schlesie n", mit der„G e- sellschäft für deutsche Bolksbil- dunginReichenbe r g", mit dem„Turnverband", mit der„DeutschenJugend- fürsorge", mit dem»Landesverband d e r I u g e nd v e r e in ig u n g e n" in Trop pau , dem»Kulturverband" in Brünn , der Volkswirtschaft und Sozialpolitik Die Gewerkschaften und die neue NJRA Am 16. Juni d. I. wird die NIMA, das von Roosevelt im Jahre 1983 in Kraft gesetzte Wieder- aufbaugesetz, abgelaufen sein. Ein neues Gesetz ist bereits ausgearbeitet worden und dürfte ohne Schwierigkeiten an die Stelle d«S alten treten. In den abgelaufenen zwei Jahren hat sich gezeigt, daß die Voraussetzung jeglichen Erfolges für die Arbeiterschaft in erster Linie eine möglichst straff« gewerkschaftliche Organisation und damit auch ihre niöglichst starke Vertretung in den verschiedenen Instanzen der NJRA, d. h. der Verwaltung, ist. An beiden» hat es während der zwei Jahre erheblich gefehlt, weshalb denn auch das Hauptaugenmerk des Amerikanischen Gewerkschaftsbundes(A. F. of L.) jetzt wie früher auf die Rekrutierungskampagne gerichtet ist. Was die Vertretung in den NJRA-Jnstanzen betrifft, so kann die A. F. of L. soeben einen schönen Erfolg melden: sie hat in der obersten Leitung der NRA , dem NRA « Amt» die gleiche Bertreterzahl er- haltenwiedieUnternehmer. In diesem Amt, das insgesamt 7 Mitglieder umfaßt, wu» die Arbeiterschaft bis jetzt nur durch einen Delegierten vertreten(Sidney Hillman , Vorsitzender des Vereinigten BekleidungSarbeiter-VerbandeS von Amerika ). In Erwartung der Annahme des neuen Gesetzes ist nunmehr als zweiter Vertreter P. Murray ernannt worden, der Dize-Dor- sitzende des Vereinigten Bergarbeiter-VechandeS. Die übrigen 5 Vertreter setzen sich auS zwei Jnbu» „Landständischen Jungmann sch aft" in Brünn , mit der„HansKudli ch-V olks- hochschule" und mit anderen ähnlichen Vereinen. Unter diesen Korporationen wurden von Zest zu Zeit gemeinsame Jnformationssttzungen abgehalten. So wurde z. B. in den Tagen vom 25. bis 28. August 1933 eine gemeinsame Sitzung des „Bundes der Deutschen Schlesiens" mit der»Gesellschaft für deutsche Volksbildung" in Reichenberg (in Kunau) abgehalten, wo Prof. Patscheider zum Thema»Die Raumpolitik des Sude- tendeutschtums". im großdeutschen Sinne sprach. Auf anderen ähnlichen Versammlungen kamen L a m ä t s ch und andere zur Geltung. Ans der ganzen Konzeption dieser Tätigkeit kann man schließ« n, daß die Aktion Henleins ganz parallel läuft und bestrebt ist, ans das Gebiet einer politischen Partei alle die Arbett zu überführe», welche Prof. Patscheider«nd Konsorten autzerhalb der politischen Parteien leisteten. Deshalb mutz Henleins Bestreben von diesem Gesichtspunkt aus betrachtet werden. Für diese politische umstürzlerische Tätigkeit wurde immer der Mantel der»kulturellen Arbeit" verwendet. So warz.B. Prof. Pätsch e i d e r langjähriger Vorsitzender des offiziellen deutschen Bezirksbildungsausschusses, und zwar nur aus dem Grunde, damit die Behörden die in Wahrheit umstürzlerische und politische Tätigkeit nicht bemerken, welche der Generalstab des S.O.R. mit seiner Zeitschrift»Weg" dirigierte. Die Persönlichkeiten in der Leitung dieser Zeitschrift bemühten sich, im Staate eine besondere Organisation„Volksverband" zu schaffen, die sich nach einer besonderen Verfassung richten und das gesamte öffentliche Leben der deutschen Minderheit erfassen und zentralisieren und solcherart den Boden für die Errichtung des letzten Zieles vorbereiten sollte, d. i. die Bereinigung von Teilen des tschechoflowakischen Staates mit dem Deutschen Reich zu einem Großdeutschland oder zu einem »Mitteleuropa " unter der Herrschaft Deutschlands . Der„Weg" schreibt in Nr. 3/1933 von diesem Bolksverband:»Wir