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Nr. 111
Sonntag, 12. Mai 1935
Was ist mit den Fabrikantengeldern k Wo sind die von Doderer gesammelten 800.000 Ki! Antworten Sie, Herr Konrad Henlein ! Antworten Sie, Herr Dr. Rosche I
Die„geheime** Wahlparole der Henlein -Partei: Probeabstimmung für den Anschluß! j Neue Loyalitätserklärungen hält Henlein j nicht für nötig. Seine letzte war das Abolitions-■ gesuch. Denn nur ein loyaler Staatsbürger erbittet Niederschlagung eines Prozesses. Einem Feinde würde sich doch ein tapferer„Ritter" offen stellen! L'. Neue Loyalitätserklärungen würden wählend desWahlkampfes stören, vor allem jene Henlein-Agitatoren, die mit den„geheimen", aber Kahren Parolen der Heimat-Partei hausieren gehen: „Stimmt für Henlein , dann Kommen wir zu Deutschland !" „Achtzehn Gemeinde« des Reuerner Gerichtsbezirkes kommen bestimmt zu Deutschland !" „Die Wahl ist eine Probeabstimmung für den Anschluß an Deutschland !" „Mag die Wahl ausfallen, wie sie ■ will— wir kommen doch zu Deutsch - land!" Das wird selbswerständlich n i ch t in Flugblättern und n i ch t in Versammlungen verkündet,— das wird„vertrauli ch", wird von Mann zu Mann weiterverbreitet— undwird geglaubt! Und dieses Deutschland -Argu- tnent ist sehr wirksam! Denn viele, die sonst nicht für Henlein stimmen würden, viele Dorsleute be- sonders, bekommen Angst: wenn wir gegen Hen- lein sind— weh unS, wie es uns dann ergehen dird, wenn wir doch zu Deutschland kommen! ES ist wahrhaftig frevelhafte Wahlagita- iion, diese Agitation mit der Anschluß-Parole! Gipfel der Gewissenlosigkeit! Denn die Henlein - Leute wissen sehr genau, daß die sudetendeutschen Gebiete n i ch t zu Deutschland kommen! Daß der Versuch ihrer Loslösung vom tschechischen Staate nur in einem furchtbaren Kriege gemacht werden könnte, in einem Kriege, der gerade die sudeten deutschen Gegenden in Wüsteneien und Leichen- selber verwandeln würde! Wer in Kenntnis die- ser Tatsachen mit der Anschlutz.Parole zu agitie- ren wagt, begeht ein Verbrechen am sudetendeut- schen Volk! Und es ist ein Dabangue-Spiel! Denn die Ernüchterung folgt— und die Wut der Betröge- uen muß sich dann gegen die Betrüger wenden. Und den Schaden trägt das sudetendeutsche Volk, das jetzt in einen wilden Taumel des Na- lionalismus hiyeingehetzt werden soll. Denn es ist klar, daß es den Sudetendeutschen wahrlich nicht dum Vorteile gereicht, wenn die Wahl als eine Probeabstimmung des Jrredentismus dargestellt wird. Auch nach diesen Wahlen werden fte im, tschechoslowakischen Staate leben— und dann I svird es nicht gleichgültig sein, ob die Tschechen ws uns wirkliche Bürger der Republik oder Jrre- bentisten sehen. Aber was kümmert die Chau- dinisten das wirkliche Wohl des Volkes! Noch ünmer und allezeit war es der Nationalismus, ber der eigenen Nation die schwersten Wunden schlug. Die Henlein-Agitatoren wissen es sehr wohl aber der deutschen Bevölkerung unseres Staates, den deutschen Wählern und Wählerinnen Muß es immer wieder eindringlich gesagt werden: Die Wahlen am 19. Mai find keine zweite Saar -Abstimmung! Sie ent- scheiden nicht über den Anschluß an Deutschland , der gar nicht zur Diskus- fion steht und nicht zur Diskussion gestellt werden wird. Aber fie entscheiden über die künftige Stellung der Deutschen in der Tschechoslowakei — und wer will, daß sie nicht verschlechtert wird, daß sie sich günstiger gestalte, wer also sein Volk liebt, der muß die Anschluß-Agttatoren, die An» schluß-Lügner zum Teufel jagen, der muß für die Demokratie stim-, men und damit gegen die Hen lein -Partei!