sagten schon, daß wir im Bolksverband eine dem„Staate" wohl nccht gleiche, doch aber sehr nahekommende Lebensform anstreben." I« andere« Artikeln des„Weg" wird das Führerpvinzip geltend gemacht. Die öffentliche Verwaltung des „VolkSverbandeS" sollte in vier Sektoren geteilt werden: 1. Staatlichkeit, 2. Wirtschaft, 3. Geistiges Leben«nd 4. Wehrhaftigkeit. Ihre Träger sind ad. 1) der Verband der deutschen politisch«» Parteien, welcher nach den Grundsätzen des großdeutsch«» Programms gleichgeschaltet sein sollt«, ad. 2) der Kulturverband, welcher die höchste Instanz in Bil- dungs-«nd Schulangelegenheile»» sein sollte, ad. 3) die Schutzverbände, welche die materiellen«nd wirtschaftlichen Interesse« der Minderheit schützen sollten und ad. 4) der Turnverband, welcher die Wehrmacht bilde« sollte. Damit sind die Hauptzüge der administra- twen und propagandistischen Tätigkeit dieser Aktion im Inland umrissen. striellen, zwei Hochschulprofessoren und einem Vorsitzenden zusammen. Das Amt des Vorsitzenden bekleidete bis vor kurzem S. Clav Williams, der von der Arbeiterschaft wegen seines unsozialen Verhaltens auf das heftigste bekämpft wurde und deshalb fallen gelassen und nunmehr durch R. Richberg, den früheren Generalrat der NRA , ersetzt wurde. »Die Ernennung von Murray und die Reorganisation des NRA -Amtes hat", wie»International Labor News Service"(JLNS) sagt, „den Bruch zwischen der organisierten Arbeiterschaft und der Verwaltung geheilt". Die nächste Aufgabe besteht nunmehr darjo, auch in allen anderen NRA -Organen, insbesondere in den Aemtern, die die Codes für die Arbeits- und Produktionsbedingungen aufstellen(in denen die Gewerkschaften bis jetzt sehr schlecht oder überhaupt nicht vertreten waren) ebenfalls eine entsprechende Vertretung zu erhalten. Der JLNS schreibt deshalb mit Recht:«Ermutigt durch die Erzielung einer paritätischen Vertretung im NRA -Amt wird sich nun die Arbeiterschaft mit aller Kraft für die gleiche!8«rtretung in allen BerwaltungSämtern, Codes-Behörden und NRA -Jnftanzen einsetzen." Der Außenhandel der Sowjetunion 1934 Nach den letzten Angaben der Hauptversammlung der UdSSR betrug der gesamte Außenhandelsumsatz der Sowjetunion im Jahre 1934 660 Millionen Rubel, davon entfallen auf den Import 232 Millionen Rubel und am den Export 418 Millionen Rubel. Der Aktivsaldo der Handelsbilanz betrug also 186 Millionen Rubel. Der russisch « Außenhandel hat in den letzten vier Jahren folgende Entwicklung genommen:- Die Kandidaten der tschechischen Sozialdemokratie Für die tschechische Sozialdemokratie sichren die Liste ins Abgeordnetenhaus: Im Wahlkreis Prag A, Minister Dr. Meißner, Prag B, Parteivorsitzender Hampl, in Königgrätz der bisherige Abgeordnete Chalupa, in Jungbunzlau Chefredakteur Stivin, in Böhm-Leipa Redakteur Dr. Charvät, in Lau« Lehrer Hladkh, in Karls bad Vondräk, in Pilsen Bürgermeister Pik, in Budweis Inspektor Dlouhh, In Jglau Dr. Mares, in Brünn Abgeordneter Polach, in Olmütz Minister Bechyne, in Ungarisch-Hradisch der Legionär Jasa, in Ostrau Sekretär Langr, in Trnava Dr. Markoviä, in Novü Zämky Minister Därer, in TurLansky Sv. Martin Abgeordneter Benda, in Banskä Bystrica Abg. Becko, in Liptos Sb. MkuläZ Laitdesausschußbeisiher Korman, in Ka- schau DrahovskH, in Präov Gregor«, in Uzhörod Revaj. In den Senat sichren die Kandi atcn- listen: In Prag Modrääek, in Königgrätz Toma- sek, in Jungbunzlau Dundr, in Laun Dr. Soukup, in Pilsen der bisherige Abgeordnete Vojta Benes , in Brünn Filipinskh, in Ostrau Chalupnik, in der Slowakei die bisherigen Senatoren. In die Landevertretungen führen die Km»didatenlisten in Böhmen : MachaLek, Marek und Ksandr, in Mähren Rouöek, in der Slowakei Korman , in Karpathorußland Revaj. Von neuen Kandidaten sind erwähnenswert: der Vertreter der DTJ Redakteur Vaverka und der Vertreter der Jugend Görner, in Pardubitz Sekretär Lausmann, in Königgrätz der Klubsekretär Dr. Svkräk, in Jungbunzlau Lulak, in Böhmrsch-Leipa Dr. Charvät, in Laun Lehrer Hladky, Sekretär Nemec u»»d Victor«, in Pilsen Esner , in Budweis Slaboch und Konsul Sedmik, in Ostrau Langr, in der Slowakei Korman . In den Senat kandidieren die bisherigen Abgeordneten Brodeckh, TomaSek, Vacha , Vojta Benes und Chalupnik. Aus dem Parlament scheiden auS: der ehemalige Minister Dr. Leo Winter, der Ostrauer Bürgermeister Prokes, dann Svoboda, Humlhans, Binovec, weiters die Senatoren Dr. Witt, F. V. Krejöi, JohaniS und FarkaS. Einfuhr. Ausfuhr. U eberschuß In Millionen Rubel 1934 1933 1932 1931 , 232 348 704 1105 . 418 495 575 811 . 4-186 +147 —129 —294 Wie aus der Tabelle ersichtlich, ist eine starke Schrumpfung des russischen Außenhandels in den letzten vier Jahren zu verzeichnen. Der Import ging im Jahre 1934 im Vergleich zu 1931 um ca. 77 Prozent zurück. Auch der Export weist eine sinkende Tendenz auf, wenn auch nicht im gleichen Ausmaße wie der Import: Gr ging um ca. 50 Prozent zurück. Diese Verminderung des russischen Exports schein» uns für die Beurteilung der allgemeinen Wirtschaftslage der Sowjetunion von entscheidender Bedeutung zu sein. Denn Rußland exportierte früher Lebensmittel, obwohl im Lande selbst ein großer Mangel an diesen herrschte. Infolge der Fortschritte der russischen Industrialisierung ist der Importbedarf geringer geworden und hat infolgedessen der Export,zwang nachgelassen. Diese neue Tendenz der russischen Außenhandelspolitik hebt bezeichnenderweise sogar die deutsch « WirtschaftSpreff« hervor. So schreibt der Wirtschaftsdienst vom 25. April über den Sowjethandel u. a. folgendes: Di« Liste der Ausftchrwaren steht unter der Einwirkung zwei entgegenwirkender Fakwren: Einmal der Notwendigkeit zur Ausfuhr, zur Devisenbeschaffung, sodann aber der erhöhteAn- spruch des Inlandsbedarfes, dem ja nach den Beschlüssen d«S letzten Parteikongresses in größerem als bisher Rechnung getragen werden soll, soweit die bessere Versorgung der Bevölkerung damit erreicht wird. So hat bestimmt die auffällig« Abnahme der AuSsichr von Getreide, Butter, Zucker, Baumwollgewebe ihre Ursache eher in diesem Bestreben als in mangelnder Absatzgelegenheit. In ähnlicher Weise hat auch di« Ausfuhr von Naphthaprodukten den Anforderungen des inneren Bedarfes zum Teil zum Opfer gebracht werdrn müssen. Da die in den nächsten Jahren zur vollen Kapazität gelangten Automobil-»nd Traktorenwerke eine weit stärker« Motorisierung der Ver- kehreS ermöglichen werden, droht auch der AuSsichr von Naphthtprodukten ständiger Rückgang. Ein deutliches Symptom für die geschilderte Tendenz muß insbesondere in der starken Abnahme der Ben- zinauSsichr gesehen werden. Da» hochwertig« Produkt wird am dringendsten im Lande benösigt. Interessant sind schließlich die Angaben über die wichtigsten Länder, die mit der Sowjetunion im Warenaustausch stehen: in Millionen Rubel Einfuhr aus: Ausfuhr nach: 1931 1934 1932 1931 1984 1932 Deutschland 28,9 148 827 98,4 85,7 100,5 England 46,8 30 91 69,2 87,0 138,5 Holland 15,8 6 3,6 22,2 25.9 21.5 Frankreich 11,-6 5 4,4 21,9 22,9 28.7 Italien 11,8 18,9 27,1 19,0 22,2 27.6 U.S.A. 17,9 18,6 31,7 14,8 14,0 17,2 Der Warenaustausch mit Deutschland hat ein nicht erlebtes niedriges Niveau im Jahre 1934 erreicht, schreibt der Wirtschaftsdienst, ein deutliche». Beweis für die politische Funktion des russischen Außenhandelskommissariates.
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15 (3.5.1935) 103
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