Investitionen kür künk Milliarden im heurigen Jahrei Der Minister für soziale Fürsorge, Genosse M r i tz n e r, bat Freitag im Rundfunk einen Vortrag aehalten, in dem er sagte, daß außer dem Betrag von zwei Milliarden XL für öffentliche «uvrstitionen, die im Staatsvoranschlag für 1935 borgesehen sind, heuer noch außerdem für drei Milliarden öffentliche Arbeiten werden vorgenom- Men werden. Insgesamt werden also Investitionen für fünf Milliarden XL dnrchgeführt nnd so aehntansende von Arbeitern wieder zu Verdienst kommen,
Wir haben vor einigen Tagen festgestellt, daß der Generaldirektor Doderer , der Ver- derber von Rothau-Neudek, unter den Jndu- striellen 800.000 Kronen gesammelt hat. Unsere Nachricht wurde von der„B o h e m i a" b e st ä- t i g t, dem Blatte des Jndustriellensekretärs Dr. Kotrba, der es doch wissen muß, die schrieb: „Die sozialdemokratische Presse hat rin Trommelfeuer gegen Doderer eröffnet, weil er die Aufgabe übernommen habe, die finanzielle Unterstützung der Wahlen durch die Industrie bei sich zu konzentrieren." Für die Sudetendeutsche Heimatfront kandidiert aber an führender Stelle Doderers Kol- lege Dr. R o s ch e, der politische Bevollmächtigte der Industrie. Es ist zweifellos, daß das Geld für die politischen Mandatare der deutschen Industriellen bestimmt ist. Das gibt auch die„Bo- hemia" zu, indem sie weiter schreibt, daß das Geld„bei den Angehörigen jener Stünde" gesucht wird, deren Interesse die geldempfangende Partei vertritt. Die Aildusttiellen haben also dem Doderer für jene Partei Geld gegeben, die Herrn Rosche kan-
Seltsame Volksgemeinschaft Treffende Charakterisierung Henleins durch die„Prager Presse“ Die„Prager Presse", welche bereits in der Freitagnummer an leitender Stelle die Sudetendeutsche Partei Konrad Henleins charakterisiert und dargetan hat, daßdie-Sudetendeutsche Heimatfront den Marsch des sude- tendeutschen Volkes in dieWüfte'bedeutet, be- ’"faßt sich auch in ihrer SamStagaüsgabe mit Henlein und schreibt:" Was das Wort V o l k in den Aufrufen und Mahnungen der Sudetendeutschcn Partei betrifft, so wollen wir fragen: Welche Volksgemeinschaft meinen Konrad Henlein und die Seinen? I st es jenes Volk, das er in seinen Flugblättern an rempelt, indem er dessen Vertreter „Bonzen und volksfremde Parteisekretäre" nennt, indem er in unzweideutiger Weise dieses Volk für eine Masse von Hirnlosen hält, die auf die dümmsten aller dummen Agitationen hereinfallen, nämlich auf den billigenAntisemitismus, indem er dieses Volk, das er so sehr unterschätzt, daß er seine Führer als„Spießbürger und Deutschenfeinde" bezeichnet, in seine Unmrmungen lockt, d. h. diese demo-
didiert, d. i. also die„Sudetendeutsche Partei " des Herrn Konrad Henlein . Henlein führt also seinen Wahlkampf mit dem Geld der Kapitalisten. Wir haben diesen Vorwurf erhoben. Die Heimatfrontler haben behauptet^ sie hätten mit dem Gelde Doderers nichts zu tun. Herr Dr. Rosche, reden Sie: Haben auch Sie mit dem von Doderer gesammellen Industriellengeld nichts zu tun? Antworten Sie! H e r r K o n r a d Henlein! Warum werfen Sie den Rosche, der das Doderergeld hat, aus ihrer Partei nicht hinaus? Wenn Sie nicht antworten, sind Sie gerichtet, denn jeder Sudetendeutsche weiß dann, daß Sie Ihren Wahlkampf mit Kapitalistengeldern führen, mit dem Sündengeld jener,die Rothan- 9k e u d e k zugrundegerichtet haben.
kratischen Arbeiter angleichen, gleichschalten und seiner Führung unterstellen will, die nicht anders denn als gefährlich bezeichnet werden kann? Seltsame Volksgemeinschaft, die volksverbundene Menschenmassen so von oben herab behandelll In diesem Zusammenhang eine Bemerkung, fast in Paranthese. Dian kümmert sich im Hen lein -Lager ungemein um die Emigranten aus Deutschland . Warum kümmert sich Henlein und sein Lager um deutsche Emigranten, wenn er bindend erklärt, von den Dingen in Deutsch land nichts zu wissen? Wenn er die Hemmt re- spettiert,. äuf. deren Boden er seine Partei organisiert, so möge ex auch das Recht dieser Heimat auf Asylgewährung respektieren.— Ueberhaupt sollte die Henlein -Gruppe mit der Frage der Emigration an sich zarter umgehen. Es gibt auch gewisse Emigranten aus der Tschechoslowakei in Deutschland ! Henlein kennt sie gut oder sehr gut! Und da wir eben bei den Emigranten aus der Tschechostowakei in Deutschland halten, deren Volks- und Arteigenheit gewiß von niemandem besttttien werden kann, wollen wir auch an gewisse Verhaftungen und Urteile erinnern, welche gegen Mitglieder der SHF gefällt wurden, die sich Konrad Henleins loyale Kundgebungen samt der Liebe zur Heimat, die nicht anders als Tschechoslowakei heißt und nie anders heißen wird, wahrscheinlich nicht zu Herzen genommen haben.
Fascismus bedeutet Zerstörung
Sozialismus bedeutet Aufbau Wählt Liste 6
„Die einzige demokratische deutsche Partei” Was ein ehrlich bürgerlich-freiheitliches Blatt über die deutschen Sozialdemokraten schreibt Das demokratische, unvoreingenommene, aber durchaus bürgerliche Blatt„Die Wahrheit" bringt in seiner letzten Ausgabe eine Uebersichi über den Aufmarsch der Parteien zu der kommenden Wahl. In dieser Zusammenstellung schreio: das Blatt über die deutschen Sozialdemokraten: Dieser Partei muß auch ein bürgerliüeI Orgau wie„Die Wahrheit" zuerkennen, daß sie sich als einzige deutsche Partei offen, rückhaltlos und ohne Rücksicht auf die sudetendeutsche Provinz als demokratische Partei voll bewährt hat. W> hl fanden und finden sich auch in deutichbürgerlicken Parteien Männer, die bedingungslose Demokraten und Gegner des Hitlerismus sind; aber'eit dem Aufkommen der Henleinbewegung ist und bleibt die deutsche sozialdemokratische Partei dir Partei, die sich kein Blatt vor den Mund nimmt und das braune Kind beim richtigen Namen nennt. Auch die Bedeutung unserer tschechischen Genossen wird in diesem Ueberblick voll gewürdigt. Ueber sie schreibt die„Wahrheit": Diese Partei hat sich— gleichgültig ob aus Sorge um die eigen« Existenz oder aus ideellen Gründen— von allen tschechischen Parteien auf daS energischeste und kompromißloseste gegen den fascistischen Ansturm zur Wehr gesetzt. Diese Partei hat ihren Mann gegen die Hitler von drar- ßen und drinnen gestanden. So sprechen Bürgerliche, denen die Freiheit und die Demokratie, die Kultur und die Menschenwürde wirklich am Herzen liegt.
Henleinredner kopieren Ley und Streicher Aufschlußreiche Beobachtungen eines Reichsdeutschen Man schreibt uns: „Ein Bekannter aus Deutschland , der beruflich in der Republik zu tun hatte und im sudeten deutschen Gebiet aus Neugier eine Versamm- l u n g der„S udeten deut scheu Partei" des' Herrn Henlein besuchte, teilte mir sehr aufschlußreiche Beobachtungen mit. Schon die„Aufmachung", berichtete der Reichsdeutsche, war so, als ob sie direkt auf Grund der A n w e i s u n g e n des,deutschen Propagandaministeriums erfolgt sei. DaS'gleiche Primi- tiv-aufpeitschende Zeremoniell, der gleiche Appell an Radauinstinkte, die gleiche Methode, den Verstand einzuschläfern und die Sinne zu kitzeln. Als aber die Redner zu sprechen begannen, so sagte mein Bekannter, rieb ich mir e r st a u n t die A u g e n. Träumte ich? War ich in Hitler- deutschland?Es war nicht nur die gleiche G r u n d e i n st e l l u n g der Redner, es war auch das gleiche Schlagwort-Vokabularium, das die hitlerdeutschen Berufspropagandisten in ihren Versammlungen anzuwenden pflegen. Ich habe viele nationalsozialistische Kundgebungen besucht und mir so gewisse stereo- type Redewendungen der braunen Bonzen gemerkt. Daher war es mir möglich, festzustellen, daß bestimmte phraseologisch eEigen- tümlichkeiten der Herren G o e b b e I s, Dr. Ley und— Streicher in der sudeten deutschen Henlein-Hitlerei fröhliche Urständ' feiern." Zum mindesten ein Beweis dafür, daß die Hcnleinleute die nationalsozialistischen Propagandisten— die sie angeblich nicht kennen und von denen sie nichts wissen— sehr eifrig und auch mit Erfolg studiert haben.
Ole AffSre Kut Bestürzung bei den KramaF-Leuten Erst in der gestrigen Ausgabe haben sich die nationaldemokratischen„N ä r o d n i 2 i st y" entschlossen, zu der Beschuldigung gegen den Stribrnh-Redakteur und Parlnmen sland.da en Kut Stellung zu nehmen, welcher von der italienischen Gesandtschaft Geld für die politischen Ziele der Liga verlangt hat. Dieses lange Zögern der Nationaldemokraten ist bezeichnend für die Wirkung, welche die Enthüllungen des Sen. Vranh im„Benkov" hervorgerufen haben. Der „Venkov" hat gestern seine Anklage noch einmal in präziser Form wiederholt und die Ligisten ziehen sich anscheinend auf den Standpunkt zurück, daß eine Geldforderung n i ch t s Strafbares ist, solange mit Geld keine strafbare Handlung finanziert wird. Innerhalb der tschechischen Bevöllerung denkt man jedoch anders. Kut mußte, wie der Telegraf " meldet, von acht Versammlungen, in welchen er sprechen sollte, sechs absagen, weil die Stimmung gegen chn immer erregter wird. Die Affäre Kut hat zu einer weiteren Verschärfung des Verhältnisses zwischen den zwei Hauptgruppen des„Närodnt sjednocent" geführt, weil die Angehörigen der friiheren Nationaldemokratie in Massen der neuen Einheitspartei den Rücke« kehren.